1629: Akte, betreffend Nachlass-Regelung des wegen Zauberei zum Tode verurteilten Herman Gusties aus Westernkotten, Anno 1629 November 29.

[Der Originalaufsatz findet sich unter: Pfarrarchiv Erwitte, Akte III A, Blatt 334a/334b. – Als Zeuge dieses Testaments wird auch der Westernkottener Schulmeister Henricus Schwaer genannt. Es dürfte sich hierbei wohl um die erste Erwähnung einer Schule in Westemkotten handeln. – Der Aufsatz liegt mir in handschriftlicher Deskription vor. Er wurde wohl für einen Aufsatz von Ulrich Dalhoff erstellt, der den Titel „Hexenwahn in Westernkotten“ trägt; vgl. dazu unser Heimatbuch aus dem Jahre 1987: Marcus, W./Jesse, M./Mönnig, F./Richter, A.[Hrsg.], Bad Westernkotten. Altes Sälzerdorf am Hellweg. Lippstadt 1987 [480 Seiten; 2. Heimatbuch zu Bad Westernkotten], hier S. 142-143, eine technische Transkription/Umwandlung in eine Word-Datei ist äußert schwer möglich, deswegen sind im Folgenden zunächst die Seiten der Diskription abgebildet. WM, 07.04.2024. Am 15.2.25 ist es mir gelungen, mit der Methode „Transkrbus“ den Text in unsere Druckschrift zu transkrbieren und mit einem Kommentar zu versehen. WM, 15.2.25]

1629: Nachlassregelung des Hermann Gusties, wegen Zauberei zum Tode verurteilt

[Original im Pfarrarchiv Erwitte, die Transkription, die Herr Erwin Schöneweiß für das Heimatbuch 1987 vorgenommen hat, habe ich heute, 15.02.2025, mit Transkribus in eine Word-Datei umgewandelt. An der damaligen Schreibweise und dem Zeilenumbruch habe ich nichts geändert. Am Schluss folgt eine Zusammenfassung. WM]

Blatt 1

Nachlassregelung, des wegen Zauberei zum

Töde Verorteilten Herman Gusties

aus Westernkotten

Anno 1629 Novemb. 29.

Kundt undt zu Wissen sey hirmit Jedermänniglich

Heinrich Herman Gusties von Westerenkotten wegen des

schrecklichsten Zauberlästers alhir in … Khenus gerathen und

seiner Bekentnis nach nichts anders entgegen gehapt, als

dass Er desswegen seine zeittliche Straffe ausstehen und den

Thodt erleiden müssen. Und darmit, als nach seinem thödtlichen

Hintritt, seiner guiter und Verlassenschafft halber zwischen

seinen Vorkindern und jetziger, seiner Haussfrauten Anne

Loepers sampt deroselben Kindte Triniken kein Irrungsstreit

und disputa ereget und erwecket wurden, sonders

ein Jeder wissen möegen, was er seiner guiter halben

erfrewt sein sollen. Also hett Er in anwesenheitt hernach

beschriebener Pershonen über seine guiter und Verlassenschafft

folgende, Disposition inter Liberos informan ultima ex

paterna voluntatis verordnet gemacht und auff gericht mitt

begehren des Selbige unter seinen Vorkinderes vnd jetziger

seiner überpliebender Frawe und Kinde also und Paterlig

steif, vest und ohnverbrüchlich gehalten werden mögte

Erstlich ist sein geweltes, Gusties Will und Meinungh, dass

seine beiden unmündigen Vortöchter benandtlich Enneken

und Elssgen zu Vormünderen und tutoren Joan Leifferdes

sein Schwager und Heinrich Sommer zu Westerenkotten angeordnet

und constituirt werden mögte, wie Er dass gedachtem Leifferdes

coram gebetten, sich forthaner Vormundschafft neben obgt.

Tommer am bestendigsten zu Unternehmen.

Blatt 2

Demnägst will Er

Vormunde seiner beiden unmündigen

Töchter Enneken und Elssgen Thauendt Reichsth, aber einer

jeden davon fünffhundert Reichsth.

Neben Einer ehrlichen aussrüstungh an Kleidern, betten undt

sonsten Zeug Ihrer aussbestadungh vermacht und gieben haben

gestellt, dass Ihnen selbige Thausendt Reichsth. auss seinem

Nachlasse…. geradeste und gerechtesten Hab und guitters

ohnfechten … richt vnd erlegt werden solle.

ohn gleichen, de er seinen eidamb Borcherten Junghaus zu

Westerenkotten wegen seiner Tochter Bertgen vormahlen

Eiffteinhalbstige Reichsth. in Dotem oder zum Brautschatz

sampt gebührlicher aussrüstungk mitgieben aber selbige

Elfft. helbstige Reichsth. gedachtem seinen Eidamb Borchardten

ausserhalb 14 Reichsth. vormahlen bezahlt und contentiert

seis, dass er mehr gesachtem, seinen Eidamb und seiner

lieben Tochter Bhertgen Eheleuten über vorigen Dotem und

was daran allnoch benandtlich viertzehn Reichsth.

ermangelt dreyhundtert Reichsthl. gleichfalls auss seinen

geradesten guitteres zu zahlen vermacht und gieben

haben wollen.

Und weil Er seine übrige Verlassenschafft bey ihnen auff

Achtzehenhundertt Reichsthl. überschlagen, als wolle Er

nechst vergangener Zahlungh oder Verrichttungh der vor-

Vermachten dreyzehenhundert Reichsthl. aus seiner gantzen

Erbschafft seiner überbliebender Frawe Anne Loeper und

seiner, mit dero gezeugten Tochter Trineken, sothan übrige

Achtzehenhundert Reichsthl. oder wass deren minder

Blatt 3

oder mehr sein weren, neben dem Wohnhausse aufgetragen

gieben und vermacht haben.

Was den Vorräten Holtze belangt, darmit soll es also

gehalten werden, dass vor jezt darauss die Unkosten, dess

mitt Ihnen bevorstehende Actus Justitia abgezogen

darnach beiden unbestattenen Dochters Ennekhen dud

Elsskhen einer Jeden zwey Bockse, davon einer schlacht

sein selle, vorabgieben.

Wie den auch der Einen bestatteten Tochter Bertgen

dergleichs schlachter Bockse zu ergangen

Diesem Vorabgenehmnis des Holtzes Vorrath und was

darnach im Saltze gemacht werden kan, wars in vier gleiche

Theite gesetzet werden. Also, dess Ein Theil seine überlebende

Fraw, samps deroselben Kinde, die andern drey Theile

seine drey Vortochter haben und wörklich geniessen,

Jedoch dass ein Jeder adurrant die Unkosten derab

tragen helffen und zhalen sollen.

Auss vorgenanntem Vorrath dess Holtzes solt ein gleiches,

so woll seiner nachgelassener Frawes derselben tochter-

gen Trinakhen ein schlachter Bocks gieben werden.

Ferners soll Er der Schule und armen zu Westerenkotten

Drey und dreissigh Reichsthl. an Capitall und die pensiones

vom Jahr 1621 bey Adrian Bremers ausstehendt vermacht

heben, also, dass die Schule die Eine halbscheidt, die

andere die Armen Erheben und geniessen sollen.

Weiters wolle er zum Altar der Hochheiligen Mutter Gottes

in Erwitte und dessen zeitigen rectori Eine obligation

Blatt 4

of. Lohoff zu Weckinghaussen ..frechendt cum Interesse

unig Anni gieben und legirt haben.

Ferner soll seine Elteste Tochtter alles runtes Holtz

vf. Brocks und saltzplatz liggendt zum Zimmer, wie das

auch die Dillen bey Frietz Herman ausstehendt allein vor

sich haben und geniessen.

Weill an Bahrschafft nicht mehr, den Achtzig Reichsthl.

ungefehr hinter Ihne erfindtlich, also soll jede Tochter

zwautzig Reichsthtr., und des auch die Mutter sampt

Ihrem Tochterleins zwantzig Reichsthtr. daraus heben, und

selbige 80 Reichsthlr. in vier gleiche Theile verschichten.

Ferner sollen beide unbestetteten Tochter Anna und Liessebeth

ein Foder Saltzes ad zwo vud zwantzig Reichsthlr. gerechnet,

welches Otto Beste im Stifft Münster schuldig vorraus heben

empfangen und geniessen, desselben Jahrer.. schafft

zwey Mollen hirab quitt gemacht undt befriedigt.

Obgesetzte puncto vermachs auss Leguta wollen vorge-

nannt Hermen Gustie in vim vltime paternas voluntatis

also steif, vest und uuverbrüchlich gehalten, wie er

den seine nachgelassenen Kinder und Frawe gebetten

haben wolle, sieh freundtlich verhalten und vergleichen sollen.

Welches wie vorgesetztet in gegenwarth des

Ehrowördig Ew. Hochgelehrten wollmeinen Herrn Bernharten

Brudde Vicary in Erwitte; Joan Renkhaussen, Churf-

Commissar; Johannes Leifferden; Godderten Junghman!

Willhelm Schotten Gerichtsschreiber und Henricus Schwaer

Blatt 5

Schulmeister zu Westernkotten; also verhandelt diesse

zu Zeugniss haben, oben genannte anwesende Herren undt

Diese genannten Herren, Gusties aussgerichtete Disposition

mit eigenen Händen unterschrieben. geschehen

den Neun und zwantzigsten Novembris Annoe 1629

Bernhardus Brudde Vicaerius Erwitte

Joannes Francken Commissarius

Joan Leiffers

Gordt Jungeman

Wilhelm Schotte Gerichtsschreiber

Henricus Schwaer Schulmeister

Iso vera veri sui originalis Concepti Copia Subseripsit

Adrian Wildt Notari

Zusammenfassung

Der Name „Gusties“ kommt im Heimatbuch von 1987 fünf Mal vor:

  • In einem Schatzungsregister aus dem Jahr 1682 heißt es: Engelbert Gusties Stätte ist oben bey Schimmel und Pottjasper annotirt [S. 110]. Es muss also im Jahr 1682 noch eine Familie Gusties in Westernkotten gegeben haben.
  • Und auf Seite 142f. ist eindeutig schon von diesem Heinrich Gusties und seinem Testament die Rede: „Die schriftliche Nachlass-Regelung des wegen Zauberei zum Tode verurteilen Herman Gusties belegt, dass auch ein Westernkötter Opfer des Hexenwahns wurde. Gusties, „wegen des schrecklichsten Zauberlasters alhir“ zum Tode verurteilt, traf in seinem Testament vom 29.11.1629 Bestimmungen über seinen Nachlass zugunsten seiner Frau Anna Löper sowie zugunsten „der Schule und armen zu Westernkotten“. Selbst die eigene Hinrichtung musste Gusties aus dem Erlös seiner Holzvorräte bezahlen, „darmit soll es also gehalten werden, dass vor jetzt darauss die Unkosten dess mit Ihnen bevorstehenden Actus lustitia abgezogen…“

Gerade mit den letzten Sätzen wird deutlich, dass der Verfasser des Textes aus 1987, Ulrich Dalhoff, den Inhalt des Testaments richtig erfasst hat. Vielleicht sind noch folgende Dinge zu erwähnen:

  • Das Vermögen des Hermann Gusties ist sehr umfangreich. Das liegt vielleicht daran, dass er mit einer Anne Löper verheiratet war. Die Familie Löper gehörte als Erbsälzerfamilie zu den gut verdienten Einwohnern von Westernkotten. Darauf deuten auch die Salzmengen, die er verteilt, hin.
  • Gusties spendet auch viel Geld an die Schule und an die Armen, ist also sozial… und wird trotzdem „wegen Hexerei“ zum Tode verurteilt.
  • Und er ist auch zutiefst religiös, denn er spendet einen regelmäßigen Betrag „zum Altar der Hochheiligen Mutter Gottes“ in der Erwitter Kirche!