2002: Elisabethheim

Das Elisabethheim – Eine Stätte caritativen Dienstes

  von Maria Peters

[aus: Festschrift zum 100jährigen Bestehen der kath. Kirchengemeinde Bad Westernkotten, Bad Westernkotten 2002]

Im April 1914 ging bei der Königl. Regierung in Arnsberg folgendes Schreiben ein, aus dem hier einige Sätze zitiert werden[1]:

„Bitte für die Pfarrgemeinde Westernkotten, die Genehmigung zur Errichtung einer vorläufig aus 3 Schwestern bestehenden Niederlassung der armen Dienstmägde Christi aus dem Mutterhause zu Dernbach. Westernkotten ist ein Ort von annähernd 1200 Seelen. Die Bevölkerung besteht zum Teil aus kleinen und mittleren Landwirten, zum größten Teil aber aus Tagelöhnern und Fabrikarbeitern. Ein Arzt wohnt nicht am Orte. Die Krankenpflege läßt im Allgemeinen zu wünschen übrig. Auch fehlt es auf dem Lande an Belehrung über Krankheitsverhütung und Verhalten bei plötzlichen Unfällen. Auch die Einrichtung einer Kleinkinderbewahrschule ist ein wirkliches Bedürfnis, da unsere Tagelöhner- und Arbeiterfrauen hier vielfach darauf angewiesen sind (auch bei den kleinen Landwirten), während der Abwesenheit der arbeitenden Mütter, die Kinder zu hüten und vor Verwahrlosung schützen.

Dritte Aufgabe der Schwestern soll sein, die heranwachsende weibliche Jugend durch Handarbeits- und Haushaltungsunterricht zu tüchtigen Hausfrauen heranzubilden, zugleich aber auch von gefahrbringenden Vergnügungen fernzuhalten.

Ich möchte auch noch bemerken, daß die Bewohner dieses Ortes ihrem Charakter nach und von jeher als etwas roh und streitsüchtig bekannt und die zahlreichen Arbeiter für die sozialdemokratischen Ideen empfänglich sind.

Ich verspreche mir daher auch in dieser Hinsicht viel Gutes von den Schwestern. Ihre caritative Arbeit wird sicher versöhnend wirken und zur Vertiefung des religiösen und vaterländischen Empfindens führen, überhaupt zur Veredlung des Charakters bei Jung und Alt sehr viel beitragen.“

Unterschrieben ist der Brief von Franz Bokel, Pfarrer in Westernkotten.

Pfarrer Bokel beschränkte sich nicht nur – wie der Brief deutlich macht – auf die Seelsorge, sondern er registrierte sehr bewußt und aufmerksam die sozialen Probleme seiner Gemeindemitglieder und war von den harten Lebensbedingungen nicht nur betroffen, sondern schritt auch zur Tat.

Ein an der Kreisstraße in Westernkotten gelegenes Grundstück erwies sich wohl als Baugrundstück geeignet. Ein Garten, eine Hof- und Hausstätte mit Scheune der Geschwister Maria und Mathilde Hense wurde der Kirchengemeinde zum Kauf angeboten. Aus dem Kaufvertrag vom 22. November 1911 geht die Kaufsumme von 3.600 Mark und ein lebenslängliches Wohnrecht auf dem verkauften Anwesen sowie ein Niesbrauchrecht an dem Garten und dessen Erzeugnissen hervor. Im Kaufvertrag werden sowohl Pfarrer Bokel als auch die Kathol. Kirchengemeinde als Käufer genannt. Auffallend ist, wie aus späteren Belegen und Briefen ersichtlich, dass Pfarrer Bokel nach seiner Amtszeit in Westernkotten bis zur Gründung des Vereins Elisabethheim e.V. die jährlich zu zahlenden 300 Mark aus der Kaufsumme an die Geschwister Hense überwies – wahrscheinlich weil ihm das Zustandekommen des Schwesternhauses ein großes Anliegen war.

Am 10. Dez. 1913 wandte sich Pfarrer Bokel an das Mutterhaus der Franziskanerinnen in Olpe und bat um eine Niederlassung des Ordens in Westernkotten. Am 12.12.1913 ließ die dortige Genossenschaft u.a. mitteilen: “ Leider sieht sich Würdige Mutter nicht in der Lage, weitere Verpflichtungen für die Übernahme einer Filiale in den ersten Jahren einzuholen. Es mangelt der Genossenschaft die Kräfte auf den immer größer werdenden Filialen die so notwendige Vermehrung der Schwestern bewerkstelligen zu können und die schon zugesagten Filialen hinreichend zu besetzen.“

Auch in einem Schreiben vom 18.2.1914 der Generaloberin des Ordens der Armen Dienstmägde Christi in Dernbach, um die sich Pfarrer Bokel ebenfalls bemühte, wurde keine bindende Zusage zur Gründung einer Niederlassung in Westernkotten gemacht, vielmehr bat die Generaloberin, die Gründung einer Niederlassung noch weiter hinauszuschieben.

Am 7. April 1914 erteilte das Bischöfliche Generalvikariat die Genehmigung zur Niederlassung. Eine Schwesterngemeinschaft war damit aber noch nicht gefunden.

In diese Zeit des intensiven Bemühens um eine Schwesternniederlassung fällt der Weggang von Pfarrer Bokel. Am 24. Mai 1914 erhielt er seine Ernennung zum Pfarrer in Beverungen.

Am 30. Juni 1914 teilte wiederum die Generaloberin in Dernbach mit: „Hochwürden werden wohl daran denken, daß wir den Termin der Gründung noch hinausschieben müssten. Hoffentlich schickt uns der liebe Gott recht bald tüchtige Aspirantinnen, daß es nicht mehr zu lange zu währen braucht.“

Aktennotiz in der Pfarrchronik: „Am 1. Juli 1914  wurde von Pfarrer Bokel, im Beisein des Vorstands Jesse und des Bauunternehmers Postert aus Erwitte, der Grundstein zu dem neuen Schwesternhause gelegt.“

Am 31. Juli 1914 erhielt Vikar und Rektor Ronnewinkel aus Geseke seine Anstellung als Pfarrer in Westernkotten. Wegen der Kriegswirren wurde er in aller Stille eingeführt.

Bis zur Fertigstellung und Inbetriebnahme der neuen Einrichtung war noch ein weiter Weg – bedingt durch die Kriegsjahre 1914-18 und vor allem durch den schon damals herrschenden Schwesternmangel, wie in den Briefen aus Dernbach immer wieder zitiert wurde.

Von 1914 -16 war der Bauverlauf recht zügig; vor allem einheimische Firmen waren beteiligt und solche aus den Nachbarorten, z.B. das Baugeschäft Postert aus Erwitte, das Bauholz kam von der Firma Feldmann aus Büren, Kalk aus Geseke, Natursteine der Fa. Pieper aus Oestereiden, Ziegelsteine von Friedrich Diesmeier Westernkotten, Sand aus Eickelborn. Die Schreinerarbeiten wurden von der Firma Josef Neite durchgeführt (Die schönen, jetzt wohl noch erhaltenen Eingangstüren in Pitchpine kosteten 80,00 Mark das Stück) und die Dachdeckerarbeiten von der Firma Schulte in Erwitte.

Die Warmwasserheizungsanlage der Firma Mertens Lippstadt wurde mit 1.450 Mark veranschlagt. Die elektrische Lichtanlage installierte die Firma Klemens Jungeblodt, Lippstadt. Die Fensteranstriche wurden von der Firma Holtmann aus Erwitte durchgeführt, während in der Nachkriegszeit die Firma Kopp aus Essen-Steele mit den Zimmeranstrichen beauftragt wurde. Tische und Stühle fertigte die hiesige Schreinerei Schütte an.

Wie eine Rechnung vom 24.10.1917 belegt, wurden „6 lack. Sammelbüchsen mit Griff“ für 22,50 Mark angeschafft, um Haussammlungen für den Schwesternhausbau durchzuführen. Zur Belohnung der Sammelkinder wurden 12 Federhalter und 12 mtr. Seidenband angeschafft.

Biber, Nessel und andere Stoffe wurden 1921 von den Firmen Joseph Fischel aus Erwitte sowie Henke und Senger aus Lippstadt geliefert und bei H. Klare aus Erwitte die Kücheneinrichtung vom Milchtopf bis zum Stocheisen gekauft.

Dass trotz der fortgeschrittenen Baumaßnahmen anscheinend eine gewisse Interessenlosigkeit der Gemeinde dem Schwesternhaus gegenüber bestand, kommt in einem Schreiben vom 17.1.1917 des Pfarrer Bokel, der bereits seit 1914 – wie schon beschrieben – eine Pfarrstelle in Beverungen innehatte, an den Rendanten Hense zum  Ausdruck. Es heißt, “ nach Mitteilung des Pfarrer Ronnewinkel kann infolge des Krieges und der Unsicherheit der Betrieb in dem neuen Schwesternhause nicht eröffnet werden, das Interesse der Gemeinde an dem Hause ist stark gesunken und keiner will mit demselben etwas zu tuen haben.“ Pfarrer Bokel betont, „da es mir nicht leicht fällt, für die Zahlungsverpflichtungen regelmäßig aufzukommen, so denke ich schon, den Rest (1.500 Mark) würde wohl die Kirchengemeinde übernehmen können. Bei dem geringen Interesse der Gemeinde wird es jedoch schwer fallen.“

Am 25. Januar 1917 teilte Pfarrer Bokel mit, dass bei Beginn des Baues 12.000 Mark vorhanden waren, teils in Westernkotten, teils in Lippstadt angelegt.

In einem weiteren Schreiben vom 5. Juli 1917 schreibt Pfarrer Bokel an den Rendanten: „Herr Vorsteher Jesse schrieb mir und auch von anderer Seite ist es mir berichtet worden, daß von einer Interessenlosigkeit der Gemeinde nicht die Rede sein könne. Die Interessenlosigkeit liege anderswo.“

(Auffallend ist, dass aus den Jahren 1918/19 keine Handwerkerrechnungen vorliegen.) Auszug aus der Patriot-Ausgabe vom 11. Juli 1918: „Der Gemeindevorsteher erhielt gestern die erfreuliche Nachricht vom Minister für geistliche und Unterrichtsange legenheiten in Berlin, daß auf seinem Antrag in Westernkotten eine neue Niederlassung der Genossenschaft der Armen Dienstmägde Christi aus dem Mutterhause in Dernbach behufs Ausübung der Hauskrankenpflege errichtet werden darf.“

Es folgt die Genehmigung einer Kleinkinderbewahranstalt, sowie die Leitung einer Handarbeits- und Haushaltungsschule. Weiter ist zu lesen: „Diese, von unserem früheren Herrn Pfarrer Bokel, in Verbindung mit Herrn Gemeindevorsteher Jesse ins Leben gerufene, für die ganze Gemeinde segensreich wirkende Einrichtung, kann man nur von ganzen Herzen dankbar begrüßen und volles Vertrauen und Interesse entgegenbringen.“

Letztlich kommt es mit Zustimmung von Pfarrer Bokel zur Gründung des Vereins „Elisabethheim e.V.“, der als eingetragener Verein das Schwesternhaus erwirbt, unterhält und die geplanten Aktivitäten in die Tat umsetzt.

Die Gründung erfolgte am 28.Juli 1918, lt. Protokoll waren erschienen: Amtsbürgermeister Ebel, Pfarrer Ronnewinkel, Vorsteher Leo Jesse, Rendant Franz Hense, Heinrich Mönnig, Johann Mücher, Adam Schrop, Lorenz Meyer, Franz Dietz, Heinrich Deimel, Franz Wenner, Wilhelm Spiekermann, Anton Schulte, Heinrich Ferdinands.

Auszug aus der Satzung des Vereins: “ Der Verein verfolgt den Zweck, das zu Westernkotten, Kreisstraße Nr. 212 gelegene Elisabethheim zu erwerben, zu unterhalten und es der durch gemeinsamen Erlass des Herrn Ministers des Inneren und des Herrn Ministers der geistlichen- und Unterrichtsangelegenheiten vom 9. Juni 1918 genehmigten Niederlassung der Genossenschaft der armen Dienstmägde Christi aus dem Mutterhaus in Dernbach mit der Auflage der Ausübung der in der vorgenannten Staatsgenehmigung aufgeführten Tätigkeiten zur Verfügung zu stellen. Die Zahl der ordentlichen Mitglieder des Vereins ist auf 12  beschränkt. Dieselben verpflichten sich, zur Zahlung eines jährlichen Betrages von 5 Mark für die Zwecke des Vereins.“

Die Gemeindevertretung Westernkotten genehmigte eine Beihilfe von 2.000 Mark. außerdem machte Gemeindevorsteher Jesse am 11. März 1919 die Mitteilung, dass die Amtsverwaltung aus den Überschüssen des Gefangenenlagers, das während des Krieges im alten Schulgebäude eingerichtet war, 1.000 Mark für die Zwecke des Schwesternhauses zur Verfügung gestellt habe.

Da die bis jetzt angefallenen Handwerkerrechnungen nur sehr zögerlich und oft erst nach mehrmaligen Anmahnungen bezahlt wurden, ist anzunehmen, dass der Kirchengemeinde bzw. dem Elisabethverein nur unter großen finanziellen Opfern der Bau des Schwesternhauses gelungen ist.

Wie auch durch Erzählungen jetzt älterer Westernkötter zu erfahren war, wurde durch aktive Mithilfe der Dorfbewohner (z.B. Spanndienste beim Heranschaffen der Baumaterialien) viel guter Wille gezeigt, sodass das Werk gelang .

Aus einem Sitzungs-Protokoll des Vorstandes des Vereins Elisabethheim e.V. vom 8. Dezember 1920 geht hervor, dass der Vorstand sich verpflichtete, mit größter Beschleunigung das Heim schlüsselfertig zu machen.

Am 4. Mai 1921 würdigte der Patriot in einem langen Beitrag die Eröffnung des Elisabethheimes in Westernkotten. Da der Werdegang ausführlich beschrieben wurde, folgen nur einige Auszüge: „Bei der vom Ortspfarrer angeregten Haussammlung steuerten alle Gemeindemitglieder  freudig aus besten Kräften bei und so nahmen die Arbeiten am Ausbau des Hauses raschen Fortgang, sodaß es wohl möglich gewesen wäre, das Elisabethheim schon früher zu eröffnen. Allein das Mutterhaus in Dernbach war nicht in der Lage, eher Schwestern für die hiesige Filiale zur Verfügung zu stellen.“

Die erste Oberin des Elisabethheimes war Schwester Ethelredis/Maria Kopp, geb.16.2.1876 zu Steele, ihr zur Seite standen die Krankenschwester Verola/Gertrud Schmitz, geb. 9.8.1897 zu Benrath, Kinderbewahrschwester Hermella/Emilie Dinges, geb. 14.6.1895 zu Dotzheim, Schwester Britta /Maria Frieler, geb. 2.2.1881 zu Rotthausen, Schwester Magariana/Maria Gerve, geb. 20.2.1884 zu M.Gladbach.

Im Sitzungsprotokoll des Vereins Elisabethheim e.V. vom 21.8.21 wurde u.a. Folgendes niedergeschrieben: „Schwester Oberin berichtete über die Kinderbewahrschule. Die Besuchsziffer erreicht zuweilen 30 und mehr. Die monatl. Beiträge, die auf 0,50 Mark festgesetzt sind, werden freiwillig von den Eltern überschritten, sodaß ca. 0,90 Mark pro Kind einkommen. Im Winter erhofft die Oberin noch einen besseren Erfolg. Die Nähschule wird Anfang Oktober eröffnet, sodaß von da ab die weibliche Jugend in Handarbeiten unterrichtet werden wird.“

Am 15. Jan. 1922 wurde von regelmäßig 30 Kleinkindern berichtet und rund 30 schulentlassenen Mädchen, die die Handarbeitsschule besuchten, die ab Januar 1922 von der neu nach Westernkotten gesandten Schwester Rodrina betreut wurde. Unter ihrer Anleitung lernten die schulentlassenen Mädchen Nähen, Flicken, Stricken, Häkeln und Sticken. Auch der Jungfrauenverein war unter ihre Obhut gestellt. Sonntags nachmittags studierte sie u.a. mit den Mädchen kleine Theaterstücke ein, die auf Kempers Saal dem Publikum vorgestellt wurden. Der Erlös kam dem Schwesternhaus zugute.

Im Januar 1922 wurde vom Gemeindevorsteher Duwentester ein Zuschuss aus der Gemeindekasse von 5.333 Mark dem Elisabethheim gewährt (1/3 aus dem Verkauf der alten Schule).

Kindergartengruppe im Sommer 1922

Am 13. Dezember 1922 wurde ein Mietvertrag mit dem Amt Erwitte geschlossen, zwei Räume im Elisabethheim wurden der Stadt für die Einrichtung einer amtlichen Mütter- und Tuberkuloseberatung zur Verfügung gestellt. Mietpreis: monatl. 100 Mark. (18. Sept. 1924  Änderung in 10 Goldmark monatlich).

In der ambulanten Krankenpflege kam es zum steten Ansteigen der Behandlungsfälle. Während 1921 von 36 Kranken und 30 Nachtwachen berichtet wurde, wurden 10 Jahre später 205 Kranke gepflegt und 29 Nachtwachen gehalten. Zu den Aufgaben der Krankenschwester gehörte auch die Begleitung der Sterbenden in ihren letzten Stunden und die Herrichtung des Totenbettes.

1923 verließen die Oberin Schw. Ethelredis, Schw. Verola und Schw. Magariana Westernkotten, stattdessen begannen Oberin Schw. Nikomedes/Anna Bremsperger, geb. 18.8.1870 zu Großzimmern, Schw. Tatildis/Anna Coun, geb. 14.1.1898 zu M.Gladbach, Schw. Josberta/Katharina Meier, geb. 7.4.1891 aus Helmern, ihren Dienst in Westernkotten – neben den o.g. Schwestern.

Zu den vielfältigen, in diesem Beitrag erwähnten Aufgaben der Krankenschwester gehörte auch die Aufklärung der Dorfbevölkerung über „das Wesen der Volkskrankheit Tuberkulose, „die Maßnahmen zur Bekämpfung des Alkoholismus, die Zuführung von Geschlechtskranken zu den Beratungsstellen, die Versorgung von kleineren Unfällen, ggf. auch Meldung an die Berufsgenossenschaften — wie ein ausführliches Schreiben der Landesversicherungsanstalt v. 29. Dezember 1922 aussagt.

Lt. Sitzungsprotokoll des Vereins Elisabethheim e.V. vom 6. Jan. 1925 wurde beschlossen, auf dem Dachfirst des Elisabethheims eine Ave-Maria-Glocke anzubringen. „Die Kosten hierfür sollen aus freiwilligen Gaben aufgebracht werden.“ Noch im gleichen Monat wurde von der Glockengießerei Humpert in Brilon eine Glocke der Tonart „cis“ geliefert, zum Preise von 4,00 Mark pro kg (Höhe 33cm, Durchm. 35cm, Gewicht 29kg).

Mit Schreiben vom 10. April 1925 des Bischöfl. Generalvikariats wird Pfarrer  Schreckenberg die Erlaubnis erteilt, die Schwesternhauskapelle und die angeschaffte Glocke feierlich einzuweihen.

Der Hochaltar wurde in der hiesigen Schreinerei Schütte gearbeitet, wie das Sitzungsprotokoll des Vereins Elisabethheim vom 22. Nov. 1925 belegt: „Die Rechnung

über den gelieferten Altar seitens des Herrn Schütte wurde anerkannt.“

Ein Beihilfeantrag an die Allgemeine Ortskrankenkasse in Lippstadt vom 22.8.1925 zeigt folgenden Wortlaut: „Die Krankenpflege in hiesiger Gemeinde geschieht von den Schwestern unentgeltlich und unterschiedslos. Ebenso wird erste Hilfe bei Unglücksfällen geleistet. Die beantragte Unterstützung soll ausschließlich zur Anschaffung von Verbandsstoffen und anderer Krankenpflegeutensilien verwandt werden.“

Aus einer Auflistung an den Zentralverband der Kinderhorte in Köln vom 5.11.1926 geht hervor, dass etwa 45 Kinder täglich die Kleinkinderbewahranstalt besuchen, bei Einsatz von zwei Schwestern.

1926 verläßt die Kindergartenschwester Hermella Westernkotten, ersetzt wird sie durch Schwester Stefanita.

Auch die bisherige Schwester Oberin Nikomedes wird am 21.1.1930 ausWesternkotten abberufen, ihr Amt übernimmt Schwester Vincentiana.

Seit August 1930 werden durchschnittlich 55 Kinder täglich aufgenommen  – bei einer Kindergärtnerin, einer Hilfskraft, einem Schulkind. „Die Kindergärtnerin hat die erforderliche Prüfung abgelegt. Die Hilfskraft hat sich durch jahrelange Tätigkeit im Kindergarten gute Kenntnisse angeeignet. Das Schulkind ist in den Freistunden beschäftigt.“

Da sich in der Folgezeit schon bald herausstellte, dass der Raum (ungefähr 25 qm) im Elisabethheim für die Unterbringung von tägl. ca 45 -55 Kindern zu klein war, wie auch ein Kreisärztl. Gutachten vom 30. Dez. 1930 bescheinigte, wurde an einen Umbau der sich auf dem Gelände des Schwesternhauses befindlichen Scheune gedacht. Durch die Umbaumaßnahme sollte auch Raum geschaffen werden für den dringend notwendigen Waschraum, für Kleiderablage und Aborte.

Um den Betrieb des Kindergartens aufrecht erhalten zu können, war man wegen der schlechten Finanzlage des Hauses und der Zahlungsunfähigkeit vieler Eltern auf Zuschüsse des Landesjugendamtes und der Landesversicherung angewiesen. Dieses wird deutlich in einem Bittschreiben vom 26. August 1930 an den Regierungspräsidenten in Arnsberg und an das Kreiswohlfahrsamt in Lippstadt: „Seit einigen Jahren haben sich die wirtschaftlichen Verhältnisse in Westernkotten wesentlich verschlechtert. Während in früheren Jahren die Industriearbeiter ununterbrochen beschäftigt waren, sind die älteren Arbeiter in den Jahren 1924 und 1925 aus den Arbeitsstellen entlassen und bisher noch nicht wieder eingestellt worden. Vor einiger Zeit sind auch die anderen Arbeiter entlassen und es ist nicht vorauszusehen, wann ein Teil der Arbeiter wieder eingestellt wird. Die Kathol. Kirchengemeinde ist nicht in der Lage, die durch den Umbau entstehenden Kosten aufzubringen.“

Von der Landesversicherungsanstalt wurde daraufhin mit Schreiben vom 16.9.31 1.500 RM Beihilfe für den Ausbau des Kindergartens gewährt.

Im Oktober 1931 konnte mit dem Umbau der hinter dem Elisabethheim liegenden Scheune begonnen werden. Schon am 7. Juni 1932 fand durch Pfarrer Schreckenberg die feierliche Einweihung statt.

Im „Patriot“ vom 8. Juni 1932 wurde das Ereignis entsprechend dokumentiert, u.a. war zu lesen: „Der Sonntagnachmittag war für unsere Ordensschwestern und die ganze Gemeinde ein Freudentag, denn der neue Kindergarten erhielt die kirchliche Weihe. Nicht nur Bewahrschule, wo die Kleinen gut verwahrt und beschützt werden vor Schäden an Leib und Seele, soll die Anstalt sein, sondern zugleich ein Garten, worin gearbeitet und erzogen wird. Die Arbeit der Schwestern ist Gärtnerarbeit.“

Nach der Inbetriebnahme des erweiterten Kindergartens ergeht am 26. Juli 1932 die Mitteilung an die Landesversicherungsanstalt: „Nachdem der Kindergarten in Westernkotten in Betrieb genommen ist, wird er von etwa 30 Kindern regelmäßig besucht. Bei dem Betriebe des Kindergartens werden die Bedingungen der Landesversicherungsanstalt und die Vorschriften des Landesjugendamtes beachtet.“

Der erweiterte Kindergarten im Sommer 1932

In einer Umsatzsteuererklärung vom 26.2.1935 fand sich folgender Zusatz: „Unser gewerbliches Einkommen ist sehr gering. Es kann keine Schwester von ihrem Erwerb leben, wenn wir die Lebensmittel nicht meistens geschenkt bekämen.“ (Schwester Vincentiana, Ob.)

1936 verließ Schwester Oberin Vincentiana Westernkotten, und Schwester Oberin Rolandis übernahm ihren Dienst.

Während die Anzahl der zu betreuenden Kinder auf 50 – 55 in den ersten Kriegsjahren  zunahm, wurde auch der pflegerische Dienst der Schwestern immer mehr in Anspruch genommen. 1940 kam 368 Krankenpflegefällen, zu 58 Nachtwachen und im Jahr 1941 bis zu 4.772 Hilfeleistungen und Hausbesuchen.[2] Das Verhältnis zwischen Schwestern und „Gemeindeeingessenen“ wird als sehr gut bezeichnet und kommt durch manche Natural- und Geldspende zum Ausdruck.

Am 30. Okt. 1942 erhielt Schwester Stephanita (Stefanita) vom Erzbischöflichen Generalvikariat die Erlaubnis, bei der religiösen Unterweisung der Schulkinder des 1. u. 2. Jahrgangs in den Seelsorgestunden mitzuwirken. Dazu kamen ab 1943 etwa 80 Kindergartenkinder. 1942 kam Schwester Oberin Vincentiana nach Westernkotten zurück.

Am 25. Okt. 1949 findet sich folgender Eintrag von Pfarrer Becker: „Heute feiert Schwester Vincentiana, Oberin unseres Elisabethheims, ihr 50jähr. Ordensjubiläum.“ Sie war von 1930 -1936 und von 1942 bis 1950 Oberin im Elisabethheim, gefolgt von Schwester Oberin Adeloga, die von 1950 bis 1956 das Haus leitete. Diese wurde von Schwester Oberin Wendelina abgelöst.

In den Kriegs- und Nachkriegsjahren klagten die Schwestern häufig über mangelndes Heizmaterial. Auch mußte manche Reparatur durchgeführt werden, die den Schwestern erhebliche finanzielle Sorgen bereitete. Durch zwei Altenpflegeplätze und die Vermietung von zwei Räumen für eine Zahnarztpraxis (ab 1951) konnten vorübergehend Einnahmen erzielt werden.

Eine Mitteilung an das Finanzamt vom 2.9.1951 wird auszugsweise wiedergegeben:“ Es (das Elisabethheim) ist dem Caritasverbande angeschlossen. Tätigkeit: ambulante Krankenpflege -unentgeltlich. Kindergarten: Die Kinder zahlen zur Deckung der Unkosten soweit sie können für den Monat 2 M. Die Familien welche nicht in der Lage sind zahlen die Hälfte oder garnichts. Nähschule: Sind meistens nur Flüchtlingsfrauen die für ihren Bedarf Sachen verändern. Ein Tag in der Woche ist frei und an den anderen Tagen zahlen sie für die Unkosten – Licht, Brand, Nähmaschine – 50Pf. Sie kommen nur nach Bedarf. Kann jemand auch das nicht zahlen oder sehen wir, daß es der Betreffenden schwer wird, nehmen wir garnichts.  Dann sind mitunter außerhalb der Ferien 2 Lehrerinnen im Hause (Pension). Eine ist eine Flüchtlingslehrerin und zahlt täglich 3,50 M. Die andere zahlt 4 M.“

Auch später mußte mancher Bittbrief getätigt werden, u.a. ein Schreiben der Schwester Oberin Wendelina von 1958: „Ich erkläre hiermit, daß wir monatlich ungefähr 180,- DM als Einnahmen vom Kindergarten haben und die anfallenden Reparaturen, welche dringend notwendig sind, nicht bestreiten können.“

1959 und 1960 kam es dann zu den dringend notwendigen Renovierungen mit Installation von Toiletten und Waschbecken für die Kinder. Auch wurde der Kindergarten an die Zentralheizung des Elisabethheims angeschlossen.Der Spielplatz erhielt eine Einzäunung, und in einem Anbau konnten größere Spielgeräte untergebracht werden.

Die Umbau- und Renovierungskosten wurden von der politischen Gemeinde, dem Amt Erwitte, dem Kreis Lippstadt und dem Land bezuschusst und betrugen 22.000 DM.

Am 16. Nov. 1960 feierte Schwester Fidentia ihre 25-jährige Tätigkeit als Krankenschwester. Die ganze Gemeinde dankte für ihre aufopfernde Tätigkeit im Dienste echter Caritas.

Im Juli 1961 erreichte den damaligen Pfarrer Friedrich Becker ein Schreiben der Generaloberin aus Dernbach, das hier auszugsweise wiedergegeben wird: „Infolge des geringen Nachwuchses bei einem großen Ausfall an Schwesternkräften durch Krankheit und Tod hat sich unsere Lage derart verschlechtert, daß wir eine größere Anzahl von Filialen aufgeben müssen, da die Schwestern allenthalben überfordert sind…“ (   ) „So haben wir, wenn auch schweren Herzens,beschlossen, unsere Schwestern am 1. April 1962 auch von Westernkotten zurückzuziehen…“

Auch eine sofortige Eingabe des damaligen Bürgermeisters Anton Schäfermeier an das Mutterhaus und die dringende Bitte des Pfarrers Becker, das Elisabethheim nicht aufzulösen, konnte den Entschluss der Generaloberin nicht beeinflussen, und diese bat um Verständnis für ihren Beschluss mit den Worten: „Es ist sehr bitter für uns, das aufgeben zu müssen, was unsere Vorgängerinnen so hoffnungsfroh ins Leben gerufen haben.“

Am 26. März 1962 löste sich der Verein Elisabethheim e.V., der bisherige Träger des Elisabethheims Bad Westernkotten, auf.

Am 28. Mai 1962 beschloss der Kirchenvorstand der Kathol. Pfarrgemeinde St. Johannes Ev., dass die Kirchengemeinde das Elisabethheim übernimmt. Es sollte künftig der Jugendarbeit dienen. Außerdem wurde geplant, dass für den Hochw. Herrn Vikar eine Etagenwohnung, der Kathol. Kindergärtnerin ein Zimmer und dem Hausmeister eine Wohnung eingerichtet werden.

So endete nach 40-jähriger caritativer Arbeit an der Dorfbevölkerung von Westernkotten das segensreiche Wirken der Ordensgemeinschaft der „Armen Dienstmägde Christi“ aus Dernbach.

Zu vermerken ist noch, dass drei der ehemaligen Ordensschwestern auf dem hiesigen Friedhofe ihre letzte Ruhe gefunden haben.

Ehrw. Schwester Raboda, verstorben   1.3.1925

Ehrw. Schwester Britta,     “      “          16.3.1926

Ehrw. Schwester Stefanita,“      “          28.5.1957

Erinnert werden soll auch an die Ehrw. Schwester Josbertina, die viele Jahre in der Nähschule unterrichtete und für die Ausschmückung der Kirche zuständig war.

Die letzten Ordensschwestern in Westernkotten waren: Schwester Oberin Wendelina von 1956 – 1962, Schwester Hermella – Kindergartenschwester, Schwester Fidentia  – Krankenschwester, Schwester Ortrudis – Küchenschwester.[3]

Eng mit dem Elisabethheim verbunden war Hildegard Lanhenke aus Bad Westernkotten, die in den Jahren 1943 – 1951 als treue Haushaltshilfe am Leben der Schwestern teilnahm. In Folge dieser Beziehung entschloss sie sich, dem Orden der Armen Dienstmägde Christi in Dernbach beizutreten.

Erwähnenswert für das Elisabethheim ist ein Gelübte der Familie Besting, in dem sie versprechen, dem Haus eine neue Glocke zu schenken, wenn ihr Sohn Josef gesund aus der russischen Kriegsgefangenschaft heimkommt. Lobetag 1949 hat diese Glocke zum erstenmal geläutet.[4]  Heute befindet sie sich in der Friedhofskapelle. Die vorherige Ave-Maria-Glocke aus dem Jahre 1924 wurde mit großer Wahrscheinlichkeit während des 2. Weltkrieges abgeliefert und eingeschmolzen, denn in einem „Meldebogen für Bronzeglocken der Kirchen“  vom 5. Mai 1940 wird diese Glocke beschrieben.


[1] Die wichtigsten Quellen für diesen Beitrag waren:

  • – Pfarrarchiv – Westernkotten, Dr. Cohausz, 1943, A9/III/1. 2. 4. 5.
  • – Pfarrarchiv – Pfarrgemeinde Westernkotten/Bad Westernkotten, Findbuch 1998: A2, F7/1; F7/2

[2] Die Zahlen sind entnommen aus: Wolfgang Marcus, in: Heimatblätter 72. Jahrg. 1992, S. 46

[3]  Aussage Irmgard Boberschmidt  – Juli 2000

[4] Aussage Maria Besting – Januar 2001