Prüfungsarbeit für die Realschullehrerprüfung), Lippstadt 196
[Diese Arbeit habe ich vor etlichen Jahren von Frau Driller aus Lippstadt in Kopie bekommen. Im August 2024 habe ich die Kopien gescannt und dann transkribiert. Formulierungen wurden nicht verändert, lediglich die Veränderungen in der Rechtschreibung und Zeichensetzung. Aus Fußnoten sind der Einfachheit halber Endnoten geworden. Nicht alle Abbildungen konnten ansprechend eingepflegt werden. – Wer die Arbeit im Original – also als Kopie – lesen möchte, kann sich bei mir melden. – Die Arbeit gibt – auch im Vergleich zu den Examensarbeiten von Stutenkemper und Gunkel sowie dem Heimatbuch von 1958 usw. – einen guten Einblick in die Sichtweisen der damaligen Zeit. WM]
Nachfolgend noch ein Foto von Frau Dr. Driller von der Homepage von Bündnis 90/Die Grünen:
Dort ist auch Folgendes zu lesen: „Josephine Driller wurde 1930 in Paderborn-Benhausen geboren. Sie unterrichtete Deutsch, Katholische Religion und Erdkunde an der Drost-Rose-Realschule. Nach ihrer Pensionierung 1992 studierte sie Literaturwissenschaft in Paderborn und promovierte 2005 zum Dr. phil. mit der Dissertation „O du gießender Gott in deiner Gabe!“. – Ihr ehrenamtliches Engagement erstreckte sich über viele Bereiche. Sie leitete das seit 1975 bestehende Lippstädter Blockflötenensemble und ist seit langem Mitglied in der Europäischen Märchengesellschaft. – Von Anfang an wirkte Frau Dr. Driller im Arbeitskreis Frauengeschichte in Lippstadt mit. – Für eine Ausstellung und Dokumentation im Stadtarchiv 2006 zu den Schicksalen der vor allem aus Ost- Europa stammenden Zwangsarbeiterinnen der NS-Zeit in Lippstadt hat sie sich auf Spurensuche begeben und Akten durchgesehen, Gespräche geführt und vieles mehr. Für das 2011 erschienene Lesebuch des Arbeitskreises Frauengeschichte, „Frauenleben in Lippstadt“, hat Frau Dr. Driller mehrere Beiträge verfasst. – Die Beschäftigung mit der Hexenverfolgung stellt einen Schwerpunkt ihrer historischen Arbeit dar. Sie hat darüber bereits in vielen Schulen, Vereinen und sonstigen Gruppen Vorträge gehalten. Für das Buch „Frauenleben in Lippstadt“ verfasste sie mehrere Artikel. Ein Schwerpunkt ihrer historischen Arbeit war die Hexenverfolgung.“ – WM]
Inhaltsverzeichnis
I. Lage des Ortes Bad Westernkotten
II.Die geschichtliche Entwicklung des Dorfes
III.Die geologische Begründung der Solevorkommen
a) Der geologische Aufbau der Haar und der Hellwegebene
b) Süßwasserquellhorizont und Zone der Solequellen
IV. Die Salzquellen in Bad Westernkotten
a) Die Brunnen auf. dem Königssodplatz
b) Die erbohrte Quelle an der Gieseler
V. Entwicklung der Salzindustrie
a) in alter Zeit
b) in neuerer Zeit
c) Niedergang der Salzindustrie
VI. Das Solbad Westernkotten
a) Entwicklung zum Badeort
b) Grundlage und Heilanzeigen des Bades
c) Kurmittel und Kureinrichtungen
d) Die Bedeutung des Solbades für die örtliche Wirtschaft
Literaturverzeichnis
I. Lage des Ortes Bad Westernkotten
Zwischen Haarstrang und Lippeniederung, in der fruchtbaren Hellwegebene, liegt das Dorf Bad Westernkotten. Nach Norden wird der Blick zur 5 km entfernt liegenden Kreisstadt Lippstadt abgefangen durch die Lippstädter Warte, die letzte der Bodenerhebungen, die die Reste eines Plateaus darstellen, das früher als geschlossener Zug das Tal der Lippe vom Hellweger Tal trennte. 1 Zum Süden steigt das Land allmählich bis zum dunklen Bergrücken der Haar.
Bad Westernkotten ist ein Dorf von 2.000 Einwohnern. Die Gieseler umfließt es im Norden und bildet die Grenze zur Gemarkung Lippstadt. Das romantische Pöppelschetal grenzt die Feldflur im Osten gegen Eikeloh und Bökenförde ab. An der Westseite des Dorfes fließt der Mühlenbach, von Erwitte herkommend, am Kurparkgelände vorbei und mündet unweit des zweiten Gradierwerkes in die Gieseler. Durch das Dorf selbst fließt der nie versiegende Osterbach, der seinen Ursprung in den 5 Quellen des Bullerloch hat, das 1 km südlich des Dorfes am Hellweg liegt.
Westernkotten hat eine ruhige Lage. Der große Verkehr berührt es nicht unmittelbar. Trotzdem liegt der Ort verkehrsgünstig, da die alte Salz- und Heeresstrasse, der Hellweg, und die Bundesstraße 55, Verbindungslinie zwischen Sauerland und Münsterland, etwa km am Ort vorbeiführen. Es liegt eingerahmt in einem grünen Kranz von Bäumen, Wiesen und Feldern. Aber schon von weitem schauen daraus die schwarzen Dornwände der Gradierwerke, Zeichen der Solquellen, denen Westernkotten seine Entstehung verdankt.
II. Die geschichtliche Entwicklung des, Dorfes
Der Name Westernkotten leitet sich von „Western Kotten“ her. „Cothen“ oder Kotten war die Bezeichnung für eine Salzhütte. Am 27. April 1027 schenkte Kaiser Konrad II, dem Bischof Meinwerk von Paderborn „wegen seiner vielen und treuen Dienste“ 2 den Königshof in Erwitte. Die reichen Salzquellen in Westernkotten erhielt er. als Zugabe zur „Curtis Regia“. Der „Hof zur Osten“ bei Bökenförde war schon früher im Besitz des Bischofs. Da die Salzhütte westlich davon lag, wurde sie wohl „Westeren-Cothen“ genannt. In der Schenkungsurkunde fehlt eine „Aufstellung der zum Königshof Erwitte gehörenden Güter und Rechte, so dass der geschichtliche Daseinsbeweis für Westernkotten; nicht daraus hergeleitet werden kann.“ 3 Urkundlich erwähnt wird die „Villa Cothen“ (Villa bezeichnet einen Hof) zum ersten Male in einem Schreiben der Herren von Padberg vom 16. Januar 1258. Es handelt sich hier um die Schenkung eines Morgen Ackerlands in Westernkotten an die Cappeler Kirche. Dieses Jahr gilt als das Geburtsjahr Westernkottens. In späteren Urkunden findet man auch vereinzelt die Bezeichnung „Saltkotten“. Salzkotten gehörte der Paderborner Kirche schon seit jeher. Sie nannte darum die bedeutenderen Salzquellen in Westernkotten zur Unterscheidung von denen in Salzkotten der westlichen Lage entsprechend Westeren-Cothen.
Dieses Westeren-Cothen muss schon im frühen Mittelalter sehr bedeutend gewesen sein, denn es hatte 1312 schon 92 Siedehäuser. Der Anlass zur eigentlichen Dorfbildung wurde jedoch erst die Soester Fehde (1444 – 1449). Darüber berichtet eine in Stein gehauene lateinische Inschrift aus dem Jahre 1630, die sich heute an der Nordseite der Westernkötter Pfarrkirche rechts vom Seiteneingang befindet und dem Schlussstein über dem ehemaligen Westentor der Landwehr nachgebildet ist. Sie sagt folgendes:
WESTERKOTTENSIUM ORIGO
ANTE DUCENTOS ANNOS.
SAEVIIT UT RAPIDUS MAVORS VULKANUS ET ATROX
TECTA VICINA VORANS FLAMMA GRASSANTE PER ASPEN
PERQUE PAGOS BIN0OS; HABITANTES LIMINA MUTANT
ET STRUXERE DOMOS INVENTIS PROPE SALINIS;
AST POSTQUAM CREBRO QUASSATI TURBINE BELLI
EXHAUSTIQUE BONIS FERDINANDO PRINCIPE FRETI
SESE OBVALLARUNT ET SSI CLAUDERE PORTAS.
ANNO MDCXXX
Renovat 1300
Die deutsche Übersetzung der Steinurkunde lautet:
Der Ursprung Westernkottens vor 200 Jahren.
„Furchtbar wütete einst der. grimmige Mars
und Vulkanus raste von Haus zu Haus
mit fressender Flamme durch Aspen
und durch zwei andere Dörfer;
da wechseln die Menschen die Heimstatt.
Nahe dem Salzquell, dem früher entdeckten,
baut man sich Häuser.,
Als aber wieder Stürme des Kriegs
sie bedrängten, die Habe wieder vertilgt ward,
errichtete man mit Fürst Ferdinands Hilfe
bergende Wälle und schloss auf Befehl
die schützenden Tore.
Im Jahre 1630
Steinurkunde, erneuert i. J. 1900 4
Diese Steinurkunde spricht von den Verheerungen und Stürmen der Soester Fehde, den Kämpfen zwischen dem Erzbischof von Köln und den Grafen von der Mark, in denen auch Soest und Lippstadt verwickelt waren.
Lippstadt, „das zur Hälfte an den Grafen von der Mark verpfändet war, stand wie Soest im cleve-märkischen Lager gegen Köln. “ Die beiden Häuser von Landsberg in Erwitte standen mit umliegendem Gebiet auf Seiten des Kölner Erzbischofs.“ – „Aber Erwitte war ein von Soest und Lippstadt begehrter Stützpunkt.“ 5 Die Soester Fehde war „keine Reihe von offenen Schlachten, sondern ein fortwährendes Rauben, Sengen und Brennen, ein sinnloses Zerstören von Gebäuden, Verwüsten von Feldern, Zertreten von Saaten.“ 6
Im Dezember 1444 brandschatzten die Lippstädter Erwitte und seine Umgebung: „Item de van der Lippe brannten dat hues to dem Botterhove (der Brockhoff), tobehorich Diderik und Henrik van Erwitte, se brannten den Saltkotten (gemeint ist Westernkotten) dat Dorp to Erwitte auch wes dar ummelank was.“ 7 Sie leisteten so gründliche Arbeit, „dat darover nicht to bernen meer bleif.“ 8 Westerenkoten und die umliegenden Dörfer Aspen, Hockelheim, Mestyschenheim, Swiek, Weringhausen und Ussen wurden vollständig niedergebrannt.
Aspen war von diesen die größte und älteste Siedlung, denn nur zu Aspen haben ursprünglich die Salzquellen gehört. Der Paderborner Bischof, der in diesem Gebiet die meisten Liegenschaften hatte, veranlasste die Bewohner dieser Ortschaften, ihre zerstörte Heimat zu verlassen und sich bei den Salzquellen wieder anzusiedeln.
Die Umsiedlung muss um 1500 vor sich gegangen sein. Die neue Siedlung wurde nach ihrem Stammhaus Westeren Koten benannt, aus dem das heutige Westernkotten wurde. Der Paderborner Fürstbischof Ferdinand von Fürstenberg ließ den Ort im Jahre 1506 mit einer Landwehr befestigen. Tiefe Gräben und Wälle, mit Hainbuchen, Eichen und Dorngestrüpp bepflanzt, sollten das neue Dorf gegen feindliche Überfälle sichern. Der Befehl des paderbornischen Landdrosten an das Dorf Westernkotten 1506 lautete, sie sollten „ihre Freiheit mit Schlengen, Greven und anderes befestigen“.9 Im Südosten schützte der „Kotener Broick“, das heutige Muckenbruch, An die untergegangenen Ortschaften erinnern heute noch die Feldflurnamen Aspen, Hockelheimer Feld,
Suke oder Suidt. Der Weringhoff, ein mit tiefen Gräben umgebener Gutshof, ist der Rest der alten Siedlung Weringhausen.
Die nachfolgende Karte „Eigentliche gelegentheit des dorfs Westeren Koten“ zeigt das Dorf Westernkotten und einige der untergegangenen Ortschaften als Wüstungen an:
Nr. 1: Fotokopie einer Karte aus dem Staatsarchiv Münster, die dem Heimatbuch Westernkotten entnommen wurde.
III. Die geologische Begründung der Solevorkommen
a) Der geologische Aufbau der Haar und der Hellwegebene Überall am Hellweg treten Solquellen zutage, so auch in Unna-Königsborn, Werl; Bad Sassendorf und Salzkotten. Ihr Auftreten hängt mit der geologischen Struktur der Haar und der Hellwegebene zusammen. „Die Hellwegebene liegt in der nördlichen Grenzzone des Münsterschen Kreidebeckens, und der Haarstrang bildet den schwach aufgebogenen Südrand der oberen Kreide.“ 10
Der geologische Aufbau wird charakterisiert durch den Gegensatz zwischen gefalteten alten Schichten des Grundgebirges und den bewegten, diskordant überlagernden Oberbau der oberen Kreide.“ Der geologische Aufbau gefalteten alten Schichten des Grundgebirges und den wenig bewegten, diskordant überlagernden Oberbau des Deckgebirges.“ 11 Dieses alte Gebirge wurde im Jahre 1845 bei einer Bohrung zwischen Lippstadt und Erwitte an der Gieselerbrücke in einer Tiefe von 357 m erreicht. Im Jahre 1901 wurde am Kreuzkamp, 5 km nördlich von Lippstadt, in einer Tiefe von 646 m, devonischer Massenkalk angebohrt. Über dieses Grundgebirge legen sich von Norden nach Süden Formationen der oberen Kreide mit einer flachen Neigung von 3°. Am Südrande der Haar bildet der „Cenoman-Grünsandstein ein durchgehendes Band an der Basis der Kreidebildung von Essen über Unna, Rüthen bis nach Fürstenberg.“ 12 Seine Mächtigkeit schwankt. Bei Rüthen beträgt sie 6 bis 8 m. Aus den Grünsanden entsteht allmählich der Cenoman-Pläner, der am Südabfall des Haarstrangs zutage tritt. Den Haarrücken und den flachen Nordabhang bilden Schichten des Turons. Am Hellweg werden die Kreideschichten vom Emschermergel überlagert, der zwar heute von „mächtigen, diluvialen Lockermassen bedeckt ist, so dass man die Mergel nur selten anstehend beobachten kann.“ 13 u. 14
b) Süßwasserquellhorizont und Zone der Solquellen
Der Emschermergel beeinflusst maßgeblich die Wasserverhältnisse der Kreideschichten, Die Plänerkalke des Cenomans und Turons weisen eine starke Zerklüftung auf und bilden einen „einheitlichen Grundwasserhorizont“. 15 Die Klüfte streichen im Wesentlichen von SO nach NW und von SW nach NO und machen „weiträumige Zusammenhänge, ja eine allgemeine Verbindung der Plänergrundwässer in vertikaler und horizontaler Richtung wahrscheinlich“. 16 Das vom Haarstrang kommende Süßwasser fließt „auf der wasserstauenden Kreidebasisschicht dem Gefälle entsprechend nach Norden ab“. 17 An der wasserundurchlässigen Emscherschicht, die als Stauer wirkt, werden die unterirdisch fließenden Wasser zum Aufsteigen gezwungen. So ist die Grenze Turon-Emscher ein ausgesprochener Quellhorizont, der sich von Dortmund über Unna, Soest, Erwitte, Geseke, Salzkotten, Paderborn bis nach Bad Lippspringe hinzieht. – Entlang dieser Hellwegquellzone treten überall, wenn auch nicht regelmäßig, sogen. Überlaufquellen an die Oberfläche. – An dieser Süßwasserquellenlinie liegt auch das Gebiet der Solquellen, manchmal mit den Süßwasserquellen verzahnt, im Allgemeinen aber etwas nördlicher gelegen.
Huyssen hat hier auf einer Länge von 124 km mehr als 160 Solquellen festgestellt. Die salzhaltigen Wasser kommen aus den Schichten des Turons der Münsterschen Bucht. Die Hauptrichtung der Sole verläuft von Norden nach Süden, dagegen bewegt sich das vom Haarstrang kommende Süßwasser in entgegengesetzter Richtung. 18
c) Ursprung der Sole
Es gibt mehrere Theorien über den Ursprung der Sole im Bereich des Pläners., Huyssen vermutet die Auslaugung kleinster Salzteilchen. in den Kreideschichten. 19
Aber da Salzlager in der Kreide nicht bekannt und nicht zu vermuten sind „auf Grund der Faciesverhältnisse“ 20, ist diese Theorie nicht haltbar. Neuere Autoren führen die Sole auf Salzlager des Niederrhein- Gebietes, des nördlichen Teutoburger Waldes oder des Gebietes nördlich von Münster zurück. Lotze nimmt für die Solevorkommen des Westens die Zechsteinsalze des Niederrheins und für die des Ostens (des Gebietes zwischen Hamm und Waldliesborn) die des Teutoburger Waldes an. Dieser Theorie schließt sich Baecker an.
Durch die Berechnung der Phasendifferenz, der „zeitlichen Spanne zwischen dem Niederschlagshöchstwert und dem entsprechenden Salzgehalts-Maximum“, kam er zu der Feststellung, dass „die Differenz in Richtung auf die Niederrhein-Salzlager und den Raum Osnabrück hin gesetzmäßig abnimmt.“. 21 Die Punkte gleichen Salzgehaltes im Grundgebirge zeigten eine Zunahme des Salzgehaltes nach Nordwesten und nach Nordosten. Er beobachtete auch eine Zunahme der Kreidesolen bei größerer Tiefe. Dazu kommt noch die Tatsache, dass die Mitte dieses Gebietes sole- und wasserarm ist. So kann man also als Herkunftsgebiet der Sole für den Bereich von Westernkotten wohl den Raum Osnabrück, das Gebiet des ausstreichenden Teutoburger Waldes oder möglicherweise den Raum Vreden-Enschede annehmen. 22
Von diesen Ursprungsgebieten aus wandert dann die Sole in das Grundgebirge und in den Pläner- Horizont hauptsächlich über großen Störungen, die wie ein Kanalsystem wirken, nach Süden, wobei sie sich zunehmend mit Süßwasser vermischt. An der Südgrenze des Emschers steigt sie dann an die Oberfläche. Geringe Mengen durchbrechen über Störungen die Emscherzone und gelangen in das Süßwasserquellgebiet.
IV. Die Salzquellen in Bad Westernkotten
a) Die Brunnen auf dem Königssodplatz
Urkundlich werden die. Salzquellen von Westernkotten schon 1027 in der Schenkungsurkunde des Erwitter Königshofes an Bischof Meinwerk von Paderborn erwähnt. Damals wurde dort schon Salz gesotten. Die Rohsole wurde bis zum Jahre 1845 aus drei Brunnen geschöpft, die mitten im Dorf auf dem Königssodplatz Jagen. Diese drei Brunnen, nahe beieinander auf einer von 0S0 nach WNW verlaufenden Linie gelegen, hießen der Mittel-, der Windmühlen- und der Kappelbrunnen.
Vor 1800 nannte man sie der Hauptbrunnen, der vorderste Brunnen und der hinterste Brunnen. Ursprünglich hieß der Hauptbrunnen Königssood, ein‘ Hinweis auf die Zugehörigkeit zum Königshof in Erwitte. Die drei Brunnen hatten oben eine Holzverkleidung, deren Wände ungefähr 2 1/2.m breit waren, Der Schacht führte bis in die Plänerkalkschichten. Der Kapselbrunnen Iag am nördlichsten. Er hatte eine Tiefe von 17 m. Ostsüdöstlich davon lag der Mitteibrunnen., Dieser war 14 m tief. Der wieder ostsüdöstlich davon gelegene Windmühlenbrunnen maß ebenfalls 14 m. Die Brunnen standen durch Gesteinsspalten miteinander in Verbindung, wenigstens war dies beim Kappelbrunnen der Fall, der die größte Tiefe hatte, Er erhielt einen Teil seiner Zuflüsse aus den beiden anderen Brunnen. Er war unergiebig, wenn die beiden anderen stark in Anspruch genommen waren und am ergiebigsten, wenn aus den beiden anderen keine Sole entnommen wurde. 23
Aus allen drei Brunnen trat die Sole frei zu Tage, in der Minute 1/8 bis 1/4 Kfs (1 Kubikfuß = rd. 30 Liter). – Zur größeren Soleförderung wurden Pumpen benutzt, die durch Treträder in Bewegung gesetzt wurden. Ein Tretrad hatte einen Durchmesser von 6 m. Je zwei Frauen lösten sich bei dieser schweren Arbeit ab. 1820 wurde noch ein neues Tretrad beim Kappelbrunnen angelegt, während die Sole beim Mittel- und Windmühlenbrunnen schon durch ein gemeinsames Göpelpumpwerk gehoben wurde. Die Ergiebigkeit der Quellen war veränderlich. Bei größeren Niederschlägen nahmen sowohl die Menge als auch der Salzgehalt zu.
Bei größter Soleförderung lieferte der Haupt- oder Mittelbrunnen am meisten. Im Jahre 1843 maß man durchschnittlich pro Tag für den Hauptbrunnen 1920 Kfs und für den Windmühlenbrunnen 1280 Kfs. „Bei dieser Soleförderung wurden beide Brunnen vollständig zu Sumpfe gehalten.“ 24 So wurde meist nur ¼ dieser Solemenge gefördert. Die Saline produzierte im Jahre 1843 720 Lasten Salz (1 Last = 40 Zentner).
Die Temperatur betrug am 1. August 1845 nach einer Messung des Salinenadministrators Weierstraß bei allen drei Brunnen 4,5° R. Einer Aktennotiz aus dem Jahre 1819 zufolge hatten alle drei Brunnen eine Temperatur von 13‚75 Grad. AIs durchschnittlicher Salzgehalt waren in den jährlichen amtlichen Verwaltungsberichten für alle drei Quellen 8 % angegeben.
Die Salzbrunnen auf dem Königssoodplatz wurden nach der Erbohrung der neuen Quelle im Jahre 1845 außer Betrieb genommen. Sie wurden abgedeckt oder zugeschüttet. Der Windmühlenbrunnen wurde 1913 beim Bau der Kreisstraße Westernkotten – Lippstadt zugeschüttet.
Bei hohem Grundwasser steigt die Sole wohl noch bis an die Oberfläche, läuft aber dann durch eine Rohrleitung zum Osterbach ab. Die 4 m hohen Fachwerkgebäude über den Brunnen wurden abgerissen, das des Kappelbrunnens schon in früherer Zeit, das des Mittelbrunnens 1895 und das des Windmühlenbrunnens 1898.
Huyssen berichtet noch von anderen „freiwillig hervortretenden Solevorkommnissen“ 25 in und bei Westernkotten. So verbreitete sich in der Nähe des von Landsbergschen Gradierwerkes am Mühlenwege nach Regentagen ein weißer Beschlag von Kochsalz auf der Erde aus. Hier musste eine Salzquelle sein, die nur bei dem durch starken Regen veranlassten Wasserdruck bis zur Erdoberfläche stieg. Beim Graben von Brunnen und Kellern traf man 5fter auf Sole, sodass manche Bewohner Wasser für ihren Hausgebrauch aus der Gieseler nehmen mussten.
b) Die erbohrte Quelle an der Gieseler
Auf die Annahme hin, dass man in der Nähe der Salzquellen auf Steinsalz stoßen müsse, bat die Pfännerschaft der Saline Westernkotten im Jahre 1844 um die Erlaubnis, Salzbohrversuche anstellen zu dürfen. Am 27. Juli 1845 begann man auf der „Isernen Schute“, 36 Fuß von der Gieseler entfernt, mit der Bohrung (Nr. I der nachfolgenden Zeichnung). Das Bohrloch war 4 Zoll breit, das aufgeschwemmte Gebirge 15 Fuß mächtig.
Zuerst zeigte das Wasser im Bohrloch keinen Salzgehalt. Als man aber in den Plänermergel eindrang, zeigte das Wasser einen schwachen Salzgehalt; bei zwanzig Fuß betrug er 0,625%, bei 127 2/12 Fuß 5% und bei 137 7/12 Fuß 5,875%. Gleichzeitig begann die Sole auszufließen. Mit größerer Tiefe steigerten sich der Salzgehalt, die Temperatur und die Ausflussmenge.
Am 1. August war die Bohrung 247 Fuß 11 Zoll weit in den Boden vorgedrungen. Der Salzgehalt belief sich schon auf 8,1% und die Temperatur betrug 15,7° R. Da fiel plötzlich das Gestänge im Bohrloch 16 Zoll hinab. Mit großem Getöse zischte in einem großen Strahl die Sole empor. Die Arbeiter wichen entsetzt zurück‚ sie waren ganz von Salzwasser übergossen. In Windeseile verbreitete sich die freudige Nachricht von Haus zu Haus.
Bis in eine Tiefe von 78 m war der Bohrer vorgestoßen. Das plötzliche Niederfallen des Bohrers zeigte an, dass man in eine Gebirgsspalte geraten war, „durch welche die aus größerer Tiefe stammende Quelle ihren Weg nimmt“. 26 Das bewies auch die Menge der Gebirgstrümmer, die die Sole schon seit dem 29. Juli hochgebracht hatte. Am 3. August war die Sole klar und rein. Die Quelle ergab am 9. September 48 bis 50 Kfs in der Minute, täglich 2150 m³ bei einem Salzgehalt von 8,41% und einer Temperatur von 15‚7 R. Diese Quelle fließt noch heute. Salzgehalt, Temperatur und Fündigkeit der Sole (90.600 Liter in der Stunde) bleiben im Allgemeinen konstant. Bei hohem Grundwasserstand als Folge von starkem Regen oder Schneeschmelze steigt die Fündigkeit, ohne dass sich der Salzgehalt vermindert. Dieses ist darauf zurückzuführen, dass durch die größere Wassermenge auch salzhaltige Räume des Erdinnern ausgespült werden, die bei Niedrigwasser nicht erreichbar sind. Im Jahre 1852 fasste man die Quelle durch ein dreizölliges gusseisernes Rohr‚ welches man senkrecht auf den Bohrtaucher aufschraubte. Durch einen Absperrhahn wurde die Solemenge reguliert.
Die für die Westernkötter Saline notwendige Sole wurde von hier aus durch eine 2000 Fuß lange Holzröhrenleitung, Röhrenfahrt genannt, zum 3 Fuß unter Tage liegenden Soleverteilungskasten beim Hauptbrunnen auf dem Königssodplatz geleitet für die von Papensche, die Bredenollsche und die Jessesche Saline. Eine andere Röhrenleitung führte die Sole zu den von Landsbergschen Gradierwerken, von denen heute noch zwei im Kurparkgelände stehen. 1920 wurde eine Gussrohrleitung zum Badehause angelegt.
Nordwestlich dieser Bohrung hat man 1847 auf der linken Gieseler-Seite bei der Erwitter Warte eine zweite Bohrung durchgeführt in der Hoffnung, eine noch reichere Sole oder Steinsalz zu finden. (Nr. II der nachfolgenden Zeichnung). Aber im Laufe des Jahres 1854 gab man die Weiterbohrung auf, da keine reichere Sole mehr zu erwarten war. Für die Saline Unna-Königsborn hat man auf Staatskosten noch zweimal auf Sole gebohrt: 1852 am rechten Gieseler-Ufer an der Bundesstraße 55 bei der Gastwirtschaft Preister und am Glasebach (Nr. XX und XXI der nachfolgenden Zeichnung). Beide Bohrungen zeigten keinen befriedigenden Erfolg, und so legte man sie still. 27
V. Entwicklung der Salzindustrie
a) In alter Zeit
Die Bevölkerung Westernkottens hat neben der Landwirtschaft jahrhundertelang überwiegend von der Salzgewinnung und vom Salzhandel gelebt. Salzquellen waren seit jeher besondere Anziehungspunkte; denn sie bedeuteten großen Reichtum. Den Germanen waren sie heilig. Sie unterstellten sie dem Schutze ihrer Priesterschaft., In der Karolingerzeit nahmen dann die Könige die Salzquellen als Hoheitsrecht in Anspruch. Am 7.4.1027 erhielt der Bischof Meinwerk von Paderborn die Salzquellen von Kaiser Konrad II. als Zugabe zum Königshof in Erwitte. Aus dieser Urkunde leitete die Paderborner Kirche ihre Grundrechte in Westernkotten her. Landesherr war der Kölner Erzbischof. In einem Streit zwischen den beiden Kirchen um die Rechte in Westernkotten entschied das „Laudum“, ein Gutachten der Freiburger Rechtsgelehrten vom Jahre 1583, dass dem Bischof von Paderborn nicht die Landeshoheit zukäme. Es wurden ihm jedoch alle Grundrechte zuerkannt; so „des eigenthumbs grundt und bodems, …. darzue auch die leibaigene leuth daselbst – zum andern auch die Nieder Obrigkeit … auch das Bauergericht über saltz, Bier, Broitt und was dem Saltzwerkh anhangt…“ 28
Eine vollständige, lückenlose Geschichte der Salzgewinnung kann v. a. für die frühe Zeit nicht gegeben werden, da die Dokumente der Sälzer nur wenig Aufschluss darüber geben.
Besitzer der Salzwerke war zunächst der Paderborner Bischof. Er übte jedoch die Salzgewinnung nicht selbst aus, sondern belehnte damit andere. Von einer Belehnung spricht folgende Urkunde:
Am 4. August 1261 belehnte Bischof Simon von Paderborn den Bürger Dodelmus in Lippstadt mit einem Salzwasser in Aspe: aquam unam in regio puteo apud Aspe ad unam domum salis necessariam, d.h. das zu einem Salzhaus notwendige Wasser in dem Königsbrunnen bei Aspe. 29
Mit der Zeit erwarben sich Adels- und Bürgerfamilien, die Pröpste von Köln, Meschede, St. Patrocli in Soest, das Stift Cappel u.a. Anteile an den Salzwerken durch Kauf oder Pacht. Diese Anteile konnten weiterverkauft oder weiter verpachtet werden. Das zeigen folgende Urkunden:
Am 27. Juli 1277 schenkte Sophie, die Witwe des Edelherrn Bernhard III. zur Lippe, dem Nonnenkloster Lippstadt 20 Denare als Zuschuss zum Ankauf eines Salzhauses zu Cothen von Berengar von Assepe unter der Verpflichtung zur Lesung einer jährlichen Seelenmesse für die Stifterin. 30
Am 24. Juli 1313 verkauft Meinrad gen. Huddik sein neues Salzhaus in Westernkotten für 30 Soester Denare an das Kloster Cappel, trotz einem Abkommen vom 12. Juni 1312, durch das Dietrich II, Bischof von Paderborn, der Propst des Klosters Cappel, Ritter Reinfried von Ervethe (Erwitte) und Meinrad gen. Huddik beschlossen hatten, dass sie außer den bereits verliehenen Salzhäusern an niemanden mehr Solquellen, Ländereien und Häuser zur Salzgewinnung verkaufen wollen, dass es vielmehr bei den jetzt vorhandenen 92 Salzhäusern verbleiben solle, und dass sie sich die Vereinigung mehrerer Häuser vorbehalten. 31
1384 Juni 16. Der Bischof Simon von Paderborn im Einverständnis mit dem Domkapitel genehmigt die Übertragung des stiftischen Salzwerkes to dem Westerenkotten by Aspe von Seiten des Frederich van Brenken, welches er am 12. Mai 1378 erhalten hat, an Boden van Graffen. 1387 Dezember 21. Domprobst, Domdechant und das Domkapitel zu Paderborn verpachten unter ihrem Siegel dem Knappen Boden van Graffen ihr Salzwerk zu den Westerenkotten auf 9 Jahre gegen eine jährliche in 2 Terminen zu zahlende Pacht von 10 Mark, Bodo van Graffem vollzieht diesen Vertrag mit seinem Siegel und lässt als Vertragszeugen die strengen Knappen Henrike van Wevere, seinen Bruder Gurde van Graffem und Henrike van Rameshusen mitsiegeln. 32
Am 1. Mai des Jahres 1400 schenkte Wilhem Freseken, Propst an der Apostelkirche in Köln, dem Patrocli-Stift zu Soest ein Salzhaus in Westernkotten „myn Salthuys to den Westernkothen, dat nu to dieser Tiit underheuet Albert van Esbecke. 33
1524 Juli 14. Das Domkapitel zu Paderborn gibt dem Cord von Brenken auf 12 Jahre in „Meggerstatt“ den Rincklinchoff bei Eyckloy und ein Salzwerk zu Westernkotten gegen eine jährliche Pacht von 12 Rh. Gg. Paderborner Währung, mit der Bedingung der guten Instandhaltung und nicht über sieben Morgen abzuholzen und sogleich wieder anzupflanzen. 34
Wenn im Jahre 1312 schon 92 Sudhäuser (Siedehäuser) vorhanden gewesen sind, muss die Salzgewinnung schon recht bedeutend gewesen sein. Um 1500 siedelten sich die Bewohner der untergegangenen Ortschaften bei den Salzquellen an. Mit der Zeit wurde die Zahl derjenigen, die Sole aus den Brunnen schöpfen durften, sehr groß, sodass manche nur eine Schöpfzeit von ein bis zwei Stunden im Jahre hatten. „Als das Salz ein wichtiger Handelsartikel wurde, nahm man die Produktion im Großen auf.“ 35 Die Kleinproduktion war da nicht mehr rentabel. Einige erwarben sich größere Anteile, v.a. Dietrich von Landsberg, der den Hauptanteil der Salinen an sich brachte. Er war 1652 in den Besitz des Hauses zum Broik (Brockhoff bei Stirpe) gekommen.
Mit diesem Lehnsgut waren auch Grundstücke in Westernkotten verbunden. Schöpfberechtigte waren nun der Graf von Landsberg, der Freiherr von Papen, die Gebrüder Bredenoll, der Erbsälzer Löper und der Erbsälzer Jesse, Auch der Fiskus besaß einen Anteil. Die fiskalische Saline wurde die „Königliche Saline“ genannt.
Die tägliche Schöpfzeit war für alle drei Brunnen genau festgelegt.
Die Zahl der Pfannenanteile in den Siedehäusern verringerte sich auf 15. Wann diese Einteilung erfolgt ist, ist nicht bekannt. Mit der Zeit erwarben sich einzelne mehrere Pfannenanteile. Die Inhaber der Siedehütten wurden Dominus Direktus genannt, die Pächter der Pfannenanteile Erbsälzer. Zu letzteren gehörte der Adel von Landsberg und von Papen und einige bäuerliche Familien: Bredenoll, Jesse, Löper. Das Recht der Salzgewinnung und des Salzverkaufs lag allein in ihren Händen. Die
Pfännerschaft unterstand der Hoheit des Grundherrn, des Paderborner Bischofs, und der Aufsicht eines Salzrichters. Die Arbeiter an der Saline nannten sich Sieder, Gradierer oder Hüttenknechte. Die Anteile wurden vererbt, sie wurden aber zum Teil auch weiter veräußert.
Die Sole wurde durch Treträder, später beim Mittel- und Windmühlenbrunnen durch ein
gemeinsames Göpelpumpwerk gehoben und in ein Bassin geleitet. Von da führte eine Leitung zu den einzelnen Sudhäusern. In mächtigen „isernen und bliggenen“ Pfannen wurde sie zum Verdampfen gebracht. Auf dem Boden und am Rande der Kessel setzte sich in dünner Schicht das Salz ab.
In einem arabischen Reisebericht über Soest heißt es von der Salzgewinnung „Wenn die Leute Salz brauchen, nehmen sie von dem Wasser der Quelle und füllen damit die Töpfe, stellen diese in einen Ofen aus Steinen und machen darunter ein großes Feuer, so wird es dick und trübe. Dann lässt man es, bis es kalt wird, und es wird festes, weißes Salz.“ 36
Im 16. Jahrhundert suchte man die Rohsole, die nur 8 1/2% Salz enthielt, vor dem Kochen hochprozentiger zu machen, um Zeit, Kraft und Feuerung zu sparen. Schon lange vorher hatte man die Sole mit langen hölzernen Wurfschaufeln, „Guiten“ genannt, gegen den Wind geworfen und auf Strohmatten wieder aufgefangen. Oder man hatte die sogen. „Leitwerke“ benutzt, lange breite Holzrinnen, in denen die Sole durch Reisig und Stroh aufgehalten wurde, damit ein Teil des Wassers verdunsten konnte. Jetzt kam die „Flächen- oder Tafelgradierung“ auf. Die Sole wurde mit Holzschaufeln gegen schräggestellte Holzwände geworfen, die mit schmalen Leisten in Zickzacklinien benagelt waren. Über diese Leisten lief das Wasser bis es siedewürdig war.
b) in neuerer Zeit
Im 18. Jahrhundert wurde die Gradierung wesentlich verbessert, veranlasst durch den Paderborner Fürstbischof Wilhelm Anton. Er besaß das Obereigentumsrecht über 14 Salinenanteile. Daher lag ihm sehr viel an der Verbesserung der $Salzgewinnung. Er änderte auch die alten Statuten der Sälzer und gab ihnen am 27, November 1778 eine neue, „auf frühere Gewohnheiten gegründete Satzung“. 37
Im Kurhaus zu Bad Westernkotten hängt ein Auszug aus dieser „Alten Satzung“, der nachstehend wiedergegeben wird:
Von Gottes Gnaden Wilhelm Anton, Bischof zu Paderborn, des Heiligen Römischen Reiches Fürst Graf zu Pirmont p. p. Thun kund und fügen hiermit zu wissen, wie dass Wir zu mehrerer Aufnahme Unseres Salzwerks zu Westernkotten Uns bewogen gefunden haben…haben wir nachfolgende articulen / wonach die sämtlichen Söder oder Sälzer sich betragen und ihre Siederey …. ausüben sollen / verfassen lassen in deren Gefolg Wir dann hiermit verordnen:
1. Dass keiner zum Söder oder Sälzer angenommen werden solle/er sei denn ehelich gebohren / christlich katholischen Glaubens / ehrlichen und guten Leymunds / unbescholtenen Wandels und keiner Leibeigenschaft unterworfen…
2. Sollen vor einer Pfanne oder Siedegerechtigkeit nicht mehr als zwei vota Platz haben …
3. Wird zur General-Convention der 24. May ferner belassen, In dieser Convention sollen die Rechnungen untersucht / deputati erwählt und sonsten nützliche Verbesserungen vorgetragen werden …
4. Bleibt es einem jeden Glied frey und unbenommen, seine Pfanne/Siede -/ Gradier- und sonstige Anstalten nach Gefallen und seinem besten Nutzen einzurichten …
5. Soll der Salzmesser ein Buch oder genaue spezifikation führen / welche er wöchentlich oder so oft es erforderlich / denen deputatis zur Einsicht vorzeigen und in conventione quartali dem collegio zur Besprechung vorlegen muss / zu welchem End derselbe von unserm Beamten ordentlich zu beeiden und anzuweisen ist…
6. …
7. Alles Salz / so verkauft wird / soll untadelhaft und genugsam gekörnt / auch wenigstens 8 Tage alt seyn / von der Zeit an zu rechnen / da das letzte aus den Pfannen ausgeschlagen worden.
8. Die Preissetzung des Salzes wird dem Ermessen des collegii zwar belassen / jedoch muss dieser Unsern Beamten zu ihrer Genehmigung zuvörderst bekannt gemacht werden … und soll auf vorläufigen Bericht Unserer Beamten / von Uns darüber das Nöthige / Diensame und Rechtliche gnädigst verordnet werden.
9. Kein Sälzer soll eines anderen Sälzers Zuführer auf unerlaubte Art abwendig machen / widrigenfalls er soll in eine Brüchten Strafe von 2 Goldgulden verfallen seyn.
10. Ein Sälzer/ welcher gegen diese articulen oder statuta handelt oder frevelt/ soll zum ersten Male von Unserem Beamten mit einer Brüchten Strafe von 2 Goldgulden belegt / im zweiten Übertretungsfall aber von der convention und Stimmführung solange ausgeschlossen seyn / bis er sich aufs Neue qualifiziert.
11. Damit nun diese articulen zu jedermanns Wissenschaft zelangen/ sollen sie dem collegio / Messer und Knechten von Unserem Beamten gehörig bekannt gemacht und alle Jahre in der general-convention am 24. May öffentlich verlesen werden.
Urkund Hochfürstlichen Handzeichens / und beygedrucktem geheimen Kanzley-Insiegels gegeben in Unserer Residenz Neuhaus am 27, November 1778 Wilhelm Anton.
Der Berater des Fürstbischofs war Philipp Korte, Pfarrer in Salzkotten. An den Salzkottener Salzwerken erforschte er eingehend alle Mängel, Dazu unternahm er eine Studienreise nach dem Salzkammergut, um die dortigen Salinen zu besichtigen. Seine Reformvorschläge nahm der Fürstbischof Wilhelm Anton an. 1765 begann man mit der Reformierung des Salzwerkes in Salzkotten.
Pfarrer Korte bemühte sich persönlich um die Gradierung in Westernkotten. Nach seinen Vorschlägen wurden Gradierwerke gebaut, zuerst mit Strohwänden, später mit Dornwänden. Von der Zeit an ging die Salzgewinnung wesentlich schneller vor sich. Die Gemeinde Westernkotten setzte diesem Pfarrer zum Gedächtnis seiner großen Verdienste um die Salzgewinnung im Jahre 1958 im Kurpark ein Denkmal.
Bild Nr. 7: Denkmal des Pfarrers Korte im Kurpark
Es gab kubische Gradierungen, die aus einer Dornwand mit zwei Gradierflächen bestanden und Vierflächengradierungen, die zwei Dornwände mit vier Gradierflächen hatten. Der Graf von Landsberg besaß 4 Gradierwerke. (Im Volksmund wurden sie auch Leckhäuser genannt). Das älteste Gradierwerk, das eine Zweiflächengradierung hatte, stand östlich des Bade-Hauses. Es war 12,56 m hoch und – 25,10 m lang. „Dahinter stand das zweistöckige Solereservoir für die von Landsbergschen Siedehäuser.“ 38 1858 hat man dieses Gradierwerk abgebrochen. Das sogenannte „Große Gradierhaus“, das das höchste in Westfalen war, stand an der Kreisstraße westlich des Dorfes in der
Nähe des heutigen Kurparks. Es hatte eine Vierflächengradierung, eine Höhe von 12,56 m und eine Länge von 94,20 m. Ein Sturm brachte es am 8. November 1806 zum Einsturz. Es wurde aber sehr bald wieder aufgebaut, 1803 konnte es wieder in Betrieb genommen werden. – Im November 1954 wurde dieses Gradierwerk abgebrochen.
Die Zweiflächengradierung auf der Salzbrede wurde 1835 erbaut. Sie war zunächst nur 17 m lang, wurde in den Jahren 1857/58 nach Norden um 58 m und von 1858 bis 1859 nach Süden um 32 m verlängert, sodass sie eine Länge von 108 m hatte. Noch im Jahre 1934 hat Graf Landsberg auf der Isernen Schute an der Gieseler ein Gradierwerk errichten lassen. Wie dieses steht auch das aus dem Jahre 1858 heute noch. Außer diesen gab es das Jessesche, das von Papensche an der Leckhausstraße, das Löpersche und das Bredenollsche Gradierwerk.
Mühsam und beschwerlich war es, die Rohsole auf die Gradierwerke zu heben. Das geschah zuerst durch Treträder. Auf der Innenseite dieser Räder waren dicke Holzbalken angebracht. Durch Vorwärtsgehen auf diesen Balken hielt sich das Rad in Bewegung. Frauen verrichteten diese Arbeit. Sie erhielten dafür als Tageslohn ein „Kastemännchen“, ein kleines Silberstück im Wert von 25 Pfennig. Trotz des kargen Lohnes fanden sich immer Frauen für diese anstrengende Tätigkeit. Schon für Wochen ließen sich die Bewerberinnen vormerken. Neben dieser ermüdenden Fußarbeit ließen die Frauen auch ihre Hände nicht ruhen. In das Stöhnen des Holzwerkes mischte sich das Geklapper der Stricknadeln. Manches Paar Strümpfe soll auf diese Weise fertiggestellt worden sein. Manches Lied unterbrach die eintönige Arbeit. Durch Pumpen mit Göpelantrieb wurden die Treträder später ersetzt.
Nr. 8: Göpelpumpwerk zum Heben der Sole 39
Langsam rieselte die Sole über das Gradierwerk. Dabei verdunstete ein großer Teil des Wassergehaltes. Einmal gefallene Sole nannte man Mittelsole. Reiche Sole war solche, die zur Siedung geschickt wurde und gesättigte Sole war die, welche drei Loth Salz enthielt.“ 40
So musste die Rohsole mehrere Male die Dornwände passieren. Graf Landsberg hatte seine Gradierwerke In mehrere „Fälle“ eingeteilt. Wenn die Sole alle drei bis vier Fälle durchlaufen hatte, war sie siedewürdig. Der Salzgehalt der Sole wurde auf diese Weise mindestens bis zu 20% erhöht. An den Dornwänden setzte sich auch Eisen und Kalk ab, sodass sie alle 20 bis 25 Jahre erneuert werden mussten.
Die gradierte Sole floss in die Solebehälter unter den Gradierwerken und wurde durch Holzrohre den Sudhäusern nach Bedarf zugeleitet. In neuerer Zeit gab es insgesamt 8 Sudhäuser. (Diese wurden auch Siedehäuser oder Salzwerke genannt). Mit einer Ausnahme lagen sie alle um die alten Solquellen am Königssodplatz. Diese gehörten:
Nr. 1 von Landsberg (jetzt Neubau Besting)
Nr. 2 Jesse (jetzt Gärtnerei Markoni)
Nr. 3 von Landsberg (jetzt Scheune und Viehhaus Bauer Rieke, Salzstraße)
Nr. 4 Fiskus (jetzt Scheune Hoppe-Mucke, Salzstraße)
Nr. 5 von Papen (jetzt freier Platz Salzstraße / Ecke Nordstraße)
Nr. 6 Löper
Nr. 7 von Landsberg (jetzt Scheune und Viehhaus Bauer Schröer)
Nr. 8 Bredenoll (es lag südlich der Kirche und ist jetzt Jugendheim und freier Platz der Kirchengemeinde).
Jede Pfännerschaft hatte ihre besonderen Gradierwerke und Sudhäuser. Die Grundfläche aller vorhandenen Pfannen betrug im Jahre 1834 606 m². In großen und kleinen Pfannen wurde die Sole erhitzt. Bei 60 Grad bildete sich grobkörniges Salz, bei 100 Grad erhielt man feinstes Tafelsalz. Der Siedevorgang dauerte bei einer kleinen Pfanne 15 Tage. Die größte Pfanne brachte 357 Ztr. Salz und die kleinste 107 Ztr. In einer Rutschvorrichtung wurde das Salz getrocknet und in Säcke verpackt. Nach Artikel 13 der „Alten“ Sälzerordnung musste das Salz wenigstens 8 Tage lagern, bevor es verkauft werden konnte. Die Preisfestsetzung war in den Statuten der Sälzerordnung genau festgelegt. Bis zur Einführung der Steinkohle wurden die Pfannen mit Holz (Buschen) geheizt, das im Winter angefahren und neben den Sudhäusern aufgestapelt wurde. Der „Holzweg“ erinnert noch an diese Zeit.
Die Pfannen hingen an langen eisernen Haken, den sogenannten Sälzerhaken, am Gebälk über der Feuerung. Diesen Haken führten die Sälzer im Salzsiegel. Seit über 200 Jahren steht die Nachbildung dieses Hakens über dem Kirchenportal der Westernkötter Pfarrkirche.
Auch das Wappen der Gemeinde Westernkotten, das ihr m Jahre 1936 verliehen wurde, trägt dieses Zeichen.
Zum Ausgang des 18. und im 19. Jahrhundert blühte die Salzindustrie., Huyssen schreibt, dass ungefähr seit 1780 und „seit der Zeit der französischen Kontinentalsperre ein lebhafterer Betrieb eingetreten sei“. 41
Die Besitzer der Westernkötter Salinen waren reich und angesehen und genossen besondere Vorrechte. Von ihnen wird erzählt, sie hätten auf ihren Spazierfahrten eine Reihe Goldsäckchen mitgenommen. Der Salzabsatz war groß. Im Jahre 1832 wurden auf der Lippe allein 167.000 Ztr. Salz für die königlichen Söllereien am Niederrhein verladen. 42 – Man schätzte das Westernkötter Salz wegen seiner Grobkörnigkeit und seines hohen Salzgehaltes.
c) Niedergang der Salzindustrie
Nachdem die geistlichen Fürstentümer säkularisiert waren, fiel Westfalen 1815 an Preußen. Damit wurde auch das „Staatliche Salzmonopol“ für die Hellwegsalinen verpflichtend. Der Staat bezog einen Teil des Salzes, das in die königlichen Söllereien am Niederrhein abgeführt werden musste. Am 1. Januar 1868 wurde das Salzmonopol aufgehoben. „Der Salzmarkt wurde dem freien Wettbewerb geöffnet.“ 43 Als Ersatz wurde eine Salzsteuer mit 12 Pfennig je kg eingeführt. Man erhoffte dadurch eine Steigerung des Absatzes. Aber der Salzverkauf ging von da an beträchtlich zurück.
1868 und 1869 konnten noch 40.000 Ztr. Salz verkauft werden, 1885 waren es jedoch nur noch 26.060 Ztr. – Da gründete man 1898 den „Westfälischen Salinenverein“ mit dem Sitz in Unna-Königsborn. Dieser war mit 4,0992 % der Norddeutschen Salinenvereinigung angeschlossen. 44 Doch der Salzhandel ging weiter zurück. Die fiskalische Saline kam schon 1868 zum Erliegen.
Vor dem ersten Weltkrieg wurden die Salinen von Jesse, Löper und Bredenoll stillgelegt. Im ersten Weltkrieg waren die Salinen durch Kohlenmangel in ihrer Erzeugung stark behindert.“ Daher gelang es damals den weniger auf Kohle angewiesenen Steinsalzwerken, die früher fast nur Industrie- und Gewerbesalz geliefert hatten, auf dem Speisesalzmarkt festen Fuß zu fassen.“ 45 Bald nach dem ersten Weltkrieg kam auch die von Papensche Saline zum Erliegen. Nur Graf Landsberg hielt seinen Salinenbetrieb aufrecht. Er baute 1927 noch eine Trockenanlage, mit der dem Salz 20 % bis 26 % Wasser entzogen wurde, 1938 errichtete er an der Bundesstraße 55 ein neues großes Siedehaus. Es hatte 2 Pfannen, eine große und eine kleinere, „Die große Pfanne lieferte täglich 6 bis 7 Tonnen, die kleinere 1 1/2 Tonnen Salz. 46
Der Jahresumsatz betrug ab 1932 nur 20.000 Ztr. Die Siedesalzgewinnung war auch mit modernen Mitteln gegenüber der immer größer werdenden Steinsalzkonkurrenz nicht mehr wirtschaftlich. Das Siedesalz war wesentlich teurer als das Steinsalz. So verkaufte Graf Landsberg am 1. Dezember 1943 seine Saline an den Prinzen Christian Friedrich von Sachsen, Markgraf zu Meißen. Sechs Jahre wurde die Saline weiter betrieben. Dann gab auch der Markgraf zu Meißen die Salzgewinnung auf. Am 9. September 1949 verkaufte er das Siedehaus der Firma Huth, Westfälische Bekleidungsindustrie GmbH. Die Gradierwerke wurden bis auf zwei, die im Kurparkgelände zur Freiluftinhalation blieben, abgerissen. Die Siehäuser hat man abgebrochen oder dienen heute als Scheunen.
So hatte die Salzindustrie in Westernkotten ihr Ende gefunden. Mit ihren Gradierwerken und Sudhäusern hatte sie schon rein äußerlich das Dorf geprägt. Jahrhundertelang war diese Industrie der Stolz und der Reichtum des Sälzerdorfes gewesen und hatte den meisten Familien Arbeit und Brot gegeben.
VI. Das Solbad Westernkotten
a) Entwicklung zum Badeort
Während des ganzen Mittelalters diente die Sole nur zur Salzgewinnung. Im Jahre 1845 wurde sie zum ersten Male zu Heilzwecken verwandt. Rentmeister Erdmann rief die erste Solbadeanstalt ins Leben, die um 1850 in den Besitz der Familie Wiese aus Erwitte überging. Der Betrieb war mit 3 Holzbadewannen anfangs recht primitiv. Die Sole wurde in einem Viehtopf angewärmt. Karl Friedrich Wiese baute das Bad weiter mit maschinellen Anlagen aus.
1920 wurde eine Gussrohr-Leitung von der Quelle an der Gieseler bis zum Badehaus gelegt. Der Kurbetrieb war ganz privat. Es waren zumeist ambulante Kurgäste aus der näheren Umgebung. Vom Westernkötter Bahnhof wurden sie mit einem Kutschwagen abgeholt. Fast 100 Jahre bis 1945 führte die Familie Wiese den Heilbadebetrieb. „Wegen des beschränkten Solerechtes“ 47 konnte die Sole für Heilzwecke jedoch nicht voll genutzt werden. – Nach dem zweiten Weltkrieg waren die meisten größeren Heilbäder durch die Besatzungsmacht belegt. Da kaufte 1945 der Provinzialverband in Münster / Westf. die Besitzung Wiese und den Badebetrieb. Im Nebengebäude des Kurgebäudes richtete er ein Mütterheim mit etwa 50 Betten ein. Im alten Badehause der Familie Wiese wurde der Badebetrieb provisorisch weiter aufrecht gehalten.
Am 1. Dezember 1943 hatte Graf Landsberg die Saline Westernkotten mit der Solquelle, den drei Gradierwerken und dem umliegenden Grundbesitz von 30 Morgen an den Markgrafen zu Meißen verkauft. Als jedoch der Salinenbetrieb nicht mehr rentabel war, gab er seinem Generalbevollmächtigten den Auftrag, „den gesamten Grundbesitz, erforderlichenfalls parzelliert, zu veräußern“. 48 In dieser Gefahr, das seit 100 Jahren bestandene Solbad zu verlieren, setzten sich alle verantwortlichen Männer (Bürgermeister, Amtsbürgermeister, Amtsdirektor u. a.) dafür ein, den gesamten Grundbesitz mit den Gradierwerken, der Solquelle und den Solerechten vom Markgraf zu Meißen zu kaufen.
Aber es fehlten hierfür die finanziellen Voraussetzungen.
Die Gemeinde Westernkotten und das Amt Erwitte brachten je 25.000 DM auf., Lippstadt, Geseke die Ämter Anröchte und Störmede leisteten namhafte Beträge, sodass die erforderlichen Mittel in Höhe von 150.0060 DM doch noch zur Verfügung standen. – Es wurde die Solbad Westernkotten GmbH. Der Provinzialverband ließ 1950 das Kurhaus und die Nebengebäude ausbauen. Die Innenräume sind hell und nach modernsten Gesichtspunkten ausgestattet.
Ein Mütterheim mit 60 Betten wurde eingerichtet, das frühere Badehaus erweitert und technisch und balneologisch einwandfrei eingerichtet. Im Mai 1950 wurde das Bade- und Kurhaus feierlich eingeweiht und am 27. Juni 1950 das Bad und das Müttererholungsheim eröffnet.
b) Grundlage und Heilanzeigen des Bades
Grundlage des Bades ist die 1845 erbohrte eisen- und kohlensäurereiche Thermalsole von 23° C., deren Ergiebigkeit 90.000 Liter in der Stunde beträgt.
Analyse der Thermalsolquelle
„Die gelösten Bestandteile ergeben nach den neueren Analysen insgesamt 87160 mg/kg: an Kochsalz 77130 mg/kg und an freier Kohlensäure 1385 mg/kg.“ 49
Daneben enthält die Heilquelle Salze wie Natrium- und Calcium-Chlorid, Ferrohydrokarbonat und Calcium-Sulfat, die besonders heilkräftig sind. Auch Bio-Spurenelemente wie Kupfer, Mangan, Zink und Brom kommen in „erheblichen Werten vor“. 50
Nach der wissenschaftlichen Heilquellenlehre ist die Sole wirksam bei:
1. Herz- und Kreislauferkrankungen
2. Rheumatischen Erkrankungen
3. Erkrankungen der Luftwege
4. Frauenkrankheiten.
c) Kurmittel und Kureinrichtungen
Die eisen- und kohlensäurereiche Thermalsole wird zu. Bade-, Trink- und Inhalationskuren und die Quellkohlensäure zu Kohlensäure-Gasbädern genutzt.
Dazu kommen Fango- bzw. Moorpackungen‚ Unterwasserstrahlmassagen, Hand- und Bindegewebsmassagen. Die Moorerde aus dem Muckenbruch will man zu Moorbädern und Moorpackungen verwenden, da sie als Badetorf geeignet ist.
Das Badehaus enthält 14 Badezellen für Thermalsolbäder, 2 Badezellen für CO 2-Trockengasbäder und Räume zur Inhalation und Massage.
Gleichzeitig mit dem Ausbau des alten Wieseschen Kurhauses begann man mit der Anlage eines Kurparkes, der das Gelände um die zwei Gradierwerke zwischen Gieseler und Mühlenbach umfasst. Nach der Fertigstellung wird er 12 ha groß sein, Durch Baumanpflanzungen, Anlegen von Grünflächen und Blumenbeeten wurde ein schöner Kurpark geschaffen, der das Bild des Solbades wesentlich prägt. Die Gradierwerkedienen zur Freiinhalation.
Eine Kleingolfanlage und mehrere Federballplätze sorgen für die he Ergänzung und Abwechslung der Kurgäste.
Am Eingang des Kurparks errichtete man 1958 eine Trink- und Wandelhalle mit Aufenthaltsräumen, Lese-, Spiel- und Schreibzimmer. Halboffene Wandelgänge und eine Pergola schließen sich an.
So ist das Bad Westernkotten aus spärlichen und mühsamen Anfängen zu einem guten Heilbad mittlerer Größe gewachsen. Von Jahr zu Jahr steigt die Zahl der Kurgäste und die Abgabe der Heilbäder. Eine Statistik soll das veranschaulichen.
51
Die Privatgäste stellen 19 % und die Sozialgäste 81 %. Die öffentliche Gesundheitsfürsorge des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe, die zuständigen Landesversicherungsanstalten
(ausgenommen die LVA in Münster, mit der noch verhandelt wird), die Dynamit AG. Nobel, Troisdorf, Bayer Leverkusen und Krupp in Essen entsenden Kurgäste. Die Kur dauert ungefähr 26 Tage. Jeder Kurgast erhält durchschnittlich 10 – 11 Heilbäder und 8 sonstige Kurformen.
e) Die Bedeutung des Solbades für die örtliche Wirtschaft
Jahrhundertelang hatte Westernkotten vom Salzhandel und von der Salzgewinnung gelebt. Jetzt hat sich das Dorf auf Kurgäste umgestellt. Neben dem Kurhaus mit 50 Betten und dem Provinzial-Mütterheim mit 60 Betten, den 2 Gasthäusern mit zusammen 30 Betten stehen für den Fremdenverkehr noch 8 Privatpensionen und 1l Privatvermieter mit zusammen 123 Betten zur Verfügung. 530 kleinere Privatquartiere mit je 2 bis 3 Betten können daneben noch belegt werden. Die Bettenzahl beträgt insgesamt 293. Der Preis für Unterkunft und volle Verpflegung liegt zwischen 9,- bis 11,- DM. „Die gesetzlichen Versicherungsträger und die Fürsorgebehörden erhalten einen Nachlass von 20 %.“ 52
Im Jahre 1957 haben 2 811 Kurgäste stationäre und ambulante Kuren erhalten. Es wurde „unter Berücksichtigung aller Fremdenverkehrsleistungen“ ein Gesamtumsatz v. 1,3 Millionen DM erzielt. 53 Im Jahre 1959 haben über 3.700 Kurgäste stationäre und ambulante Kuren erhalten, dabei belief sich der Jahresumsatz auf ungefähr 1,8 Millionen DM. 54 Diese Angaben lassen die günstige Entwicklung des Bades erkennen. Der erzielte Umsatz kommt dem Dorf wesentlich zugute.
Von wirtschaftlicher Bedeutung ist der Fremdenverkehr in erster Linie für die Gasthäuser und Pensionen. Ihre Zahl wird in Zukunft bei dem stetig anwachsenden Kurbetrieb noch zunehmen. Bei den Handwerksbetrieben und den Einzelhandelsgeschäften erhöht sich der Umsatz. Auch die örtliche Landwirtschaft profitiert vom Fremdenverkehr, sie kann die landwirtschaftlichen Produkte wie Milch, Eier, Fleisch usw. am Orte selbst verwerten. Eine große Anzahl der über 400 in Erwitte und Lippstadt beschäftigten Arbeiter richtet in ihren Eigenheimen Fremdenzimmer ein, die für sie einen guten Nebenverdienst abwerfen. Nahe am Kurparkgelände, auf der Salzbreite, ist eine große Siedlung entstanden.
Das Dorfbild selbst hat sich gewandelt. Der Kurpark am westlichen Eingang des Dorfes hat dem Badeort auch äußerlich das Gepräge gegeben. Das Kurhaus bildet den Mittelpunkt des Kurbetriebes. Die Straßen sind verbessert und ausgebaut worden. Vorgärten und Blumenanlagen lockern das Bild auf. Um dem Ruf eines Badeortes gerecht zu werden, wird gerade auf die örtliche Umgestaltung großen Wert gelegt. Der Rat und die Verwaltung der Gemeinde Westernkotten haben durch einen fachkundigen Bauplaner einen Leitplan und einen Kanalisationsplan aufstellen lassen. Dadurch sollen „alle zukünftigen Baumaßnahmen sinnvoll eingegliedert und eine großzügige Grünflächengestaltung erreicht werden.“ 55
So hat sich Westernkotten zu einem anerkannten und erfolgreichen Heilbad entwickelt. Aus Anlass der 700-Jahrfeier im Jahre 1958 wurde der Gemeinde von der Landesregierung das Recht zugesprochen, sich „Bad Westernkotten“ zu nennen. Damit erhielt Westernkotten die offizielle Anerkennung als Badeort.
Endnoten:
1 Rüsewald / Schäfer: Geographische Landeskunde Westfalens, Seite 99
2 Heimatbuch der Stadt Erwitte, Seite 40
3 Amtsdirektor Reichmann: Festvortrag aus Anlass der 700-Jahrfeier von Westernkotten
4 Heimatbuch der Gemeinde Westernkotten, Seite 16/17
5 Heimatbuch der Stadt Erwitte, Seite 297
6 aaO. Seite 257
7 Heimatbuch der Gemeinde Westernkotten, Seite 18
8 Heimatbuch der Stadt Erwitte, Seite 257
9 Heimatbuch der Stadt Erwitte, S. 261
10 Rüsewald/Schäfer: Geographische Landeskunde Westfalens, Seite 98/99, S. 98/99
11 Peter Barker: Solevorkommen und Grubenwässer im Raum Westfalen, Seite 210
12 Heinrich Schulte: Die geologischen Verhältnisse des östl. Haarstranges insbes. des Alme-Gebietes, Seite 24
13 Heinrich Schulte: Die geologischen Verhältnisse des östl. Haarstranges insbes., des Almegebietes, S. 96
14 Heinrich Poelmann: Westfalen – Erd- und Vorgeschichte – Seite 96
15 Peter Baecker: Solevorkommen und Grubenwässer im Raum Westfalen, Seite 211
16 Peter Baecker: Solevorkommen und Grubenwässer im Raum Westfalen, Seite 213
17 aaO. S. 211
18 Heinrich Schulte: Die geologischen Verhältnisse des östl. Haarstranges insbes. d. Almegebietes, Seite 35
19 Peter Baecker: Solevorkommen und Grubenwässer im Raum Westfalen, Seite 245
20 aaO. Seite 245
21 aaO. Seite 246
22 aaO. Seite 248
23 August Huyssen: Die Solquellen des Westfälischen Kreidegebirges, ihr Vorkommen und mutmaßlicher Ursprung, Seite 173
24 August Huyssen: Die Solquellen des Westfälischen Kreidegebirges, ihr Vorkommen und mutmaßlicher Ursprung, Seite 174
25 August Huyssen: Die Solquellen des Westfälischen Kreidegebirges, ihr Vorkommen und mutmaßlicher Ursprung, Seite 177
26 August Huyssen: Die Solquellen des Westfälischen Kreidegebirges, ihr Vorkommen und mutmaßlicher Ursprung, Seite 181
27 Nach August Huyssen: Die Solquellen des Westfälischen Kreidegebirges, ihr Vorkommen und mutmaßlicher Ursprung, Seite 187
28 Heimatbuch der Stadt Erwitte, S. 180
29 Heimatbuch der Gemeinde Westernkotten, Seite 166
30 aaO. Seite 166
31 aaO. Seite 167
32 Heimatbuch der Gemeinde Westernkotten, Seite 171
33 aaO. Seite I71/172
34 aaO. Seite 173
35 Heimatbuch der Gemeinde Westernkotten, Seite 176
36 Heimatbuch der Gemeinde Westernkotten, Seite 179
37 aaO. Seite186
38 Heimatbuch der Gemeinde Westernkotten, Seite 181
39 Heimatbuch der Gemeinde Westernkotten, Seite 182 – Fotokopie-
40 aaO. S. 183
41 August Huyssen: Die Solquellen des Westfälischen Kreidegebirges, ihr Vorkommen und mutmaßlicher Ursprung, Seite 176
42 Heimatbuch der Gemeinde Westernkotten, Seite 185
43 Dr. Ernst Fulda: Die Salzlagerstätten Deutschlands, Seite 116
44 Dr. Ernst Fulda: Die Salzlagerstätten Deutschlands, Seite 116
45 Heimatbuch der Gemeinde Westernkotten, Seite 116
46 Heimatbuch der Gemeinde Westernkotten, Seite 186
47 Heimatbuch der Gemeinde Westernkotten, Seite 198
48 Heimatbuch der Gemeinde Westernkotten, Seite 198
49 Heimatbuch der Gemeinde Westernkotten, Seite 200
50 aaO. S. 201
51 Mitteilungen des Kurdirektors
52 Heimatbuch der Gemeinde Westernkotten, Seite 205
53 aa0. Seite 203
54 Mitteilungen des Kurdirektors
55 Mitteilungen des Kurdirektors