2024: Dietz, Ulrike: Kurort-Magnet mit Ärztehaus

Geschäftsführer des Thermalbads in Bad Westernkotten blickt in die Zukunft, Interview Geschäftsführer über Zukunft der Hellweg-Sole-Thermen

Erstabdruck: Patriot, 23.08.2024

Bad Westernkotten – 2018 war des Schicksalsjahr der Hellweg-Sole-Thermen: Die Bäder-Holding stand kurz vor der Insolvenz. Wenn sich keine heimische Investorengruppe gefunden hätte, würde es die Therme heute vielleicht nicht mehr geben. Eine Rettung, die im Nachbar-Kurort Bad Waldliesborn nicht gelungen ist: Die Walibo-Therme ist nun schon seit fast einem Jahr geschlossen. Über die Auswirkungen für Bad Westernkotten – und über die Zukunft des Bades – haben wir mit dem Hellweg-Sole-Thermen-Geschäftsführer Michael Kemper und seiner Assistentin Steffi Henneke gesprochen. – Hinter den Hellweg-Sole-Thermen liegen stürmische Zeiten: Ist das Bad nun in ruhigerem Fahrwasser angekommen? – Kemper: Die vergangenen Jahre waren in der Tat sehr turbulent, besonders 2018. Trotzdem haben wir es gemeinsam geschafft, die Hellweg-Sole-Thermen zu bewahren. Mehr noch: Wir haben zügig investiert und beispielsweise die Sauna modernisiert. 2019 folgte ein Update der Software. Anfang 2020 hatten wir unsere besten Monate, doch dann kam die Corona-Pandemie. Der reguläre Betrieb konnte eigentlich erst 2023 wieder richtig aufgenommen werden – ein Jahr, in dem die Energiekosten immens gestiegen sind. Trotzdem haben wir es geschafft, die Wassertemperatur konstant über 32 Grad zu halten, während es in anderen Schwimmbädern merklich kälter wurde. – Seit 2018 gab es tatsächlich kein Jahr ohne Herausforderungen. Dennoch haben wir kontinuierlich in die Zukunft der Therme investiert – sei es durch die Neugestaltung des Eingangsbereichs, die Modernisierung der Toiletten oder die Erneuerung des Therapiebeckens. Unser Ziel bleibt, die Therme als attraktives Ziel für Gäste und Anwohner gleichermaßen zu erhalten. – Das hört sich nach viel Arbeit und auch Sorgen an. Würden Sie trotzdem noch einmal für die Rettung der Therme in die Bresche springen? – Kemper: Ja, definitiv. Der Aufwand hat sich absolut gelohnt, sowohl für die Kurgäste als auch für die Menschen in der Region. Ohne die Therme würde Bad Westernkotten einen wichtigen Teil seines Charakters verlieren, denn sie ist ein wahrer Anziehungspunkt für unseren Ort. – Bad Waldliesborn hat diesen Magneten verloren. Die Walibo-Therme ist seit fast einem Jahr geschlossen. Merken Sie es an den Besucherzahlen, dass ein Bad in der Region fehlt? – Kemper: Die Nachricht von der Schließung hat uns genauso überraschend getroffen wie alle anderen. Wir haben daraufhin schnell reagiert und unsere Dienstpläne angepasst, um auf einen möglichen Besucheranstieg vorbereitet zu sein. Leider blieb dieser anfängliche Ansturm jedoch aus, was uns etwas enttäuscht hat. Möglicherweise haben die steigenden Energiekosten Ende 2023 dazu geführt, dass sich viele Menschen einen Thermenbesuch einfach nicht mehr leisten konnten. Inzwischen verzeichnen wir etwa zehn Prozent mehr Besucher, von denen vermutlich einige aus Walibo kommen. Dennoch liegen unsere aktuellen Besucherzahlen noch unter dem Niveau von 2019. – Henneke: Bei den Reha-Gruppen war die Situation etwas anders. Wir haben ihnen angeboten, von Bad Waldliesborn zu uns zu wechseln, und da haben wir tatsächlich einen Anstieg bemerkt. – Von wie vielen Besuchern sprechen wir denn durchschnittlich? – Henneke: An den Wochenenden bewegen sich die Zahlen zwischen 450 bis 600 Besuchern pr o Tag, im Winter sind es tendenziell mehr als im Sommer. – Kemper: Trotz der sommerlichen Hitze hatten wir aber zuletzt sehr hohe Besucherzahlen. – Henneke: Das liegt auch daran, dass wir in den Ferien für Kinder günstigere Tarife anbieten. Wir möchten die Therme für Familien noch attraktiver machen. Auch unser Feierabendtarif, den wir von Montag bis Donnerstag ab 18 Uhr anbieten, wird sehr gut genutzt. – Sie haben eben schon einmal kurz angeschnitten, wie wichtig die Hellweg-Sole-Thermen für Bad Westernkotten sind. Wäre der Kurort ohne die Therme überhaupt überlebensfähig? – Kemper: Ich denke schon, dass der Kurort überlebensfähig wäre, schließlich gibt es noch die Reha-Kliniken, weitere Bettenanbieter und gastronomische Betriebe. Allerdings würde uns ein bedeutender Teil der Gesundheitsurlauber fehlen. – Apropos, Gesundheitsurlauber: Ins Thermalbad kommt längst nicht mehr nur der klassische Kurgast – unter anderem ist Wellness ein großes Thema. Ist geplant, diesen (oder auch andere Bereiche) noch weiter auszubauen? – Kemper: In den letzten zwölf Monaten haben wir bereits erheblich investiert. Unsere Wellness-Abteilung ist modern und dank eines neuen Fahrstuhls auch barrierefrei. Wir haben zudem zusätzliche Mitarbeiter eingestellt, weil Therme und Wellness für uns einfach zusammengehören. – Wo sehen Sie die Therme denn in zehn Jahren? Kemper: Ich sehe das Bad in zehn Jahren mit einer erweiterten Schwimmfläche und in einem Ort mit einer sehr guten Infrastruktur. Wir planen auch, unser Angebot für Kleinkinder bis dahin weiter auszubauen. – Henneke: Wir haben bereits eine Hebammenpraxis im Haus, und unsere Babyschwimmen-Kurse sind ständig ausgebucht. – Kemper: Es geht uns nicht nur darum, die Therme attraktiver zu machen, sondern den gesamten Komplex. Es gibt noch ungenutzte Räumlichkeiten im Erdgeschoss – eine klimatisierte Fläche von 120 Quadratmetern und weitere 80 Quadratmeter, die wir gerne vermieten würden. Ein Ärztehaus wäre auch eine tolle Ergänzung, und wir sind schon in Gesprächen mit einem potenziellen Hausarzt. – Henneke: Die Therme könnte zu einem zentralen Punkt werden, an dem Kurgäste alles finden – von medizinischen Dienstleistungen bis hin zu einem Friseur und einer Apotheke. Der Platz dafür ist jedenfalls vorhanden. –

Viel investiert und ein leichtes Besucher-Plus: Steffi Henneke und Michael Kemper sehen die Hellweg-Sole-Thermen auf einem guten Weg.

Nach dem Schicksalsjahr 2018 sind die Hellweg-Sole-Thermen mittlerweile in ruhigerem Fahrwasser angekommen. Ein Besucherplus aufgrund der Schließung der Walibo-Therme habe es aber zunächst nicht gegeben. Fotos: Dietz

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