Von L.W.Kölkenbeck
[aus: Der Patriot vom 19.1.1850, abgedruckt auch im Heimatbuch „Bad Westernkotten“, Lippstadt 1958, S.154/155]; der Verfasser ist mir nicht näher bekannt. WM]
Wer tief bedrängt in Gram und Leid,
Vom Unglück schier zertreten,-
Wem nirgend Hülfe weit und breit
Vor Angst und Todesnöthen,-
Der eile zur gütigen Mutter des Herrn
Mit gläubigem, frommem Vertrauen;
Maria errettet die Leidenden gern,
Die kindlich der Herren vertrauen.
Vor langen Jahren zog die Pest
Durch alle deutschen Lande,
Und hüllte sie im Ost und West
In düstre Grabgewande.
Viel Tausende mähte der brandige Tod,
Der schwarze, in wenigen Stunden;
Und nirgend ein Tröster in schrecklicher Noth!
Und nirgend ward Rettung gefunden.
Gelöset ward das stärkste Band
vom finstern Todesgrauen;
Des Würge-Engels kalte Hand
Erstarrte rings die Auen.
Die Sonne erbleichte, es dorrte das Gras,
Der Himmel ward dunkel und trübe;
Die stolzesten Herzen zersprangen wie Glas,
Es wankte die innigste Liebe.
Von Dorf zu Dorf, von Haus zu Haus
Zertrat die Pest das Leben;
Man sah nur Angst und Todesgraus,
Verwirrung und Erbeben.
Der blühende Jüngling, der wankende Greis,
Die Männer, so kräftig wie Eichen,
Sie sanken zu Boden, sie wurden zu Eis,
Ein Augenblick schlug sie zu Leichen.
Der Säugling an der Mutter Brust
Verfiel dem Tod zum Raube;
Der Jungfrau ros’ge Lebenslust
Verwelkte rasch im Staube.
Da galt kein Entfliehen! Kein sicherer Ort
War rings in dem Lande zu finden;
Es trugen die Lüfte den eilenden Mord,
Er flog auf vergifteten Winden.
Gar manche Stadt war menschenleer
Und leichenvoll die Straßen;
Und Manche irrten stumm einher,
gar elend ohne Maaßen.
Vernichtung bedrohte das herrliche Land,
Allüberall finsteres Grauen;
Allüberall war die entsetzliche Hand
Des würgenden Todes zu schauen.
In Westernkotten, eng und klein
Das Kirchlein da, stand offen,
Als lade es zur Rettung ein,
Die auf Erbarmung hoffen.
Da draußen erschlug der entsetzliche Tod
Und kannte nicht Schonung noch Milde.
Da drinnen die Mutter, die Gütige, bot
Den Armen den Schutz an im Bilde.
Es flohen elf ins heil’ge Haus,
Zum Muttergottesbilde;
Es breitet seinen Mantel aus
Zum sicher’n Schirm und Schilde:
Es wagte der Tod nicht, der Heil’gen zu nah’n,
Noch die sie in Obhut genommen; –
Er wüthete draußen auf jeglicher Bahn,
Ließ keinen mehr lebend entkommen.
Maria Hülf, das Wunderbild
In ärmlicher Kapelle,
Es strahlt so licht, so wundermild,
An heil’ger Gnadenstelle.
Alljährlich verkündet ein rühmendes Fest
Mit Fasten und Beten die Zeiten,
Wie einstens Maria der wüthenden Pest
Die Opfer selbst wollte bestreiten.
Wer heut zu Tag in Gram und Leid,
Vom Unglück schier zertreten, –
Der suche die Barmherzigkeit,
Maria, hülf‘ in Nöthen.
Auch heute noch höret die Mutter des Herrn
Die flehenden Kinder im Staube;
Sie leuchtet im Tode als funkelnder Stern,
Ihn schauet der selige Glaube.