Von: Wolfgang Marcus [in: Heimatkalender des Kreises Soest 2018, S. 128-129]
Umtriebiger Solbadgründer – Franz Erdmann war auch Mitbegründer des ersten westfälischen Bienenzuchtvereins in Westernkotten
Der Name Franz Erdmann hat in Bad Westernkotten einen guten Klang. Jener Franz Erdmann wurde am 16. März 1799 in Hamm geboren und war der Sohn einer königlichen Beamtenfamilie. Seine Eltern waren Friedrich Erdmann und Maria Zöllner aus Hamm. Nach dem Besuch des Gymnasiums Hammonense ging er zum Militär und wurde 1820 porte-epee-Fähnrich im 36. Infanterie-Regiment. Anschließend wechselte er in die Verwaltung. Wahrscheinlich kam er so als sogenannter Salzfaktor in das preußische Salzsteueramt nach Westernkotten.
Am 31. Oktober 1826 heiratete er in erster Ehe (Maria Therese Ernestine) Elisabeth Vester, geboren am 9. Januar 1800 in Erwitte. In einer Westernkötter Quartierliste vom 6. Juli 1829 taucht er zum ersten Mal „aktenkundig“ in Westernkotten auf: „Erdmann, Salzfaktor“, heißt es dort. Ein Salzfaktor war der Rendant der staatlichen Steuerkasse. Das Haus, in dem Erdmann als Quartiergeber genannt wird, stand in der Leckhausstraße 1. Der alte Hausstättenname des Anwesens lautet „Rentemesters““ Es gehörte schon 1829 (bis nach 1945) dem adligen Hause von Papen-Antfeld.
Nachdem seine Frau Elisabeth am 12. Dezember1833 im Alter von nur 33 Jahren gestorben war, heiratete er am 8. Oktober 1835 die 17 Jahre jüngere Henriette (Wilhelmine Lucie) Jesse, geboren am 4. März 1816 in Westernkotten. Henriette war die Tochter des Amtsrichters Wilhelm Jesse (1780-1827) und seiner Frau Louisa geb. Zoll (1779-1856), wohnhaft in der Haus-Nummer 51 (das heutige Kurhaus). Seine zweite Frau hat ihn überlebt, sie starb am 11. Juni 1870 in Witten. Mit seiner zweiten Frau hatte Franz Erdmann zehn Kinder, die alle in Westernkotten geboren wurden:
- Johanna Luise Caroline, *13, Juli 1836
- Sophie Wilhelmine Eugenie, *8. Mai 1838, + 10. Mai 1843
- Franz Bernhard Julius, * 28. Januar 1840, + 11. August 1840
- Agnes Josephine Theodore Adelhaide, *13, Juli 1841
- Gustav Ludwig Heinrich, *16. Juli 1843
- Friederike Wilhelmine Josephine Auguste, *22. September 1845
- (Franz Carl) Ernst, *7, Oktober 1847
- Albert Wilhelm Carl, *25. Juni 1850
- Therese Auguste Caroline, *25. Juni 1850
- Juliane Therese Emilie Anna, *12. September 1856
Im „Wochenblatt für den Kreis Lippstadt“ wird Franz Erdmann auch einige Male in Anzeigen erwähnt, so etwa am 30. August 1834. In der Ausgabe findet sich ein Submissionstermin für den Neubau eines Hauses. Der Termin findet „in der Wohnung des Unterzeichneten” statt. Unterschrieben ist die Anzeige mit „Westernkotten, den 28. August 1834. Erdmann. Frh. v. Papen’scher Rentmeister”.
Die Anzeige legt nahe, dass Franz Erdmann wohl noch vor der Eheschließung mit Henriette Jesse sein Amt als Salzfaktor aufgegeben hatte und in die Dienste des adligen Hauses von Papen getreten ist. Überliefert ist überdies, dass er kurz vor der Eheschließung für sich und seine Frau ein neues Haus bauen lässt.
Franz Erdmann war in vielfältigen Angelegenheiten, Westernkotten betreffend, aktiv und im Einsatz. So hat er sich im Jahr 1836 zusammen mit anderen Vertretern Erwittes erfolgreich für den Verbleib des Land- und Stadtgerichtes in Erwitte eingesetzt.
1842 startete er sein nachhaltigstes Projekt, das bis heute weiterlebt: Rentmeister Erdmann gründete an der heutigen Kurpromenade das Solbad Westernkotten und legte damit den Grundstein für den heutigen Kurort. Erst 1871 haben seine Nachfahren das ganze Anwesen an die aus Erwitte stammende Familie Wiese verkauft. Ab 1861 war das Bad zusammen mit der dazugehörigen Gastwirtschaft an einen A. Bergmann aus Störmede und dann an Robert Jesse verpachtet.
Nur ein Jahr nach der Badgründung, wurde Franz Erdmann vom Landrat von Schade zum Gemeindevorsteher von Westernkotten ernannt. Dieses Amt hatte er bis 1851 inne. Auch in religiöser und sozialer Hinsicht war der umtriebige Rentmeister in Westernkotten aktiv: Bei der Gründung einer eigenständigen evangelischen Kirchengemeinde in Erwitte im Jahr 1845 war Franz Erdmann nicht unwesentlich beteiligt. So wurde er am 25. Mai jenes Jahres zusammen mit dem Kanzleidirektor Dr. Lorenz, dem Justizkommissar Köppelmann und dem Kaufmann Friedrich Groos, alle aus Erwitte, in den ersten vorläufigen Kirchenvorstand gewählt. In den Hungerjahren 1846/47 kümmerte er sich, wie es heißt, „in wahrer Brüderlichkeit als Mitglied der Freimaurerloge Soest, die Dürftigen seines Dorfes mit Brot und Korn zu versorgen.“ Für die Ziele der Revolution von 1848 hatte er allerdings nicht viel übrig. Jedenfalls ist zu lesen: „Seine Königstreue, vereint mit Wahrheitsliebe und Rechtlichkeit, bewies sich 1848 auf das Schönste“”.
Neben seiner Profession und seinen Ehrenämtern hatte Franz Erdmann ein besonderes Hobby: Die Bienenzucht. So lässt es nicht verwundern, dass er am 22. Juli 1849 im Badehaus in Westernkotten gemeinsam mit sechs weiteren „Aufrechten” den ersten Bienenzuchtverein Westfalens gründete, aus dem schließlich der westfälische Imkerverband hervorging. Der Vereinszweck wurde folgendermaßen beschrieben: „Ausbreitung und Verbesserung der Bienenzucht und des Seidenbaus zur Erzielung besseren (materiellen) Wohlstandes der ärmeren Landbewohner, wodurch Förderung der Sittlichkeit und Frömmigkeit als Zweck des Vereins in endlicher und höchster Potenz stehen.“
Für diese hehre Vereinsgründung wurde ihm später ein Denkmal errichtet, das sich heute noch im Kurpark auf Höhe des zweiten Gradierwerks befindet. Und die Volksbank hat zum 150-jährigen Bestehen des Heilbades im Jahr 1992 eine Gedenkmünze mit dem Porträt von Franz Erdmann herausgegeben. Das Leben Franz Erdmanns endete tragisch: Am Krankenbett eines Salinenknechtes infizierte er sich mit der Ruhr und erlag schließlich der Krankheit, „beweint von seiner Gattin, 8 unversorgten Kindern, einer dankbaren Gemeinde und vielen Freunden. Franz Erdmann verstarb im Alter von 58 Jahren, 8 Monaten und 24 Tagen am 8. Dezember 1857 morgens um 9 Uhr in Westernkotten an Ruhr und Nervenfieber, so der Eintrag im Kirchenbuch.