Unser Bild stellt den sogenannten Lobetagsaltar zu Westernkotten dar. Bei seinem Anblick führt er uns zurück in eine längst vergangene Zeit. und zwar in den dreißigjährigen Krieg, der diese Gegend furchtbar verwüstet hat. Man denke nur an die zügellosen Mordbrenner Christians des Tollen. Manches blühende Dorf dieser Gegend ist durch Kriegsblinden, die raubend und plündernd durch das Land zogen, niedergebrannt.
Hungersnot und Krankheit waren die Folge dieses Treibens. Kaum hatte sich der friedliche Bauer aus den Trümmern ein notdürftiges Häuschen zusammengesetzt, und schon war es von den raubenden Banden zerstört. So standen auch in der Nähe von Westernkotten fünf kleine Dörfchen, die dem Schicksal zum Opfer fielen. In der Bezeichnung der Feldfluren findet man noch heute ihre Namen. Doch die Bewohner dieser fünf Dörfchen ließen den Mut nicht sinken. Sie taten sich zusammen und gründeten in der Nähe der salzigen Quellen, denn Salz gebrauchten sie zu ihrem täglichen Leben, ein neues Dorf. Mit vereinter Kraft konnte man sich dem Feind besser zur Wehr setzen. Den Verhältnissen entsprechend wurde das Dorf von drei Seiten mit einem hohen Erdwall, mit einem breiten Wassergraben davor, umgeben. Die vierte Seite, nach Osten gekehrt, war durch ein Moor, das heutige Muckenbruch, für den Feind unzugänglich.
In kurzer Zeit hatte sich Westernkotten zu einem blühenden Dörfchen entwickelt. Ein alter Gedenkstein, der an dem Westtore des Walles eingemauert war, kündet noch heute von diesem Vorgang. Doch bald braute sich ein neues Unheil zusammen.
Es war gerade vor 300 Jahren im Jahre 1635. Die furchtbare Pest wütete m Westernkotten. Ein blühendes Menschenleben nach dem andern wurde durch den schwarzen Tod dahingerafft. – Ganze Familien starben aus, und ihre Häuser standen leer. Der Strohkranz vor dem Hause, der die Pest ankündete. kam bald vor alle Türen zu hängen. Das Vieh verhungert« in den Ställen oder lief von der Fessel befreit herrenlos umher. Man suchte mit allen damals zur Verfügung stehenden Mitteln der Krankheit Einhalt zu bieten und räucherte die Häuser mit Wacholdersträuchern aus, atmete durch essiggetränkte Lappen, aber nichts half. Selbst eine Flucht bot keine Rettung, denn sie war wegen der Ansteckungsgefahr streng verboten. Fast schien es, als sollte das Dorf bis auf den letzten Mann aussterben. Die Zahl der Einwohner war bis auf 20 herabgesunken. Dieser Rest der Bewohner des Dorfes flüchtete in die Kapelle der Wasserburg auf dem „Plasse“ Sie beteten ohne Unterlass zur hl. Maria, der hohen Fürsprecherin, und wurden auch erhört. Das Sterben nahm ein Ende. Die Muttergottes nahm sie alle unter ihren großen Schutzmantel, was auf dem Bilde so schön versinnbildlicht wird. Zum Danke dafür gelobten sie für alle Zeiten, alljährlich eine Prozession zu gehen. Dieses Gelübde ist im Lobetagsbrief schriftlich niedergelegt, und wird während der Prozession den Teilnehmern zur Erinnerung an vergangene Zeit und zur Mahnung für die Zukunft vorgelesen.
Und wenn es wieder an der Zeit ist und die Glocken den Westernkötter Lobetag einläuten, dann lässt es sich kein Westernkötter nehmen, zu seinem Heimatdorf zu eilen, um an der Prozession teilzunehmen. – Erst vor kurzer Zeit erhielt der Altar ein neues Kleid, wodurch er sich wieder in alter Pracht den Gläubigen dartut.
Nachsatz: Westernkotten, 15. April. Hohes Alter. Frau Witwe Maria Schröer konnte in bester Gesundheit ihr 78. Lebensjahr vollenden. Dem Geburtstagskinde unsern Glückwunsch!