Zur Salzgeschichte von Bad Westernkotten
[Erstveröffentlichung: Marcus, Wolfgang, Kurzüberblick zur Salzgeschichte von Bad Westernkotten, in: Vertell mui watt, Nr. 347(!) und 348 (2009)]
Geologie und Hydrologie
Im Untergrund weiter Teile von Bad Westernkotten findet sich salzhaltiges Wasser (Sole), das einen Salzgehalt von etwa 8 % hat (Nordsee: 3,5%). Es strömt – vereinfacht gesagt – aus nördlichen Richtungen in unseren Raum und wird nach dem Ausstreichen wasserundurchlässiger Schichten durch den (Gegen-)Druck des Süßwassers, das von Süden von der Haar kommt, zum Aufsteigen gezwungen. Heute dringt es an folgenden Stellen aus dem Boden: a) Quellbereich der Flachsröte und Lüschteich (leichter natürlicher Austritt), b) Königssood (Brunnen, früher mit Tretrad usw. betrieben), c) Bohrturm Westernkötter Warte (seit 1842, artesischer Brunnen), d)Bohrturm Westerfelder Quelle (seit 1965, artesischer Brunnen).
Salzproduktion in der Antike
Salz liebende Pflanzen und Salz suchende Tiere führten schon den altsteinzeitlichen Menschen zu den natürlichen Salzaustritten. Mindestens seit der Römischen Kaiserzeit (um Christi Geburt – 400 n. Chr.) wurde das Salz bereits aus Sole gewonnen. Der Wasseranteil der Rohsole wurde wahrscheinlich in Bleipfannen verdampft. Das Blei stammte mit großer Sicherheit aus dem Sauerland (Raum Brilon).
Salzproduktion im Mittelalter
In der Ortsmitte von Westernkotten fanden sich im Mittelalter drei Salzbrunnen auf einem zentralen Platz, dem heutigen Königssood.
1. Brunnen: 1027 erhielt der Paderborner Bischof Meinwerk durch Schenkung von Kaiser Konrad II. den Erwitter Königshof und dazu auch den Grund- und Boden am dazugehörigen „Königsbrunnen“. Die Paderborner Bischöfe waren seitdem die größten Grundeigentümer in Westernkotten. Daraus entwickelten sich über Jahrhunderte Konflikte mit dem Landesherrn, dem Kölner Bischof als Fürstbischof des Herzogtums Westfalen. – Der Name „Westernkotten“ (976 als „Cothun“ erstmals in der Corveyer Traditionen erwähnt) ist auch aus der Sicht Paderborns entstanden. Salzkotten [ „Kothe“ = heraus-geschnittenes Stück Land – vgl. engl.: to cut – oder später (Salz-)Hütte] war der vordere Salzort des Bischofs, Westeren Kothen der weiter westlich gelegene!
2. und 3. Brunnen: Diese Brunnen gehörten wahrscheinlich dem Stift Meschede (heute Walburga-Kirche) und dem Prämonstratenser-Kloster Cappel (heute Stift Cappel).
Salzproduktion in der Neuzeit (bis 1949)
Vor dem Sieden wurde der Salzanteil in der Sole durch Verdunstung angereichert, etwa in sog. Lepperwerken, seit dem 18. Jahrhundert in Gradierwerken aus Schwarzdorn.
Die Eigentümer des Grund- und Bodens sowie der Sole übten das Sieden nicht selber aus.
Im Jahre 1312 werden 92 Salzhütten, in denen Sole verdampfte und Salz gewonnen wurde, erwähnt. Zunehmend war die Kleinproduktion aber nicht mehr rentabel, und die Zahl der Siedeberechtigten verringerte sich auf 15 (Pfannen). Die Zahl der „Pfänner“ oder „Salzinteressenten“, die um 1660 zu „Erbsälzern“ aufgestiegen waren, reduzierte sich zum Schluss auf die folgenden fünf: a) das adlige Haus von Landsberg, b) die adlige Familie von Ense, von Schade und später von Papen, c) die adlige Familie von Bredenoll, d) die Familie Löper, e) die Familie Jesse.
Der Höhepunkt der Salzproduktion lag um 1850, als pro Jahr etwa 50.000 Zentner Salz produziert und vor allem ins Rheinland transportiert wurden (Eisenbahnanschluss in Lippstadt seit 1850). Damals gab es in der Dorfmitte drei Brunnen, 8 Gradierwerke und 10 Salzhütten.
Die Produktion (damals preußisches Salzmononpol) brachte den „Salzinteressenten“ gesicherte Einnahmen von mehr als 30.000 Thaler. Nach Abzug der Kosten (Material, Personal, Abschreibung) verblieben etwa 15.000 Thaler, pro Pfanne also ca. 1.000 Thaler, etwa das Achtfache des Verdienstes eines Gradierers.
Bereits 1830 werden auf der Saline 58 Arbeiter gezählt, die vor allem als Gradierer, Sieder oder Hüttenknechte arbeiteten.
1949 musste die Salzproduktion eingestellt werden, die Pfannenanteile (83 von 84) kaufte die Solbad GmbH.
Nutzung der Sole zu Heilzwecken
1842 erstmals drei Solebadewannen, Gründungsjahr des Heilbades (sog. Bauernbad), 1950 Neuorganisation in Form der Solbad GmbH; heute dienen die zwei noch erhaltenen Gradierwerke der Freiluftinhalation; die Sole ist eines der beiden örtlichen Heilmittel (neben dem Moor aus dem Muckenbruch) und wird in den Thermen sowie bei Wannenbädern eingesetzt. Derzeit (2008) ca. 22.000 Gäste mit 200.000 Übernachtungen in insgesamt knapp 1000 Gästebetten. Bad Westernkotten ist seit 1975 staatlich anerkanntes Heilbad und hat 4149 Einwohner (Stand: 1.1.2009)
Marcus, 6.6.2009 [vgl. www.wolfgangmarcus.de]