Wo sind sie geblieben? Erinnerungen an den „Speckbiärnbäum“
Wo sind sie geblieben? Erinnerungen an den „Speckbiärnbäum““
[Peters, Maria, in: Heimatkalender 2003, S. 44]
Obstwiesen – mit vornehmlich Pflaumen- und Apfelbäumen und in günstiger Lage der Hellwegebene auch Kirschbäumen – sind fast verschwunden. Heute findet man noch ab und zu eine Streuobstwiese, wie sie in unserer ZEIT genannt wird.
Näherte man sich früher im Frühling einem der kleinen Dörfer, so hatte man den Eindruck, als ob der Kirchturm von einem Blütenmeer umgeben war, so nahe reichten oft die Obstwiesen an den Ortskern heran.
Bis etwa in die sechziger Jahre umgaben noch die „Appelhöfe‘“ mit einem breiten Grüngürtel unserer Siedlungen. Besonders zur Zeit der Baumblüte schmückte sich jedes Dörfchen mit einem Festgewand aus rosa und weißen Blütenschleiern. Teils wurden diese schönen und vor allem nützlichen Obstwiesen in leicht zu bestellende landwirtschaftliche Flächen umgewandelt, teils mussten sie den massiven baulichen Ausdehnungen der Dörfer und Kleinstädte weichen. Auch war die Jährliche Pflege der Bäume und das Ernten nicht mehr rentabel, so dass keine wirtschaftliche Nutzung angestrebt wurde.
Erst allmählich wird uns wieder bewusst, was der Verlust der besonders artenreichen Lebensgemeinschaft eines Baumes, die ein Bindeglied zwischen naturnahem Lebensraum und gesunderhaltendem Wohlbefinden für uns Menschen bedeutet, nach sich zieht.
Besonders eindrucksvoll prägten die mächtigen Birnbäume in den Hausgärten das Ortsbild. Da wuchsen die Köstliche von Charneu, die Pastoren-Birne, Gellerts Butterbirne, Clapps Liebling, die Gute Luise, Zuckerbirnen und die rundlichen Speckbirnen. Und so einem Speckbirnenbaum — einem „Veteran“ aus meiner Kinderzeit — habe ich dieses Gedicht in Westernkötter Platt gewidmet.
De Speckbiärnbäum
Wo sin se bliewen, de prächtigen Boime?
In jedem Huarwe stonden se stolt -.
Üärwert ganze Joahr har de Bäum suine Gäste
denn hoi wass iut gass besonnerem Holt.
Im Winter turneren de Meiskes drinne rümme,
koppüärwer – koppunner — geng et duär de Äste.
Se pickern un wippern, se wisperten un zirpet,
denn de Disk wass gedeckt
met säu manchem Insekt.
Un im Froihjoahr, da summeren do inne de Immen,
un säu mancher bloif stohn – un kam in’t Sinnen,
hoi fröggere sick an de Bloitenpracht
un dankere diäm Schöpfer, de säu viel Schoines vullbracht.
Im Summer, da hangen dann de Biärnekes dran,
täum Plücken täu häuge – owwer de Blagen stalten schon moal de Ledere an.
Do höngen se inne Sunne, säu ruike, dat man se nıt tellt,
un bolle schmecket sä, äh dat Soiteste van de Welt.
Un de Biuer, de Kinner un de Oime, fröggen sick dann,
wann de Hiärweststurm blöst düär de Boime,
un de Biärn niu säu runnerrappeln kam“n.
Un ois de Fruggens –
denn säu’’n Biärneken, dat schmeckere,
iut de Hand un vam Disk,
ob et duär de Bäohnen oder im Trampeljan is.
Im Winter, wann t geng an’t Ingemakete ran,
kam äuk säu manch Glass Biärn dran.
Un ick froage jiu niu, loiwe Luie, dann,
worümme plantet jiu vandage koine Speckbiärn mehr an?