1961: Neues Kurmittelhaus eröffnet – Moderner Beitrag zur Baugestaltung

o. V.: Der Patriot vom 28./29.10.1961

Unterüberschrift: Ausgezeichneter Faktor für die Volksgesundheit – Bad Westernkotten 40 000 Heilbäder

Bad Westernkotten. „Wenn es uns gelingt, durch dieses neue Kurmittelhaus-dazu beizutragen, für die Gesundheit des Menschen durch Menschen das Menschenmögliche mitzutun, so glaube ich, dass wir den Schritt, ein neues Kurmittelhaus in Bad Westernkotten zu errichten, niemals bereuen werden. Die natürlichen Grundlagen für eine weitere erfolgreiche Entwicklung des Bades sind gegeben; möge uns das Schicksal die Zeit lassen, die gesunde Entwicklung dieses Bades zu fördern zum Wohle aller unserer Mitmenschen!“ Mit diesen Worten schloss die Festansprache von Landeskämmerer Landesrat Rohrs (Münster) in der Feierstunde, die gestern im Kursaal Bad Westernkotten aus Anlass der Einweihung des neuen Kurmittelhauses stattfand. Die festliche Stunde, die von Darbietungen der Kapelle Hans Deutsch (Lippstadt) umrahmt war, sah Ehrengäste in großer Zahl, unter ihnen Landesrat Paasch (Münster) sowie weitere führende Persönlichkeiten aus dem Landschaftsverband Westfalen-Lippe und aus Stadt und Kreis Lippstadt. Die Freude über das vollauf gelungene Werk und zugleich der besondere Dank an alle an der Planung und Ausführung des Projektes Beteiligten stand im Mittelpunkt der herzlichen Glückwunschansprachen; der Dank galt insbesondere Kurdirektor Klinkhammer für seine vielfältigen und besonders erfolgreichen Mühen um die stete Aufwärtsentwicklung dieses immer mehr besuchten Heilbades.

Der zahlreiche Besuch der Feierstunde beweise bereits die große Anteilnahme weiter Kreise an diesem Aufstieg des Badeortes, sagte Kurdirektor Klinkhammer in seinem Grußwort an die Festversammlung, wobei er auch darauf hinwies, dass Rundfunk und Fernsehen tags zuvor in dem neuen Kurmittelhaus zu Aufnahmen geweilt hätten, die in diesen Tagen gesendet würden.

Alle Erwartungen übertroffen

Für den Landschaftsverband Westfalen-Lippe, den größten Gesellschafter der Bade-GmbH Bad Westernkotten, für Landesdirektor

KURDIREKTOR KLINKHAMMER im Gespräch mit Landesrat Grüters (links), der für die LVA Westfalen sprach.

Dr. Köchling, dessen Grüße und Wünsche er übermittelte, sprach Landesrat Rohrs. Seine Festansprache gab zunächst einen aufschlussreichen Einblick in die Geschichte des Bades Westernkotten, in dem er u. a. darlegte, dass dies Heilbad in der Nachkriegszeit selbst die Erwartungen der Optimisten übertroffen hat.

Weiter über Durchschnitt

Die Heilkräfte unserer Bäder. So legte Landesrat Röhrs u. a, dar, sollen dazu beitragen, die vielseitigen gesundheitlichen Schädigungen, denen der Mensch heute ausgesetzt ist, zu beseitigen oder noch besser ihnen rechtzeitig vorzubeugen. – Dass die Quellen und anderen Kurmittel des Bades Westernkotten hierbei — übrigens weit über dem Durchschnitt der allgemeinen Bäder-Entwicklung — an Bedeutung gewonnen haben, ist daraus zu ersehen, dass die Zahl der abgegebenen Heilbäder 1950 rund 17 000 betrug, während sie inzwischen auf über 40 000 jährlich angestiegen ist. Ebenso hat sich die Zahl der Kurgäste seit diesem Zeitpunkt auf rund 4000 stationäre und ambulante Gäste erhöht, die Zahl der Übernachtungen ist von 10 000 auf rund    68 000 angestiegen.

Die Badegesellschaft Bad Westernkotten legt Wert darauf, sozialbetont zu sein und keine Gewinne zu machen, weil sie den Gedanken der Gemeinnützigkeit nicht nur in ihrer Satzung verankert hat; die Pensionen von Bad Westernkotten sind preislich sehr vernünftig und zurückhaltend geblieben, so dass man hier heute noch eine vierwöchige Heilkur einschließlich voller Unterkunft mit tadelloser Verpflegung in guten, modern eingerichteten Fremdenpensionen mit 12 Heilbädern einschließlich Arztkosten und Kurtaxe für 500 DM erhalten kann.

Beispielgebend

Die Versicherungsträger erhalten hierauf, d. h. auf die Kurmittelpreise 15 Prozent Ermäßigung, also eine Preisgestaltung, die insgesamt wohl als beispielhaft gelten kann.

So hat das Heilbad Westernkotten vor allem der schaffenden Bevölkerung des Landes Nordrhein-Westfalen wesentlich seinen Dank abgestattet, denn 80 Prozent unserer Kurgäste stammen aus den werktätigen Schichten unserer Heimat.

Landesrat Röhrs hob weitere Verbesserungen hervor- Die Kurparkfläche konnte z. B, in den letzten zehn Jahren verdoppelt werden. „Den Anwohnern der Gemeinden, die uns den Grunderwerb ermöglicht haben, sei gedankt, besonders aber Herrn Kurdirektor Klinkhammer der hieran und an der weiteren Entwicklung durch seine Tatkraft, seine Energie, seine Umsicht, aber auch durch seine höflichen Umgangsformen seine Hilfsbereitschaft und durch seinen Idealismus entscheidenden Anteil hat.“

Auch wies der Redner darauf hin, dass in den letzten zehn Jahren rund 100 000 Bäume und Sträucher in dem Kurpark gepflanzt und weitläufige Rasenflächen geschaffen wurden. Damit wurde eine der wichtigsten Voraussetzungen für eine erfolgreiche und kurörtliche Betätigung gegeben, nämlich, dass der Kurgast sich neben der Benutzung der Kurmittel in der freien Natur bewegen und erholen kann. – Ebenso wurde 1958 eine neue Kur- und Wandelhalle im Kurpark gebaut, wo sich in der Nähe des ersten Gradierwerks hierfür ein reizvolles Baugelände anbot. Die in lichtoffener Bauweise errichtete Halle enthält schöne Lese und Schreibräume, bietet einen angenehmen Aufenthalt, so dass die Kurgäste diese Räume in steigendem Maße gern benutzen.

Schließlich war auch ein Neubau des Kurmittelhauses, besser ein Anbau und Neubau erforderlich, um die gesteigerte Anzahl der Kurmittelabgaben nach den neuen Erkenntnissen der Bädertechnik und Bäderwissenschaft zu ermöglichen.

„Wer baut, schafft sich Sorgen, und dies trifft auch für Westernkotten zu“, führte Landesrat Röhrs dann wörtlich aus. „Die Bade-GmbH hat aber die Sorgen, die mit dem Um-, Aus- und Neubau des Kurmittelhauses verbunden waren, durch den Gesellschafterbeschluss vom 30. Mai I960 auf sich genommen, und wir sind der Ansicht, dass der Erfolg, der sich im Endergebnis heute bei der Einweihung des Kurmittelhauses darbietet, diese Sorgen gelohnt hat.“

Bei der Planung wurde auch die zunehmende Bedeutung der Bewegungstherapie im Kurplan beachtet und durch funktionelle Einordnung eines krankengymnastischen Bewegungsbades im neuen Kurmittelhaus gefördert. Die gesamte Bausumme wurde zunächst auf 630 000 DM veranschlagt und durch langfristige Darlehen der Gesellschafter und der Westf.-Lippischen Versorgungskasse finanziert Vom Land NRW wurde hierfür ein Zuschuss von 75 000 DM gewährt. Besonders bemerkenswert ist, dass eine wesentliche Überschreitung des Voranschlages nicht eingetreten ist.

Heute, nach rund einjähriger Bauzeit, steht das Bauvorhaben verwirklicht vor uns. Ich glaube, dass über die Bedeutung dieses für Bad Westernkotten hinaus die Grundrisslösung, die zweckmäßige und sparsame Bauweise einen interessanten Beitrag zur Baugestaltung eines Kurmittelhauses darstellen wird, das nicht zu aufwendig, aber modern und zweckmäßig sein soll.“

Abschließend dankte Landesrat Röhrs allen, die an der Planung, an der Finanzierung, an der Ausführung mitgewirkt haben. Dem Dank an die Gemeindevertretung und an die anderen parlamentarischen Gremien schloss er diese Bitte an. „Wir werden Ihre Hilfe in naher Zukunft wohl nochmals in Anspruch nehmen müssen, wenn es darum geht, durch Einrichtung einer Moorbadeabteilung das in der Gemeinde Westernkotten gefundene Moor zu verwenden und die Bädereinrichtung dieses Heilbades zu vervollständigen.“

Mit Bewegung und Luft

Landesrat Ostermann, der für die gesamte Planung und Ausführung verantwortlich war, berichtete kurz über die Gestaltung des neuen Kurmittelgebäudes. Mit dem Bau wurde im August 1960 begonnen, er konnte dann in der Rekordzeit von rund einem Jahr vollendet werden. Landesrat Ostermann wies auf die Einrichtungen des neuen Gebäudes hin. Neun Solbadezellen, ein Kohlensäurebad, zwei Räume für Moorpackungen, ein Sole-Bewegungsbad. Der ebenfalls nach allen Erfahrungen modernster Technik eingerichtete Inhalationsraum umfasst neun Plätze, die noch auf zwölf erweitert werden können. Ferner enthält das neue Haus u. a. eine Reihe Ruheräume, verschiedene Räume für Massagen,

MIT EINEM BEWEGUNGSBAD und weiteren modernen Einrichtungen wurde das neue Gebäude ebenso ausgestattet. Die Aufnahme gibt eine Teilansicht des Bades mit dem Soleinhalt wieder.

den Personenaufzug und die mit Öl betriebene Heizkesselanlage.

Dank des Vorsitzenden

Aus der Hand des Landesrates übernahm der verdienstvolle Vorsitzende der Gesellschafterversammlung, Amtsdirektor Reichmann, die Schlüssel zu dem Kurmittelhaus. Er stattete allen die Verantwortung für den Bau des modernen Kurmittelhauses übernommen hatten, den herzlichen Dank ab. Nachhaltig habe auch der Innenminister NRW und der Regierungspräsident Arnsberg mit Rat und Tat geholfen. Der Amtsdirektor dankte Badearzt Dr. Bisping für seinen steten vollen Einsatz zum Wohle der Kurgäste.

Landesrat Röhrs, Landesrat Ostermann, dem Bauleiter, Landesbauoberinspektor Hunold, dem Gartenarchitekten Diller, Gartenobermeister Tilly Kurdirektor Klinkhammer wie Obermeister Spilleken galt ebenso der herzliche Dank des Vorsitzenden, der dann dem Kurdirektor als dem Geschäftsführer der Solbad-GmbH, die Schlüssel zum Kurmittelhaus weitergab. – Kurdirektor Klinkhammer dankte mit der Zusicherung, dass die gesamte Belegschaft des Heilbades bemüht sein werde, das neue Kurmittelhaus im Dienst der Volksgesundheit zu betreuen und zu pflegen.

DER SCHLÜSSEL wird übergeben; Landesrat Ostermann (Münster) übergibt den Schlüssel zu dem Neubau an den Vorsitzenden der Gesellschafterversammlung, Amtsdirektor Reichmann (rechts).

Zum frohen Geleit

Die Glückwünsche des Deutschen Bäderverbandes und seines Generaldirektors, Dr. Dr. Rillten, über brachte Kurdirektor Nave (Bad Driburg), ebenso die des Heilbäderverbandes von NRW wobei er dankbar die Tätigkeit von Kurdirektor Klinkhammer würdigte; Landesrat Dr. Grüters (LVA Westfalen, Münster) erklärte ebenso, dass der Kurdirektor hier Außer ordentliches geleistet habe. Für den Ärzteverein des Kreises Lippstadt sagte der Vorsitzende, Dr. Dröge, die herzlichsten Glückwünsche der Ärzteschaft; Landrat Schröder der die besondere Bedeutung des Bades Westernkotten für den Kreis Lippstadt hervorhob, gratulierte für den Kreistag und die Verwaltung wie für den gleichfalls anwesenden Oberkreisdirektor. Dass die anhaltend gute Entwicklung beider Heilbäder vor den Toren Lippstadts auch weiterhin so von Erfolg gekrönt sei, wünschte ebenso herzlich Bürgermeister Koenen namens der Stadt Lippstadt.

Bevor die Gäste dann das neue Kurmittelhaus besichtigten, das, wie sie einmütig feststellten, geradezu eine besondere Sehenswürdigkeit in vieler Hinsicht darstellt, schloss Direktor Gehlen von der Dynamit – Nobel AG (Troisdorf) den Reigen der Ansprachen. Mit eindrucksvollen Worten betonte er die große Bedeutung des Bades Westernkotten für die Arbeitnehmerschaft der Industriewerke.

Direktor Gehlen — die Dynamit AG entsendet schon über zehn Jahre ihre erholungsuchenden Belegschaftsmitglieder in die Bäder Westernkotten und Waldliesborn — dankte abschließend Kurdirektor Klinkhammer im Namen aller Firmen, deren Arbeiter und Angestellte die beiden Heilbäder aufsuchen, für die ausgezeichnete Zusammenarbeit und überreichte ihm ein Erinnerungsgeschenk an diesen denkwürdigen Tag.