Von: jomü [? Transkription eines Artikels aus dem Patrioten vom 21.7.1958, WM, 19.03.24]
Bad Westernkotten. Das Fest des Schützenvereins Westernkotten stand ganz im Zeichen der 700-Jahr-Feier der Gemeinde und nahm am Sonnabend und gestrigen Sonntag, an dem das erweiterte Ehrenmal in einer eindrucksstarken Feierstunde geweiht wurde, einen glanzvollen Verlauf. Ein Festzug, wie ihn die Gemeinde nur selten erleben dürfte, bewegte sich am Sonntagnachmittag durch die Straßen. Es war ein unvergessliches Bild, das sich den vielen Schaulustigen in den festlich mit Fahnen und Wimpeln geschmückten Straßen des Badedorfes bot, als Hunderte von Schützen marschierten. Die Notwendigkeit der Volkshalle wurde gestern bekundet: Sie war gefüllt von festfreudigen Menschen! Inmitten der großen Menge konnten die Schützen ihre diamantene Jubelkönigin ehren.
Das Schützenfest in Bad Westernkotten nahm Samstagabend mit dem Aufsetzen des Adlers, der von großem Wuchs und prächtigem weißen „Gefieder“ war, seinen Auftakt. Schon bei diesem Beginn des Festes hatten sich unter der Vogelstange an der Volkshalle zahlreiche Zuschauer eingefunden, die anschließend mit der Eisenbahner-Kapelle Paderborn und dem Lippstädter Trommlerkorps unter Führung von Tambourmajor Stefan Stork mit den außerordentlich zahlreichen Schützen auszogen, um die Ständchen, darzubringen.
Das erste galt Oberst Jesse, dem vom Hauptmann Willi Kemper die Grüße der Schützen ausgerichtet wurden. Der Sprecher gab der Hoffnung Ausdruck, dass der Oberst, dem er für seinen Einsatz für die Belange des Schützenvereins herzlich dankte, noch lange Jahre sein Amt ausüben möge.
Beim Oberst und Pfarrer
Oberst Leo Jesse dankte den Schützen herzlich für das Ständchen, insbesondere aber auch für ihren uneigennützigen Einsatz bei der Fertigstellung der neuen Halle, die nun das „Haus“ aller Westernkötter sei. Niemand hätte im vergangenen Jahre, als man erfahren habe, dass die alte Halle „abbruchreif“ sei, geglaubt, 1958 schon in einer neuen Halle das Fest der Schützen feiern zu können. Das diesjährige Fest, verbunden mit der Jahrhundertfeier der Gemeinde, sei ein besonderes Erlebnis, verpflichte aber auch die Schützen, mit ganz besonderer Begeisterung und Haltung an dem Geschehen der Festtage teilzunehmen. Die Gemeinde und der Schützenverein, auf die der Oberst ein Hoch ausbrachte, dürften stolz auf die Vergangenheit sein. Nach einem Umtrunk mit dem Oberst zogen die Schützen zum Kirchplatz – dort hatte sich bereits viel Volk angesammelt – um Pfarrer Becker ihre Ovation darzubringen.
Nach der Einladung des Obersts an den Pfarrer zur Teilnahme am Schützenfest, sprach Pfarrer Bekker von der vorbildlichen Opferbereitschaft, dem Fleiß und der Glaubensstärke der Vorfahren, die in den vergangenen Jahrhunderten durch festen Zusammenhalt schwerste Notzeiten nach Bränden und Seuchen überwunden und immer wieder aufgebaut hätten.
Diese Vergangenheit und die in früheren Zeiten bekundete Einigkeit und der Respekt vor ihr dürfe in unserer Zeit der Technik nicht vergessen werden, sondern müsse die heutige Generation in der Liebe zur Heimat und Gemeinschaft ebenso stark machen.
Dank an Bürgermeister
Weiter ging es durch die mit viel Liebe geschmückten Straßen zum Bürgermeister Schäfermeier, wo Oberst Jesse nach der Intonierung des Westfalenliedes dem Bürgermeister die Grüße des Schützenbataillons entbot und ihm für seine Initiative, der in erster Linie der Bau der Volkshalle zu verdanken sei, herzlichen Dank sagte. Dem Einsatz des Bürgermeisters sei es zuzuschreiben, dass die Halle bis zum Festtag der Gemeinde fertiggestellt worden sei.
„Keine Rohrleitung zur Burg“
Unser Schützenfest, betonte der Bürgermeister, dient der Liebe zur Heimat und der Wahrung“ alter Bräuche. Alle seien zur Teilnahme willkommen, denn Freude und Entspannung benötige jeder nach Monaten schwerer Arbeit. Der Bürgermeister dankte dann allen, die bei Tag und Nacht zum Einsatz zur Vollendung der Halle bereit waren, dankte denen, die durch Geldspenden, Spanndienste usw. zum Gelingen des Werkes beitrugen und forderte alle auf, die ihr Scherflein noch nicht beigetragen hätten, dieses nun nachzuholen, da noch viel Geld zur Ausschmückung und Erweiterung der Volkshalle benötigt werde. Allen, die „neidisch“ auf die schöne Volkshalle seien, gab der Bürgermeister den Rat, wie in Westernkotten fest zuzupacken und sich in Gemeinschaftsarbeit eine Halle zu bauen.
In Westernkotten sei man nicht neidisch, aber eins – so sagte schmunzelnd der Bürgermeister unter dem Beifall der großen Menge, die sich bei diesem Ständchen eingefunden hatte, werde man nicht tun: eine „Rohrleitung für die Beförderung der Westernkötter Sole zur Burg“ zu bauen.
Abschließend forderte Bürgermeister Schäfermeier alle auf, mit den Schützen, den Kurgästen und Freunden aus der Nachbarschaft in echter Heimatliebe das Schützenfest zu feiern und dabei auch derjenigen Brüder und Schwestern zu gedenken, die j e n s e i t s des Eisernen Vorhanges lebten, aber mit einbeschlossen seien in die große Heimat, die Deutschland heiße.
Mit den Musikanten zogen die Schützen und die große Volksmenge, unter der ebenso wenig die Omas und Opas wie die Jugend fehlte — ganz Bad Westernkotten und die Gäste waren an diesem herrlichen Sommerabend auf den Beinen — zu den Majestäten.
Ihnen überbrachte Oberst Jesse den Dank der Schützen für die einjährige erfolgreiche Regierungszeit und gab seiner Freude Ausdruck, dass König Josef Brock und seine Gattin Maria als Mitregentin als erstes Königspaar in die neue Volkshalle einziehen könnten. König „Josef I“ dankte, auch im Namen seiner Gattin, für die hohe Ehrung und erklärte mit Freude, dass die Ovation auch seinen Eltern „zugute“ komme, die vor 30 Jahren König und Königin in Westernkotten waren. Nach seinem Rückblick auf die Jahrhunderte alte Schützengemeinschaft in Bad Westernkotten, die stets von echtem Schützengeist beseelt gewesen sei, bat König Josef die Schützen, auf diese Vergangenheit nicht nur stolz zu sein, sondern stets die Gemeinschaft als den Höhepunkt des Schützenwesens zu hegen und zu pflegen. Wahren Gemeinschaftssinn habe man bei dem Bau der Volkshalle bekundet, dieser Zusammengehörigkeit möge sich auch in Zukunft niemand entziehen. Seine königlichen Wünsche für alles Gute in der Zukunft betonte „Seine Majestät“ mit einem Hoch auf den Schützenverein — Die vom langen Marsch durstig gewordenen Schützen konnten sich dann an zwei Fässchen „Königsbier“ erlaben. Dann klang der erste Festabend in der Volkshalle mit dem Großen Zapfenstreich aus.
Diamantene Jubelkönigin: Frau Witwe M i n t e r t.
Im Mittelpunkt des gestrigen Festtages der Schützen stand der Umzug und die Einweihung des erweiterten Ehrenmals. Viele Hunderte von Schützen der Vereine Berge, Bökenförde, Eikeloh, des Handwerker-Schützenvereins, Junggesellen- und Männerschützenvereins Erwitte, Langeneicke, Lipperode, des Südlichen Schützenbundes Lippstadt, des Nördlichen Schützenbundes Lippstadt, Lipperbruch-Lippstadt und des Lippstädter Schützenvereins, Overhagen, Rixbeck, Stirpe und Bad Westernkotten — mit allein über 200 Schützen — bildeten mit ihren Fahnen, den Trommlerkorps, dem Fanfarenzug Erwitte, den Musikkapellen, mit den bunten Uniformen der Schützen, den wehenden Federbüschen auf Dreispitzen, den Blümchen im Gewehrlauf, einen bunten und imposanten Festzug der von der spalierbildenden Menge an den Straßen immer wieder bewundert wurde. Dem Zuge voran ritten drei Herolde hoch zu Ross.
Erste Pflicht
Die Schützen holten König „Josef I“ und seine Mitregentin sowie Hofstaat ab und marschierten, nachdem die Majestäten die lange Front abgeschritten hatten, zum Ehrenmal. Der Festakt zur Erweiterung des Ehrenmals, dem zwei Steine mit den eingemeißelten Namen der Gefallenen und Vermissten des letzten Weltkrieges hinzugesellt sind, musste leider verkürzt durchgeführt werden, da aus den aufgezogenen Gewitterwolken Regen niederprasselte. Eingeleitet wurde die denkwürdige Feierstunde mit „Die Himmel rühmen“ von Beethoven durch die Vereinigten Männerchöre Westernkotten-Bökenförde (Dirigent: Chorleiter Josef Wallmeyer, Lippstadt). Nachdem Bürgermeister Schäfermeier der betonte, dass es immer die erste Pflicht der Gemeinde und der Schützen an Festtagen sei, der Gefallenen zu gedenken, die Enthüllung des Denkmals vorgenommen hatte, hielt Vikar Rüsing, Lippstadt, die Gedenkrede.
Nie vergessen
Vikar Rüsing beglückwünschte die Gemeinde, dass sie es ermöglicht habe, das Denkmal zu erweitern zu einer Stätte, die immer an alle erinnern solle, die ihr Leben für Heimat, Volk und Vaterland Hingaben, insbesondere an die, die in fremder Erde ruhen. Vikar Rüsing, der selbst am zweiten Weltkrieg teilnahm und in russische Gefangenschaft geriet, sprach von der hohen Ehrfurcht die man als Soldat vor den Denkmalen für die Gefallenen gehabt habe, ganz gleich, wo sie den lieben Toten errichtet worden seien. Auch dieses Denkmal in Westernkotten sei stellvertretend errichtet für die vielen Gräber, unter denen deutsche Soldaten auf den Friedhöfen Europas und anderen Schlachtgefilden ruhten. An solchen Ehrenstätten dürfe man nicht achtlos vorübergehen. Denn die, denen sie erbaut wurden, seien hingesunken für Deutschland, für die Heimat, die sie verteidigten.
Der Jugend rief Vikar Rüsing zu, dass sie gegenüber den Gefallenen die Verpflichtung trüge, die Zukunft zu gestalten und das hochzuhalten, was die Heimgegangenen ihnen vorgelebt hätten. Jeder werde einmal dafür zur Rechenschaft gezogen, wenn er. vergesse, den Glauben und die Vätersitte zu bewahren.Die eindrucksstarke Feierstunde endete mit dem gemeinsam gebeteten Vaterunser und der Niederlegung eines Kranzes der Gemeinde am Ehrenmal, wobei die Fahnen sich senkten, die Schützen präsentierten und das Lied vom guten Kameraden erklang.
An der neuen Volkshalle fand unter dem Kommando von Hauptmann Willi K e m p e r die große Parade statt, bei der die vielen Schützen vor dem Westernkötter Königspaar, dem Ehrenausschuss, den Majestäten der Gastvereine und ihren Obersten schneidig vorbeidefilierten.
Diamantene Jubelkönigin
Vor dem Königstanz und dem Beginn von Konzert und Tanz wurde inmitten der Halle die diamantene Königin des Schützenvereins Westernkotten, Frau Wwe. Mintert geb. Baumeister (in Lippstadt wohnhaft), die vor 60 Jahren in Westernkotten Königin war, geehrt. Die jetzige Königin, Frau Maria Brock, heftete der hochbetagten Jubiläumskönigin den- Orden des Schützenvereins an. Dann nahm das Fest, dem draußen mancher Regenguss beschieden war, drinnen in der geräumigen Halle einen fröhlichen und harmonischen Verlauf. Heute wartet man gespannt darauf, wer in wenigen Stunden neuer König – erstmals in Bad Westernkotten – wird. jomü