2006: Pieper, Roland: Carl Ferdinand Fabritius – Veduten und Altargemälde für den Paderborner Fürstbischof Ferdinand von Fürstenberg[1] 1664-1667, Paderborn [Bonifatius], 2006, hier die Seiten 66-67

[Das genannte Kapitel erläutert das älteste Bild von Westernkotten aus dem Jahre 1666; mir liegt nur eine Teilkopie – ohne Abbildungen – vor. Wichtige Hinweise aber auf die Details des Gemäldes und die Anlegung der Wälle nicht um 1506, sondern 1630 unter Ferdinand I, einem seiner Bischofsvorgänger in Paderborn (1618-1650). WM, 06.04.2024]

Ausschnitt aus einer Kopie in meinem Bestand des Gemäldes von Fabritius, das Westernkotten im Jahr 1666 zeigt[2]

[A.31 Erwitte-Bad Westernkotten – „Westernkotten Anno 1666“, Nordrhein-Westfalen, Kreis Soest, Abb. 58-60, 120.1]

Hängung: Im Neuhäuser Schloss 1679 im Vorzimmer zum Lippe-Rondell-Turm über der Zugangstür zu diesem, 1683 im Großen Saal vermutlich über der Tür zum fürstlichen Vorzimmer. Heute: Theologische Fakultät Paderborn.

Maße/Rahmen: Querformat mit H 122 cm, B 167 cm = Kategorie 3. Spannrahmen. Schwarzer Zierrahmen mit Profil vermutlich des 18./19. Jahrhunderts.

Signaturen: Die Signatur von Fabritius am linken Bildrand neben dem Sarkophag: „C. Fabriti[us] / fecit“, Unter der Gruppe im Vordergrund, die Kühe hütet, hat Woltemuth signiert: „Renovatum. 1783“

Restaurierungen: 1783 Ferdinand Woltemuth, 1910 Franz Willms. 1981/82 auf Initiative des Heimatvereins Bad Westernkotten e.V. in Absprache mit der Theologischen Fakultät Paderborn und dem Westfälischen Amt für Denkmalpflege Münster durch die Firma Ochsenfarth-Restaurierungen in Paderborn restauriert (Restaurierungsbericht im Westfälischen Amt für Denkmalpflege Münster). Im Zuge der Bearbeitungskampagne 2003 im Rahmen einer Pflegemaßnahme vor Ort bearbeitet.

Quellen: StaMS, Domkapitel Paderborn, Akten Nr. 158.2 fol. 3 v. — AFH, Akten Nr. 1579 S. 313. — StaDT, Regierung Minden, M 1 I F Nr. 99.

Literatur: GEHRKEN 1885, 159 Nr. 26. — SCHÄFERS 1911, 358 Nr. 20. — TÖNSMEYER 1982. — Westfalia picta 4, S. 49 Nr. 25.

Perspektive: Fabritius erfasste den Ort von Nordosten aus dem Westernkottener Bruch, vielleicht von der Bleiche aus, die zwischen dem Ort und der die Lippstädter Feldmark sichernden Bökenförder Warte lag. Der Blick über den Bach Gieseler einerseits und die Perspektive auf die Erwitter Kirche andererseits legen diese Annahme nahe.

Darstellung: Fabritius wählt für die Bildbühne einen vom üblichen Typus seiner Gemälde etwas abweichenden, offenen Aufbau: Nicht Bäume im Vordergrund begrenzen die Ortsdarstellung, sondern ein dominanter Vordergrund kontrastiert zur Ortsansicht im Mittelgrund. Ein Bachlauf, eine Art Sarkophag mit Inschrift, eine Personengruppe und verkrüppelte Bäume und Sträucher geben der in einer Linie liegenden Darstellung des Ortes, dem ein beherrschendes Zentrum fehlt, die nötige räumliche Tiefe. im Hintergrund links ist der Turm der Pfarrkirche von Erwitte erkennbar. – Mit dem Besitzwechsel des Königshofes in Erwitte 1027 fielen auch die zugehörigen Salzquellen der Umgegend am Hellweg an die Paderborner Kirche, im 15. und 16. Jahrhundert wurden mehrere Dörfer in Westernkotten zusammengezogen; Stadt- oder Pfarrechte erhielt der bedeutende Ort nicht. Fabritius zeigt Westernkotten nach der 1630 durch Ferdinand I. von Fürstenberg veranlassten Umwallung und vor dem Brand 1691, dem 100 Häuser zum Opfer fielen. Den Wall; auf den heute nur mehr erhaltene Reste und Straßennamen erinnern, hatte bereits einen Vorgänger, der in einer Karte von 1597 als „Die Landtwehr vmb das dorff“ bezeichnet wird.

Fabritius stellt den ursprünglich bis zu vier Meter hohen Wall im Vordergrund dar. Er war mit Hecken, abschnittsweise auch mit dicht stehenden kleinen Bäumen bestanden, was auf eine mangelnde Pflege der Schutzanlage zu dieser Zeit deutet. Ein einfaches Torhaus aus Fachwerk, etwas heller über der Baumgruppe im Vordergrund erkennbar, sicherte den Zugang vom Weg nach Bökenförde, der im Mittelgrund zwischen den beiden Gruppen von Tieren verläuft.

Da Westernkotten pfarrrechtlich zu Erwitte gehörte, war zu dieser Zeit auch nur die zwischen 1508 und 1532 erbaute und 1691 abgebrannte Kapelle vorhanden, die rechts vom Bomhof sichtbar ist.

Halb von einem Fachwerkhaus verdeckt, ist ein lang gestrecktes Zeltdach mit spitzem Dachreiter in der Mitte erkennbar. Möglicherweise bestand die Kapelle aus Fachwerk, zumindest ein Queranbau im Chorbereich mit kleinem Giebel nach Süden ist eindeutig aus Fachwerk ausgeführt. Zugehörig scheint ein niedriger und schmaler Westturm mit kleinem Pyramidendach gewesen zu sein. Auch wenn es sich rechtlich nur um eine Kapelle gehandelt hat, zeigt sich eine Kirche, die nur wenig kleiner gewesen sein wird als der barocke Nachfolgebau, dessen erhaltener Turm auf 1699 datiert ist.

Während die Karte von 1597 das Rittergut „Bomhof“, welches im Bereich des heutigen Südwalls am Ortsrand lag, zwar nicht ganz unrichtig, aber doch etwas schematisch abbildet, erfasst Fabritius den Baubestand der seit dem 13. Jahrhundert von wechselnden Adelsgeschlechtern (zuletzt von Papen) bewohnten Burg recht genau. Die Anlage scheint ungefähr rechtwinklig gewesen zu sein, wobei die Einzelgebäude in der Darstellung durch eine Mauer miteinander verbunden sind. Das Hauptgebäude liegt im Südwesten und überragt den übrigen Baubestand.

Es war mit einem Satteldach versehen, an dem nach Nordosten am Gebäudeende ein geschweifter Zwerchgiebel erkennbar ist. Auch ein Treppenturm mit Haube scheint in diesem Bereich angebaut zu sein. Ein höheres Fachwerkgebäude steht unmittelbar nordöstlich davon, an der Giebelwand davor ein kleinerer Rundturm mit Kegelhaube. Nach Südosten liegt offenbar die Zugangsseite. – Zwei höhere Gebäude sind annähernd symmetrisch angeordnet und mit einem Mauerabschnitt verbunden. – Links wohl das Torhaus, massiv zweistöckig, mit zwei Durchfahrten versehen und mit einem Fachwerkgiebel abgeschlossen, sowie ein paralleles Haus ebenfalls mit Fachwerkgiebel, an dessen Nordostecke, zum Betrachter hin, ein kleinerer Rundturm mit Kegelhaube steht. Das Zehnthaus als letzter Rest der Anlage wurde 1975 abgebrochen.

Der Profanbau macht einen ungewöhnlich wohlhabenden Eindruck, obwohl er ausschließlich in Fachwerkbauweise errichtet und überwiegen mit Stroh gedeckt gewesen zu sein scheint. Er nimmt die ganze rechte Hälfte der Vedute ein und schließt mit einem hohen, zweiflügeligen Fachwerkgebäude ab. Weitere mehrflügelige Bauten sind rechts der Kapelle zu erkennen. Die Salzgewinnung erfolgte in Siedepfannen, über denen im Bereich der Profanbebauung kleine Rauchwolken aufsteigen. Die Besitzung Bredenol scheint zwischen Rittersitz und Kirche dargestellt zu sein [3], an den noch heute ein Straßenname unmittelbar südöstlich der Kirche erinnert. Es ist aber nur ein großes Dach auszumachen.

Im Bild links ist der Erwitter Kirchturm zu erkennen. – Fabritius malte im gleichen Jahr auch eine Ansicht von Erwitte, die allerdings nur in einer Kopie von Woltemuth erhalten blieb (> A.61). Beide Darstellungen des Turms stimmen nicht mit der Realität überein und zeigen eine Haube mit Ecktürmen, doch hat tatsächlich jede Seite einen aufwändig dekorierten, spätromanischen Giebel. Im Fehlen der Giebeldekorationen und der merkwürdig renaissancehaften Darstellung des Turms insgesamt sind beide Gemälde weitgehend identisch.

[Fortsetzung dann: A.32 Hövelhof-Espeln „Paß Espen Schlinge. Anno 1666.WM]


[1] Ferdinand Freiherr von Fürstenberg, zeitgenössisch auch Ferdinandus liber baro de Furstenberg, (* 26. Oktober 1626 auf Burg Bilstein im Herzogtum Westfalen; † 26. Juni 1683 in Paderborn) war als Ferdinand II. seit 1661 Fürstbischof von Paderborn und seit 1678 auch von Münster, bereits 1667/68 dessen Koadjutor. Er beseitigte maßgeblich die Folgen des Dreißigjährigen Krieges im Hochstift Paderborn. Außenpolitisch folgte er dem Grundsatz der bewaffneten Neutralität, neigte aber immer deutlicher der französischen Position zu. Er zeichnete sich als Autor historischer Werke, als Dichter lateinischer Lyrik sowie als Korrespondent mit den bedeutenden Gelehrten seiner Zeit aus. – Daneben trat er auch als Mäzen hervor und ließ insbesondere zahlreiche Kirchenbauten errichten oder erneuern. Er gilt als einer der herausragendsten Vertreter des Barockkatholizismus. Zitiert nach Wikipedia, Zugriff: 06.04.2024]

[2] Originalkopien des alten Gemäldes sind bei den Heimatfreunden Bad Westernkotten zu beziehen.

[3] MARCUS et al. 1987, S.146