2019: Ostwald, Laura-Jane: Untersuchung der Ausfällungen und der hydrochemischen Veränderung der Solen in Gradierwerken im Münsterland.

Die folgenden Seiten sind ein Auszug/eine Transkription aus der Masterarbeit mit dem Titel Untersuchung der Ausfällungen und der hydrochemischen Veränderung der Solen in Gradierwerken im Münsterland. [1] Diese Masterarbeit – eine sehr fachwissenschaftliche Arbeit – wurde von Laura-Jane Ostwald am Institut für Geologie, Mineralogie und Geophysik der Ruhr-Universität Bochum am 19.12.2019 eingereicht. Die Betreuer waren Herr Dr. Andre Banning und Herr Prof. Dr.  Stefan Wohnlich. – Die im Original erhaltenen Abbildungen wurden hier nur an einzelnen Beispielen abgedruckt. Wer Interesse an weiteren Details hat, kann sich gern bei mir melden. Besonders wichtig scheint mir die „Diskussion der Ergebnisse“ ab Seite 73 zu sein. WM]

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5.3. Standort Bad Westernkotten

5.3.1. Analysenergebnisse der Ausfällungen

Beschreibung der Ausfällungen – In Bad Westernkotten wurden vier Ausfällungen am ersten Gradierwerk beprobt (Abb. 26). Dabei handelt es sich um eine weiße, beige, rötliche und grünliche Probe.

Abb. 26: (A) Weiße Probe, (B) beige Probe, (C) rötliche Probe und (D) grünliche Probe des ersten Gradierwerks in Bad Westernkotten

Für die weiße und die beige Probe ergibt der HCl-Test ein negatives Ergebnis. Der Glanz ist bei beiden als Glasglanz einzuordnen. Die Proben weisen beide eine Härte von 2 auf (Tab. 14).

Die rötliche und die grünliche Probe zeigen bei dem HCl-Test ein deutliches Aufbrausen und sind als matt zu bezeichnen. Die Härte ist bei beiden Proben als 3 einzustufen (Tab. 14).

Tab. 14: Ausgewählte Eigenschaften der untersuchten Ausfällungen des Gradierwerks 1 in Bad Westernkotten

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Am zweiten Gradierwerk wurden drei Festphasen beprobt. Es wurde eine weiße, beigfarbene und eine rötliche Probe genommen (Abb. 27).

Abb. 27: (A) Weiße Probe, (B) beige Probe und (C) rötliche Probe des zweiten Gradierwerks in Bad Westernkotten

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Diffraktogramme

Die Ergebnisse der ausgewerteten Diffraktogramme für die Ausfällungen der beiden Gradierwerke in Bad Westernkotten sind in Tab. 16 aufgelistet. – Die qualitative Auswertung ergab für beide Gradierwerke die Minerale Halit, Calcit und Gips. – Das Mineral Aragonit konnte nur in den Proben des ersten Gradierwerks nachgewiesen werden. – Die weißen und beigen Proben bestehen aus Gips und Halit. Für die beige Probe des Gradierwerks 2 konnte zusätzlich auch noch Calcit festgestellt werden. Die rötlichen Ausfällungen bestehen aus Calcit und Halit. Hier konnte für das Gradierwerk 1 zusätzlich noch Aragonit bestimmt werden. Die grünliche Probe setzt sich aus Calcit und Halit zusammen. – Die quantitative Analyse ergab, dass die Mengen der enthaltenen Minerale in den weißen und beigen Proben Unterschiede aufweisen. Die weiße Probe des Gradierwerks 1 besteht zu 87,0 % aus Halit und hat als Nebenbestandteil 13,0 % Gips. Die weiße Probe von Gradierwerk 2 enthält Halit nur zu 48,8 % und Gips mit einem Anteil von 51,2 %. – Die beige Probe von Gradierwerk 1 hat als Hauptbestandteil Gips (96,1 %) und die beige Probe des Gradierwerks 2 hat als Hauptbestandteil Calcit (84,9 %). Die rötlichen Proben beider Gradierwerke bestehen überwiegend mit 73,3 % (G1) bzw. 95,7 % (G2) aus Calcit und auch die grünliche Probe besteht hauptsächlich aus Calcit (66,6 %). In den beigen, rötlichen Proben und in der grünlichen Probe ist Halit als weiterer Bestandteil vertreten, aber der Gehalt variiert deutlich. Er liegt zwischen 3,9 % und 33,4 %. – In Abb. 28 ist das ausgewertete Diffraktogramm für die rötliche Probe des Gradierwerks 2 abgebildet.

Tab. 16: Ergebnisse der ausgewerteten Diffraktogramme für die Ausfällungen des ersten und zweiten Gradierwerks in Bad Westernkotten (Anhang 1. 13 bis Anhang 1. 19)

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Abb. 28: Ausgewertetes Diffraktogramm der rötlichen Probe des zweiten Gradierwerks in Bad Westernkotten (BW_G2_R) (Crystal Impact 2019)

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5.3.2. Analysenergebnisse der aufgradierten Sole und der Natursole

Vor-Ort-Parameter und organoleptische Prüfung

Die organoleptische Prüfung ergab für die aufgradierte Sole beider Gradierwerke, dass es sich um eine klare, farblose Lösung handelt. Der Geschmack war salzig und es konnte kein Fremdgeruch wahrgenommen werden. Ein Vergleich mit den Natursolen zeigt keine Veränderung. Die Ergebnisse der Vor-Ort-Parameter und der organoleptischen Prüfung sind in den Tab. 17 und Tab. 18 aufgeführt.

Die Ergebnisse für die Vor-Ort-Analytik ergaben für die aufgradierte Solen beider Gradierwerke eine elektrische Leitfähigkeit von 220,9 mS/cm (G1) und 215,2 mS/cm (G2). Die Leitfähigkeiten der Natursolen liegen mit 114,0 mS/cm (G1) und 81,6 mS/cm (G2) deutlich darunter. Die Leitfähigkeiten wurden alle für 25 °C bestimmt. Die Werte mit über 100 mS/cm sind als Sole einzustufen und ab 214 mS/cm entsprechen sie einer gesättigten NaCl-Lösung (Wisotzky 2018). Die aufgradierten Solen ergaben einen pH-Wert von 7,3 (G1) bzw. 7,4 (G2) und liegen somit höher als der pH-Wert der Natursolen von 6,0. Alle Werte liegen im neutralen Bereich. Die Redoxpotentiale (normiert auf die Standardwasserstoffelektrode) beider Gradierwerke liegen bei ungefähr 290 mV. Sie liegen knapp unter dem für Trinkwasser typischen EH-Wertebereich (Wisotzky 2018). Der Gehalt an gelöstem Sauerstoff liegt für die Solen der Gradierwerke zwischen 3,31 mg/l und 3,56 mg/l. Die Temperaturen der Wasserproben betrugen 26,6 °C und 25,5 °C.

Tab. 17: Ergebnisse der organoleptischen Prüfung im Gelände und der gemessenen Vor-Ort-Parameter für die aufgradierte Sole und die eingesetzte Natursole des ersten Gradierwerks in Bad Westernkotten (digitaler Anhang 7. 4)

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Tab. 18: Ergebnisse der organoleptischen Prüfung im Gelände und der gemessenen Vor-Ort-Parameter für die aufgradierte Sole und die eingesetzte Natursole des zweiten Gradierwerks in Bad Westernkotten (digitaler Anhang 7. 5)

Probe aufgradierte Sole Natursole

Trübung Klar klar

Färbung Farblos farblos

Geruch Ohne ohne

Geschmack Salzig salzig

elektrische Leitfähigkeit [mS/cm] (bei 25 °C) 215,2 81,6

pH-Wert 7,4 6,0

Redoxpotential [mV]

(auf Normalwasserstoffelektrode normiert) 295,0 –

gelöster Sauerstoff [mg/l] 3,31 –

Wassertemperatur [°C] 25,5 16,8

Hauptinhaltsstoffe und hydrochemische Veränderung der aufgradierten Sole

In den Abb. 29 bis Abb. 32 werden die Hauptinhaltsstoffe von den aufgradierten Solen der beiden Gradierwerke mit der entsprechenden Natursole gegenübergestellt. Die Konzentrationen der Kalium-, Calcium-, Magnesium-, Sulfat-, Natrium- und Chloridionen in den aufgradierten Solen beider Gradierwerke steigen alle mit Ausnahme der Hydrogencarbonationenkonzentration an. Diese liegt nach Aufgradierung der Sole in deutlich geringeren Konzentrationen als in der Natursole vor. – Durch einen Vergleich der Natrium- und Chloridionenkonzentration für beide Gradierwerke ist zu erkennen, dass die Konzentrationen dieser Ionen für das Gradierwerk 1 sowohl in der aufgradierten als auch in der Natursole höher sind als für das Gradierwerk 2. Die Chloridionenkonzentration in der aufgradierten Sole beträgt für das erste Gradierwerk 145.000 mg/l und für das zweite Gradierwerk 123.000 mg/l. Die Natriumionenkonzentration liegt für das erste Gradierwerk bei 115.000 mg/l und für das zweite Gradierwerk bei 80.000 mg/l. Außerdem zeigt das Konzentrationsverhältnis der Chloridionen in der Natursole zur aufgradierten Sole für das Gradierwerk 2 einen größeren Anstieg als bei Gradierwerk 1. Die Konzentration steigt im zweiten Gradierwerk um das 4-fache an und im ersten Gradierwerk um den Faktor 3. Die Konzentration an Natrium steigt bei der Gradierung in beiden Gradierwerken um das 4-fache an (Abb. 30 und Abb. 32).

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Das Diagramm in Abb. 29 stellt die Ionenkonzentrationsänderungen von Natursole und aufgradierter Sole für das Gradierwerk 1 dar. Die Kaliumkonzentration ist in der aufgradierten Sole um das 7-fache größer als in der Natursole. Der Gehalt an Calciumionen verdoppelt sich und die Konzentration der Magnesiumionen verdreifacht sich. Der Sulfationengehalt steigt auf das Doppelte an. Die Hydrogencarbonationen weisen einen Konzentrationsabfall auf. Die Konzentration sinkt von 1.382 mg/l auf 143 mg/l und damit um das ca. 10-fache.

Für das Gradierwerk 2 werden die Änderungen der Ionenkonzentrationen von Natursole und aufgradierter Sole in Abb. 31 veranschaulicht. Das Verhältnis der Kaliumkonzentration in der Natursole ist im Vergleich zur aufgradierten Sole annähernd gleich wie in Gradierwerk 1. Der Calciumionengehalt steigt um den Faktor 3 und der Gehalt an Magnesium steigt um das 4-fache. Die Sulfatkonzentration verdreifacht sich und die Konzentration an Hydrogencarbonat sinkt um das 12-fache. – Das Konzentrationsverhältnis für die Calcium-, Magnesium-, Sulfat- und Hydrogencarbonationen in der aufgradierten Sole zur Natursole ist in Gradierwerk 1 kleiner als in Gradierwerk 2.

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Abb. 29: Konzentrationen ausgewählter Hauptionen in der Natursole und der aufgradierten Sole des ersten Gradierwerks in Bad Westernkotten (digitaler Anhang 7. 4 und Anhang 4. 5) Abb. 30: Konzentrationen der Natrium- und Chloridionen in der Natursole und der aufgradierten Sole des ersten Gradierwerks in Bad Westernkotten (digitaler Anhang 7. 4 und Anhang 4. 5)

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Abb. 31: Konzentrationen ausgewählter Hauptionen in der Natursole und der aufgradierten Sole des zweiten Gradierwerks in Bad Westernkotten (digitaler Anhang 7. 5 und Anhang 4. 6)

Abb. 32: Konzentrationen der Natrium- und Chloridionen in der Natursole und der aufgradierten Sole des zweiten Gradierwerks in Bad Westernkotten (digitaler Anhang 7. 5 und Anhang 4. 6)

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5.3.3. Modellierungsergebnisse für eine fortschreitende Verdunstung

Sättigungsindizes der Mineralphasen: Die Diagramme in den Abb. 33 bis Abb. 35 zeigen den Verlauf der Sättigungsindizes (SIWerte) in den Solen der Gradierwerke 1 und 2 mit zunehmender Verdunstung von Wasser für ausgewählte Mineralphasen. Diese sind in Carbonate, Sulfate, Chloride und Manganverbindungen unterteilt. – Bei den Carbonaten sind die Minerale Calcit, Aragonit und Dolomit die ausgewählten Phasen mit Calciumionen. Dolomit enthält zudem noch Magnesium, was auch in dem Mineral Magnesit vorkommt. Eisen wird als Carbonat durch das Mineral Siderit modelliert. Strontianit setzt sich aus Strontium und Carbonat zusammen. – Bei allen Mineralphasen der Carbonate für das Gradierwerk 1 ist im ersten Modellierungsschritt bis zu einer Verdunstung von ca. 4 % ein Abfall der SI-Werte zu erkennen. Für die beiden Minerale Siderit und Calcit liegt bereits in der Natursole ein SI-Wert von über 0 vor. Ab einer Verdunstung von ca. 4 % Wasser stellt sich für diese Phasen ein Sättigungsindex von 0 ein. – Dieser bleibt für Calcit konstant bei 0, aber für Siderit geht der Wert in den negativen Bereich. – Der größte negative Wert mit -0,1 liegt bei 65 %. Für alle weiteren Carbonate liegen, mit Ausnahme von Dolomit, die Sättigungsindizes durchgehend unter 0. Dolomit erreicht bei einer Verdunstung von 85 % den SI-Wert 0. Der Verlauf für den Sättigungsindex von Aragonit entspricht dem von Calcit. Der SI-Wert für Strontianit sinkt durchgehend bis zu einem Maximalwert von -1,4. Der Verlauf für den SI-Wert von Magnesit ähnelt dem von Dolomit, auch hier kommt es zu einem Anstieg. Der Sättigungsindex erreicht mit ungefähr -0,7 seinen größten Wert bei einer Verdunstungsmenge von 90 %.

Die Verläufe der Sättigungsindizes der einzelnen Mineralphasen für das Gradierwerk 2 sind denen des ersten Gradierwerks ähnlich. Die Anfangskonzentrationen der Ionen in der Natursole sind für Gradierwerk 2 kleiner als für Gradierwerk 1. Daraus ergeben sich Unterschiede im ersten Modellierungsschritt für beide Gradierwerke. Der Sättigungsindex für Strontianit und Magnesit steigen im ersten Schritt an. Der SI-Wert von Dolomit zeigt keine Veränderung. Die Verläufe der SI-Werte für Calcit, Aragonit und Siderit sind wie in Gradierwerk 1. Der Sättigungsindex von Siderit stagniert nach dem ersten Abfall bei einem SI-Wert von 0. – Die ausgewählten Mineralphasen der Sulfate bestehen aus Gips und Glauberit für die Calciumionen, Coelestin mit Strontium und Epsomit für Magnesiumionen. Glauberit enthält

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neben Calcium auch noch Natrium. Außerdem setzten sich die Sulfate aus dem Mineral Mirabilit mit Natrium und Arcanit für die Kaliumionen zusammen. – Die SI-Werte aller Mineralphasen für die Sulfate zeigen am Anfang der Modellierung für das erste Gradierwerk einen negativen SI-Wert. Der Wert für Gips und Coelestin erreichen mit zunehmender Verdunstungsmenge einen SI-Wert von 0. Für Gips bei einer Verdunstung von 65 % und für Coelestin bei einer Verdunstungsmenge von 20 %. Der Sättigungsindex von Glauberit erhöht sich von -3,0 als Anfangswert auf -1,0 bei einer verdunsteten Menge von 80 %.

Danach fällt dieser auf einen Endwert von -1,2. Der SI-Verlauf für Mirabilit zeigt ebenfalls einen Anstieg. Am Anfang liegt der Wert bei -1,9 und erreicht nach einer Verdunstung von 68 % seinen Maximalwert mit -1,2. Zwischen einer Verdunstungsmenge von 68 % und 90 % ist ein Abfall des Sättigungsindexes auf einen Endwert von -1,9 zu erkennen. Der SI-Verlauf für Arcanit und Epsomit zeigt mit zunehmender Verdunstung einen gleichmäßig geringen Anstieg. Die Maximalwerte beider Phasen liegen bei 90 % Verdunstung und nehmen für Epsomit den Wert -3,3 und für Arcanit den Wert -4,3 an. – Der Verlauf der Sättigungsindizes für die Mineralphasen der Sulfate des Gradierwerks 2 sind nahezu identisch mit denen aus Gradierwerk 1. Lediglich die Anfangswerte für die Minerale Arcanit und Glauberit liegen mit -5,9 und -3,5 etwas tiefer als für die Sole des Gradierwerks 1.

Die Mineralphasen Halit, Bischofit, Sylvin und Carnallit wurden als Chloride ausgewählt. -Dabei enthält Halit Natrium und die Minerale Bischofit und Carnallit enthalten Magnesium. – Bei Carnallit kommt außerdem noch das Kation Kalium hinzu und das Kation in Sylvin ist Kalium. – Die Kurven der Sättigungsindizes für die Chlorid-Mineralphasen des Gradierwerks 1 beginnen ebenfalls alle mit negativen SI-Werten und zeigen einen ansteigenden Verlauf. Der SI-Wert für Halit ist der Einzige, der bis zu einem Wert von 0 ansteigt. Dieser wird bei einer Verdunstungsmenge von 80 % erreicht.- Die Modellierungsergebnisse für die Chloride des Gradierwerks 2 weisen einen annähernd gleichen Verlauf für die SI-Werte auf. Die Anfangswerte der Sättigungsindizes sind lediglich um einen Wert von -0,5 verschoben. – Die Manganverbindungen wurden für die Minerale Manganit, Hausmannit, Rhodochrosit und Nsutit als Braunstein modelliert. Der SI-Wert für Braunstein und Manganit sind in der Natursole positiv und fallen im ersten Verdunstungsschritt für Braunstein auf 0 und für Manganit auf -4,9 ab. Hausmannit erreicht nach dem ersten Modellierungsschritt einen hohen

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negativen SI-Wert von -22,0 und Rhodochrosit einen Wert von -11,0. Alle Kurven weisen mit zunehmender Verdunstungsmenge einen Anstieg der SI-Werte auf. – Der Verlauf der Sättigungsindizes ist für beide Gradierwerke identisch.

Abb. 33: Mit PhreeqC modellierte Sättigungsindizes für Manganverbindungen mit zunehmendem Wasserentzug für (oben) das Gradierwerk 1 und (unten) das Gradierwerk 2 in Bad Westernkotten (Anhang 5. 14 und Anhang 5.19)

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Abb. 34: Mit PhreeqC modellierte Sättigungsindizes für ausgewählte Mineralphasen der (oben) Carbonate, (mittig) Sulfate und (unten) Chloride mit zunehmendem Wasserentzug für das Gradierwerk 1 in Bad Westernkotten (Anhang 5. 13 und Anhang 5. 14)

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Abb. 35: Mit PhreeqC modellierte Sättigungsindizes für ausgewählte Mineralphasen der (oben) Carbonate, (mittig) Sulfate und (unten) Chloride mit zunehmendem Wasserentzug für das Gradierwerk 2 in Bad Westernkotten (Anhang 5. 18 und Anhang 5. 19)

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Ionenkonzentrationen – Die Diagramme in den Abb. 36 und Abb. 37 stellen die Änderungen der Ionenkonzentrationen mit fortschreitender Verdunstung für die Natursolen in den Gradierwerken 1 und 2 dar. – Für das Gradierwerk 1 ist zu erkennen, dass die Calcium-, Kalium- und Magnesiumionen mit zunehmenden Verdunstungsgrad ansteigen. Bis zu einer Verdunstung von 65 % ist der Anstieg nahezu linear und weist danach eine deutlich stärkere Konzentrationszunahme pro Verdunstungsschritt auf. Die Sulfatkonzentration steigt bis zu einer Verdunstungsmenge von 65 % an. Der Maximalwert beträgt ungefähr 3.800 mg/l. Danach fällt die Konzentration auf einen Wert von ca. 1.400 mg/l ab. Die Konzentrationskurve für die Hydrogencarbonationen fällt im ersten Schritt stark ab bis knapp über der Nulllinie und nähert sich mit schrittweiser Verdunstung dem Wert 0 an. Die bereits in der Natursole in geringeren Konzentrationen vorliegenden Ionen Strontium, Mangan (II), Eisen (II) und Bromid sind im mittleren Diagramm der Abb. 36 für das Gradierwerk 1 dargestellt. Die Bromid- und Eisenkonzentrationen zeigen einen ähnlichen Verlauf wie die Calcium-, Kalium- und Magnesiumionenkonzentrationen. Die Konzentration an Mangan ist bereits in der Natursole so gering, dass die Kurve knapp über 0 beginnt. Auch der weitere Verlauf bleibt nahe der Nulllinie. Die Strontiumionen haben eine Anfangskonzentration von ca. 90 mg/l und steigen auf ungefähr 120 mg/l bei einer Verdunstung von 25 % an. Von da an fällt die Konzentration bis zu einer 65-prozentigen Verdunstungsmenge auf annähernd 70 mg/l. Danach zeigt diese ebenfalls eine deutliche Zunahme pro Verdunstungsschritt. Die Natrium- und Chloridionenkonzentrationen weisen die höchsten Werte auf und sind für das Gradierwerk 1 im unteren Diagramm der Abb. 36 veranschaulicht. – Die Konzentrationskurven zeigen bis zu einer Verdunstung von 80 % einen mit jedem Verdunstungsschritt größer werdenden Anstieg. Ab einer Verdunstungsmenge von 80 % kommt es zu einem leichten Konzentrationsabfall. – Die Verläufe der Ionenkonzentrationen sind für das Gradierwerk 2 sehr ähnlich. Hier sind die Anfangskonzentrationen der Ionen kleiner, aber die Verläufe sind mit den oben beschriebenen vergleichbar.

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Abb. 36: Mit PhreeqC modellierte Ionenkonzentrationen für ausgewählte Ionen mit zunehmendem Wasserentzug für das Gradierwerk 1 in Bad Westernkotten (Anhang 5. 11)

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Abb. 37: Mit PhreeqC modellierte Ionenkonzentrationen für ausgewählte Ionen mit zunehmendem Wasserentzug für das Gradierwerk 2 in Bad Westernkotten (Anhang 5. 16)

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Mengen der ausgefallenen Mineralphasen – Die Ergebnisse der aus den Modellierungsergebnissen berechneten Mengen für Ausfällungen der beiden Gradierwerke sind in Tab. 19 und Tab. 20 aufgeführt. Die Ergebnisse für das Gradierwerk 1 sind bis zu einem Verdunstungsgrad an Wasser von 65 % und für das Gradierwerk 2 von 76 % berechnet. Die in Summe ausgefallenen Mineralmengen sind für beide Gradierwerke annähernd gleich und liegen bei 1,43 (G 1) bzw. 1,44 (G 2) g/l. Der Hauptanteil der Ausfällungen besteht bei beiden Gradierwerken aus Calcit. Bei dem Gradierwerk 2 kommt es neben Gips, Coelestin und Braunstein noch zur Ausfällung von Siderit. Die berechneten Ausfällungsmengen ergeben für einen Einsatz an Natursole von 6.313 l/d für das Gradierwerk 1 einen Wert von 8,84 kg/d und bei einem Einsatz von 3.173 l/d für das Gradierwerk 2 einen Wert von 4,49 kg/d.

Tab. 19: Ergebnisse der Mengen an Mineralausfällungen bis zu einer Verdunstung von ca. 65 % für das erste Gradierwerk in Bad Westernkotten

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5.3.4. Diskussion der Ergebnisse

Die Ergebnisse der makroskopischen Beschreibungen für die einzelnen Proben unterstützen die in den Diffraktogrammen nachgewiesenen Mineralphasen. Die einzige Ausnahme stellen dabei die rötliche und grünliche Farbe und der als matt eingestufte Glanz für die rötliche und grünliche Probe dar. Die rötliche Färbung könnte durch die Ausfällung von eisenhaltigen Mineralen verursacht worden sein, was auch die Modellierungsergebnisse unterstützen (Philipsborn 1953; Becke 2016; Schulze-Seeger 1988). Die grünliche Färbung könnte an der Algenbildung liegen (Schwoerbel und Brendelberger 2013). Diese Stoffe kommen in den Diffraktogrammen nicht vor. Der Grund dafür könnte sein, dass die Analyse mittels Pulverröntgendiffraktometrie durch eine Nachweisgrenze eingeschränkt ist und nur kristalline Phasen mit dieser Methode bestimmt werden können (Müller 2007).

Die in den Diffraktogrammen nachgewiesenen Phasen können alle mit Ausnahme von Aragonit als Ausfällungen mit der Modellierung bestätigt werden. Beim Modellieren wird Aragonit durch die Ausfällung von Calcit beeinflusst, da die beiden Minerale die gleiche chemische Formel aufweisen (Maresch et al. 2014). Die Gütefaktoren der Rietveld-Verfeinerung für die ausgewerteten Diffraktogramme sind in Anhang 1. 20 aufgelistet. Die RBragg-Werte weisen für das Gradierwerk 1 die Werte 16,5 % (weiße Probe), 14,0 % (beige Probe), 6,0 % (rötliche Probe) und 6,0 % (grünliche Probe) und für das Gradierwerk 2 die Werte 10,3 % (weiße Probe), 8,4 % (beige Probe) und 4,8 % (rötliche Probe) auf. Bei den rötlichen Proben und der grünlichen Probe liegen somit niedrige RBragg-Werte vor und es kann von einer guten Anpassung zwischen den gemessenen Werten und dem berechneten Diffraktogramm ausgegangen werden. Bei Werten von über 9 % liegen hohe RBragg-Werte vor, was bei den weißen Proben beider Gradierwerke und der beigen Probe des ersten Gradierwerks der Fall ist (Heinrichs 2013). Die hohen Werte können an dem nachgewiesenen Gips in den Proben liegen, denn es kann bei Calciumsulfathydrat zu einer hohen Verschiebung in den Verhältnissen der Peakintensitäten kommen. Dies geschieht durch die ausgeprägten Textureffekte, die sie durch ihre Morphologie aufweisen können (Müller 2007). – Bei der Vor-Ort-Analytik ergibt sich die Erhöhung der elektrischen Leitfähigkeiten beider Gradierwerke aus dem Anstieg der Ionenkonzentrationen, da den Solen bei der Gradierung Wasser durch Verdunstung entzogen wird (Schulze-Seeger 1988; Wisotzky 2018). Die Veränderung des pH-Wertes beider Solen kann zum einen durch das Ausgasen von CO2 aus der Natursole bei Kontakt mit der Atmosphäre erklärt werden. Entsprechend dem Kalk-Kohlensäure-Gleichgewicht kommt es zum Verbrauch von Protonen aus der Lösung, da

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Kohlensäure bzw. Kohlenstoffdioxid aus den Hydrogencarbonationen und Protonen nachgebildet wird (Becke 2016; Wisotzky 2018). Zum anderen kommt es durch die an Hydrogencarbonat übersättigte Sole beim Atmosphärenkontakt und dem Gradiervorgang zur Ausfällung der Hydrogencarbonationen als Carbonate. Auch hier stellt sich entsprechend des Kalk-Kohlensäuregleichgewichtes der pH-Wert ein (Becke 2016; Schulze-Seeger 1988). – Die Änderung der Ionenkonzentrationen ist mit der Aufgradierung der Natursolen und den damit verbundenen Ausfällungen von Mineralphasen zu begründen. In den aufkonzentrierten Solen der Gradierwerke weisen Natrium und Chlorid einen hohen Konzentrationsanstieg nach einem Gradiervorgang auf. Somit sind nur wenig Phasen mit diesen Ionen ausgefallen. Dies wird auch durch die Modellierung unterstützt. Es kommt erst bei einem hohen Verdunstungsgrad zu der Ausfällung von Halit. Auch sonst werden keine weiteren Minerale mit Natrium- oder Chloridionen ausgefällt. Somit müsste der Konzentrationsanstieg beider Ionen den gleichen Faktor haben. Für das Gradierwerk 1 trifft dies aber nicht zu. Der Anstieg für Natrium ist höher als für Chlorid, was daher ein Hinweis auf einen Fehler in den gemessenen Ionenkonzentrationen sein kann. Dies würde auch den hohen positiven Ionenbilanzfehler erklären. – Die Kaliumionenkonzentration hat von allen Ionen den größten Konzentrationsanstieg. Somit fällt Kalium am wenigsten aus. Die modellierten SI-Werte zeigen dementsprechend nur negative Sättigungsindizes der Kalium-Mineralphasen auf. Somit fällt es auch bei der Modellierung nicht aus. – Die Konzentrationserhöhung der Calcium-, Magnesium- und Sulfationen ist im Vergleich zu Kalium geringer, was auf eine Ausfällung dieser Ionen als Mineralphase hindeutet. Nach der Modellierung fallen die Minerale Calcit, Dolomit, Gips und Coelestin aus. – Die Hydrogencarbonationen zeigen als einzige Ionen einen starken Konzentrationsabfall. Dies liegt daran, dass sich alle ausfallenden Carbonatverbindungen aus Hydrogencarbonat bilden. – Zudem fallen die Carbonate als erstes aus, da sie die geringste Löslichkeit haben (Becke 2016; Roth 2018; Sigg und Werner 2016). – Der Anstieg der negativen SI-Werte für die ausgewählten Mineralphasen, welche in den Diagrammen der Modellierungsergebnisse dargestellt sind, liegt an den zunehmenden Ionenkonzentrationen aufgrund der Verdunstung von Wasser. Die für manche Minerale abfallenden SI-Werte sind durch die Beeinflussung der Konzentrationen gleicher Ionen in verschiedenen Mineralen zu erklären. Dies liegt in der Definition des Sättigungsindexes begründet, da dieser mit sinkender Ionenkonzentration kleiner wird (Sigg und Werner 2016;

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Wisotzky 2018). Der SI-Wert für Strontianit sinkt sobald Coelestin ausfällt, da beide Minerale das Ion Strontium enthalten. Die gleiche Beeinflussung ist bei Mirabilit und Gips zu erkennen, da beide Minerale Sulfationen enthalten. Wenn die Ausfällung von Gips beginnt sinkt der SIWert von Mirabilit ab. – Auch die modellierten Ergebnisse der Ionenkonzentrationen veranschaulichen die Konzentrationszunahme durch die Verdunstung. Die Abnahme der Ionenkonzentrationen bei Ausfällung entsprechender Mineralphasen ist ebenfalls zu erkennen. – Der Ionenbilanzfehler der beprobten aufgradierten Sole für das Gradierwerk 1 liegt bei 11,87 % und für das Gradierwerk 2 bei 2,62 %. Damit überschreitet der Ionenbilanzfehler des ersten Gradierwerks die Toleranzgrenze von +/- 5 %. Der Ionenbilanzfehler des zweiten Gradierwerks kann als plausibel angesehen werden (Wisotzky 2018). Der erhöhte Fehler für das Gradierwerk 1 kann durch die starke Verdünnung zur Messung der Ionenkonzentrationen im Labor erklärt werden, welche durch die hohen Ionenkonzentrationen in den aufgradierten Solen notwendig war. – Die Ergebnisse der Modellierung mit der Datenbank Pitzer und Phreeqc weisen bei beiden Gradierwerken für alle Ionenkonzentrationen einen Unterschied auf. Dieser variiert sowohl zwischen größer und kleiner als auch in der Differenzgröße für die Zahlenwerte der Phreeqc-Datenbank im Vergleich zur Pitzer-Datenbank. Daher ist die Modellierung mit der Pitzer-Datenbank als realistischer anzusehen, da diese für hochsalinare Wässer ausgelegt ist (Banning 2018; Parkhurst und Appelo 2013). – Ein Vergleich der selbst genommenen Proben der aufgradierten Solen und der modellierten Ionenkonzentrationsergebnisse mit der Datenbank Pitzer zeigen in beiden Gradierwerken für die Kationenkonzentrationen von Natrium, Magnesium und Calcium eine gute Übereinstimmung. Die Kaliumkonzentration weicht dagegen für beide Gradierwerke deutlich ab. Die Modellierung weist eine geringere Konzentration nach als die im Labor bestimmten Werte. Für die Anionen des Gradierwerks 1 sind die Abweichungen der Chlorid-, Sulfat-, und Hydrogencarbonationenkonzentration ebenfalls auffällig. Die Chloridionenkonzentration ist in den modellierten Ergebnissen deutlich höher, aber die Sulfat- und Hydrogencarbonationenkonzentration ist geringer als die Laborergebnisse. Die Ursache dafür ist bereits bei dem Ionenbilanzfehler aufgeführt worden, welcher ebenfalls auf eine zu geringe Anionenkonzentration hinweist. Die Konzentrationen der Anionen für das Gradierwerk 2 zeigen eine gute Übereinstimmung mit den Modellierungsergebnissen. Dabei weist nur das Hydrogencarbonat eine Abweichung auf. Die Konzentration ist in den

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Modellierungsergebnissen erheblich kleiner. Die geringere Konzentration an Hydrogencarbonat in den modellierten Ergebnissen könnte ein Hinweis auf eine zu hohe modellierte Ausfällung an Carbonaten sein, als in der Realität stattfindet. Die geringere Kaliumkonzentration kann damit nicht erklärt werden, da dieses bei der Modellierung nicht ausfällt. – Die berechneten Ausfällungsmengen für die Mineralphasen pro Tag bzw. Jahr sind mit einer Verdunstungsmenge an Natursole für warme Sommertage angenommen worden. Somit können diese Werte als Höchstwerte angesehen werden.


[1] Hier sind die Seiten 55-76, die sich auf Bad Westernkotten beziehen, abgedruckt.