1940: Aus der Geschichte von Westernkotten

Von Carl Laumanns

In: HB Lippstadt 1940, S. 25-26

Westernkotten hieß ursprünglich Cothen, was so viel wie Salzsiedehütte bedeutet. Es war mit dem Königshofe Erwitte von Kaiser Konrad II. dem Bischof Meinwerk von Paderborn geschenkt im Jahre 1027, er bestätigte damit urkundlich eine von Kaiser Heinrich II. 1022 gemachte Schenkung. Zu dem Reichsgut Erwitte gehörten neben Königshufen in Erwitte, Berge, Eikeloh, Langeneike und Stirpe auch eine Kapelle ad St. Johannem Bapt. Und Salzwerke in Westernkotten. Da diese Güter in dem alten Herzogtum Westfalen lagen, das unter Friedrich Barbarossa kölnisch wurde, gab es wegen dieser Schenkung viel Streitigkeiten zwischen den Landesherren zu Paderborn und Köln. Erst 1687/88 fanden diese eine endgültige Erledigung. Darnach hatte der Fürstbischof von Paderborn Anspruch auf eine Willkommensteuer von 100 Talern beim Antritt seiner Regierung nebst einigen anderen Emolumenten (d. h. Einkünften), während die Landeshoheit mit der höheren Gerichtsbarkeit aber dem Kurfürsten von Köln als Herzog von Westfalen vorbehalten wurde. (Vergl. I. S. Seibertz, Geschichte des Reg.- Bezirks Arnsberg, 1855.)[1]

In Westernkotten gehörte dem Stift Meschede der sogenannte „Hudecker“ Salzbrunnen nebst zwei Siedehäusern und fünf Salzsiedepfannen.

Dieser Brunnen gehörte zu der Bauerschaft Aspen, später Erlenhof genannt. Um 1150 kam die Besitzung in Westernkotten als ein Lehen in die Hände der Familie Hudeke, dessen Angehörigen der Hof Aspen nebst Salzbrunnen vom Stift in Erbpacht gegeben wurde gegen eine jährliche Pacht von 3 Mark. Um 1370 erwarb sie Berthold, Edelherr von Büren, von Johann Hudeke und verpfändete sie 1396 für 70 Mark wiederlöslich an Remfried von Schorlemmer gt. Clüsener, der das eine von Berthold von Büren an Hermann von Erwitte Pfandweise überlassene Salzhaus wieder einlöste und dann beide wieder in Nutzung nahm. Später kam eines dieser Salzhäuser an den Lippstädter Düsterer, der es 1497 seinem Bruder, dem Propst und Archidiakon Berndt Düsterer (oder Düster) abtrat, von welchem es 1505 in der Form der Schenkung an Berndt von Bredenol überging. Das andere Salzhaus nebst dem Hofe zu Aspen kam 1410 durch Verkauf von der Familie von Büren an die von Keddinghausen und wurde von dieser an die von Bredenol übertragen, die auf diese Weise sämtliche Mescheder Güter zu Westernkotten in Besitz erhielt. Doch blieben sie in einer Hand.

Brautschatzweise fiel das durch die Düsterer auf die v. Bredenol gekommene Salzhaus, das neben dem Salzhause der Familie von Hörde lag, an die von Lürwaldt zu Suttrop, wogegen der Erlenhof zu Aspen vorläufig der Familie von Bredenol verblieb. Im Jahre 1639 verkaufte Georg Rembert von Bredenol ein halbes Salzhaus zusammen mit dem Erlenhof an seinen Vetter Ehrenfried von Bredenol, nach dessen Tod die Witwe, eine geborene von Spiegel, von dem Hauptgläubiger von Landsberg 1659 zu einem Vergleich gedrängt wurde. Sie trat ihr Recht an dem halben Salzhause an den Freiherrn von Landsberg ab, der sie und ihre Erben als „Erbsöddere“ betrachten musste. Gegen eine Jahrespacht von 30 Reichstalern wurde ihr die Nutzung dieses Halden Salzhauses überlassen. Die andere Halste dieses Salzhauses mit einer Pfanne war um 1600 an die Familie von Eule (Hense) übergegangen, wozu diese später noch den 104)4 Morgen umfassenden Erlenhof hinzu erwarb wegen ihres halben Salzhauses verglichen sich die Brüder Johann und Berndt von Ense ebenfalls mit dem Freiherr» v. Landsberg, und zwar in der Weise, dass Berndt gegen eine Jahrespacht von 40 Reichstalern als „Erbsödder“ (Erbsälzer) anerkannt wird. und der Freiherr von Landsberg die Rechte eines „Erbherrn“ bekommt. Es war also nach 1659 die Verteilung der Besitzrechte an dem „Hudecker“ Salzbrunnen, dass der Erlenhof und ein halbes Salzhaus mit einer Pfanne bei der Familie von Bredenol, und ferner das zweite ganze Salzhaus bei der Familie von Luerwaldt sich befand, und dass „Erbherr“ der Freiherr von Landsberg blieb. (Vergl. Original-Akten des Stifts Meschede Nr. 55.)

Abgesehen von diesen beiden zum „Hudecker“-Brunnen gehörigen Salzhäusern besaß das Stift Meschede das Eigentumsrecht an zwei Salzhäusern in Westernkotten, die nach Ansicht von Dr. Carl Köster‘) im ganzen Mittelalter dem Kloster Paradies zu Soest überlasten waren. 1504 wird vom Propst Wilhelm von Westphalen zu Meschede dem Kloster Paradies für eine Jahrespacht von 6 Mark übergeben: Zwei Salzhäuser zu Westernkotten, eine Mühle zu Ampen und zwei Hufen Land.

Der Name Westerenkoten kommt schon 1284 urkundlich vor und zwar in Verbindung mit dem Königsbrunnen: Bischof Otto von Paderborn schenkte dem Bürger Heinrich Raven in der Stadt Lippe aquam salinarem de puteo regis, que vulgariter dicitur en wather in Westerenkoten. Es ist anzunehmen, dass die Bezeichnung puteus rogis (Königsbrunnen) auf den Königshof Erwitte zurückzuführen ist. Es ist wahrscheinlich, dass 1027 bei der oben erwähnten Schenkung des Königshofs an Bischof Meinwerk von Paderborn bereits ein Salzbrunnen erschlossen war, der auf dem zum Königshofe gehörigen Grund und Boden lag.[2]

Freilich wird in der Schenkungsurkunde des Kaisers Konrad II. eine Salzquelle nicht ausdrücklich erwähnt.

Am 4. August 1261 belehnte Bischof Simon von Paderborn den Bürger Dodelmus in der Stadt Lippe mit einem Salzwasser zu Cothen. — Am 27. Juli 1277 schenkte die Edelherrin Sophia zur Lippe dem Lippstädter Propst Leutfried, der Priorin und dem Nonnenkonvente zu Lippstadt 20 Mark zum Ankauf eines Salzhauses in Cothen. [3] — Remfried von Schorlemer bestätigt 1300 dem Kloster Kappel die Erlaubnis, durch seine Grundstücke Kanale nach den neuen Salzhäusern zu legen.[4]

Wie aus einer Urkunde des Oberbergamts-Archivs Dortmund hervorgeht, waren im Jahre 1312 nicht weniger als 92 Salzhäuser in Westernkotten vorhanden. Der Inhalt der Urkunde[5] besagt: Bischof Dietrich von Paderborn, der Propst vom Kloster Kappel, der Ritter Remfried und Meinhard Huddick beschließen am 21. Juni 1312, die Zahl der 92 Salzhäuser in Westernkotten nicht mehr zu vergrößern, aber zwei bis drei in eines zu vereinigen und das Mietrecht durchzuführen.

Die Familie von Ense hatte in Westernkotten einen Rittersitz, der durch Erbschaft an die Familie von Schade und dann an die Familie von Papen kam.

Über die Technik der Salzgewinnung in alter Zeit verbreitet sich Georg von Detten in seinem Buche „Westfälisches Wirtschaftsleben im Mittelalter“. Er schreibt: „Nachdem die bei den Urgermanen übliche Herstellung durch Aufgießen der Salzsole auf Holzkohlenglühung verlassen war, wird (sie) noch Jahrhunderte lang einfach und wenig rationell gewesen sein. Man darf annehmen, dass man die Salzsole in den Siedehäusern in offenen Gefäßen dämpfte oder einkochte, bis die wässerigen Bestandteile verflüchtigt, der Gips ausgeschieden und das Kochsalz kristallisiert war.“ — „Die Besitzer der Salzsiedehäuser hießen Sälzer und die Werkarbeiter Sälzer- oder Kottenknechte.“

Über die Geschichte der Salzquellen von Westernkotten schreibt Gg. v. Detten: „Zum Königshofe (Erwitte gehörten auch die Salzquellen zu Westernkotten, deren Hauptquelle auch Königsbrunnen (Koning Zod) genannt wurde.[6] Hier belohnt Bischof Simon von Paderborn die treuen Dienste eines Paderborner Bürgers dadurch, dass er ihm eine Salzquelle (in Westernkotten) schenkte, und derselbe Bischof verpfändet 1270 eine Rente von 48 Mark aus den Salzwerken in Westernkotten an Hermann von der Lippe dafür, dass dieser Dienstmann des Stifts geworden ist.[7] — Eberhard von Kettler gen. Schlingworm gibt seiner Frau eine Leibzucht an einem freien Siedehause daselbst[8] . Wilhelm Loyff von Hervelde (bei Liesborn?) endlich verkauft 1379 für 140 Markpfennige bis zur Wiederlöse an Nolten (Arnold) Koggen to Westernkotten sein „Salthuis“, dort gelegen, und in den „Königszood“ gehörig. Bemerkenswert für Westernkotten ist noch, dass die von den Grafen von Landsberg-Velen und von Papen-Lohe besessenen Salinenteile mit besonderen Privilegien und Lehnbarkeit ausgestattet sind.“

Das Dorf Westernkotten ist aus mehreren während der Soester Fehde zerstörten Ortschaften Aspen, Hockelheim, Meßtuschheim, Swick und Weringhausen entstanden[9]. — Die Einwohner siedelten sich in der Nähe der Salzquellen an und bauten eine Umwallung.

Von Weringhausen ist noch ein Einzelhof, der alte Weringhof (in der Nähe des Bahnhofs Westernkotten) vorhanden. Auch eine lateinische Inschrift an der 1630 gebauten Kirche weist auf die Zusammenlegung der Bauerschaften und die Gründung des Dorfes hin.

Christian, Herzog von Braunschweig und Lüneburg, genannt der Tolle, brandschatzte seit Januar 1622 von Lippstadt aus die Orte des alten Herzogtums Westfalen. Nachdem er das von dem Feldobristen von Erwitte mit Erfolg verteidigte Geseke vom 5. bis 12. April 1622 vergeblich berannt hatte, nahm er an den wehrlosen Dörfern für seine Niederlage vor Geseke schreckliche Rache. Westernkotten, Erwitte. Anröchte, Altengeseke und Overhagen wurden ausgeplündert und in Asche gelegt.

Kaum war Westernkotten wieder ausgebaut, da kam 1635 die Pest, die den größten Teil der Einwohner sterben ließ. Um den schwarzen Tod zu bannen, gelobte man die jährliche Abhaltung einer Prozession, die auch heute noch am Lobetage gehalten wird.


[1] Zur Vermögensverwaltung des Stifts Meschede im Mittelalter. 67. Band der Zeitschrift für Geschichte und Altertumskunde, E. 75.

[2] Vergl. Seibertz, Landes- und Rechtsgeschichte III, S. 359.

[3] Lipp. Regesten Nr. 389.

[4] Lipp. Regesten 469.

[5] Archiv des Oberbergamts Westernkotten 418. Nr. 8.

[6] Vergl. Seibertz, Urkundenbuch der Landes- und Rechtsgeschichte des Herzogtums Westfalen, St 27. — Von zuständiger Seite wird uns mitgeteilt, dass sich der Königssood oder Königsbrunnen im Dorf an der Kreisstraße, hinter dem Viehhaus von Franz Dietz vor dem Wohnhaus von Paul Franke befindet. Der Brunnen ist mit starken eichenen Bohlen zugedeckt. — Es waren hier im Dorfe früher drei Salzbrunnen. Um die Brunnen war ursprünglich ein etwa 3)4 bis 4 Meter hohes Fachwerkgebäude. Dieses Gebäude ist bei dem Mittelbrunnen um 1895 abgebrochen, bei dem Windmühlenbrunnen um 1898, bei dem Kappel-Brunnen ist es mir nicht bekannt. Die Brunnen sind dann mit schweren Steinplatten zugedeckt worden. Der Windmühlenbrunnen ist bei Anlage der Kreisstraße Westernkotten—Lippstadt um 1913 zugeschüttet worden. Die Brunnen hatten etwa 2 1/2 Meter im Quadrat, und sind 28 Fuß tief. Ausgekleidet sind die Brunnen oben mit schweren Bohlen, in den Ecken mit schweren Pfosten und starken Verstrebungen, unten sind sie in Stein gehauen. In den Brunnen standen das hölzerne Pumpensaugrohr und eine Leiter. Der Windmühlenbrunnen lag in der Ecke, wo die Straße nach Lippstadt von der Straße Westernkotten nach Böckenförde abzweigt. Der Mittelbrunnen befand sich etwa 20 Meter westlich davon, der Kappelbrunnen etwa 30 Meter nördlich vom Mittelbrunnen. Die alten Siedehäuser sind seit zwei Jahren an Bauern verkauft und werden landwirtschaftlichen Zwecken dienstbar gemacht.) H. E.

[7] Westfälisches Urkundenbuch IV und IV ²

[8] Ebendaselbst

[9] Gräfl. Landsbergisches Archiv. — Über die Zerstörung von Westernkotten, die Weihnachten 1444 stattfand, heißt es in alten Chroniken der deutschen Städte (Band 21 Soest) unter dem 25. Dez. 1444: „Jtem de von der Lippe brauten tat hues to dem Boterhove, tobehorich Dideric und Hinrike von Erwitte, se brauten den Saltkotten, dat dorp to Erwitte und was dar ume lank was. “ In der Lippstädter Reimchronik in demselben Jahr heißt es: Darna Koten, Erwite un ume lank her. Verleiden de flammen des füers ganz ser. — Wahrend einzelne Heimatkundler die Zerstörung irrtümlich auf Salzkdtten beziehen, steht fest, dass Salzkotten in der Soester Fehde nicht zerstört worden ist. Wie die alte Inschrift an der Kirche sagt, ist aber Westernkotten zerstört worden, so dass man bestimmt annehmen kann, dass mit dem „Saltkotten“ nur Westernkotten gemeint ist. Koten ist — wie schon oben erwähnt — die alte Bezeichnung für Westernkotten.