Aus: Schwarz, Alois (Hg.), Alte Mühlen im südwestlichen Münsterland, Sythen 1983, abgedruckt in den Heimatblättern des Kreises Soest 1987, S. 20 – 22
Von den Wasserschöpfrädern mit einem Göpelwerk, das durch die Zugkraft von Tieren angetrieben wurde, bis zum Antrieb eines Rades durch das fließende Wasser, war technisch kein großer Weg zu gehen; viel schwieriger war der Abbau weltanschaulicher Hemmnisse. Naturkräfte wie Wind und Wasser waren Kräfte der Götter. Durfte man Götter für Arbeiten einspannen, die jetzt Sklaven und Zugtiere machten?
Behutsam mussten die geistigen Führer der damaligen Zeit ihren Mitmenschen lehren, dass die Nutzung von Naturkräften keine Gotteslästerung bedeutete. Der im zweiten Jahrhundert v. Chr. lebende Geograph Strabo aus Amasia in Pontus (Kleinasien) beschreibt in seiner „Geographica”, dass er auf seinen Reisen auch Wasserräder gesehen habe, die von der Kraft des fließenden Wassers angetrieben wurden.
Die Beschreibung des Strabo ist aber noch sehr ungenau. Erst von Marcus Vitruvius mit dem Beinamen Pollio, Baumeister und Ingenieur unter Julius Caesar und später unter Kaiser Augustus, ist uns die technische Darstellung einer Wassermühle in Rom überliefert. In seinem etwa um das Jahr 25 n. Chr. veröffentlichten Handbuch „De architectura” hat er in zehn Bänden das technische Wissen seiner Zeit zusammengetragen. Darin ist auch eine sehr anschauliche Darstellung der Wassermühle in Rom enthalten.
Soweit keine Sklaven zur Verfügung standen, war das Mahlen von Getreide auf den Handmühlen eine Arbeit der Frauen. Es war eine nie enden wollende, eintönige, schwere Arbeit.
Vitruvius gibt also zuerst die weltanschauliche Grundlage und stellt ein leichteres Leben in Aussicht. Die freie Übersetzung des lateinischen Epigramms lautet: „Hört auf, euch zu bemühen, ihr Mädchen, die ihr in den Mühlen arbeitet; jetzt schlaft und ruht und lasst die Vögel der Morgenröte entgegensingen, denn Ceres hat den Najaden befohlen, eure Arbeit zu verrichten; diese gehorchen, werfen sich auf die Räder, drehen mächtig die Wellen und durch diese die schwere Mühle”.
Ceres ist die Schutzgöttin des Getreides Najaden sind die Nymphen, die Wellen des Wassers.