Ferdinand, Marcus /Marcus, Jan, Und es waren Hirten auf dem Felde. Ein Beitrag zur Schafhaltung in Westfalen u. b. B. der Familie Schröer aus Westernkotten
[in: HB 81.JG, 2001, S, 177ff]
[Hier ist der gesamte Wettbewerbsbeitrag ohne Abbildungen abgedruckt]
Ein herzliches Dankeschön allen Leuten, die uns auf dem langen Weg der Fertigstellung dieser Arbeit geholfen haben. Unser Dank gilt:
Unseren lieben Eltern; unseren Gesprächspartnern: Heinrich und Johanna Gersmeier, Franz Mintert, Adolf Schröer, Maria Schröer; Maria Schröer (Mariannen); dem Erwitter Stadtarchivar Hans-Peter Busch; Frau Zandstra vom Stadtarchiv Lippstadt; den Damen und Herren der Volkskundlichen Kommission Münster, insbesondere Christine Gottschalk und Sebastian; Dr. Ernst Brüggemann vom Landesverband Westfälischer Schafzüchter; den Stadtarchäologen der Stadt Soest, Herrn Melzter und Herrn Tiemann; den Damen und Herren der Stadtverwaltung Moers, besonders Herrn Maas; den Damen und Herren des Erzbischöflichen Generalvikariats Paderborn insbesondere Herrn Dreier von der Kirchenbuchabteilung; Gefion Apel und Frau Sternschulte vom Westfälischen Freilichtmuseum Detmold; Herrn Flocken und Herrn Fuchs vom Landesamt für Datenverarbeitung und Statistik, Nordrhein-Westfalen; Herrn Elbert vom Stadtarchiv Soest; Herrn Volkmer vom Standesamt der Stadt Erwitte; Herrn Gerdes von der Landwirtschaftskammer Weser-Ems; Herrn Franz-Josef Schröder; der Druckerei Staats
Das Titelfoto wurde uns freundlicherweise von Maria Schröer zur Verfügung gestellt. Es zeigt ihren Mann Josef auf der Wanderschaft mit seiner Schafherde bei der Durchquerung des Ortes Rixbeck. Die Aufnahme entstand im Januar 1980.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 1.1. Zur Handhabung dieser Wettbewerbsarbeit
- 2. Auswahl des Themas
- 1.3. Vorgehensweise, Quellenvorstellung und -kritik
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2. Hauptteil
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2.1. Schafhaltung im Wandel der Zeit
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2.1.1. Von der Domestikation bis zur Neuzeit (ca. 9.000 v. Chr. – ca. 1500 n. Chr.)
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2.1.2. Von den Anfängen der Schafzucht bis zur größten Schafdichte (ca. 1500 -1864)
- 2.1.3. Der deutliche Rückgang des Schafbestandes bis zum ersten Weltkrieg (1865 – 1914)
- 2.1.4. Schafhaltung in und zwischen den Weltkriegen (1914 – 1945)
- 2.1.5. Schafhaltung während Wiederaufbau und Wirtschaftswunder (1945 – ca. 1965)
- 2.1.6. Gegenwart und Zukunft (ab ca. 1966)
- 2.2. Hudestreitigkeiten
- 2.3. Das Bild des typischen Schäfers
- 2.4. Die Familie Schröer
- 2.4.1. Der Stammbaum
- 2.4.2. Erläuterungen zum Stammbaum
- 2.4.3. Die traditionelle Schäferfamilie Schröer
- 3. Schlussteil
- 3.1. Resümee
- 3.2. Quellenverzeichnis
- 3.3. Anhang
- – Auszug aus dem Heimatkalender der Stadt Moers von 1941
- – Ausschnitt aus einer Übersichtskarte für den Kreis Soest
- – Kopie des Titelblattes der „Urliste der sämmtlichen Civil-Einwohner zu Westernkotten“ aus dem Jahr 1864
- 1. Einleitung
- 1.1. Zur Handhabung dieser Wettbewerbsarbeit
Folgendes sei zur Benutzung dieser historischen Ausarbeitung anzumerken:
In den Gliederungspunkten 1. und 3. empfinden wir es als ansprechender, die erste Person Plural zu verwenden, um eigene Handlungen und Gedankengänge darzustellen. Im umfangreichen zweiten Teil unserer Ausarbeitung entschlossen wir uns dazu, die uns als objektiver erscheinende dritte Person Plural zu benutzen.
Bei der ersten Erwähnung einer Quelle als Fußnote führen wir eine vollständige Quellenangabe auf. Bei einem erneuten Verweis auf dieselbige Quelle benutzen wir eine Kurzform bestehend aus Autor, Titel und Seitenangabe.
Falls Zitate unserer Zeitzeugen in die Berichte einfließen, verwenden wir häufig nur den Namen des Gesprächspartners. Eine Auflistung von Gesprächstermin, Datum der Autorisierung sowie Geburtdatum des Befragten findet sich im Quellenverzeichnis, wo außerdem alle schriftlichen Quellen noch einmal aufgeführt sind.
Bei der Erstellung dieser Wettbewerbsarbeit versuchten wir, möglichst oft Berichte von Zeitzeugen einfließen zu lassen, um den dargestellten Sachverhalt authentisch darzustellen. Deshalb verwenden wir teilweise auch Zitate von Schäfern in anderen Quellen.
Zur besseren geografischen Orientierung dient eine Karte für den Kreis Soest (Ausschnitt) im Anhang, aus der alle genannten Orte des engeren Untersuchungsraumes zu ersehen sind.
Um Verwechselungen innerhalb des komplizierten Stammbaumes der Familie Schröer zu vermeiden, haben wir jeder Person dieser Familie eine Personenkennziffer zugeordnet, die im Anschluss an die Namensnennung in einer Klammer aufgeführt ist. Ein ausführlicher Stammbaum der Familie nebst Personenkennziffer findet sich unter Gliederungspunkt 2.4.1.
Zu jedem Gliederungspunkt haben wir versucht einen passenden Spruch zu finden, der sich zwischen Titel und Text befindet.
- 1.2. Themenauswahl
Mit Bekanntwerden des Leitthemas „Genutzt – Geliebt – Getötet. Tiere in unserer Geschichte“ stellte sich uns die Frage, welcher Thematik wir uns zuwenden sollten. Zugegebenermaßen konnte uns das oben genannte Wettbewerbsthema zunächst nicht sonderlich begeistern, da uns beim ersten Nachdenken kein Thema einfiel, welches einerseits unser Interesse weckte, andererseits lokalgeschichtlichen Bezug hatte.
Nach einiger Zeit erkannten wir, dass wir kein einzelnes, außergewöhnliches Ereignis (z.B. einen Streik) dokumentieren, sondern einen längeren Wandlungsprozess erforschen würden. Grund dafür war, dass wir zum einen in einer ländlichen Gegend wohnen und es sich zum anderen bei dieser Aufgabenstellung empfiehlt. Außerdem wollten wir uns keinem sogenannten „Modethema“, wie z.B. Kampfhunden oder BSE[1], zuwenden, da diesen im Moment unserer Meinung nach sehr viel Aufmerksamkeit durch die breite Öffentlichkeit zu teil wird und es deswegen nicht so viel „Neues“ zu erforschen gibt.
Als nächstes stellten wir einen Katalog möglicher Forschungsobjekte auf.
Angedachte Themen und die Begründung, weshalb wir uns dagegen entschieden:
- – artgerechte Tierhaltung (kein lokal-geschichtlicher Bezug)
- – Gänsehaltung (mangelndes persönliches Interesse)
- – Imkerverein (vorhandenes Material zu genüge ausgearbeitet)
- – Jagdwesen (s.u.)
- – Schafhaltung
- – Schule für Blindenhunde (kein geschichtlicher Bezug erkennbar)
- – Steinzeitliche Funde (zu komplexes Thema)
- – Taubenverein (mangelndes persönliches Interesse)
- – Zirkus (leider kein lokaler Bezug herstellbar)
In die engere Auswahl kamen schließlich die Bereiche Jagdwesen und Schafhaltung, wobei wir uns dann für letzteres entschieden, da wir der Meinung waren, dass es auf diesem Gebiet die wenigsten Ausarbeitungen gibt und somit für uns die Möglichkeit gegeben war, neue Sachverhalte aufzudecken und zu dokumentieren.
Nach den ersten, noch oberflächlichen Recherchen kamen wir zu der Entscheidung, dass es vonnöten war, unser Thema noch stärker einzugrenzen. Wir wählten schließlich das Gebiet Westfalen[2] als regionales und die Dörfer Eikeloh und Westernkotten (für diese Orte, sowie für die anderen lokalen Gegebenheiten siehe die Karte im Anhang) als lokales Untersuchungsgebiet aus.
Durch die Heimatbücher der Dörfer Eikeloh und Westernkotten wurden wir auf die Familie Schröer aufmerksam, welche in beiden Büchern als eine alteingesessene Schäferfamilie beschrieben wird. Im Westernkötter Heimatbuch[3] findet sich die Anmerkung, dass die Schäferei in der Familie vor 1897 begann – das Jahr in dem ein Anton Schröer die Herde übernahm – eine genaue Jahreszahl ist jedoch nicht angegeben. An einer anderen Stelle dieses Heimatbuches fand sich in einem Kopfschatzregister von 1759 ein Joan Dirck Schroer, Schäfer. Nun lag die Vermutung nahe, dass dieser Joan Dirck Schroer ein Vorfahre des oben erwähnten Anton Schröer ist. Eines unserer Forschungsziele war es, diese Vermutung zu bestätigen bzw. zu widerlegen.
Des weiteren hatten wir es uns als Ziel gesetzt, Tendenzen (z.B. Veränderungen des Schafbestandes) und Geschehnisse (z.B. Kriege) der westfälischen Schafhaltung auf die Schäferei der Familie Schröer bzw. auf die Dörfer Westernkotten und Eikeloh zu beziehen.
Als wir einen großen Teil unserer Wettbewerbsarbeit vollendet hatten, bemühten wir uns, einen passenden Titel zu finden. Uns war von vorneherein klar, dass der Titel unserer Arbeit zweigeteilt sein wird. Den ersten Teil sollte ein „ungewöhnlicher“ Titel bilden, während der zweite Teil unser Thema sachlich formulieren sollte.
Eine unserer ersten Assoziationen beim Thema „Schaf“ war die Weihnachtsgeschichte im Lukasevangelium, in der die Hirten mit ihren Schafen von den Engeln zur Krippe in Bethlehem gerufen werden. In dem Vers Lukas 2,8: „Und es waren Hirten in der selben Gegend auf dem Felde“ kommt unserer Meinung nach am besten zum Ausdruck, dass wir uns sowohl mit Schäfern („Hirten“) als auch mit der lokalen Umgebung („in der selben Gegend“) beschäftigt haben. Der zweite Teil des Titels hingegen ist sachlich-wissenschaftlich orientiert und soll dem Leser einen genaueren Einblick in den bearbeiteten Sachverhalt ermöglichen.
- 1.3. Vorgehensweise, Quellenvorstellung und -kritik
Nachdem unser Thema „Schafhaltung“ feststand, recherchierten wir zu allererst im Internet. Dabei stießen wir auf die Website des Landesverbandes Westfälischer Schafzüchter in Paderborn. Nach erfolgreicher Kontaktaufnahme mit dem Geschäftsführer Dr. Ernst Brüggemann vereinbarten wir einen Termin zur Einsichtnahme der „Chronik der Westfälischen Schafzucht“ von Dr. Franz Gemmeke, einem ehemaligen Geschäftsführer der o.g. Institution. Diese Chronik beschreibt den Werdegang der Schafzucht von 1500 bis 1975 und konnte uns wichtige Grundlagen für weitere Recherchen vermitteln. Sehr hilfreich war es, dass Gemmeke in seiner Chronik auch auf den politischen und wirtschaftlichen Hintergrund der jeweiligen Epoche eingegangen ist. Anzumerken ist jedoch, dass bei einigen Zitaten Belege an historischen Originalquellen unzureichend sind bzw. komplett fehlen. Somit herrschten für uns erschwerte Bedingungen um Nachforschungen zu betreiben.
Ebenfalls per Internet knüpften wir Kontakt zum Landesamt für Datenverarbeitung und Statistik, das uns umfangreiches Datenmaterial über die Schafbestände in Nordrhein-Westfalen für die Zeit nach der Gründung der Bundesrepublik Deutschland zur Verfügung stellte.
Als nächstes wendeten wir uns dem Stadtarchiv in Erwitte zu, um weiteres Material über den lokalen Raum zu erhalten. Dort fanden wir hauptsächlich Literatur über Landwirtschaft und Viehhaltung allgemein. Der Archivar teilte uns mit, dass es in Soest eine Stadtarchäologie gibt, in der Material über Tierknochenfunde und den damit erkennbaren damaligen Essgewohnheiten der Menschen bezüglich Schaffleisch vorhanden ist. Die Erkenntnisse, die wir bei einem Besuch in dieser Stadtarchäologie gewannen, flossen in den Gliederungspunkt 2.1.1. ein.
Des weiteren bekamen wir im Stadtarchiv Erwitte das Buch „Wanderschäfer. Arbeit und Leben, Wirtschaft und Soziales“ von F.W.A. Reckfort zur Verfügung gestellt. Der Autor, der selber erfahrener Schafhalter ist, befragte sieben Wanderschäfer[4] aus Westfalen zu ihrem Leben als Wanderschäfer. Dabei behauptet Reckfort auf Seite elf dieses Buches, „alle noch lebenden Wanderschäfer, insgesamt sieben“ befragt zu haben. Diese Behauptung ist deshalb falsch, da wir im weiteren Verlauf unserer Recherchen mit dem Wanderschäfer Adolf Schröer [II.1.] sprachen (s.u.).
Das Buch „Wanderschäfer“ war dahingehend wertvoll, dass es uns eine genaue Definition der verschiedenen Schäfereitypen lieferte und Informationen über lokale Schäfertraditionen vermittelte. Des weiteren erhielten wir einen differenzierten Einblick in das Leben eines Wanderschäfers, was besonders wichtig war, da einer unserer Gesprächspartner selber zu diesem Berufszweig gehörte. Diese Quelle weist eine lückenlose Belegung der dargestellten Fakten durch andere Quellen nach. Durch das angehängte Literaturverzeichnis wurden wir auf weitere, für uns auf den ersten Blick interessante Quellen aufmerksam, wie „Schafhaltung und Schäfer in Zentraleuropa bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts“ von Wolfgang Jacobeit, das wir im Verlauf unserer Recherchen über Fernleihe bei der örtlichen Bücherei bestellten. Dieses Buch ist das Werk über Schafhaltung schlechthin, da es alle nur erdenklichen Bereiche zum Thema Schaf behandelt. Für uns war diese Quelle jedoch weniger interessant, da das Thema vorwiegend auf überregionaler, oft auch auf internationaler Ebene („Zentraleuropa“) abgehandelt wurde und uns somit nur bedingt Informationen für unsere lokalausgerichteten Forschungen vermitteln konnte.
Eine weitere Quelle, die wir ebenfalls der Literaturliste von Reckforts „Wanderschäfer“ entnahmen, war die Frageliste Nummer 9 „Über Schäfer und Schafzucht.“ Diese Frageliste sahen wir bei der Volkskundlichen Kommission[5] in Münster ein, die diese Untersuchung in den 1950er Jahren zwecks „[Erkundigung] nach der Schafhaltung in früherer Zeit“[6] durchführte. Bei dieser Untersuchung wurden die Schäfer Westfalens mit einem Fragebogen angeschrieben, von denen 70 beantwortet zurückgeschickt wurden, „eine erstaunliche Resonanz“ (Reckfort). Bedauerlicherweise nahm kein Schäfer aus den Städten Lippstadt bzw. Erwitte teil, weshalb uns unser Besuch bei der Volkskundlichen Kommission keine wesentlich neuen Erkenntnisse verschaffte.
Beim Auswerten der Frageliste fielen uns regionale Differenzen auf, so wusste z.B. ein Schäfer aus dem Kreis Siegen von Schäferfesten zu berichten, während solche Feste im Paderborner Bereich nicht bekannt waren.
Auf eine Empfehlung des Erwitter Stadtarchivars richteten wir ein Schreiben an das Freilichtmuseum Detmold, um weiteres Material zu erhalten. Daraufhin erhielten wir den Verweis auf drei Quellen: – Gemmeke, Chronik der Westfälischen Schafzucht
- – Reckfort, Wanderschäfer
- – Landesverband Westfälischer Schafzüchter, Paderborn
Da wir alle drei Quellen schon benutzt bzw. besucht hatten, sahen wir uns darin bestätigt, die für unser Thema wichtigsten Quellen schon ausgewertet zu haben.
Aufgrund des geforderten lokalen Bezuges bemühten wir uns nun um Gesprächspartner aus der nahen Umgebung. Zuerst wandten wir uns an den bis dato einzigen uns bekannten Schafhalter, Franz Mintert aus Bad Westernkotten. Franz Mintert besitzt ca. 500 Mutterschafe, die er in zwei Herden aufgeteilt hat. Die eine Herde befindet sich das gesamte Jahr über im Naturschutzgebiet Pöppelsche und wird von einem angestellten Schäfer gehütet.
Die andere Herde (250 Muttertiere) weidet den Sommer über zusammen mit der Herde von Franz Schröer [I.1.] (s.u.) aus Eikeloh an den Elbdeichen in Drochtersen-Krautsand (siehe auch Gliederungspunkt 2.1.6.). Franz Mintert berichtete uns vor allem über die Schafhaltung an den Elbdeichen und über die wirtschaftliche Lage der Schafhaltung in der heutigen Zeit. Auf eine telefonische Anfrage bei der Landwirtschaftskammer Weser-Ems erhielten wir zusätzliche Informationen über die Deichschäferei.
Franz Mintert vermittelte uns weiterhin einen Termin bei dem ehemaligen Wanderschäfer Adolf Schröer [II.1.] aus Eikeloh, welcher der Vater des o.g. Franz Schröer ist. Der 82-jährige ehemalige Wanderschäfer, der schon im Alter von 18 Jahren seinem Vater half, die Herde zu hüten, zog 26 Jahre lang jährlich mit seiner Herde ins Rheinland. Von den Erlebnissen aus dieser Zeit berichtete er uns ausführlich und überließ uns einige Fotos von damals. Somit konnten wir F.W.A. Reckfort erneut verbessern, der in seinem Buch „Wanderschäfer“ die Behauptung aufstellt, dass es sich „bei dem [Titel-]Bild […] um eines der wenigen, wenn nicht gar das einzige Foto eines Wanderschäfers [handelt].“[7]
Jedoch konnte Adolf Schröer wenige konkrete Jahreszahlen nennen, er sprach nur von Zeiträumen (z.B. 26 Jahre Wanderschäfer). Beim Erzählen einer Anekdote aus dem Jahre 1939 (siehe Gliederungspunkt 2.1.4.) berichtete er uns von einem Artikel über diese Begebenheit, der im Heimatkalender der Stadt Moers 1941 veröffentlicht wurde. Auf unser Anschreiben sandte uns die Stadtverwaltung Moers freundlicherweise eine Kopie dieses Artikels zu (siehe Anhang).
Aufgrund der Tatsache, dass wir im Archiv der Stadt Erwitte wenig lokalgeschichtliches Material fanden, wandten wir uns an das Stadtarchiv in Lippstadt, da Westernkotten und Eikeloh bis zur kommunalen Neuordnung 1975 zum Altkreis Lippstadt gehörten. Leider gab es dort nur Akten, die erstens nicht unsere untersuchten Ortschaften (Eikeloh/Westernkotten) betrafen und zweitens überwiegend in schwer lesbarer, handgeschriebener Gotischer Schrift verfasst waren.
Da wir uns dazu entschieden hatten, unsere Untersuchung am Beispiel der traditionellen Schäferfamilie Schröer durchzuführen, benötigten wir genauere Informationen über den Stammbaum der Familie. So lag es nahe, einen weiteren Angehörigen der Familie Schröer zu befragen. Maria Schröer [II.8.] (Jahrgang 1924), Ehefrau des verstorbenen Josef Schröer [II.7.] vermittelte uns Verwandtschaftsbeziehungen innerhalb der Familie. Viele Geburts- und Sterbedaten der Vorfahren ihres Mannes nannte sie uns aus ihrem Gedächtnis (sogar aus dem 19. Jahrhundert), die wir im Nachhinein durch andere, schriftliche Quellen zum größten Teil bestätigt sahen. Josef Schröer war der letzte Schäfer der Familie Schröer aus Westernkotten. Er verkaufte seine Herde im Jahr 1980.
Kurz vor der Fertigstellung dieser Wettbewerbsarbeit erhielten wir von Maria Schröer (Mariannen[8]) [II.10.], einer entfernten Verwandten von Maria Schröer [II.8.], weitere Informationen über die jüngere Vergangenheit der Familie Schröer.
Durch die „Heimatblätter“[9] wurden wir auf die „Urliste der Gemeinde Westernkotten 1864,“ in der „sämtliche Civil-Einwohner zu Westernkotten“ aufgeführt sind, aufmerksam. In dieser, in den Heimatblättern auszugsweise veröffentlichten Liste, tauchte der Name Adolf Schröer [V.4.] als Hausstättenbesitzer mit der Berufsbezeichnung Schäfer auf. Des weiteren wurde im abgedruckten Artikel darauf verwiesen, dass sich im Stadtarchiv Erwitte das Originaldokument der Urliste befindet, in der außer den Namen der Hausstättenbesitzer weitere Angaben zu den Hausstätten gemacht werden. Bei einem erneuten Besuch des Erwitter Stadtarchivs mussten wir mit Bedauern feststellen, dass die Liste unauffindbar war. Eine Kopie der Urliste fand sich jedoch später glücklicherweise in der Schäferkämper Wassermühle, welche als Archiv des Heimatvereins Bad Westernkotten fungiert. Eine Kopie dieser Kopie konnten wir anschließend dem Erwitter Stadtarchiv zur Verfügung stellen. (Das Titelblatt der Urliste, auf der sich die Anleitung zur „Zählung von Haus zu Haus an Ort und Stelle“ befindet, wurde dem Anhang beigefügt.)
Im letztgenannten Archiv fanden sich einige Viehschatzregister von Westernkotten und Eikeloh. Bemerkenswert bei diesen Dokumenten war die Tatsache, dass in den Viehzählungen, die Mitte des 19. Jahrhunderts beinahe jährlich durchgeführt wurden, fast ausschließlich Pferde-, Rinder-, Schweine- und Gänsebeständen aufgelistet wurden, von Schafen allerdings kaum Einträge zu finden waren. Unsere Vermutung, dass es gesonderte Listen von Schafzählungen gibt, konnte nicht bestätigt werden, da solche Dokumente im Erwitter Stadtarchiv – laut Archivar Busch – nicht existieren.
Weiterhin konnten wir Einsicht in eine Hudestreitigkeitsakte aus dem Jahre 1844 nehmen, in der Adolph Schröer [V.4.] als einer der Beteiligten genannt wird. Erleichtert waren wir darüber, dass eine Transkription[10] der in Gotischer Schrift verfassten Akte vorlag. Auf diesen Prozess wird im Verlaufe des Gliederungspunktes 2.2. näher eingegangen. In diesen Punkt, der sich mit den Hudestreitigkeiten befasst, flossen ebenfalls unsere Auswertungen des „Rezess[es] über die Theilung der Weidegemeingründe zu Westernkotten“ ein, welcher uns im Stadtarchiv Erwitte zur Verfügung gestellt wurde. Probleme, die sich bei der Auswertung dieses Rezesses ergaben, waren zum einen die Gotische Schrift und zum anderen die schwer verständliche Juristensprache der damaligen Zeit. Mit den Hilfen von Archivar Hans-Peter Busch und unserem Tutor Wolfgang Marcus bei der Übersetzung dieser Quelle, waren wir die Ersten, die diese Akte – wenn auch nur bezüglich der Schäferei – auswerteten.
Durch einen Artikel der Lokaltageszeitung „Der Patriot“[11] wurden wir auf Heinrich Gersmeier (Jahrgang 1966), einen Schäfer aus Völlinghausen, aufmerksam. Dieser Schäfer sang anlässlich der jährlich stattfindenden Herbstkirmes traditionelle Schäferlieder. Vom Anfang unseres Gespräches an war der „singende Schäfer vom Hellweg“[12] sehr hilfsbereit, doch die Texte der Schäferlieder wollte er uns nicht preisgeben; „ein Schäfergeheimnis“ wie uns seine Mutter Johanna mitteilte.
Dieses Gespräch nahmen wir, wie alle anderen Zeitzeugenbefragungen, auf Tonband auf, fassten die Aussagen sinnvoll zusammen und ließen sie anschließend von den jeweiligen Gesprächspartnern autorisieren.
Bei der Autorisierung des Gesprächs mit Heinrich Gersmeier konnten wir ihm einen, in den Geseker Heimatblättern[13] gefundenen Liedertext eines Schäferliedes vorlegen, den er sogleich als eine Variante des von ihm gesungenen „Altdeutschen Schäferliedes“ erkannte. Nun war er bereit, uns seine Fassung des Liedes auszuhändigen. Außerdem teilte er uns den Text eines, von ihm und seinem Vater Heinrich (†) selbst gedichteten Schäferliedes mit. Diese beiden Lieder singt er zu besonderen Anlässen, wie z.B. Geburtstage, Jubiläen etc. Sein selbstgedichtetes Lied findet sich auf der nächsten Seite, das Altdeutsche Schäferlied auf Seite 53.
Der Gliederungspunkt 2.4. über die Schäferfamilie Schröer wurde erst kurz vor der Fertigstellung dieser Wettbewerbsarbeit mit aufgenommen, da unser Augenmerk zunächst gänzlich auf die Schafhaltung fixiert war. Da jedoch der Beweis erbracht werden sollte, dass die Familie Schröer tatsächlich eine traditionelle und damit eine weit in die Vergangenheit zurückreichende Schäferfamilie ist, war es notwendig, die Ursprünge der Schäferei in dieser Familie präzise zu datieren. Weiterhin interessierte uns, ob nur der älteste Sohn die Schäferei übernahm, oder ob zusätzlich weitere Geschwister Schäfer waren. Die Informationen, die uns Maria Schröer [II.8.] mitteilte, füllten zwar die jüngere Vergangenheit aus, halfen uns allerdings bei den eben genannten Problemen nur bedingt weiter. Deshalb wandten wir uns zunächst an das Standesamt der Stadt Erwitte, dessen Daten jedoch nur bis zum Jahr 1874 zurückreichen, denn in diesem Jahr wurde das Standesamt gegründet. Durch Informationen, die uns das Kirchenbucharchiv in Paderborn auf eine schriftliche Anfrage unsererseits mitteilte, konnten wir mit Sicherheit behaupten, dass die Schäferei in der Familie Schröer schon seit mindestens 1844 bestand. Außerdem konnte mit diesen Daten eine Querverbindung zu dem Stammbaum der Familie Marcus (Jan Marcus ist einer der Verfasser dieser Wettbewerbsarbeit) hergestellt werden.
Eine weitere Quelle, die wir für die Familienforschung nutzten, war die Internetseite der „Church of Jesus Christ of Latter-day Saints“[14] (Mormonen). Auf dieser Seite existiert die Möglichkeit, den Namen eines Verstorbenen einzugeben und die Datenbank nach Geburts-, Heirats- oder Sterbedaten dieser Person zu durchsuchen. Durch die gewonnenen Daten konnten wir dem Stammbaum der Familie Schröer noch einige weitere Personen hinzufügen. Das Problem dieser Internetseite besteht jedoch darin, dass von der jeweiligen Person immer nur ein Eintrag vorhanden ist, in dem auch nicht alle Informationen der Kirchenbücher – denn auf diese beziehen sich die Angaben – verwendet worden sind. Es fehlen z.B. jegliche Berufsbezeichnungen.
Für Verwirrung sorgte eine unmögliche Konstellation in der Ahnentafel der Familie Marcus: Laut dem vorliegenden Datenmaterial sollte Adolf Schröer [V.4.] im selben Jahr geboren sein, in dem er bereits ein Kind zeugte. Nicht nur wegen diesem augenscheinlichen Fehler, sondern auch um weiter in die Vergangenheit vorstoßen zu können, ergriffen wir die Möglichkeit, das Kirchenbucharchiv in Paderborn zu besuchen. Hier bot sich uns die tolle Gelegenheit, in den originalen Kirchenbüchern zu forschen, deren Eintragungen teilweise im 17. Jahrhundert beginnen. Der Wahrheitsgehalt dieser Quellen liegt bei nahezu einhundert Prozent, da eine völlige Objektivität gewahrt wird, weil in den Quellen nur Fakten genannt werden und keine persönlichen Meinungen der geistlichen Schreiber einfließen. Weitere Sicherheit gibt die Tatsache, dass es sich bei den vorliegenden Kirchenbüchern um Primärquellen handelt.
Foto vom Kirchenbucharchiv
Dieses Foto nahmen wir bei unseren Recherchen im Kirchenbucharchiv in Paderborn am 25.01.2001 auf. Abgebildet sind mehrere der kostbaren Kirchenbücher, deren Eintragungen mehrere Jahrhunderte zurückreichen. Auf dem Foto zu erkennen sind der dicke Ledereinband und aufwendige, im Laufe der Jahre abgenutzte Verzierungen des Einbandes.
2. Hauptteil
- 2.1. Schafhaltung im Wandel der Zeit
Dieser Gliederungspunkt ist der umfangreichste dieser Wettbewerbsarbeit. Er erstreckt sich über einen, für einen Schülerwettbewerb ungewöhnlich langen Zeitraum (11.000 Jahre), wobei jedoch zu beachten ist, dass die Texte an Umfang zunehmen, je mehr sich die Ereignisse der Gegenwart nähern. Dies ist dadurch bedingt, dass zu recherchierendes Material mit zunehmender Zeit in einer größeren Bandbreite vorhanden ist. Aber es ist dennoch sinnvoll, einen solch großen Zeitraum abzudecken, um darzustellen, dass das Schaf schon seit Jahrtausenden Bedeutung für den Menschen hat und dass die Schäferei bis in die Gegenwart fast unverändert ist.
Im folgenden seien die Beweggründe für eine Einteilung in die bewusst gewählten Zeitzonen dargestellt. Die untere Begrenzung des ersten Zeitabschnittes ist mit 9.000 v. Chr. festgelegt. Vorher existierten zwar Schafe, doch kann von einer bewussten Schafhaltung erst ab diesem Zeitpunkt gesprochen werden. Das Jahr 1500 n. Chr. wurde ausgewählt, da es zum einen allgemein als Beginn der Neuzeit bezeichnet wird und zum anderen die ersten Formen der
Schafzucht zu beobachten waren. In dem nun folgenden Zeitabschnitt tauchen – nach den bisherigen Recherchen – erstmals Angehörige der Familie Schröer auf. Die Einteilung wurde jedoch nicht nach Lebensdaten von Familienmitgliedern ausgewählt, sondern nach sinnvoll erscheinenden, für die Schafhaltung in Westfalen prägenden Ereignissen. Die Begrenzung 1864 wurde gewählt, da in diesem Jahr die Schafdichte in Westfalen, nach der „Chronik der Westfälischen Schafzucht“ von Gemmeke, ihren Höchststand erreichte. Allerdings erwähnte der selbe Autor in einer anderen Veröffentlichung[15] das Jahr 1867 als Spitzenjahr. Die Zahlen für die Kreise Westfalens, die Gemmeke in der „Chronik“ angibt und Zahlenmaterial von Westernkotten und Eikeloh, das einer Viehzählungstabelle entnommen wurde, sprechen jedoch eindeutig für das Jahr 1864.
Für die nun folgenden Begrenzungen wurden zwei einschneidende Ereignisse der jüngeren Menschheitsgeschichte gewählt, die auch für die Schafhaltung nicht ohne Bedeutung waren: Die beiden Weltkriege. Der letzte Gliederungspunkt hat ein offenes Ende, stellt die letzten 40 Jahre der Schafhaltung dar und gibt einen Ausblick in die Zukunft.
- 2.1.1. Von der Domestikation bis zur Neuzeit
(ca. 9.000 v. Chr. – ca. 1500 n.Chr. )
„Der Beruf des Schäfers ist wohl einer der ältesten, solange die Welt besteht und Menschen auf der Erde leben!“[16]
Die Ursprünge der Schafhaltung liegen nach heutigen Erkenntnissen im Gebiet des heutigen Iraks. Dort begann vor ca. 11.000 Jahren die Domestikation des Schafes.[17]
In der Folgezeit gehörten die Schafe zu den wichtigsten Fleischlieferanten. Dies ist auch an Knochenfunden von Tieren aus der damaligen Zeit erkennbar.
Die Struktur der für die Fleischversorgung gehaltenen Tierbestände sieht bis zum 12. Jahrhundert in Deutschland folgendermaßen aus:[18]
Diagramm
Dieses oben dargestellte Verhältnis lässt sich auch durch Ausgrabungsergebnisse in Soest aus der Karolingerzeit bestätigen: Das meiste Fleisch lieferte das Rind, gefolgt von Schwein und Schaf (5-20%[19] nach Knochengewicht).[20]
Das Schaf diente spätestens seit dem 11. Jahrhundert als Fleischtier.[21] Ab dem 14. Jahrhundert wurde erstmalig damit begonnen, das Schaf auf eine bestimmte Nutzung, vorwiegend auf Wolle, zu halten.[22]
Seit dem frühen Mittelalter hatte fast jedes Dorf ein Gemeingut, das auch als Gemeinheit, Allmende, Woldemei oder Mark bezeichnet wird. Dies waren Flächen, die den Dorfbewohnern entsprechend der Größe ihres Besitzes gehörten und die meist ungeeignet für Ackerbau waren.[23] Auf diesen Gemeinheiten weideten oft Schafe unter der Obhut eines Dorfschäfers.
Die Aufgaben eines Dorfschäfers erläutert der Wanderschäfer Peter Kuhlmann aus Westhemmerde in Reckforts „Wanderschäfer“ wie folgt:
„Im Frühjahr, vor dem Austrieb auf die Sommerweide, kennzeichneten die Schafbesitzer des Dorfes ihre Tiere mit speziellen Hausmarken. […] Der Dorfschäfer stellte dann die Herde zusammen und betreute sie das ganze Jahr über. Nach der Sommerweide, wenn die ersten Schneefälle mit Futtermangel eintraten, wenn kein Hüten mehr möglich war, wurden die Schafe wieder auf die Stallungen ihrer jeweiligen Besitzer aufgeteilt. Dort blieben sie dann bis zum nächsten Austrieb im kommenden Frühjahr.
Der Dorfschäfer lebte davon, dass er, je nach der Stückzahl der Tiere verschieden lange, von einem Schafbesitzer zum anderen ging und dort mit seinem Hund Kost und Logis fand. In der Stallzeit oblag dem Dorfschäfer die Betreuung der Schafe in den verschiedenen Ställen. Er führte Pflegemaßnahmen durch […] oder half beim Lammen der Schafe. […]
Außer Kost und Logis bekam der Dorfschäfer noch einen Lohn in Bargeld. […] Der Lohn musste von den Schafbesitzern anteilsmäßig nach der Stückzahl ihrer Schafe aufgebracht werden.“[24]
Häufig hatten die Dorfschäfer eigene Schafe bei der Herde, welche den Winter über in den Ställen der beteiligten Schafhalter untergebracht waren. Vom Mittelalter an bis zur Hudeteilung zu Beginn des 19. Jahrhunderts (siehe auch Punkt 2.2.), war die Dorfschäferei die verbreiteteste Form der Schafhaltung.[25] Meist galt es als ein Zeichen für gehobenen Besitzstand, mit eigenen Schafen an der gemeinschaftlichen Schafhaltung teilzunehmen. Die Viehhaltung auf den Gemeinheiten war jedoch nicht nur auf Schafe begrenzt, es wurden dort auch Rinder und Schweine gehütet.[26]
Das Vieh des Dorfes Westernkotten wurde auf den Gemeinheiten, vor allem im „Bruch“, gehütet.[27] Das Bruch, heute Muckenbruch genannt, ist ein morastiges Waldgebiet. Da es sich in solchen Gebieten schlecht Schafe hüten lässt, vermuten die beiden Verfasser, dass dort weniger Schafe, sondern eher Schweine gehütet wurden, die sich diesen Gegebenheiten besser anpassen können.
- 2.1.2. Von den Anfängen der Schafzucht bis zur größten Schafdichte (ca. 1500 – 1864)
„Schafe und Unterthanen können viel vertragen ohne zu mucken.“[28]
Das Schaf des 16. Jahrhunderts war recht anspruchslos, die damaligen Weiden waren für
heutige Begriffe „Hungerweiden.“[29] In diesem Jahrhundert wurde erstmals versucht eine Gleichmäßigkeit in die Herde zu bekommen, das heißt, einen einheitlichen Körperbau und eine einheitliche Farbe zu erhalten. Dazu war es notwendig, bestimmte Böcke auszuwählen, die die gewünschten Merkmale aufwiesen und diese mit den weiblichen Tieren zu kreuzen.[30]
Zu diesem Zeitpunkt kann man zum ersten Mal von Schafzucht sprechen. In den folgenden Jahren und Jahrhunderten wurde die Schafzucht stets verfeinert, so dass im 18. Jahrhundert von speziellen Schaftypen mit unterschiedlichen Eigenschaften, wie z.B. „Westfälisches“, „Friesisches“ oder „Mecklenburger“ Schaf gesprochen werden konnte.[31]
Die Zeiten des 30jährigen Krieges (1618-1648) waren für die westfälische Landbevölkerung beschwerlich und entbehrungsreich. Durch die vielen Abgaben an die Truppen der verschiedenen Kriegsparteien und die Plünderungen (u.a. durch Truppen Christians von Braunschweig[32]) verloren die Bewohner Westernkottens und Eikelohs einen Großteil ihres Viehbestandes.[33] So ist es auch zu erklären, dass in Eikeloh, im Jahr 1640 nur 20 Schafe vorhanden waren.[34] Die Pest, die in Westernkotten im Jahr 1635 über 600 Personen dahinraffte[35], tat ihr übriges um Mensch und Vieh weiter zu dezimieren.
Die o.g. Zuchtbestrebungen wurden durch den 30jährigen Krieg zunichte gemacht, da die reinrassigen Zuchtböcke wieder mit anderen Rassen vermengt wurden. Die Schäden des 30jährigen Krieges waren so erheblich, dass die deutsche Schafhaltung im 17. und Anfang des 18. Jahrhunderts ungefähr dem Zustand des frühen 16. Jahrhunderts entsprach.[36]
Während des Siebenjährigen Krieges (1756-1763) musste die Landbevölkerung erneut Tribut in Form von Geld und Gütern zahlen. Diese Entwicklung lässt sich auch an den Schafzahlen der Gemeinde Westernkotten erkennen: So gab es 1760 nur 460 Schafe, wohingegen im Jahr 1773 fast dreimal so viele Schafe, nämlich 1108, gezählt wurden.[37]
Nach Gemmeke wurden die drei Nutzungsarten (Wolle, Fleisch, Dünger) des Schafes bis ca. 1800 etwa gleichmäßig genutzt.
In den Jahren um diese Jahrhundertwende konnten sich die Schafhalter wieder vermehrt der Züchtung widmen. Da in dieser Zeit die Nachfrage nach feinen Tuchen stieg, richtete sich das Augenmerk der Schafhalter zusehends auf die Wolle. Da die Wolle der heimischen Schafrassen zu grob war, wurden im Jahr 1765 erstmals Merinoschafe[38] aus Spanien nach Deutschland importiert.
In Westfalen hielten die ersten Merinoschafe im Jahr 1815, also nach der Vertreibung Napoleons, Einzug. In den Folgejahren stieg die Zahl der Merinos stetig an und erreichte im Jahr 1864 mit 10,70 Prozent einen Höchststand des prozentualen Anteils am gesamten Schafbestand in Westfalen.[39] Im Gegensatz zu Westfalen, gab es in „Altpreußen“ im Jahr 1861 mit 6,55 Millionen fast doppelt so viele Merinoschafe wie Landschafe.[40]
In Eikeloh und Westernkotten wurde 1867 nicht einmal annähernd der Spitzenprozentsatz von Westfalen (10,70 %) erreicht. Aus einer Viehzählung vom 3.Dezember 1867 geht hervor, dass es in Eikeloh kein einziges Merinoschaf gab, in Westernkotten waren lediglich drei von 1276 Schafen Merinos,[41] das macht einen Anteil von 0,235 Prozent aus.
In den 1820er und 30er Jahren erfolgte in Westfalen die Aufteilung der in Gliederungspunkt 2.1.1. angesprochenen Gemeinheiten und die damit verbundene Ablösung der Hudegerechtsame. Bei der Vorgehensweise dieser Aufteilung gab es regionale Unterschiede. So wurde in Soest die Hude meistbietend versteigert. In Elsen, einem Stadtteil von Paderborn, wurde die Hude von den Genossenschaftsmitgliedern an den Staat verkauft. Die Weideflächen, die jetzt als Exerzierplatz dienten, konnten dennoch von den Schäfern und ihren Herden genutzt werden.[42]
In Eikeloh sah die Aufteilung wiederum etwas anders aus, hier wurde nach dem Verhältnis der Viehzahl das Land vergeben. Dabei erhielt die Gemeinde 91 Morgen, 170 Quadrat-Ruten, 42 Quadrat-Fuß[43] und die Schäfereiberechtigten bekamen 75 Morgen, 97 Quadrat-Ruten und 88 Quadrat-Fuß zugesprochen. Bis zum Jahr 1866 ließen die Schäfereiberechtigten ihre Schafe gemeinsam auf der ihnen zugesprochenen Fläche weiden. Am 12.12. desselben Jahres teilten die vier Schäfereiberechtigten die Weideplätze in einer gerichtlichen Auseinandersetzung verhältnismäßig untereinander auf. Diese vier Schäfereiberechtigten waren Springmeier (mit zwei Herden wurden ihm 24 Morgen zugesprochen), Kersting (eine Herde; 17 Morgen), Böckeler (eine Herde; zehn Morgen) und Adam Rieke (zwei Herden; 24 Morgen).[44] Für die Nachfahren des letztgenannten Adam Rieke hütete Franz Schröer [III.4.] im Zeitraum von 1897-1947 eine Schafherde.[45] In Westernkotten erfolgte die Aufteilung der Hudegerechtsame erst viel später, siehe dazu Gliederungspunkt 2.2.
Wie viele Schafe es zu der damaligen Zeit gab, zeigt der Vergleich der Schaf- und Rindviehzahlen, denn bis zum Jahr 1843 gab es in Westfalen noch mehr Schafe (509.144) als Rinder (507.765).[46] In Gesamtdeutschland übersteigt der Rindviehbestand den Bestand der Schafe erst in den 1880er Jahren.[47]
Trotz dem, dass es in Westfalen mehr Rinder als Schafe gab, erreichte der Schafbestand in Westfalen im Jahr 1864 seinen Zenit mit 558.480 Tieren[48], ebenso in Deutschland (29,7 Millionen)[49], wie auch Kreis Lippstadt (40.038)[50] zu dem Westernkotten (1360) und Eikeloh (1190)[51] zur damaligen Zeit gehörten.
Bemerkenswert ist, dass der Wollpreis zum Zeitpunkt des größten Schafbestandes schon seit Jahren sank. Der Wollpreis erreichte sein Maximum in den 1830er Jahren, deshalb wurde im Jahr 1834 der Wollmarkt in Paderborn genehmigt.[52] In den folgenden Jahren und Jahrzehnten wurde Paderborn Anlaufstelle u.a. der Schäfer aus Eikeloh und Westernkotten.
„Früher haben wir die Wolle immer nach Paderborn gebracht. Damals kostete die Wolle ja auch noch etwas, heute kann man sie fast wegwerfen.“ (Adolf Schröer)
- 2.1.3. Der deutliche Rückgang des Schafbestandes bis zum ersten Weltkrieg (1865 – 1914)
„Wer den Schäfern den Lohn schmälert, der kürzt den Schafen die Wolle!“[53]
Von 1865 an begann ein stetiger Rückgang des Schafbestandes in Deutschland. Dieselbe Veränderung der Schafzahlen war auch in Westfalen feststellbar. Diese Rezession hatte mehrere Gründe. Die Bedeutung von Schaffleisch als Nahrungsmittel verringerte sich. So machte im Jahr 1872 der Anteil von Schaffleisch am Gesamtverbrauch von Fleisch in Deutschland dreizehn Prozent aus. Im Jahr 1913 jedoch machte der Anteil des Schaffleisches nur noch zwei Prozent aus.[54]
Durch das starke Bevölkerungswachstum zu der damaligen Zeit entstanden Engpässe in der Nahrungsmittelversorgung, die durch einen vermehrten Getreideanbau kompensiert wurden.
Der massive Getreideanbau führte dazu, dass die Weideflächen für Schafe verringert wurden.[55] Hinzu kam der vermehrte Einsatz von Mineraldünger, der den Schafpirk mehr und mehr in den Hintergrund drängte.
Auch die Industrialisierung machte sich in der Schafhaltung bemerkbar, da viele Schäfer aufgrund der besseren sozialen Absicherungen in den industriellen Sektor wechselten. Infolge dessen wurden minderqualifizierte Schäfer zum Hüten eingesetzt, was letztendlich dem Ruf der Schäfer schadete, da viele Schafe unter den ungelernten Händen starben.
Bedingt durch die Erfindung der Dampfmaschine im Zuge der industriellen Revolution konnte eine extreme Verbesserung im Schiffsbau erzielt werden: Anstatt der langsamen hölzernen Segelschiffe wurden nun schnellere eiserne Dampfschiffe eingesetzt. Diese ermöglichten einen billigen Import von Wolle aus Übersee (hauptsächlich Australien). Hier sind einige Beispiele, die dies belegen: So wurden im Jahr 1807 von Australien 2,5 Zentner Schafwolle exportiert. Im Jahr 1867 betrug der Wollexport 1.237.923 Zentner. In Amerika weideten 1856 128.315 Schafe. 18 Jahre später, im Jahr 1874, war der Schafbestand der USA auf 45 Millionen angewachsen.[56]
Diesem Preiskampf konnte das Deutsche Reich im Endeffekt nicht entgegenwirken; der deutsche Wollmarkt wurde von Überseeprodukten überschwemmt. Deshalb wendete sich das Hauptaugenmerk der Schäfer von der Wolle zum Fleisch.
Folgendes Diagramm veranschaulicht noch einmal, warum diese Entscheidung sinnvoll war:
Fleisch-Wolle-Diagramm
Alle Zahlen wurden aus Gemmeke: Chronik der Westfälischen Schafzucht (S.50) entnommen.
Ursprünglich stammen diese Daten aus Doehner: Handbuch der Schafzucht und Schafhaltung, Berlin 1939.
Es ist deutlich erkennbar, dass ein Umschwung von der Woll- zur Fleischschafhaltung unumgänglich war, denn der Hammelpreis verdoppelte sich, während sich der Wollpreis fast um die Hälfte verringerte.
Der Unterschied zwischen qualitativ hochwertiger und minderwertiger Schafwolle verringerte sich drastisch durch den Einsatz neuer Maschinen, die es ermöglichten, auch grobe Wolle zu guter Qualität zu verarbeiten: So musste man am Berliner Markt im Zeitraum von 1826 bis 1830 für „extrafeine Wolle“ das dreifache des Preises für „ordinäre Wolle“ bezahlen, 1871 bis 1875 betrug der Unterschied zwischen den beiden Wollkategorien lediglich 25%.[57]
Aber die Industrialisierung hatte nicht nur negative Auswirkungen auf die Schafhaltung. So konnte im Zeitraum von 1850 bis zum I. Weltkrieg durch effektive Züchtung eine Verdoppelung der Wollmenge pro Schaf erzielt werden.[58] Des weiteren konnte eine stetige Verkürzung der Zeit bis zum erreichen des endgültigen Schlachtgewichtes herbeigeführt werden.[59]
Wie wenig Bedeutung die Schafzucht für das Deutsche Reich hatte, belegen folgende Zahlen aus dem Jahr 1905: Während die Pferdezucht mit 109024,24 Mark und die Rindviehzucht mit 45364,39 Mark subventioniert wurden, entfielen auf die Schafzucht lediglich 7228,83 Mark.[60]
Schafbestand in Westfalen (1864-1914)
Die Zahlen des Schafbestandes in Westfalen von 1864, 1900 und 1914 stammen aus Gemmeke, Chronik der Westfälischen Schafzucht. Die Zahlen der anderen Jahre stammen aus Albers, Helene, Die stille Revolution auf dem Lande – 1899 bis 1999, Landwirtschaftsverlag GmbH Münster, 1999, Landwirtschaftskammer Westfalen – Lippe (Hrsg.)
Der Rückgang der Schafzahlen in Westfalen ab ca. 1865 machte sich auch in Westernkotten bemerkbar. Ab dem Jahr 1864 (1360 Schafe)[61] ging der Schafbestand nach den vorhandenen Daten[62] bis 1913 (374 Tiere)[63] stetig zurück. Auch die Zahl der Schäfer wird während dieser Zeit dementsprechend gesunken sein. Waren es im Jahr 1864 noch neun Schäfer in Westernkotten (Adolf Schröer [V.4.], Franz Feldewert, Franz Schwarzenberg, Kasper Mintert, Wilhelm Mintert, Kasper Hollenbeck, Josef Göbel, Anton Schnieders[64], Josef Vonnahme [V.1.])[65] und im Jahr 1882 ebenfalls noch neun Schäfer (Mintert, Göbel, Hollenbeck-Bals, Hollenbeck-Coers, Kaiser, Pieper, Schwarzenberg, Schröer-Schäperhahn, Mönnig)[66] können im Jahr 1893 bei nur noch 446 Schafen deutlich weniger Schäfer ihren Beruf ausgeübt haben.
Karte von de Schäferkamp
Auf dieser Karte[67] im Maßstab 1: 10.000 sind die Wohnstätten aller neun Schäfer Westernkottens aus dem Jahr 1864 eingezeichnet. Deutlich erkennbar ist die hohe Anzahl von Schäfern auf dem sogenannten „Schäferkamp.“ Schäferkamp ist die noch heute geläufige Bezeichnung für einen Teil Westernkottens. Die Schäfer sind im Einzelnen: ¬Schröer; Feldewert; ®Schwarzenberg; ¯Mintert, Kasper; °Mintert, Wilhelm; ±Hollenbeck; ²Göbel; ³Schnieders; ´Vonnahme
In der oberen rechten Ecke befindet sich das Erholungsgebiet Muckenbruch, das früher eine Gemeinheitsfläche Westernkottens war.
- 2.1.4. Schafhaltung in und zwischen den Weltkriegen (1914 – 1945)
„Auch die Schafe empfinden`s, wenn der Schäfer ein böses Jahr hat.“[68]
Schafbestand-Diagramm
(1914-1948)
Die Zahlen wurden zum einen der „Chronik der Westfälischen Schafzucht“ von Dr. Franz Gemmeke (1914, 1923, 1927, 1948) entnommen und zum anderen der „stillen Revolution auf dem Lande“ von Helene Albers
Während des Ersten Weltkrieges und den nachfolgenden Jahren waren die Schafzahlen gestiegen. Dieses Phänomen ist typisch für Kriegszeiten der damaligen Zeit. Das liegt hauptsächlich daran, dass aufgrund der herrschenden Armut ein Großteil der Bevölkerung einige Schafe hielt, da das Schaf mit wenig Arbeitsaufwand verhältnismäßig hohe Gewinn einbrachte. Des weiteren wurde die Schafwolle im Ersten Weltkrieg für Uniformen des Militärs verwendet.[69]
Nach Beendigung dieses Krieges wurde im Jahr 1918 die Bezeichnung „Englische Schwarzköpfe“[70] verboten und in „Deutsches schwarzköpfiges Schaf“ umbenannt.[71] Es gibt zwei Möglichkeiten für diese Namensänderung. Zum einen könnten die Engländer die Bezeichnung „Englisches Schwarzkopf“ als Beleidigung empfunden haben. Zum anderen könnte es sein, dass sich die Deutschen zu dieser Maßnahme entschlossen haben, da sie sonst so oft an ihre Kriegsniederlage erinnert worden wären. Die letztgenannte Möglichkeit erscheint den Verfassern als sinnvoller.
Die Schafzahlen in Westfalen normalisierten sich nach dem rapiden Anstieg in den Kriegs- und Nachkriegsjahren und gingen bis 1927 stetig zurück. In den Folgejahren pendelte sich der Schafbestand bei ca. 80.000 Tieren ein (siehe Diagramm).
Aufgrund des Bevölkerungswachstums und den damit verbundenen technischen Neuerungen im Bereich der Landwirtschaft fielen, wie im Gliederungspunkt 2.1.3. erwähnt, viele Weideflächen weg. Deshalb waren die Schäfer gezwungen, neue Weideplätze zu suchen. Viele Schäfer aus Westfalen zogen daher ins Rheinland oder an den Main, wo es auch im Winter genügend Weideflächen gab. Diese Schäfer, die den Sommer über in der hiesigen Gegend weideten und sich im Spätherbst auf den langen Weg in futterreiche Gebiete begaben, werden Wanderschäfer genannt.
Unser Gesprächspartner Adolf Schröer [II.1.] aus Eikeloh (geboren 1918) war einer dieser Wanderschäfer. Er erzählt:
„Wenn das Futter hier zur Neige ging, sind wir im November ins Rheinland gezogen, da es dort tausende Morgen Wiesen gab. Ich zog immer mit einem Schäfer aus dem Nachbardorf, drei Hunden, die wir auch selber ausgebildet hatten und ca. 700 Mutterschafen. Bis auf das Jahr 1939 [siehe unten] zogen wir immer die selbe Strecke, die wir vorher beim Kreistierarzt genehmigen lassen mussten: Sie führte über Soest, an Werl vorbei, dann auf Unna zu, bis wir bei Lünen auf den Lippeseitenkanal stießen. Diesen zogen wir dann entlang bis nach Wesel, so dass wir mit dem Verkehr keine Last hatten. Bei Wesel ging es dann über die [Rhein-]Brücke und anschließend zogen wir linksrheinisch bis nach Krefeld weiter, wo es immer viel Gemüse gab. (s. S. 22)
Während der Walz zogen wir jeden Tag zwischen zwei und zehn Kilometern, je nachdem, wie gut das Futter war. So dauerte es ungefähr vier Wochen, bis wir wirklich im Rheinland ankamen. Unterwegs kam es vor, dass wir ein Schaf schlachten mussten; dann haben wir einen Teil des Fleisches verkauft und den Rest selber gegessen. In einigen Jahren hatten wir fast gar keine Verluste und in manchen verloren wir sehr viele Schafe, das war immer unterschiedlich. Mit dem Verkehr hatten wir allerdings kaum Probleme, weil wir meistens über Seitenstraßen und Feldwege gezogen sind. Ansonsten mussten die Autofahrer Rücksicht nehmen und teilweise auch warten.
Weil wir zu zweit waren, konnte abends einer bei den Schafen bleiben, während der andere ein Quartier für die Nacht suchte. Mein erstes Jahr als Wanderschäfer war das schlimmste, danach wussten wir immer, wo wir bleiben konnten. Es ist allerdings niemals vorgekommen, dass wir im Freien übernachten mussten, was vor allem daran lag, dass die Bauern uns brauchten und wir die Bauern: Die Schafe lieferten den Dung und trampelten die Misten der Bauern platt, dafür bekamen wir Essen und Unterkunft für die Nacht. Oftmals kamen die Bauern auch während des Hütens auf uns zu und fragten, ob wir nicht bei ihnen bleiben wollten. Es kam jedoch auch vor, dass uns Bauern nicht auf ihren Feldern haben wollten und uns manchmal sogar mit einer Mistforke vertrieben. Wir konnten ja auch nicht immer fragen, wem das Feld gehört, wir haben einfach drauf los gehütet. Aber auch unter den Schäfern gab es Streitigkeiten um die Weideplätze, die haben sich manchmal geprügelt wie die Deubel. Doch spätestens zum nächsten Schäferball war man sich wieder eins.
Den halben März mussten wir im Rheinland unseren Rückweg antreten, da die Bauern zu dem Zeitpunkt mit der Saat begannen. Der Weg führte uns von Wesel aus über Borken nach Dülmen, wo wir etwas länger bleiben konnten, weil es hier viele Weiden gab, denn je später wir nach Hause kamen, um so besser war es für uns; wir mussten weniger Eigenfutter verfüttern. Von Dülmen aus zogen wir Ende April weiter nach Lünen. Weiter ging es über Unna und Soest bis nach Eikeloh. Heimweh? Heimweh kannte ich nicht: Wenn ich drei Tage unterwegs war, hatte ich das Zuhause vergessen.
Im Sommer waren die Schafe dann hier in der Pöppelsche. Morgens zog ich dann zwischen zehn und elf Uhr los und abends gegen sieben Uhr war ich wieder zu Hause. Meistens habe ich zu Hause geschlafen, obwohl ich den Schäferkarren dabei hatte.“
Die auf der nachfolgenden Seite abgebildeten Fotos wurden von Adolf Schröer [II.1.] zur Verfügung gestellt und per Farbkopierer vergrößert. Die beiden oberen Fotografien zeigen Adolf Schröer auf Wanderschaft im Rheinland, leider konnte er keine Angaben zum Jahr der Aufnahme machen. Diese Abbildungen erhielt Adolf Schröer von Personen, die ihm auf seiner Wanderschaft begegneten, im Nachhinein zugestellt. Auf dem oberen Bild steht er rechts, zusammen mit einem Schäferkollegen, vor der Herde. Darunter stützt sich Adolf Schröer (links) auf einen „Krückmann“ (siehe Gliederungspunkt 2.3.). Weiterhin kann man die traditionelle Schäferkleidung mit Gamaschen, Pelerine und Hut erkennen. Unten auf der Seite sieht man drei Männer beim Waschen der Schafe in der Pöppelsche. Adolf Schröer befindet sich links. Die Männer, die sich ins eiskalte Wasser begeben mussten, tranken zur Erwärmung Branntwein.
Karte von Schröers Wanderweg
Dieser Kartenausschnitt wurde dem Westermann Weltatlas[72], S.II, entnommen. Sie zeigt den üblichen Wanderweg Adolf Schröers [II.1.], den er als Wanderschäfer jeden Winter benutzte. Der Weg ist farbig markiert (Hinweg grün; Rückweg rot) und nach den Schilderungen Adolf Schröers vom 05.09.2000 eingezeichnet. Das eingekreiste Kreuz südlich von Lippstadt bezeichnet das Dorf Eikeloh, in dem Adolf Schröer wohnt.
Auf die Nachfrage, welchen Weg Adolf Schröer 1939 gezogen sei, erzählte er:
„Den Herbst `39 vergesse ich mein Leben lang nicht. Da sind wir auch von hier losgezogen. Aber nicht den Lippeseitenkanal, sondern ab Datteln den Rhein-Herne-Kanal entlang. Anfang Dezember kamen wir in Duisburg an und sind dort über die Brücke gegangen. Hier gab es ein paar tausend Morgen Wiesen am Rhein. Auf der einen Seite lag der Rhein, auf der anderen der Damm. Unser Quartier lag direkt an der Brücke.
Den anderen Morgen wollten wir nach den Schafen, konnten aber nicht. Der Rhein war über Nacht über die Ufer getreten. Am Damm war eine etwas tiefere Stelle, sieben bis acht Meter breit, da waren die Schafe auf einer Insel eingeschlossen.
Jetzt war ja ´39 der Polenkrieg zu Ende und überall war Einquartierung der Soldaten, an die wir uns wandten. Die Soldaten forderten eine Kompanie aus Köln an, die um drei Uhr nachmittags vor Ort war. Um diese Zeit war das Wasser schon hundert Meter breit. Die kölner Kompanie brachte acht Schlauchboote und einen Kahn mit. Dann bin ich mit einem Hund und zehn Soldaten auf die Insel rübergefahren, weil die Schafe auch noch eingefangen werden mussten. In ein Schlauchboot passten acht Schafe, in den Kahn fünfzehn. In 5 ¼ Stunden waren sie alle wieder drüben. Den anderen Morgen waren die ganzen Wiesen unter Wasser. Man konnte keinen Wiesenpfosten mehr sehen. Nur die Kopfweiden guckten noch aus dem Wasser. Da haben wir Glück gehabt, die ganze Herde wäre weg gewesen. An der Aktion, die auch im Heimatkalender der Stadt Moers erzählt wurde, waren zwei Kompanien beteiligt, für jede mussten wir einen Hammel spendieren. Aber auch wenn sie zehn genommen hätten, hätten wir noch etwas verdient.
Wenn ich daran denke, läuft mir heute noch ein Schauer über den Rücken, denn für den Verlust der Herde wäre niemand aufgekommen.“
Der Artikel aus dem Heimatkalender der Stadt Moers des Jahres 1941, der den beiden Verfassern dieser Arbeit freundlicherweise von der Stadtverwaltung Moers zugesandt wurde, findet sich im Anhang dieses Wettbewerbsbeitrages. Der Autor dieses Berichtes versteht es, aus dieser Hilfsaktion der Soldaten den „Endsieg“ (Zeile 68) zu proklamieren. Doch dies ist nicht die einzige nazipropagandistische Textstelle in diesem Bericht, gleich zweimal wird von der Verbundenheit (Zeile 1) bzw. der Einheit (Zeile 67) von „Wehrmacht und Heimat“ geschwärmt. Weiterhin verwendet der Textverfasser den Einsatz der Soldaten, um die Wehrmacht in den höchsten Tönen zu loben (z.B. „brave Soldaten“ in Zeile 4).
Eine Differenz zwischen der Zeitzeugenaussage Adolf Schröers und dem Bericht des Heimatkalenders der Stadt Moers wird deutlich. Adolf Schröer datiert den Vorfall auf das Jahr 1939, während der Berichterstatter das „Kriegsjahr 1940″ (Zeile 3) als Zeitpunkt des Geschehens angibt. Dies ist vermutlich dadurch zu erklären, dass Adolf Schröer im Herbst des Jahres 1939 von zu Hause losgezogen ist, so dass das Ereignis erst nach dem Jahreswechsel stattgefunden haben könnte.
Am 11. Juni 1922 erfolgte die Gründung einer Abteilung für Schafzucht bei der Landwirtschaftskammer in der Provinz Westfalen. Diese Abteilung besteht noch heute, aktueller Vorsitzender ist von uns kontaktierte Dr. Ernst Brüggemann. Die Funktion dieser Landwirtschaftskammer beschreibt Franz Mintert:
„Die Landwirtschaftskammer ist wie eine Gewerkschaft ist: Sie betreut und berät die Schäfer, zum Beispiel bei Versicherungs- und Gesundheitsfragen.“
Im April des Jahres 1932 wurde der „Reichsverband Deutscher Schafzüchter“ gegründet. Dieser Verband bestand aus den einzelnen Landesverbänden, in denen die Schafhalter organisiert waren. Jeder Schafbesitzer mussten einen Teil des Erlöses aus dem Wollverkauf sowohl an den Reichsverband als auch an den jeweiligen Landesverband abtreten. Mit diesen Geldern konnten die Verbände Darlehen für den Ankauf von Schafen gewähren. Für die Betreuung der Schafhalter auf kreislicher Ebene wurden vom Verband sogenannte Kreisfachwarte eingesetzt, die ihre Arbeit jedoch ehrenamtlich verrichteten.[73]
Nach Hitlers Wahlsieg 1933 wurden bestehende Wollgesellschaften zu der „Reichswollverwertung“ zusammengefasst. Von diesem Zeitpunkt an wurde es den Schafhaltern zur Pflicht gemacht, einen gewissen Prozentsatz an die „Reichswollverwertung“ als Mitgliedsbeitrag abzugeben. Somit waren sie automatisch Mitglieder dieser Vereinigung.
Neben der Einrichtung einiger anderer Wolllagerhallen, wurde auch in Paderborn eine solche mit Anbindung an den Schienenverkehr errichtet. Beim Luftangriff auf Paderborn am 27. März 1945 wurde diese Wollhalle zerstört.
Während des Naziregimes gewann auch die Milchschafzucht an Bedeutung, was sich darin äußerte, dass sich in Westfalen 1936 eine Abteilung für Milchschafzucht im Landesverband bildete.
Über die Situation während des zweiten Weltkrieges berichtet der Schäfer Hense in Reckforts „Wanderschäfer“ (S. 77) wie folgt:
„Im Krieg hatte der Schäfer „Freies Hüten.“ Eigentlich galt diese Verordnung schon bald nach der Machtübernahme Hitlers. Es ging eben darum, absolutes Schaffutter unbedingt zu verwenden. Dieses geschah unter dem Begriff „Kampf dem Verderb.“ Wenn ein Bauer mal mit dem Hüten des Schäfers auf seinem Grund nicht einverstanden war, fragte er den Hütenden nach dem Namen des Besitzers der Herde. Er wollte sich dann bei diesem beschweren und ein Schaden geltend machen. Der clevere Schäfer brauchte dann nur zu antworten: „Diese Herde gehört unserem Führer Adolf Hitler,“ somit war die Sache erledigt und wurde vom Bauern nicht weiter verfolgt.“
Allerdings hatte der Krieg auch für die Schäfer viele negative Seiten. So wurden beispielsweise mit Fortschreiten des Krieges immer mehr Schäfer eingezogen. Infolge dessen wurde das Hüten der Schafe den älteren Schäfern überlassen. Adolf Schröer [II.1.] erinnert sich:
„Ich bin `43 im Herbst eingezogen worden. Zu diesem Zeitpunkt zogen wir gerade los. Als der Stellungsbefehl kam, waren wir aber schon in Westernkotten. Meine Schwester kam noch hinterher gefahren und sagte: „Du hast gerade einen Stellungsbefehl bekommen, zieht aber erst einmal weg.“ Unsere haben dann angegeben, sie könnten mich nicht erreichen, ich wäre mit der Herde unterwegs.
Wie wir in Wesel ankamen, da haben sie Druck dahinter gemacht: Sie mussten meine Adresse haben, sonst hätten sie es Fahnenflucht genannt.
Zu der Zeit waren wir bei einem Bauern, der Verbindungsoffizier vom Bezirkskommando Werl war, der konnte gar nicht begreifen, dass ich noch kein Soldat war. Das ich einen Stellungsbefehl hatte, habe ich ihm gar nicht erst erzählt. Dann habe ich meine Schafe in Wesel verkauft, bis auf hundert Stück, die mein Kollege, der schon älter war, den Winter über hütete. Im Krieg wurde ich am Arm verwundet, ein Durchschuss.“
Ebenso wie der Erste Weltkrieg war auch der Zweite Weltkrieg von Hunger und Not in der Bevölkerung geprägt, so dass die Schafzahlen anstiegen (siehe Diagramm) und das Schaf aufgrund der erzielbaren Preise ein begehrtes Schwarzmarktobjekt darstellte.
„Im Krieg, da hatte bald jeder ein Schaf. Wir hatten auch ein Schaf nur um der Wolle wegen, später wurde es geschlachtet.“ (Maria Schröer)
„Dat Schap het ´n´n güllenen Faut,
wo et hentret, da wörd et gaud.“[74]
„Das Schaf hat einen goldenen Fuß, wo es hintritt, da wird es gut.“
Dieser Spruch war im 19. Jahrhundert sehr gebräuchlich. Er drückt aus, dass alles, was am Schaf ist oder davon kommt für den Menschen nützlich ist: Es wurden Fleisch, Wolle, Milch, Därme (zu Saiten) und Dünger verwendet. In der heutigen Zeit ist dieser Spruch auch auf die Deichschäferei (siehe Gliederungspunkt 2.1.6.) zu beziehen. Hier festigt das Schaf mit seinem „goldenen Fuß“-Tritt die Deiche.
- 2.1.5. Schafhaltung während Wiederaufbau und Wirtschaftswunder
(1945 – ca. 1965)
Das starke Absinken der Schafzahlen in der Nachkriegszeit hatte zwei, durch das Kriegsende hervorgerufene Faktoren. Zum einen sanken die Zahlen, wie auch nach dem ersten Weltkrieg, da viele Leute die Schafhaltung, die sie zwecks gesicherter Ernährung betrieben bzw. ausgeweitet hatten, abschafften bzw. reduzierten. Zum anderen führte die neu gegründete Bundesrepublik Deutschland eine Bodenreform durch. Ziel dieser Reform war es, Bauern aus den im Krieg verlorenen Gebieten eine neue Existenzgründung zu ermöglichen. Dies geschah, indem Grundstücke im verbliebenen Deutschland enteignet und den vertriebenen Bauern überlassen wurden. Die enteigneten Grundstücksbesitzer wurden anschließend dafür entschädigt.[75] Da viele Schafhalter aufgrund der Enteignungen nun nicht mehr genug Weideflächen zur Verfügung hatten, wurden die Schafe zum Schlachter gebracht.[76] In Westernkotten blieb die Bodenreform jedoch ohne Folgen für die Schafhalter, denn die Gemeinde Westernkotten stellte den Vertriebenen Grundstücke zur Verfügung.[77]
Nach dem zweiten Weltkrieg erfuhr das Texelschaf[78] eine große Beliebtheit. Dieses Schaf eignete sich wegen seiner Eigenschaften besonders zur Koppelschafhaltung[79]. Da viele Menschen nach dem entbehrungsreichen Krieg einen Nebenerwerb suchten, bot sich die Koppelschafhaltung mit Texelschafen an, da wenig Arbeit investiert werden musste und das Ganze somit neben dem eigentlichen Beruf erledigt werden konnte. Auch heute noch wird häufig Koppelschafhaltung mit Texelschafen betrieben.
In den ersten Nachkriegsjahren war die Wiederaufnahme der Schäferei für die Schäfer, die in den Krieg ziehen mussten, mit großen Problemen verbunden. Dieses stellten die Verfasser auch an den Schäfern aus dem lokalen Raum fest:
Der Westernkötter Josef Schröer [II.7.] kam 1948 aus Kriegsgefangenschaft wieder und übernahm nun endgültig die Herde, die sein Vater Adolf während des Krieges gehütet hatte. Die Übergabe der Schafherde vom Vater an den Sohn erfolgte bereits einige Jahre zuvor, doch wegen dem Stellungsbefehl von Josef Schröer, oblag die Aufsicht der Herde vorübergehend wieder Adolf Schröer [III.9.].[80]
Adolf Schröer [II.1.] aus Eikeloh hatte ebenfalls mit Problemen des Krieges zu kämpfen. Er hatte, wie bereits oben erwähnt, seine Herde bis auf hundert Muttertiere verkauft. Mit dieser geringen Herdenstärke lohnte es sich für Adolf Schröer nicht ins Rheinland zu ziehen, wie er es schon vor dem Krieg praktiziert hatte. Deshalb kaufte er sich bei einem Paderborner Händler 150 Schafe dazu, mit denen er langsam wieder eine größere Herde aufbaute. In den nun folgenden Jahren zog Adolf Schröer erneut ins Rheinland. Er war der letzte Wanderschäfer der Familie Schröer; 26 Jahre lang zog er ins Rheinische. Nachdem Adolf Schröer aufgehört hatte Wanderschäferei zu betreiben, hütete er noch bis zum Alter von 70 Jahren für Franz Mintert Schafe in der Pöppelsche.[81] Adolf Schröer [II.1.] war einer der letzten Vertreter dieses Schäfertypes, denn die Wanderschäferei war allgemein im Niedergang.[82] Die letzten Wanderschäfer gab es bis zur Mitte der 1970er Jahre.[83]
Auf diesem Foto vom 05.09.2001 ist der ehemalige Wanderschäfer Adolf Schröer [II.1.] aus Eikeloh zu sehen.
Ein höheres Verkehrsaufkommen machte jedoch größere Herdenwanderungen zunehmend unmöglich. Auch der Nachwuchs bereitete der Wanderschäferei Probleme. Die jungen Leute wollten lieber einen Beruf mit besserer sozialer Absicherung, der meist höheren Lohn einbrachte. Außerdem war kaum jemand bereit, mehrere Monate fernab der Heimat ganztägig zu arbeiten ohne jegliche freien Tage.
„Als Schäfer hast du keinen Sonntag, keinen Alltag, kein Weihnachten, kein gar nichts“ (Maria Schröer)
Dazu kam, dass sich das Konsumverhalten der Bevölkerung dahingehend änderte, dass nicht mehr der „fette Hammel“, das Hauptprodukt der Wanderschafhaltung, gefragt war, sondern das „zarte Lamm“.[84] Die Lämmer konnten in Hofnähe weniger arbeitsintensiv betreut werden als auf Wanderschaft.
Wegen der oben genannten Faktoren war die Wanderschäferei nicht länger lohnenswert; viele ehemalige Wanderschäfer stellten auf eine „ortsfeste Hüteschäferei“[85] um.
Einen Schritt Richtung Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau erfolgte Anfang der 1960er auch im Bereich der westfälischen Schafhaltung. In diesen Jahren wurden die ersten Frauen zu Schäferinnen ausgebildet. Vorher wurden sie lediglich zur Schafschur eingesetzt.[86]
- 2.1.6. Gegenwart und Zukunft (ab ca. 1966)
„Die Schafe blöken heut` noch so, wie in Noah`s Kasten.“[87]
Die Zahlen wurden den Verfassern vom Landesamt für Datenverarbeitung und Statistik zur Verfügung gestellt. Deutlich erkennbar ist der in Gliederungspunkt 2.1.5. erwähnte Rückgang des Schafbestandes in Westfalen in den Nachkriegsjahren. Ab 1965 ist ein nahezu stetes Wachstum des Schafbestandes auszumachen.
Wie bereits weiter oben mehrfach erwähnt, wurden die Weideplätze für Schafe im lokalen Raum immer weniger. Aus diesem Grund zogen die Schäfer damals an die Wiesen von Main und Rhein, heute sind die Schäfer gezwungen, neue Möglichkeiten der Schafhaltung zu entwickeln. Eine dieser Möglichkeiten ist die Deichschäferei:
Nach der verheerenden Sturmflut an der Nordseeküste vom 16. auf den 17. Februar 1962[88] wurde intensiv Ursachenforschung betrieben, wie es zu dieser Katastrophe kommen konnte. Damals wurde erkannt, dass die Deiche nur unzureichend befestigt waren. Bei Besuchen in den Niederlanden wurde die Deichschäferei entdeckt, die dort schon seit geraumer Zeit betrieben wurde und führte sie anschließend auch in Deutschland ein.[89]
Das Ziel der Deichpflege beschreibt ein Pflegevertrag von 1995 wie folgt:
„Der Deich ist eine Hochwasserschutzanlage und muss ganzjährig eine dauerhafte und dichte Grasnarbe bei guter Bodenverdichtung haben.“[90]
Dieser Aussage zufolge, bietet sich das Schaf als „Deichpfleger“ geradezu an, da dessen sogenannter Trippeltritt den natürlichen Bodenschluss wieder herstellt. Damit wird der Deich auf natürliche und kostengünstige Art gefestigt. Denn während die Deichpflege mit Maschinen bis zu 1590 DM pro Hektar Deichfläche kosten kann, so muss bei der Wartung des Deiches mit Schafen mit Kosten von maximal 485 DM pro Hektar gerechnet werden.[91]
Hat sich ein Schafhalter dazu entschlossen Deichschäferei zu betreiben, so muss er sich in einem Vertrag mit dem jeweils zuständigen Deichverband dazu verpflichten, „den ihm zugeteilten Deichabschnitt systematisch abzuweiden.“[92] Als Lohn erhält der Schäfer sogenanntes Pflegeentgelt, welches zwischen zwei und acht Pfennig pro Quadratmeter liegt.[93]
Seit 1979 haben sich Franz Mintert und Franz Schröer [I.1.] dahingehend zusammengeschlossen, dass sie eine gemeinsame Herde von 500 Muttertieren (jedem gehören 250) an den Elbdeichen weiden lassen. Franz Mintert ist in dieser Geschäftsbeziehung für die Verwaltung zuständig, während Franz Schröer die Aufgabe des Schäfers übernimmt.
Foto Franz Mintert
Auf diesem Foto ist der Schäfereimeister Franz Mintert (r.) aus Bad Westernkotten inmitten seiner Herde, die hier im Naturschutzgebiet Pöppelsche bei Eikeloh weidet, zu sehen. Franz Mintert besitzt in der Pöppelsche die Weidegenehmigung für insgesamt 22,4242 Hektar[94] Land. Die Aufnahme stellte Franz Mintert zur Verfügung.
Die Deichschäferei beschreibt der Schäfereimeister Franz Mintert wie folgt:
„Seit 22 Jahren werden die Schafe im Frühjahr durch Transportgesellschaften, wie die Firma Voss in Stade, in zum Teil dreistöckigen Viehwagen nach Drochtersen – Krautsand an die Elbdeiche gebracht. Wenn im April die Vegetation beginnt, hütet auch der Sohn von Adolf Schröer, Franz Schröer auf den Deichen, die dem Land Niedersachsen gehören. Dieses Bundesland fördert die Deichschafhaltung, indem es z.B. den Transport der Tiere bezahlt.
Jeder Deichschäfer hat ungefähr 150 Hektar als Weideflächen. Des Nachts kommen die Schafe dann in Pferche, die vom Deichverband erstellt und mit Sand ausgelegt werden, damit die Schafe einen trockenen Untergrund haben. So ein Pferch befindet sich dort alle drei bis fünf Kilometer. Von Hamburg bis Drochtersen gibt es sechs bis sieben hauptamtliche Deichschäfer. Ein Teil dieser Schafhalter hat dort Häuser und Ställe vom Land Niedersachsen gebaut bekommen und überwintert dort mit den Schafen.
Nicht jedoch Franz Schröer, der Ende November – dies ist vertraglich festgelegt – wenn nichts mehr auf den Deichen wächst, mit den Schafen die Heimreise antritt. Denn im Winter ist es notwendig zu Hause zu sein, um den Mutterschafen die Gelegenheit zum Ablammen zu geben. Die Muttertiere, welche Zwillinge geboren haben, bleiben länger im Stall; die Schafe, die nur ein Lamm zur Welt bringen, kommen teilweise schon nach acht Tagen wieder auf die Weide. Die Lämmer kommen im Februar oder März zur Welt und im Dezember werden sie dann verkauft.
Während die Wanderschäfer früher über Winter zogen, verbringen die Deichschäfer heute den Sommer in der Fremde. In der gegenwärtigen Zeit wird bei uns im Münsterland viel Mais angebaut, dessen Zwischenfrüchte unsere Tiere als Winterfutter nutzen können, so dass es sich für die Schäfer nicht lohnt, über Winter wegzuziehen.“
Was Zwischenfrüchte sind, erklärte Heinrich Gersmeier am 23.11.00:
„Früher wurden die Zuckerrüben mit einem Einreiher gerodet, was dazu führte, dass der Schäfer noch wochenlang bis zum Abschluss der Rübenernte auf den Feldern hüten konnte. Heute geht der Sechsreiher ruckzuck darüber. Da bleibt für die Schäfer nicht viel über. Daher muss der Schäfer sich auf Zwischenfrüchte spezialisieren. Diese Zwischenfrüchte, wie Feldgras, Hülsenfrüchte oder Ölrettich, werden nach der Getreideernte im Spätsommer ausgesät und können so lange von den Schäfern abgehütet werden, bis der Mais Mitte April gesät wird. Dadurch wird der Boden zusätzlich auf natürliche Weise gedüngt.“
Heutzutage sind die Bauern allerdings nicht mehr so sehr auf den Schafmist angewiesen, der Kunstdünger wird viel mehr genutzt, da dieser sowohl preislich als auch vom Arbeitsaufwand her günstiger ist.
Die Nutzung des Schafes ist heute eindeutig auf das Fleisch ausgerichtet. Jedoch wird Lammfleisch in Deutschland nur wenig konsumiert. So liegt der jährliche Pro-Kopf-Verbrauch in Deutschland bei ca. 1,3 Kilogramm – Tendenz jedoch steigend. In der gesamten Europäischen Union ist der Lammfleischkonsum mit knapp vier Kilogramm pro Kopf und Jahr deutlich höher. Wie wenig Bedeutung dem Lammfleisch auf der Speisekarte in Deutschland beigemessen wird, zeigt der Vergleich (pro Kopf und Jahr) zu den anderen Fleischsorten: Rindfleisch nimmt mit zwölf Kilogramm (vor der BSE-Krise) den zweiten Platz hinter Schweinefleisch (40 Kilogramm) ein.[95]
Der Absatzmarkt von Schaffleisch in Deutschland lebt hauptsächlich von den Muslimen, die auf Grund ihrer Religionsvorschriften (der Verzehr von Schweinefleisch ist untersagt) im Verhältnis zum Christen viel Lammfleisch essen. Zu bemerken ist, dass der Absatz von Lammfleisch zu den traditionellen Festen der Muslime deutlich steigt.
„Ein Schaf bringt heutzutage 120 Mark im Jahr, das sind bei 500 Schafen 60.000 DM für die Herde, wovon 30.000 für Futter und Stall weggehen. Dann müssen auch noch die Schäfer bezahlt werden. Der Marktwert eines Schafes setzt sich aus dem Fleisch- und dem Wollpreis zusammen. Wobei der Wollpreis im Grunde zu vernachlässigen ist, denn der Scherer bekommt ungefähr so viel Geld, wie der Verkauf der Wolle einbringt.
Daher kann man sehen, dass Wolle heute nicht mehr so wichtig ist. Früher konnten zwei Schäfer das ganze Jahr über von dem Wollertrag der Herde bezahlt werden.“ (Franz Mintert)
Zur Zeit kostet die Wolle pro Kilogramm 0,50 DM bis 1,00 DM.[96]
Wer heute ausschließlich von der Schafhaltung leben will, benötigt eine große Herde (was meist wegen Platzmangel ein Problem darstellt), innovative Ideen (z.B. Deichschäferei) oder einen Zusatzverdienst.
Deshalb betreiben die meisten Schafhalter nebenher auch noch Landwirtschaft. Franz Mintert beschreibt das Verhältnis zwischen Schafhaltung und Landwirtschaft in seinem Betrieb als „fünfzig zu fünfzig.“ Er stellt jedoch dar, dass die Schafhaltung mit der Zeit einen immer geringeren Stellenwert einnimmt. Als sein Urgroßvater Caspar Mintert (1863-1941) im Jahr 1885 beschloss, sich „intensiver …der Schafhaltung zu widmen,“[97] befand sich noch keine Landwirtschaft im Besitz der Familie Mintert. Dennoch werden dies nicht die ersten Schafe der Familie Mintert gewesen sein. In der „Urliste der Gemeinde Westernkotten 1864″ finden sich ein Kaspar Mintert sowie ein Wilhelm Mintert, beide mit der Berufsbezeichnung Schäfer. Allerdings ist der genannte Kaspar Mintert nicht mit dem Urgroßvater von Franz Mintert, Caspar Mintert, identisch, da Caspar Mintert im Alter von einem Jahr wohl kaum als Hausstättenbesitzer angegeben worden wäre.
Auch Heinrich Gersmeier betreibt neben der Schäferei noch etwas Landwirtschaft (zehn Hektar Land, fünf Kühe, zwei Rinder, einige Gänse). Adolf Schröer [II.1] besaß bis vor wenigen Jahren ebenfalls noch Vieh und 30 Morgen Land, auf denen er Rüben, Getreide und Kartoffeln anbaute.
Über das Verhältnis zur Landwirtschaft erzählt Maria Schröer [II.8.] folgendes:
„Die Landwirtschaft war immer dabei. Das waren zwei Berufe. Ich saß auch oft auf dem Trecker. Für ein Auto hatte ich keinen Führerschein, aber für den Trecker. O Gott, o Gott, was war das damals für eine Arbeit. Morgens hat mein Mann Josef auf dem Bauernhof geholfen, dann ging er zu den Schafen und abends hat er dann manchmal noch gepflügt. So haben wir uns durchgeschlagen.“
Im Jahr 1980 verkauften Josef [II.7.] und Maria Schröer [II.8.] schließlich ihre Schafherde, da keines ihrer Kinder diese übernehmen wollte.
„Die Trennung von den Schafen fiel meinem Mann sehr schwer. In der ersten Zeit nach dem Abgeben der Herde hatten wir noch ein paar Schafe im Garten.“ (Maria
Schröer)
Als Josef Schröer [II.7.] am 20.April 1980 zum letzten Mal seine Schafe hütete, wurde ihm noch einmal die Aufmerksamkeit der örtlichen Presse zuteil. Die Lokalzeitung „Der Patriot“ veröffentlichte am 24.04.1980 einen umfangreichen Bericht über Josef Schröer und seine Herde. In diesem Artikel wird häufig von „Schäferromantik“ gesprochen. Dies ist ein Zeichen dafür, dass der Beruf des Schäfers auch in der heutigen Zeit oft noch als romantisch und nicht als sehr arbeitsintensiv und entbehrungsreich angesehen wird. Schafe sind immer wieder ein beliebtes Fotomotiv:
Foto + Bildzeile 02.11.2000
In dieser Veröffentlichung der Lippstädter Lokalzeitung „Der Patriot“ vom 02. Dezember 2000 wird deutlich, dass das Schaf in der Bevölkerung als Symbol für Tradition und als Zeugnis vergangener Tage steht. Auf diesem Foto soll der Kontrast zwischen dem „modernen“ Gewerbegebiet und dem „traditionellen“ Schäfergewerbe hervorgehoben werden.
Außer diesem Artikel erschienen im „Patrioten“ u.a. noch am 27.12.1999, am 25.05.2000, am 23.11.2000 und am 09.01.2001 bebilderte Berichte über Schafe.
Diese Beispiele zeigen, das noch reges Interesse an der Schäferei besteht, aber dennoch nur wenige junge Leute, so wie Heinrich Gersmeier (34 Jahre), den Beruf des Schäfers ergreifen. Dies stellen auch Adolf Schröer [II.1.] und Franz Mintert fest:
„Wenn mein Sohn es nicht mehr kann, geht die Schafhaltung bei uns zu Ende!“(Adolf Schröer)
„Wenn ich irgendwann einmal nicht mehr bin, wird wahrscheinlich die Schafhaltung nur noch nebenher betrieben.“ (Franz Mintert)
Obwohl der Beruf des Schäfers ein Beruf wie jeder andere ist, ergreifen ihn heutzutage wie oben beschrieben nur wenige junge Menschen, wie auch Franz Mintert zu berichten weiß:
„Es gibt wie in jedem anderen Beruf auch Meister und Lehrling. Die Lehrzeit beträgt drei Jahre. Der pädagogische Unterricht besteht aus dem Wechsel von vier Wochen Schule und zwei Monaten Praxis. Nach Bestehen der Prüfung darf man sich Tierwirt, Abteilung Schafhaltung nennen.
Man muss zwar zum Schäfer geboren sein, aber auch die Ausbildung richtig absolvieren. Genau wie sich jemand als Lehrer eignet, so muss sich jemand auch als Schäfer eignen. Der Anteil der Gesellen ist sehr, sehr gering, was vor allem daran liegt, dass die Freizeit bei diesem Beruf sehr eingeschränkt ist. Schäfer müssen genauso den ersten Weihnachtstag, den zweiten Weihnachtstag wie auch jeden Sonntag dahinterstehen. Da muss schon einer ein bisschen Idealist sein, er muss von der Sache überzeugt sein.“
Um einen totalen Niedergang der Schäferei zu verhindern, wird dieser Berufszweig stark subventioniert.
„Es gibt für Weiden, die weder künstlich gedüngt noch gespritzt werden und somit auf den Schafmist angewiesen sind, vom Land NRW 200 DM[98] pro Hektar Zuschuss (Extensivierung). Des weiteren gibt es von der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) eine Mutterschafprämie: Wenn der Lammpreis von 8,31 DM pro Kilogramm nicht erreicht wird, schaltet sich das Prämiensystem ein und gleicht die Differenz vom derzeitigen Preis und 8,31 DM aus.“ (Franz Mintert)
Zu Prämien und Preisen schreibt Dr. Brüggemann[99]:
„Zur Zeit werden von den Schafhaltern je Kilogramm Schlachtgewicht ca. 7,50 DM erlöst, das ist relativ viel, was mit der Zeit zwischen Weihnachten und Ostern zusammenhängen dürfte, da sind die Preise erfahrungsgemäß am Höchsten. Über das ganze Jahr gesehen rechnen wir mit einem Preis je Kilogramm Schlachtgewicht von ca. 6,00 DM bis 6,50 DM.[…]. In den letzten Jahren lag die Mutterschafprämie zwischen 30,- DM und 45,- DM je Mutterschaf. Schafhalter, die ihren Betrieb im sogenannten benachteiligten Gebiet haben (bei uns hauptsächlich die Mittelgebirgsregionen), erhalten ca. 13,- DM je Mutterschaf zusätzlich.“
Ohne diese Subventionen wäre die Schäferei wahrscheinlich nicht in dieser Größenordnung möglich. Deshalb sehen viele Leute die Zukunft der Schäferei negativ, jedoch nicht ganz hoffnungslos, so auch die meisten der heimischen Schafhalter:
„Ich denke, dass sich die Schafhaltung in den nächsten zehn Jahren halbieren wird, aber es wird immer wieder Idealisten geben, die die Schafe mögen.“ (Franz Mintert)
„Das ist heute eine ganz andere Welt wie früher, es will doch keiner mehr Schafe haben, weil die zu viel Arbeit machen. Wenn ich mir das heute so angucke, dann wunder ich mich, wie das damals alles so klappen konnte.“ (Adolf Schröer)
Heinrich Gersmeier hingegen sieht die Zukunft der Schäferei nicht ganz so düster. Er sieht die Möglichkeit, Schafwolle in Wärmedämmplatten einzusetzen. Gersmeier hofft außerdem, dass die Schafhaltung von der aktuellen BSE-Krise profitiert. Allerdings hat er auch einige Bedenken dabei, denn wenn die Bauern auf das Tiermehl verzichten müssen, werden sie statt dessen Ersatzfutter auf Stilllegungsflächen anbauen, die bisher von den Schäfern als Weideflächen genutzt wurden.
Die Verfasser können sich ebenfalls vorstellen, dass die BSE-Krise dem Absatzmarkt von Schaffleisch einen Aufschwung beschert. Allerdings müsste dafür das Vertrauen der Gesellschaft in Schaffleisch ungetrübt bleiben.
Bemerkenswert ist es, dass die Rinderkrankheit BSE ursprünglich durch die Schafkrankheit Scrapie[100] hervorgerufen wurde. Scrapie ist nach den derzeitigen Erkenntnissen der Wissenschaft für den Menschen ungefährlich. Jedoch ist es, laut Dr. Brüggemann, nicht völlig auszuschließen, dass auch Schafe an BSE erkranken, da niemand dafür garantieren kann, dass dem Kraftfutter für Schafe nicht illegaler Weise Tiermehl beigemischt wurde.[101]
„Wissenswertes“ über Schafe und Schäfer:
„Dat Schap mökt uck Pillen un is doch ken Aptheker.“ (nach Wander, S.55)
„Wenn Schaf und Wolf sich auch ähnlich kleiden, man kann an den Zähnen sie unterscheiden.“ (nach Wander, S.66)
„Böse Schäfer lieben bissige Hunde.“ (nach Wander, S.71) |
- 2.2. Hudestreitigkeiten
„Der gute Hirt führt seine Herde auf gute Weide, wenn er da mal über die
Grenze hütet.“[102]
Nach der Bildung der Gemeinheiten (siehe Gliederungspunkt 2.1.1.) kam es immer wieder zu Streitigkeiten um die Hudegerechtsame. Gegenstand dieser Auseinandersetzungen waren zumeist Grenzüberschreitungen der hudeberechtigten Schäfer, die sich nicht mit den, ihnen zugewiesenen, Weideflächen zufrieden gaben.
Das diese Streitigkeiten oft verbittert geführt wurden, zeigt sich in den häufigen Schlägereien, bei denen es teilweise auf Leben und Tod ging. Ein Eintrag in die Gogerichtsakten des Samt-Amtes Schwalenberg-Oldenburg aus dem Jahr 1599 besagt: „Dietrich, der Schäfer von Oldenburg, hat den Dorfschäfer von Kollerbeck braun und blau geschlagen.“[103]
Doch diese Kontroversen wurden längst nicht alle gewaltsam geregelt, viele wurden in mühsamen Gerichtsverhandlungen beigelegt. Auch in den Akten des Stadtarchivs Erwitte findet sich ein solcher Fall aus dem Jahr 1844: „Untersuchung gegen Franz Bernhard Schnieders, Schäfer des Vorstehers Kersting zu Eikeloh und Begehung der Grenzen der Schafhudeberechtigung.“ Diese Untersuchung beginnt im Mai 1844, als der Flurschütz[104] Schlüter den Schäfer Schnieder, angestellt bei Franz Kersting, dem Gemeindevorsteher von Eikeloh, auf fremdem Boden hütend, beobachtet. Kersting fordert darauf hin bei einer Gerichtsvorladung, dass die Grenzen genauer abgesteckt werden, „um ähnlich[e] Collisionen für die Folge zu vermeiden.“ Aufgrund dessen soll ein „Schnadzug“[105] mit allen „Schafhudeberechtigten zu Westernkotten“ abgehalten werden, unter ihnen auch Adolph Schröer [V.4.]. Bei dem anberaumten Termin für den Schnadzug, dem 15.Juni 1844, erschienen jedoch nur wenige der Vorgeladenen, woraufhin ein zweiter Termin angesetzt wurde. Bei dieser am 20. Juni 1844 stattfindenden Grenzbegehung befanden die teilnehmenden Hudeberechtigten, dass kein Zweifel am Unrecht Schnieders bestehen könne, da die Huden deutlich erkennbar durch einen Weg getrennt sind. Daraufhin wurde eine Bestrafung Schnieders veranlasst. Bereits einen Tag nach diesem Schnadgang erfolgte eine erneute Missachtung des Huderechts seitens Franz Bernhard Schnieder. Der erneut angesetzte „Terminus zur Grenzschnadung“ fand nicht statt, da die erforderlichen „Special Theilungsacten vom 17 Juny 1823″ unauffindbar waren. Damit wurde dieser Fall am 28. September 1844 ad acta gelegt.
Die Häufigkeit solcher Streitigkeiten zeigt sich darin, dass zur selben Zeit ein weiterer Streitfall mit Beteiligung Adolph Schröers, der in diesem Jahr Mitglied der elfköpfigen Gemeindeversammlung Westernkottens war, lief [V.4.] – dieses Mal (6. Mai 1844) wurde jedoch eine Gänsestreitigkeit verhandelt.[106]
Ein weiteres Verfahren bzgl. Schäferstreitigkeiten fand am 16. August 1844 (s.u.) statt. Die Beteiligten sind identisch mit denen der o.g. „Untersuchung gegen Franz Bernhard Schnieders, Schäfer des Vorstehers Kersting zu Eikeloh.“ Damit ist es zu erklären, warum nur so wenige vorgeladene Hudeberechtigte erschienen (am 15. Juni 1844 drei von sieben; am 28. September 1844 vier von sieben). Durch die vielen Verhandlungstermine setzte vermutlich eine „Gerichtsmüdigkeit“ ein, was möglicherweise zur Folge hatte, dass die Rechtsprechung wenig geachtet wurde, wie der Schäfer Schnieder im oben genannten Fall zeigt. Schnieder überschritt bereits einen Tag nach Urteilsverkündung erneut das Gesetz.
Doch es gab nicht nur Auseinandersetzungen von Schäfern untereinander, auch mit den Schweinehirten gab es Uneinigkeiten. So auch in Westernkotten, denn dort durften die Getreidefelder „nach dem dieselbe gewonnen [abgeerntet] sind, erst dann mit den Schäfern behütet werden … wenn solche mit den Gemeinde Schweinehirten abgehütet worden [sind].“[107] Zur Durchsetzung dieser Verordnung vom 24. Juni 1854 wurden zwei Sachverständige, die aus der hiesigen Gemeinde stammten, eingesetzt, denen die Kontrolle über die Einhaltung der zeitlich korrekten Abhütung oblag.
Diese Verordnung war notwendig geworden, nachdem in der Vergangenheit schon des öfteren Hudefrevel von den Schäfern begangen worden waren. Einen dieser Fälle beschreibt die „Verhandlung vom 16. August 1844 über das Zuchtvieh der Gemeinde Westernkotten“[108], wo es heißt:
„Es kommen täglich Klagen darüber, dass die Schäfer die Grundstücke behüten, sobald die Früchte abgefahren sind, mitunter auch, dass die Ruhten[109] noch auf dem Lande stehen. Da die Gemeinde Westernkotten in der Feldmark das Verhuderecht mit Schweinen und Gänsen auf derartigen Grundstücken hat, auch kein Schäfer solche früher behüten darf bis dazu Erlaubnis vom Gemeinde Vorstande ertheilt ist; […].“
Aus diesem Verhandlungstext erkennen die Verfasser, dass die Gemeinde Westernkotten der Schweine- und Gänsehaltung mehr Bedeutung zumaß als der Schafhaltung, da das Huderecht der Schafe dem der Schweine und Gänse hinten angestellt wurde. Außerdem geht aus dieser Quelle hervor, dass es im Jahr 1844 keinen Dorfschäfer in Westernkotten gab, denn die Gemeinde wird als Besitzer des „Verhuderechts“ mit Schweinen und Gänsen, nicht jedoch mit Schafen, genannt. Daraus ist erkennbar, dass das Hüten der Schafe in den Händen der Schafhalter lag.
Unter den sieben, am Anfang des Dokumentes verzeichneten, hudeberechtigten Schafhaltern, taucht auch der Name Schröer (höchst wahrscheinlich Adolph Schröer [V.4.]) auf.
Im weiteren Verlauf des Prozesses droht der Gemeindevorsteher Erdmann:
„Sollten die durch Schäfer verübten Hudefrevel in der Art wie solche seither in hiesiger Gemeinde vorgekommen sind, nicht abgestellt werden, so werde ich die Gemeinde veranlassen das Huderecht gänzlich abzulösen.“
Mit der hier (1844) angedrohten Ablösung des Huderechts wurde jedoch erst im Jahr 1854 begonnen. Damit geschieht dies, im Gegensatz zu Gesamtwestfalen (siehe Punkt 2.1.2.) relativ spät, denn die Auflösung der Hudegerechtsame erfolgte in den meisten westfälischen Gemeinden in den 1820er und -30er Jahren.
In Westernkotten wurde am 12.Oktober 1854 mit dem „Rezess über die Theilung der Weidegemeingründe“[110] begonnen. Ziel dieses Rezesses war die Aufteilung der gemeinschaftlichen Weidegründe, der Hudegerechtsame sowie eine Entschädigung für abzugebende Rechte bzw. Flächen. Weiterhin bezweckte die Gemeinde Westernkotten mit dem Erlös aus der Neuverteilung der Hudegerechtsame eine zweite Lehrerstelle in Westernkotten zu besetzen.
Bei der Aufteilung der Gemeindeweideflächen blieben die Schäfereiberechtigten weitestgehend außen vor. Sie bekamen finanzielle Entschädigungen anstatt Weideflächen zugesprochen. Bei der
„Entschädigung für die, den Schäfereiberechtigten […] zustehenden, Schaafhudegerechtsamen ist angenommen, dass die Schäfereiberechtigten mit 1600 Stück Schaafen, die Gesamtheit der übrigen Interessenten aber mit 300 Stück Rindvieh in Rechnung zu stellen sein und ist hiernach die Entschädigung der Schäfereiberechtigten auf 1395,05 Thaler festgestellt, woran die einzelnen Schäfereiberechtigten wie folgt partizipieren:
a. Frhr. von Papen mit 523,15 Th
b. Peter Deimel mit 174,38 Th
c. Anton Hollenbeck mit 174,38 Th
d. Caspar Hollenbeck mit 174,38 Th
e. Johann Loeper mit 87,19 Th
f. Reinhard Jesse mit 87,19 Th
g. Joseph Goebel mit 87,19 Th
h. Adolph Schroer mit 87,19 Th“
Einfügen der Originalakte !!!
Der Schafbestand, welcher mit 1600 angenommen wurde, scheint etwas zu hoch gegriffen, da die Stückzahl pro Schafbesitzer vermutlich pauschalisiert berechnet wurde und keine sorgfältige Viehzählung zugrunde gelegt wurde. Den Verfassern erscheint es als logisch, dass die Schafhalter für je 100 Schafe eine Entschädigung von 87,19 Thalern erhielten (1600 Schafe dividiert durch „Herden“[111] zu je 100 Stück ergibt 16 „Herden“; 87,19 Thaler multipliziert mit 16, der Anzahl der „Herden“, ergibt einen Wert von 1395,05 Thalern), so dass wahrscheinlich mehrfach gerundete Zahlen verwendet wurden, da nicht jeder Schafhalter seinen Schafbestand in exakten „Hundertern“ hielt.
Ein weiterer Grund, weshalb die Verfasser den mit 1600 Tieren angegebene Schafbestand als zu hoch erachten, ist eine Viehzählung vom 03. Dezember 1864 (das Jahr, in dem in Westfalen der Schafbestand seinen höchsten Wert erreicht hatte), wonach sich in Westernkotten nur 1360 Schafe befanden.[112]
Eine ähnliche Konstellation ist auch in Eikeloh auszumachen: Der angenommene Schafbestand dieser Gemeinde zum Zeitpunkt der Aufteilung der Hudegerechtsame im Jahr 1840 wird mit 1380 Tieren angegeben, wohingegen die Viehzählung vom 03.Dezember 1864 insgesamt 1190 Schafe in Eikeloh aufführt.[113] Aus der oben abgebildeten Tabelle der Verteilung von Entschädigungen geht hervor, dass Adolph Schröer [V.4.] mit knapp hundert Schafen Besitzer einer kleineren Herde war. Mit diesen Entschädigungszahlungen war die Aufteilung der Gemeinheiten für die Schäfer beendet, es folgten nun jahrelange Prozesse um die Gemeinheiten zwischen den Bewohnern Westernkottens, die erst 1873 endgültig abgeschlossen wurden. Damit ging der gesamte Prozess in Westernkotten relativ schnell von statten, wie der Archivar des Erwitter Stadtarchivs, Hans-Peter Busch versichert, denn in anderen Gemeinden dauern diese Prozesse bis heute an.
- 2.3. Das Bild des typischen Schäfers
„Ich gäb` einen guten Schäfer, sagte jener, ich lehne mich wohl an; aber einen guten Hund müsst` ich haben.“[114]
Der Schäfer wurde früher von der Gesellschaft als klug (Wetterprophet, Heiler) aber dennoch oft als unehrlich („Schinder,“ „Schmierhennes“) und faul („der faule Schäfer“) bezeichnet.[115]
Besonders deutlich wird diese Faulheit in folgendem Ausspruch:
„Jossef, worümme geiste dann ni liggen?“ – „Dann must ik auk wier upstohn!“[116]
Folgende Geschichte, die die Schläue der Schäfer unterstreichen soll, schrieb J. Triphaus aus Grafeld in der Frageliste Nr. 9[117] nieder:
Es war einmal ein König, dem sollte sein Abt drei Aufgaben lösen:
•1.) In wie viel Zeit kann man um die Erde reiten?
•2.) Wie viel bin ich wert in meinem königlichen Staat?
•3.) Mache mir ein Stück vor, welches ich für wahr erachte und an dem doch nichts Wahres daran ist!
Ratlos kam der Abt bei dem Schäfer. Der Schäfer merkte es und bat um Aufklärung seiner Niedergeschlagenheit. „Aha,“ sagte der Schäfer, „gib mir zu der bestimmten Zeit deinen Mantel und Kapuze, ich mache es mit dem König aus.“ Der Schäfer stellt sich auf. Der König kommt herangeritten.
„Herr Abt, beantworten sie mir die erste Frage!“
„Seine Majestät, wenn sie morgens mit der Sonne früh aufstehen und gleichen Schritt halten, ist es in zweimal zwölf Stunden geschehen.“
„Die zweite Frage!“
„Jesus Christus wurde für dreißig Silberlinge verkauft, einen sind sie wohl weniger wert.“
„Und die dritte Frage?“
„Sie meinen doch, ihr Abt steht hier vor Ihnen. Da wird an der Wahrheit auch wohl nichts fehlen!“
Da warf der Schäfer den Mantel weg und sagte:
„Ich bint nig, ich bin Abt, de Scheper.“
Der König ritt von dannen und der Schäfer bekam als weiser Mann eine hohe Anstellung beim königlichen Hofe.
Adolf Schröer berichtet über das Ansehen der Schäfer in der Bevölkerung:
„Manche Leute hielten uns für Millionäre, andere wiederum hielten uns für arme Säcke. Das letztere war immer besser für uns.“
Von der heutigen Gesellschaft wird der Beruf des Schäfers oft als altmodisch und als Relikt vergangener Tage angesehen. Im Gegensatz zum Ansehen hat sich die Kleidung des Schäfers im Laufe der Zeit kaum verändert
Die Kleidung dient nicht nur zu Zwecken der Erkennung und der Mode, sie hat vielmehr eine Schutzfunktion, wie bei der Wanderschäferei. Diese Form der Schäferei wäre ohne ihre spezielle Kleidung gar nicht möglich gewesen, da die Schäfer jeden Tag den Launen der Natur ausgeliefert waren.
Jedes einzelne Kleidungsstück, von den Schuhen angefangen bis hin zum Schäferhut, musste sorgfältig verarbeitet und absolut wasserdicht sein.
Adolf Schröer [II.1.] berichtet:
„Während der Wanderschaft trugen wir immer lange Ledergamaschen, den guten Mantel und eine Pelerine. Außerdem hatten wir einen Rucksack für Nahrungsmittel und Wäsche. Teilweise bekamen wir die Wäsche auch an feste Adressen ins Rheinland zugeschickt. Wir mussten immer ordentlich gekleidet sein, sonst wollten uns die Leute nicht aufnehmen.
(Anm. d. Verf.: Was für Folgen dies auch haben kann, erzählte Adolf Schröer im weiteren Verlauf des Gesprächs:) Als wir in Minden bei Kamen zu Weihnachten übernachtet hatten, gingen wir am ersten Weihnachtstag morgens in die Kirche. Allerdings waren meine Stiefel so dreckig, da habe ich mir einfach meine Pantoffeln angezogen und bin so in den Gottesdienst gegangen. Der Bauer, bei dem ich übernachtete, hatte zwei Mädchen, die mich auslachten, weil ich mit Pantoffeln in die Kirche ging. In der Kirche standen wir ein wenig abseits. Als der Küster mit einem Teller herumging, guckte er auf meine Füße, ging aber weiter. Und wie er fertig war, kam er zurück und fragte, ob ich denn keine Schuhe hätte. Ich sagte, ich wäre Knecht beim Bauer, hätte sieben Kinder und soviel Geld hätte ich nicht, um mir Schuhe zu kaufen. Da packte der Küster in sein Opferschälchen und gab mir fuffzig Mark.
Ansonsten war Weihnachten immer mit ein wenig Wehmut verbunden. Wir waren nie zu Hause und haben so bei anderen Familien mitgefeiert, was meist nicht sehr angenehm für uns war.“
Neben seiner oben beschriebenen Kleidung trägt der Schäfer, früher wie heute, einen Schäferstab, auf dem er sich, wenn er das Bedürfnis dazu verspürt, ausruhen kann. Die weiteren wichtigen Aufgaben dieses Schäferstabes erläutert Heinrich Gersmeier, der kein Wanderschäfer, sondern ein Hausschäfer ist:
„Jeder Schäfer hat einen Schäferstab, der meist von Generation zu Generation weitergegeben wird. Ich habe ihn von meinem Vater erhalten, der diesen selber aus Schwarzdorn fertigte. Es gibt zwei Gründe, weshalb dieser Stab von den meisten Schäfern aus Schwarzdorn gefertigt wird: Zum einen sieht es mit den vielen Astlöchern schöner aus, zum anderen hat es religiöse Gründe. Jesus, der gute Hirt, rettete nämlich ein Schaf, das sich in einem Schwarzdornbusch verfangen hatte, so wird es im Gleichnis vom verlorenen Schaf erzählt.“
Im Gleichnis vom verlorenen Schaf (Lukas 15,3-7) wird jedoch nicht von der Rettung eines Schafes aus einem Dornbusch berichtet, sondern lediglich davon, dass sich ein Schäfer auf die Suche nach einem einzelnen verlorenen Schaf begibt und über die Rückkehr dieses Schafes höchst erfreut ist. In der Bibel wird auch in keiner anderen Stelle außer Genesis 22,13 davon
berichtet[118], dass sich ein Schaf in einem Dornbusch verfangen hat. Der Wortlaut in dieser Genesis-Passage lautet: „Als Abraham aufschaute, sah er: Ein Widder[119] hatte sich hinter ihm mit seinen Hörnern im Gestrüpp verfangen. […]“ Die Verfasser vermuten daher, dass hier eine Vermengung der beiden genannten Textstellen stattgefunden hat. Jedoch ist das Motiv „Jesus befreit Schaf aus Dornbusch“ weit verbreitet, so zeigt u.a. ein Bildnis in der Küche von Heinrich Gersmeier Jesus, der ein Schaf schützend auf dem Arm hält, während in der unteren Bildecke ein Dornbusch zu erkennen ist.
Die Tatsache, dass in der Bibelstelle lediglich von einem „Gestrüpp“ berichtet wird, lässt vermuten, dass die Schäfer unserer Region das „Gestrüpp“ mit „Schwarzdornbusch“ in Verbindung brachten, da sie möglicherweise selber die Erfahrung machen mussten, dass sich ihre Schafe des öfteren in Schwarzdornbüschen verfingen.
Heinrich Gersmeier fährt mit seiner Schilderung des Schäferstabes fort:
„An diesem Stab befindet sich am unteren Ende eine Schäferschüppe, mit der man Erde auf die Schafe wirft, wenn diese nicht spuren wollen. Außerdem kann man mit der Schüppe Disteln ausstechen. Ein Haken, der sich ebenfalls am unteren Ende des Stabes befindet, dient dazu, Schafe am Hinterschenkel einzufangen und festzuhalten.“
Foto Gersmeier
Dieses Foto machte Franz-Josef Schröder aus Anröchte im Oktober 2000. Es zeigt den Schäfer Heinrich Gersmeier aus Völlinghausen vor einem Teil seiner aus 230 Muttertieren bestehenden Schafherde. Die Kleidung, die er trägt, ist für festliche Anlässe bestimmt und wird nicht zum Schafehüten getragen. Deutlich erkennbar ist der oben beschriebene Schäferstab mit Schüppe und Haken.
Heutzutage wird der Stab nur noch von wenigen Schäfern zur Arbeit benutzt, vielen Schäfern dient er lediglich zur Zierde und als Erinnerung an vergangene Zeiten.
Von den Wanderschäfern wurde dieser Stab nicht auf der Walz verwendet, jedoch während des Hütens in der Heimat im Sommer. Auf Wanderschaft benutzten sie den sogenannten „Krückmann“, einen gewöhnlichen Handstock.
Der Stab ist jedoch nicht das alleinige Hilfsmittel des Schäfers: Mindestens ein Hund hält die Herde zusammen. Bei den Wanderschäfern übernahmen diese Hüteaufgaben zwei Hunde, auf der Walz oftmals sogar drei, wobei einer als Reservehund diente. Der Hund, welcher auf der Seite des Schäfers ging, war meist noch in der „Ausbildung“, er wurde Mannhund oder Handhund genannt. Der auf der gegenüberliegenden Seite wachende Hund wurde als Seitenhund oder Furchenhund bezeichnet.[120]
Der Schäfer hat zu seinen Hunden ein sehr enges Verhältnis, so dass Außenstehende nicht gut mit den Hunden arbeiten können, was auch Maria Schröer [II.8.] am eigenen Leibe erfahren musste:
„Während mein Mann auf dem Feld war, habe ich auch des öfteren bei den Schafen gestanden. Die Hunde gehorchten mir aber nicht, da sie nur auf ein bestimmtes Kommando hörten, also musste ich auch Hund spielen.“
Dieses Bild, das am 02.11.2000 in ihrer Wohnung aufgenommen wurde, zeigt Maria Schröer [II.8.], Ehefrau des verstorbenen Schäfers Josef Schröer [II.7.]. Hier sieht man deutlich die starke Verbundenheit der Schafhalter und Schäfer mit ihrem Beruf, was sich in Gemälden, Wandbehängen, Schafvliesen etc. äußert. Dieses Phänomen ließ sich bei sämtlichen Gesprächspartnern feststellen.
Der Wert eines guten Schäferhundes zeigt sich auch in seinem Preis, den Franz Mintert mit 1000,- DM taxiert. Dieser hohe Preis kommt deshalb zustande, da es sehr zeitaufwendig ist, einen Hund für diese speziellen Aufgaben auszubilden.
Die immense Bedeutung der Hunde für den Schäfer verdeutlicht ein in Westfalen geläufiger Schäferspruch:
„Ein dummer Schäfer bringt die Herde zehn Kilometer weit, ein guter Hund aber hundert.“[121] Eine Faustregel besagt, die Ausbildung eines Schäferhundes darf nicht länger als ein ¾ Jahr dauern, da er sonst als Herdenhund ungeeignet ist.[122]
Eine weitere Schäferregel aus dem Jahr 1796 besagt: „Bey dem Scheren denen Schäfern zu viel Brantewein zu geben, ist gefährlich, weil dadurch oft Schade entsteht; besser nachhero.“[123] Wie wichtig diese, im ersten Moment lustig klingende Regel in der Realität war, zeigt das Beispiel von Anton Schröer [IV.5.]. Dieser zog sich beim Baden der Schafe in der Pöppelsche eine Lungenentzündung zu, an deren Folgen er im Jahr 1900 starb. [124]
Dazu ist es erforderlich zu wissen, wie die Schafschur damals von statten ging. Bevor die Schafe geschoren wurden, mussten sie gewaschen werden. Die Wäsche der Schafe der Familie Schröer fand in der Pöppelsche statt. Dabei standen mehrere kräftige Männer im Wasser des kalten Flusses und reichten das Schaf von einem zum anderen weiter, wobei jeder seine bestimmten Handgriffe zu erledigen hatte. Währenddessen wurde Branntwein getrunken, um bei der mehrstündigen Prozedur nicht zu erfrieren.[125] (siehe auch unteres Foto auf Seite 21)
Waschen der Schafe
Bildbeschreibung siehe nächste Seite.
Das vorangegangene Foto erhielten die Verfasser von Maria Schröer (Mariannen) [II.10.] und ließen es stark vergrößern. Hier abgebildet ist die der Schafschur vorausgehende Prozedur der Schafwäsche in der Pöppelsche. Auf dem Bild, das vor dem Jahr 1939 aufgenommen wurde, ist Adolf Schröer [III.21.] vorne rechts im Wasser zu erkennen. Weiterhin sind abgebildet: Maria Schröer [II.10.] (Mädchen links), ihre Geschwister Lucia [II.12.] (Mädchen in der Mitte) sowie rechts daneben Adolf [II.11.] und deren Vater Josef [III.17.] (helle Jacke)[126]. Die anderen Personen sind entfernte Verwandte bzw. Bekannte und somit für das Textverständnis nicht relevant.
Die Schafschur wurde von fremden Schererkolonnen durchgeführt, nachdem die Schafe auf einer sauberen Weide getrocknet waren. Diese Schererkolonnen bestanden meist aus sechs bis acht Personen, die während einer Arbeitszeit von 14 Stunden je 30-35 Schafe mit der Hand scheren konnten. Kurz vor dem Zweiten Weltkrieg wurden diese Handscherer von den Maschinenscherern verdrängt, die meist mit zwei bis drei Personen in einer Kolonne auskamen, da sie die dreifache Tagesleistung an geschorenen Schafen aufbrachten. [127]
Die Schur der Schafe, die meist um „Sünte Jannes“[128] (Sankt Johannes, 24.Juni) stattfand, war für alle Beteiligten etwas besonderes, es gab meist gutes Essen und „natürlich fehlte es nicht an Bier und Schnaps.“[129] Die Wolle wurde dann meist zum Wollmarkt nach Paderborn gebracht[130], der jedes Jahr am 30.Juni und am 2.Juli stattfand.[131]
Ein weiteres besonderes Ereignis im Schäferjahr ist der jährlich in Erwitte oder Geseke stattfindende „Schäferball“, wo sich alle Schäfer aus der näheren Umgebung treffen um das vergangene Jahr Revue passieren zu lassen. Auf so einem Schäferball haben sich die Eltern von Heinrich Gersmeier (jun.), Johanna und Heinrich Gersmeier (sen.), die beide aus Schäferfamilien stammen, kennengelernt. Dieses Phänomen, dass Kinder aus Schäferfamilien untereinander heiraten, kommt häufig vor. Dies belegen auch Daten aus dem Stammbaum der Familie Schröer, wie in Punkt 2.4.3. näher erläutert.
•2.4. Die Familie Schröer
„Jetzt, da ich ein Schaf und eine Kuh habe,
wünscht mir jedermann einen guten Morgen.“
– (Benjamin Franklin) –
2.4.1. Der Stammbaum
Im Stammbaum der Familie Schröer sind alle Schäfer fettgedruckt und unterstrichen dargestellt. Zu jeder Person wurden, soweit vorhanden, Geburts- und Sterbejahr bzw. Jahr der Hochzeit angegeben.
2.4.2. Erläuterungen zum Stammbaum
VII.1. Everhard Schröer:
- – ¥ 1767 mit Margarethe Wiberg (Kirchenbucharchiv[132])
- – Stammt aus Menzel (Kirchenbucharchiv)
VII.2. Margarethe Wiberg:
- – ¥ 1767 mit Everhard Schröer (Kirchenbucharchiv)
- – Stammt aus Effeln (Kirchenbucharchiv)
VI.1.Heinrich Georg Vonnahmen:
- – ¥ am 21.01.1779 in Stirpe mit Maria Elisabeth Gertrude Rieke (Kirchenbucharchiv)
- – Eltern: Heinrich Vonnahmen aus Opherdick und Elisabeth Wortmann (Kirchenbucharchiv)
VI.2. Maria Elisabeth Getrude Rieke:
- – * 1760 in Langenstraße (Kirchenbucharchiv)
- – ¥ am 21.01.1779 in Stirpe mit Heinrich Georg Vonnahmen (Kirchenbucharchiv)
- – ¥ am 17.04.1798 in Westernkotten mit Anton Schröer [als „vidua“ (=Witwe) von VI.1.] (Kirchenbucharchiv)
- – = am 30.12.1846 (Kirchenbucharchiv)
- – Eltern: Josef Rieke aus „Langenstraes“ (= Langenstraße) und Christina Belcke (Kirchenbucharchiv)
VI.3. Anton Schröer:
- – * 1772 (Kirchenbucharchiv)
- – ¥ am 17.04.1798 in Westernkotten mit Maria Elisabeth Gertrude Rieke
- – Stammt aus Menzel (Kirchenbucharchiv)
- – Berufsbezeichnung Schäfer
- – Hausstättenname in Westernkotten: Hahnen, Nr.28 (Kirchenbucharchiv)
VI.4. Anton Werminghaus:
- – Berufsbezeichnung Schäfer (Stammbaum[133])
- – ¥ mit Elisabeth Wegener (Stammbaum)
VI.5. Elisabeth Wegener
- – ¥ mit Anton Werminghaus (Stammbaum)
VI.6. Adam Schröer:
- – Wird bei der Taufe von Franz Adam Schröer [V.2.] als Sohn von Everhard Schröer [VII.1.] angegeben (Kirchenbucharchiv)
VI.7. Johann Schröer:
- – ¥ am 13.01.1817 mit Anna Maria Gudermann (Kirchenbucharchiv)
- – Bei seiner Hochzeit (1817) war er 33 Jahre alt (Kirchenbucharchiv), ® * ca. 1783
- – Stammt aus „Mentzel“ (=Menzel) (Kirchenbucharchiv)
- – Bei Heirat (1846) seines Sohnes [V.6.] bereits verstorben (Stammbaum)
VI.8. Anna Maria Gudermann:
- – ¥ am 13.01.1817 mit Johann Schröer (Kirchenbucharchiv)
- – Alter bei Hochzeit: 31 Jahre (Kirchenbucharchiv), ® * ca. 1785[134]
- – = am 15.06.1852 im Alter von 65 Jahren (Kirchenbucharchiv), ® * ca. 1787[135]
- – Eltern: Anton Gudermann und Sibille Nolte aus Erwitte (Kirchenbucharchiv)
V.1. Josef Vonnahmen:
- – * 1793 (Kirchenbucharchiv)
- – ¥ am 23.01.1825 in Westernkotten mit Elisabeth Schulte (Kirchenbucharchiv)
- – Wird mit der Berufsbezeichnung Schäfer im Jahr 1864 als Hausstättenbesitzer in Westernkotten erwähnt (Urliste[136])
V.2. Franz Adam Schröer:
- – ~ am 22.10.1799 in Westernkotten (Kirchenbucharchiv)
- – = am 30.10.1799 (Kirchenbucharchiv)
V.3. Anna Maria Franziska Schröer:
- – * am 23.06.1804 (Kirchenbucharchiv)
- – = am 08.03.1806 (Kirchenbucharchiv)
V.4. Adolph Schröer:
- – * 05.12.1802 oder 02.10.1802[137]
- – ¥ am 18.11.1828 mit Gertrud Werminghaus (Kirchenbucharchiv)
- – = am 11.03.1870, er hinterließ sechs erwachsene und drei minderjährige Kinder (Kirchenbucharchiv)
- – Berufsbezeichnung Schäfer (Kirchenbucharchiv)
- – Hausnahme: Hahnen, Nr.28 (Kirchenbucharchiv)
V.5. Gertrud Werminghaus:
- – * 1807 (Urliste)
- – ¥ am 18.11.1828 mit Adolph Schröer (Kirchenbucharchiv)
- – = am 07.10.1880 (Kirchenbucharchiv)
V.6. Peter[138] Anton Schröer:
- – * am 06.09.1814 in Westernkotten als uneheliches Kind (Kirchenbucharchiv)
- – ~ am 08.09.1814 (Kirchenbucharchiv)
- – ¥ am 28.08.1846 mit Angela Lisette Schäfermeier (Kirchenbucharchiv)
- – = am 21.09.1878 (Kirchenbucharchiv)
- – Tagelöhner (Stammbaum)
V.7. Angela Lisette Schäfermeier:
- – * am 20.08.1819 (Kirchenbucharchiv)
- – ¥ am 28.08.1846 mit Peter Anton Schröer (Kirchenbucharchiv)
- – = am 12.12.1890
- – Eltern: Salinenarbeiter Stephan Schäfermeier und Christine Fröhling aus Westernkotten
V.8. Francisca Antonetta Schröer:
- – ~ am 21.03.1816 (Mormonen[139])
IV.1. Anton Schröer:
- – * am 12.06.1829 (Stammbaum)
- – ~ am 14.06.1829 (Mormonen)
- – = am 13.01.1834 (Stammbaum)
IV.2. Johanna Gertrud Schröer:
- – * am 03.01.1832 (Kirchenbucharchiv)
- – ~ am 06.01.1832 (Kirchenbucharchiv)
IV.3. Anton Joseph Schröer:
- – * am 10.05.1836 (Kirchenbucharchiv)
- – ~ am 12.05.1836 (Mormonen)
- – ¥ am 04.05.1869 mit Francisca Antonette Freund (Mormonen)
- – war Landwirt (Standesamt)
- – wohnte im Haus Nr. 28, Hahnen (Kirchenbucharchiv)
IV.4. Franziska Freundt:
- – * 18.04.1846 (Kirchenbucharchiv)
- – ¥ am 04.05.1869 mit Josef Schröer (Mormonen)
IV.5. Marie Clare Schröer:
- – ~ am 27.02.1839 (Mormonen)
IV.6. Therese Schröer:
- – * 1841 (Urliste)
IV.7. Francisca Sophia Schröer:
- – ~ am 01.09.1844 (Mormonen)
IV.8. Anton Franz Wilhelm Schröer:
- – * am 22.07.1847 (Kirchenbucharchiv)
- – ~ am 25.07.1847 (Kirchenbucharchiv)
- – ¥ mit Theodora Lüning am 08.11.1873 (Mormonen)
- – = am 18.05.1900 (Kirchenbucharchiv)
- – Berufsbezeichnung Schäfer (Maria Schröer[140])
- – kam aus Scheperhanes Haus (Maria Schröer)
IV.9. Theodora Lüning:
- – * 1853 (Grab[141])
- – ¥ mit Anton Schröer am 08.11.1873 (Mormonen)
- – = 1932 (Grab)
- – Eltern: Franz Anton Lüning und Theresia Gertrud Laux (Kirchenbucharchiv)
IV.10. Lisette Schröer:
- – * 1850 (Urliste)
IV.11. Franz Adolf Schröer:
- – ~ am 17.05.1854 (Mormonen)
- – ¥ 1885 mit Maria Schröer (Maria Schröer (Mariannen[142]))
- – = am 27.07.1931 in Westernkotten (Stammbaum)
- – Berufsbezeichnung: Schäfer (Stammbaum)
IV.12. Maria Schröer:
- – * am 20.04.1862 (Stammbaum)
- – ¥ 1885 mit Adolf Schröer (Maria Schröer (Mariannen))
- – = am 02.01.1943 (Stammbaum)
IV.13. Anton Bernard Schröer:
- – ~ am 15.10.1846 (Mormonen)
IV.14. Joseph Anton Schröer:
- – ~ am 01.08.1852 (Mormonen)
IV.15. Elisabeth Wilhelmine Schröer:
- – ~ am 30.10.1855 (Mormonen)
IV.16. Joseph Schröer:
- – ~ am 03.04.1859 (Mormonen)
- – = am 06.10.1861 (Kirchenbucharchiv)
III.1. Anton Christian Schröer:
- – * am 10.11. 1872 (Mormonen)
III.2. Gertrud Schröer:
- – * am 16.11.1874 (Kirchenbucharchiv)
III.3. Adolf Wilhelm Schröer:
- – * am 18.02.1877 in Westernkotten (Kirchenbucharchiv)
III.4. Franz Schröer:
- – * am 05.07.1879 in Westernkotten (Standesamt[143])
- – ¥ am 22.01.1907 mit Franziska Kaiser aus Eikeloh (Kirchenbucharchiv)
- – Von 1897 bis 1947 Schäfer bei Rieken, einem Schafhalter aus Eikeloh (Eikeloh[144])
III.5. Franziska Kaiser:
- – * am 05.08.1876 in Eikeloh (Standesamt)
- – ¥ am 22.01.1907 mit Franz Schröer (Kirchenbucharchiv)
- – Eltern: Franz Kaiser und Franziska Ruse (Standesamt)
III.6. Anna Franziska Schröer:
- – * am 19.03.1882 (Kirchenbucharchiv)
III.7. Sophie Schröer:
- – * am 15.05.1884 (Kirchenbucharchiv)
III.8. Gertrud Schröer:
- – * am 01.03.1876 (Grab)
- – = am 15.03.1964 (Grab)
III.9. Adolf Schröer:
- – * am 04.04.1878 (Maria Schröer)
- – = am 01.02.1971 (Maria Schröer)
- – ¥ mit Henriette Wollmann (Grab)
- – Berufsbezeichnung Schäfer (Maria Schröer)
III.10. Henriette Wollmann:
- – * 1871 (Grab)
- – ¥ mit Adolf Schröer (Grab)
- – = 1961 (Grab)
III.11. Josef Christian Schröer:
- – * am 24.06.1880 (Kirchenbucharchiv)
- – Berufsbezeichnung Schäfer (Maria Schröer)
III.12. Heinrich Schröer:
- – * am 22.08.1882 (Grab)
- – = am 23.10.1965 (Grab)
III.13. Ludwig Schröer:
- – * am 17.Juli 1884 (Kirchenbucharchiv)
- – Schäfer in Essen (Maria Schröer)
III.14. Gertrud Schröer:
- – am * 31.07.1886 (Stammbaum)
- – = am 05.08.1951 (Stammbaum)
III.15. Maria Schröer:
- – * 1888 (Stammbaum)
- – = 1971 (Stammbaum)
III.16. Elisabeth Schröer:
- – * 1891 (Stammbaum)
- – = 1956 (Stammbaum)
III.17. Josef Schröer:
- – * am 18.01.1894 (Stammbaum)
- – ¥ mit Theresia Wiehen (Maria Schröer (Mariannen))
- – = am 12.06.1956 (Stammbaum)
- – Zeitweise Schäfer (Maria Schröer(Mariannen))
III.18.Theresia Wiehen:
- – ¥ mit Josef Schröer (Maria Schröer (Mariannen)
III.19. Anna Schröer:
- – * 1897 (Stammbaum)
- – Früh gestorben (Maria Schröer (Mariannen))
III.20. Sophia Schröer:
- – * 1900 (Stammbaum)
- – = 1965 (Stammbaum)
- – Urgroßmutter von Jan Marcus, einem der beiden Verfasser
III.21. Adolf Schröer:
- – * am 16.04.1903 (Grab)
- – = am 24.01.1980 (Grab)
- – Berufsbezeichnung Schäfer (Maria Schröer (Mariannen))
- – Genannt : „Dolf“ (Maria Schröer (Mariannen))
II.1. Adolf Schröer:
- – * 1918 (Adolf Schröer)
- – ¥ mit Agathe Hucht (Eikeloh)
- – Wanderschäfer (Adolf Schröer[145])
II.2. Agathe Hucht:
- – ¥ mit Adolf Schröer (Eikeloh)
II.3. Heinrich Schröer:
- – * 1902 (Maria Schröer)
- – = 1982 (Maria Schröer)
- – Schäfer in Duisburg (Maria Schröer)
II.4. Adolf Schröer:
- – * 1904 (Maria Schröer)
- – = 1953 (Maria Schröer)
- – als Schäfer hütete er im Rhein- und Münsterland (Maria Schröer)
II.5. Anton Schröer:
- – * 1906 (Maria Schröer)
- – = am 22.07.1927 „plötzlich durch Blitzschlach“ (Kreuzesinschrift[146])
- – Schäfer (Maria Schröer)
II.6. Gertrud Schröer:
- – * 1910 (Grab)
- – = 1930 (Grab) vom Blitz erschlagen (Maria Schröer)
II.7. Josef Schröer
- – * am 09.11.1912 (Maria Schröer)
- – ¥ am 12.05.1949 mit Maria Schröer (Maria Schröer)
- – =am 13.04.1992 (Maria Schröer)
- – Schäfer (Maria Schröer)
II.8. Maria Schröer:
- – * am 01.12.1924 (Maria Schröer)
- – ¥ am 12.05.1949 mit Josef Schröer (Maria Schröer)
II.9. Wilhelm Schröer:
- – * 1919 (Grab)
- – = 1941 in Russland gefallen (Grab)
II.10. Maria Schröer:
- – * am 29.09.1929 (Maria Schröer (Mariannen))
II.11. Adolf Schröer:
- – * 1931(Maria Schröer (Mariannen))
II.12. Lucia Schröer:
- – * 1933 (Maria Schröer (Mariannen))
I.1. Franz Schröer:
- – * 1948 (Adolf Schröer)
- – Schäfer (Adolf Schröer)
Dieses stark vergrößerte Foto stammt von Maria Schröer (Mariannen) [II.10.]. Im Hintergrund ist ihr Onkel Adolf [III.21.] beim Hüten seiner Schafherde in Wadersloh vor 1939 zu erkennen.
Diese Aufnahme vom 04.01.2001 zeigt die Grabstätte der Familie Schröer auf dem Friedhof in Bad Westernkotten. In dieser Familiengruft ruhen Theodora Lüning [IV.9.], die Mutter des Familienoberhauptes Adolf Schröer [III.9.], seine beiden, in jungen Jahren vom Blitz erschlagenen, Kinder, Gertrud [II.6.] und Anton [II.5.] Schröer. Von dem Letztgenannten befindet sich eine weitere Gedenkstätte in der Westernkötter Feldflur, die sich auf Seite XXX findet. Weiterhin sind hier die Ehefrau von Adolf Schröer, Henriette Wollmann [III.10.] sowie ihr in Russland gefallener Sohn Wilhelm Schröer [II.9.] begraben. Das die Berufsbezeichnung „Schäfer“ mit Stolz getragen wurde, zeigt sich in der Grabinschrift besonders deutlich. Die Erwähnung eines Berufes findet sich nämlich auf den allerwenigsten Grabsteinen.
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2.4.3. Die traditionelle Schäferfamilie Schröer
Dieser Text soll zum einen dazu dienen, den vorangegangenen Stammbaum der Familie Schröer näher zu erläutern, zum anderen werden Informationen verarbeitet, die in die vorigen Texte nicht einfließen konnten, den Verfassern aber dennoch wichtig erscheinen.
Sowohl bei der Erstellung der Erläuterungen zum Stammbaum als auch bei dem vorliegenden Text werden möglichst viele Informationen verarbeitet, um nachfolgenden Familienforschungen die Recherchen so einfach wie möglich zu gestalten.
Bei der Erstellung des Stammbaumes wurde versucht, die Generationen altersgemäß aufzunehmen, das heißt, dass von links nach rechts die Geschwister vom Ältesten zum Jüngsten sortiert wurden. Bis auf zwei Ausnahmen hat dies auch funktioniert, lediglich V.3 und V.4., sowie IV.12. und IV.13. mussten vertauscht werden um die Zusammenhänge darstellen zu können.
Die Daten, die zu der Erstellung des Stammbaumes verwendet wurden, stammen aus vielerlei Quellen, die den Fußnoten der diesem Text vorausgehenden Begleitinformationen zu entnehmen sind. Dort wird pro Information jedoch immer nur eine Quelle benannt, wobei viele der Daten auch durch andere Quellen belegt werden konnten.
Weiterhin werden in diesem Text mögliche Sachverhalte aufgegriffen, die zwar vom Datenmaterial her logisch erscheinen, deren Richtigkeit allerdings nicht eindeutig belegt werden konnte. Dennoch erachten es die Verfasser für sinnvoll, diese Informationen nicht vorzuenthalten, sondern wegen ihrer möglichen Bedeutsamkeit nach bestem Wissen darzulegen.
Die Recherchen im Kirchenbucharchiv in Paderborn ergaben, dass die Familie Schröer, die nach dem Heimatbuch Westernkottens „seit Generationen auf dem Hofe Schröer eine Schafherde [hatte][147],“ ursprünglich aus Menzel stammt.[148] Diesen Hinweis entdeckten die Verfasser erstmalig in einem Vermerk über Anton Schröer [VI.3.], der am 2. Februar 1798 Gertrude Rieke [VI.2.] aus Langenstraße in Westernkotten ehelichte. Diese hatte in der Akte den Zusatz „vidua (lat. Witwe) des Heinrich Georg Vonnahmen [VI.1.]“. Aus dieser ersten Ehe mit Heinrich Georg Vonnahmen, die im Jahr 1779 geschlossen wurde, ging ein Sohn hervor, Josef Vonnahmen [V.1.]. Als Heinrich Georg Vonnahmen [VI.1.] verstarb, war sein Sohn (geb. 1793) höchstens fünf Jahre alt, denn im Jahr 1798 heiratete Gertrude Rieke erneut und zwar Anton Schröer.
Nun liegt die Vermutung nahe, dass Anton Schröer [VI.3.], bei dem nach den bisherigen Recherchen erstmalig die Berufsbezeichnung Schäfer in Verbindung mit einem Angehörigen der Familie Schröer auftaucht, seinen Stiefsohn Josef Vonnahmen [V.1.] in die Schäferei einwies. Josef Vonnahmen taucht in der Urliste 1864 ebenso wie Anton Schröers [VI.3.] leiblicher Sohn, Adolph Schröer [V.4.] als Schäfer auf.
Bei der Betrachtung des Stammbaumes der Familie fällt auf, dass die gesamte Familie aus der Verbindung Everhard Schröers [VII.1.] mit Margarethe Wiberg hervorgeht. Aus dieser Ehe, die im Jahr 1767 geschlossen wurde, gingen (mindestens) drei Söhne hervor: Anton [VI.3.], Adam [VI.6.] und Johann [VI.7.].
Im Laufe der Zeit kristallisierten sich zunächst zwei Familienlinien heraus. Der eine Familienzweig, der aus der Ehe Adolf Schröers [V.4.] mit Gertrud Werminghaus [V.5.] hervorgeht, entstammt einer reinen „Schäferehe.“ Sowohl Adolf Schröer, der selber Schäfer war, als auch Gertrud Werminghaus, deren Vater Anton Werminghaus [VI.4.] ebenfalls Schäfer war, entstammten Schäferfamilien. Das Ehepaar bewohnte die Hausstätte „Hahnen.“ Im Jahr 1882 wird diese Hausstätte bereits als „Schäperhahn“ bezeichnet.[149] Dadurch wird einmal mehr deutlich, dass der Beruf des Schäfers prägend für die Familie Schröer war, denn der Hausstättenname hat sich bis heute nicht mehr geändert. Allerdings wurde auf dieser Hofstätte schon lange keine Schäferei mehr betrieben, denn die Söhne von Adolf Schröer [V.4.], Anton Franz Wilhelm [IV.8.] und Franz Adolf [IV.11.] erstanden die Hofstätten „Camoier“ bzw. „Mariannen“ in Westernkotten.
Erstaunlicherweise taucht der gerade genannte Anton Franz Wilhelm [IV.8.], der 1847 geboren wurde, im Jahr 1864 nicht in der Urliste der Gemeinde Westernkotten auf. Der Meinung der Verfasser nach kann es zwei Gründe dafür gegeben haben. Zum einen könnte er, zu diesem Zeitpunkt siebzehnjährig, beim Militär gewesen sein, zum anderen könnte er aber auch schon ausgezogen sein, was allerdings aufgrund des geringen Alters eher unwahrscheinlich erscheint.
Anton Franz Wilhelm Schröer gab die Schäferei wiederum an seine Söhne weiter, so dass die Schafhaltung in diesem Familienzweig, der nach der neu gekauften Hofstätte „Camoier“ benannt wurde, bis in das Jahr 1980 bestand, das Jahr in dem Josef Schröer [II.7.] seine Herde verkaufte.
Ein Kuriosum war die Heirat im Jahr 1885 von Adolf Schröer [IV.11.] mit einer Frau, die interessanter Weise ebenfalls Schröer hieß, Maria Schröer (Hausstättenname Engels) [IV.12.]. Gemeinsam erwarben sie eine Hofstelle mit dem Hausstättennamen „Mariannen,“ weshalb der Familienzweig, der aus dieser Verbindung hervorgeht, bis heute „Schröer-Mariannen“ genannt wird.
Dolf auf Wanderung
Dieses Foto wurde von Maria Schröer (Mariannen) [II.10.] ausgehändigt und anschließend vergrößert. Es zeigt Adolf Schröer [III.21.] (auf dem Bild links) bei seiner Arbeit als Schäfer in Wadersloh. Dorthin zog er von 1933 bis 1965 jeden Winter, da seine Herde einen größeren Bezirk abweiden konnte. Adolf Schröer schlief zu dieser Zeit bei einem befreundeten Bauern.[150]
Der älteste Sohn Josef [III.17.] hatte ursprünglich die Schafhaltung von seinem Vater Adolf [IV.11.] übernehmen sollen. Nachdem er im Jahr 1908 mit dem Hüten begonnen hatte, aber keine Begeisterung zeigte, wurde er 1914 Soldat und kam erst fünf Jahre später aus Kriegsgefangenschaft nach Hause. Anschließend fand er für die folgenden drei Jahre Anstellung bei der Schafhalterei des Barons von Ketteler in Schwarzenraben, später wurde er ob seines mangelnden Interesses an der Schäferei Bauer.
So kam es, dass sein jüngerer Bruder Adolf [III.21.] unter der Obhut seines Vaters anfing Schafe zu hüten. Nach dem Tode seines Vaters Adolf [IV.11.] am 27.07.1931 war er alleine für die 100 Muttertiere umfassende Herde verantwortlich und hütete sie noch 36 Jahre lang. Als nach dem Zweiten Weltkrieg der Verkehr auf der Bundesstraße 1 immer mehr zunahm und die Wirtschaftswege im Rahmen eines Landesprogrammes asphaltiert wurden, trennte sich Adolf Schröer im Jahr 1967 von seiner Schafherde.[151]
Der dritte, für diese Arbeit wichtige, Familienzweig ist der, der aus der Verbindung Anton Joseph Schröers [IV.3.] mit Franziska Freund [IV.4.] hervorgeht. Obwohl Anton Joseph Schröer laut Aussagen vom Standesamt Erwitte[152] Landwirt war, übte sein Sohn Franz [III.4.] den Beruf des Schäfers aus. Allerdings hatte Franz Schröer die Herde nicht aus der Hand eines Verwandten übernommen, er war in den Jahren 1897 bis 1947 angestellter Schäfer bei Rieken, einem Schafhalter aus Eikeloh. Im Jahr 1905 kaufte Franz Schröer den Hof Keuter in Eikeloh,[153] in dem sein Sohn Adolf Schröer [II.1.] bis heute wohnt. Dieser Adolf Schröer, Sohn von Franz Schröer [III.4.] und Franziska Kaiser [III.5.], schaffte sich im Jahr 1935 eine eigene Schafherde an, nachdem er die Kunst des Schafehütens von seinem Vater gelernt hatte.[154] Er betrieb in den Folgejahren Wanderschäferei, bis schließlich Adolfs Sohn Franz [I.1.] die Schafherde übernahm und damit der einzige noch verbliebene Schäfer der Familie Schröer ist. Er wird wohl auch der letzte sein, da er keine Kinder hat, denen er das Schafhüten weitergeben könnte. Damit würde die Schafhaltung in der Familie Schröer endgültig zu Ende gehen.
Bei den Nachforschungen im Kirchenbucharchiv in Paderborn machten die Verfasser dieser Wettbewerbsarbeit die Erfahrung, dass es häufiger Unterschiede bei den Schreibweisen einzelner Personen gab. So war zum Beispiel lange Zeit unklar, ob Margarethe Wiberg [VII.2.] nicht Maria Elisabeth Wibborg heißt. Bei solch unterschiedlichen Schreibweisen gelang es meistens, einen dritten Eintrag in den Akten des Kirchenbucharchives zu finden, beziehungsweise eine andere Quelle zu Rate zu ziehen, um die Unklarheiten zu beseitigen, was mit Ausnahme Lisette Schröers [IV.10.] auch gelang. Bei Lisette, die laut Urliste[155] im Jahr 1850 geboren worden ist, konnte keine absolute Klarheit bezüglich des Namens erzielt werden, denn in den Akten des Kirchenbucharchives taucht, ebenfalls 1850 geboren, eine Elisabeth Henriette Schröer auf. Die Verfasser entschieden sich schließlich, den Namen Lisette als richtig zu erachten, da sie der Meinung sind, dass der in der Urliste angegebene Name eine Kurzform für Elisabeth Henriette ist und sie bei der Zählung in der Urliste mit ihrem Rufnamen aufgenommen wurde.
Eine weitere Entdeckung, die die Akten des Kirchenbucharchive zu Tage förderten war die, dass fast alle Neugeborenen kurz im Anschluss an ihre Geburt (1-3 Tage) auf den Namen einer, der Familie nahestehenden Person (Nachbar, aber auch Verwandte) getauft wurden. Bei dieser Taufe war in fast allen Fällen der Namenspatron auch als Taufpate anwesend.
Weiterhin konnten die beiden Verfasser dazu beitragen, den Stammbaum der Familie Marcus[156] entscheidend zu korrigieren. Laut Familienstammbaum sollte der unter der Personenkennziffer V.4. angegebene Adolf Schröer im Jahr 1829 geboren worden sein. Allerdings findet sich bei seinem Sohn Anton [IV.1.] ebenfalls die Information, dass er im Jahr 1829 geboren worden ist. Somit stellte sich nun die Frage, ob der Name des Vaters falsch war, bzw. der seiner Kinder, denn dass Adolf in seinem Geburtsjahr schon Kinder zeugte ist wohl kaum anzunehmen. Die Recherchen im Kirchenbucharchiv ergaben schließlich, dass der Vater, der im Stammbaum der Familie Marcus angegeben ist, ein anderer Adolf Schröer war, der ein uneheliches Kind von einem Anton Schröer „von der Benninger Heide“ und einer Sophia Rustige aus Westernkotten war.
Im Anschluss an die Recherchen bezüglich der Familiengeschichte haben die Verfasser nun die Möglichkeit, der Familie Schröer viele, ihnen bis dato unbekannte Informationen über ihre Vorfahren in Form eines ausführlichen Stammbaumes überreichen zu können.
Das Kreuz
Dieses Kreuz, das sich in der Westernkötter Feldflur nahe der Erwitter Warte befindet, ist in Gedenken an den Schäfer Anton Schröer [II.5.] errichtet worden. Hier wurde er beim Hüten der Schafe am 22. Juli 1927 vom Blitz getroffen. Das Foto wurde anlässlich der Restauration des Kreuzes im November 1996 gemacht und den Verfassern vom Westernkötter Heimatverein freundlicherweise zur Verfügung gestellt.
•3. Schlussteil
„Er hat seine Schäfchen aufs Trockene gebracht.“[157]
•3.1. Resümee
Nun, da wir diesen Wettbewerbsbeitrag fast vervollständigt haben, ist es an der Zeit ein Fazit zu ziehen. Nachdem wir uns in den ersten Wochen und Monaten noch mehr Zeit gelassen und uns seltener getroffen hatten, waren die letzten Wochen vor der Fertigstellung von Hektik und Stress geprägt. Doch jetzt sind wir zufrieden, dass der Abschluss näher rückt und wir eine weitestgehend „runde“ Sache ausgearbeitet haben. Natürlich gibt es noch viele Dinge, die wir in diesen Beitrag hätten aufnehmen können, jedoch verblieb dafür nicht genügend Zeit. So planten wir zum Beispiel noch bis Mitte Januar 2001 ein eigenes Kapitel mit dem Namen „Das Schaf in der Religion“ ein, das von der Bedeutung des Schafes in den verschiedenen Religionen (von diesen hauptsächlich Judentum, Islam und Christentum) handeln sollte. Im Rahmen dieses Kapitels war unter anderem ein Gespräch mit einem Moslem über die Essgewohnheiten an islamischen Feiertagen bezüglich Schaffleisch angedacht.
Ebenfalls aus Zeitmangel scheiterte ein Gespräch mit Dr. Lammers, dem Vorgänger von Dr. Brüggemann im Amt des Vorsitzenden des Westfälischen Schafzuchtverbandes. Wie uns der Erwitter Stadtarchivar Hans-Peter Busch mitteilte, hätte uns Dr. Lammers viele Informationen über die Schafhaltung in Westfalen allgemein, aber auch über die von uns untersuchten Ortschaften, liefern können.
Ursprünglich planten wir, auch das Stadtarchiv in Geseke zu besuchen. In diesem Archiv ist das Notizbuch eines Schäfers zu finden, in welches dieser über mehrere Jahre seinen Lohn eintrug. Im Laufe der Zeit schien ein Besuch des Archivs immer weniger sinnvoll, da wir weitere Informationen über die Bezahlung von Schäfern in den Ausarbeitungen von Reckfort und Dr. Gemmeke nachlesen konnten und uns deshalb, aufgrund der knapp werdenden Zeit, lieber mit wichtigeren Recherchen befassten.
Diese von uns nicht genutzten Möglichkeiten können Heimatforschern als Anregung dienen, die Geschichte der Schafhaltung in der näheren Umgebung weiter aufzuarbeiten. Während unserer Recherchen stellten wir nämlich fest, dass die Geschichte der Schäferei, der Landwirtschaft überhaupt, nur in geringem Umfang aufgearbeitet ist und somit viele Möglichkeiten der weiteren Recherche gegeben sind, wie uns der Heimatverein Bad Westernkotten bestätigte, der unsere Erkenntnisse vielleicht dazu nützt, die Geschichte des Schäferkampes und der dort ansässigen Familien weiter zu erforschen.
So sind wir auch mit dem Leitthema dieses Schülerwettbewerbs „Mensch und Tier in der Geschichte“ zufrieden, da das Zusammenleben von Menschen und Tieren in den vergangenen Jahrhunderten und Jahrtausenden nur unzureichend beleuchtet ist. Dies gab uns die Möglichkeit etwas völlig Neues zu schaffen. Allerdings müssen wir einräumen, dass wir anfangs nur mäßig von diesem Thema begeistert waren, da es uns zunächst an konkreten Vorstellungen mangelte und das Thema nicht annähernd so „spektakulär“ wie z.B. das letzte Thema des Schülerwettbewerbs („Protest in der Geschichte“) klang.
Nach diesen anfänglichen leichten Problemen tauchten während der Recherchen öfter ernsthafte Schwierigkeiten auf, die dadurch entstanden, dass die Quellenlage schlecht war – was wiederum davon zeugt, dass der gesamte Themenkomplex nur in geringem Maße aufgearbeitet ist – und dadurch, dass ein langer Zeitraum bearbeitet werden musste. Ein weiteres Problem bildete die für uns schwer entzifferbare Gotische Schrift in den alten Akten, die wir aber dank der Hilfestellungen von Hans-Peter Busch, dem Archivar der Stadt Erwitte, sowie unserem Tutor Wolfgang Marcus beseitigen konnten.
Überhaupt bleibt festzuhalten, dass wir große Unterstützung von vielen Personen und Institutionen erhielten, ob es nun die Stadtverwaltung in Moers war, die uns einen Artikel aus dem Heimatkalender 1941 aus ihren Akten heraussuchte, oder das Kirchenbucharchiv in Paderborn, wo wir an einem unserer schulfreien Werktage trotz Belegung aller verfügbaren Arbeitsplätze drei Tische in einem Nebengebäude zur Verfügung gestellt bekamen, oder unsere vier Gesprächspartner, die sich bereitwillig Zeit für uns nahmen.
Insbesondere durch die eben genannten Gesprächspartner erkannten wir, dass Romantik in Verbindung mit Schäferberuf wenig zu tun hat. Hierzu sagt der Schäfer Goyke:[158]
„Man kann durchaus ein klein wenig Romantik in diesem Beruf sehen. Die, welche bei der Beschreibung des Schäferberufes immer von Romantik sprechen, kennen diesen Beruf bestimmt nicht. Nur wer sich zu diesem Beruf wirklich berufen fühlt, kann diesen Beruf ausfüllen. Derjenige nur wird in dem Beruf auch das finden, was man schön nennt.“
Der Beruf des Schäfers ist sehr anstrengend und in der heutigen Zeit nur unter großen Entbehrungen ausübbar, da er bei verhältnismäßig geringem Verdienst enorm arbeitsintensiv ist. Dies lässt sich auch bei Heinrich Gersmeier feststellen, mit dem wir uns auf Grund seiner langen Arbeitszeit erst ab 19 Uhr treffen konnten. Diese Wettbewerbsarbeit dient (hoffentlich) dazu ein Bewusstsein für die Schwierigkeiten des Schäferberufes zu wecken und dem Beruf ein anderes, realitätsnahes Ansehen in der Gesellschaft zu verschaffen.
Zum Schluss bleibt noch die Frage, ob wir unsere gesetzten Ziele erreichen konnten. Eines unserer Ziele war es zu Beginn, eine Verbindung zu jenem Joan Dirck Schröer herzustellen, der im Westernkötter Heimatbuch 1759 bereits als Schäfer bezeichnet wird. Diese Zielsetzung konnten wir nicht erreichen. Jedoch ist dies keine große Enttäuschung für uns, da wir das Gründungsdatum der Schäferei in der Familie Schröer immerhin um ca. 100 Jahre genauer beziffern können als es das Westernkötter Heimatbuch vermag. In diesem Buch wird lediglich darüber berichtet, dass die Schäferei vor 1897 begann, wir können jedoch beweisen, dass die Schäferei schon von dem 1772 geborenen Anton Schröer betrieben wurde. Im Gliederungspunkt 1.2. (Auswahl des Themas) schrieben wir, dass wir uns keinem „Modethema“ wie z.B. BSE zuwenden wollten. Im Verlauf unserer Recherchen wurde jedoch die Unumgänglichkeit dieses Themas deutlich, da die Schafe einen nicht unerheblichen Anteil an dieser, für den Menschen gefährlichen, Rinderkrankheit haben (siehe auch Gliederungspunkt 2.1.6.).
Eine andere unserer Zielsetzungen lautete zu beweisen oder zu negieren, dass Tendenzen oder Geschehnisse, die wir für Westfalen im Bereich der Schäferei ausmachen konnten, auch in der Familie Schröer bzw. den Dörfern Eikeloh und Westernkotten Bedeutung hatten. Dies ist uns nicht bei allen Geschehnissen/Tendenzen gelungen. Häufig konnten wir nur Vermutungen anstellen, so z.B. dass die allgemeine Tendenz zum Ende des 19. Jahrhunderts, die Hauptnutzung des Schafes von der Woll- auf die Fleischproduktion zu verlagern, nicht spurlos an der Schäferei in der Familie Schröer vorbeigegangen sein wird.
Trotz dem, dass wir unsere Ziele nur teilweise erreichen konnten, sind wir mit unserer Ausarbeitung zufrieden, da sie uns nicht nur ein besseres systematisch-wissenschaftliches Arbeiten im späteren Berufsleben erleichtert, sondern uns ebenfalls interessante Einblicke in die Problematik der Schäferei bot. Was sicherlich ebenfalls zu unserer Zufriedenheit beiträgt, ist, dass die Passagen, in denen das Forschen viel Freude bereitete (z.B. im Kirchenbucharchiv), deutlich überwogen.
•3.2. Quellenverzeichnis
Schriftliche Quellen:
- – Akten des Kirchenbucharchivs Paderborn, Pfarrei Sankt Laurentius Erwitte (römisch-katholisch), Erzdiözese Paderborn, Band 1-15
- – Akten des Stadtarchivs Erwitte:
– B2 Gemeindevorsteher Westernkotten, Nr.46
– diverse Viehzählungen
– Rezess über die Theilung der Weidegemeindegründe zu Westernkotten,
Kreis Lippstadt, W 242
– Untersuchung gegen Franz Bernhard Schnieders, Schäfer des Vorstehers Kersting zu Eikeloh und Begehung der Grenzen der Schafhudeberechtigung (1844)
- – Albers, Helene, Die stille Revolution auf dem Lande – 1899 bis 1999, Landwirtschaftsverlag GmbH Münster, 1999, Landwirtschaftskammer Westfalen – Lippe (Hrsg.)
- – Brockhoff, P., Nach den Regeln der Kunst: Altes Handwerk in Westfalen, Aschendorffsche Verlagsbuchhandlung GmbH & Co. , Münster 1994
- – „Der Patriot“- Lippstädter Zeitung, verschiedene Ausgaben.
- – Doll, Monika, Karolingische und hochmittelalterliche Tierknochenfunde aus Soest (Dokumentation), Soest, ohne Jahresangabe
- – Frageliste Nr.9 (1952), Über Schäfer und Schafzucht, Volkskundliche Kommission für Westfalen, Münster
- – Gemmeke, Dr. Franz, Chronik der Westfälischen Schafzucht, Paderborn, 1975
- – Gemmeke, Dr. Franz, Von Schafen und Schäfern, in: Westfalenspiegel 1961
- – Haag, Herbert (Hrsg.), Bibel-Lexikon, Benziger Verlag, Zürich, Einsiedeln, Köln, 1982
- – Heimatfreunde Bad Westernkotten e.V. (Hrsg.), Bad Westernkotten. Altes Sälzerdorf am Hellweg, Laumanns Druck und Verlagsgesellschaft mbH, Lippstadt, 1987
- – Henning, F.-W., Landwirtschaft und ländliche Gesellschaft in Deutschland, erschienen in zwei Bänden: – Band 1 (800 – 1750), Paderborn, München, Wien, Zürich, 1979
– Band 2 (1750 – 1986), ebd., zweite ergänzte Auflage, 1988
- – Hildner, Gerhard, Der Notenschatz. 240 der beliebtesten Lieder zum Kennenlernen und Mitsingen, Musikverlag Monika Hildner, Burgkunstadt, o.J.
- – Jacobeit, Wolfgang, Schafhaltung und Schäfer in Zentraleuropa bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts, 2. bearbeitete Auflage, Akademieverlag Berlin, 1987
- – Kartografische Anstalt Georg Westermann (Hrsg.), Westermann Weltatlas (Große Ausgabe), Georg Westermann Verlag, Braunschweig 1980, Auflage 1982/83
- – Marcus, Wolfgang, Die Einwohner Westernkottens im Jahre 1864, in: Lippstädter Heimatblätter, 73. Jahrgang, Folge 13, vom 05. August 1993
- – Microsoft Corporation, Microsoft Encarta 99 Enzyklopädie
- – Müntefering, Josef, Die Schäferei in Geseke in: Geseker Heimatblätter, 26.Jahrgang, Nr.141, vom 27.Juli 1968
- – Musterpflegevertrag, Dienstleistung Schafhaltung an Gewässern und Hochwasserschutzanlagen, o.O., 1995
- – Oldenburgischer Deichverband (Hrsg.), Land zwischen Sturmflut und Oberwasser, Brake, o.J.
- – Pachtvertrag zwischen Herrn Franz-Josef Mintert als Pächter und dem Kreis Soest, vertreten durch das Amt für Agrarordnung Soest (Verpächter) für die Zeit vom 01.05.1998 bis Ende offen
- – Probst, Wilhelm, Der Schäferkamp, in: Vertell mui watt. Beiträge zur Geschichte und Heimatkunde des Gebietes der Stadt Erwitte, Nr.74, Februar 1999, Beilage zum Mitteilungsblatt
- – Reckfort, Friedrich-Wilhelm A., Wanderschäfer. Arbeit und Leben, Wirtschaft und Soziales, Münster, New York, 1994
- – Sauermann, Dietmar, Volkskundliche Forschung in Westfalen 1770 bis 1970 II. Geschichte der Volkskundlichen Kommission und ihrer Vorläufer. Band II: Grundlagenmaterial des Archivs für westfälische Volkskunde, Volkskundliche Kommission für Westfalen (Hrsg.), Münster, o.J.
- – Sauermann, Dietmar/Schmitz, Gerda, Alltag auf dem Lande – Bilder und Berichte aus dem Archiv für westfälische Volkskunde. Reihe: Damals bei uns in Westfalen, Rheda-Wiedenbrück, 5. Auflage
- – Schafzuchtverband Berlin Brandenburg e.V. (Hrsg.), Dokumentation zur Deichpflege mit Schafen, Groß Kreuz, Januar 1998
- – Schulte-Beerbühl, Hubert, Eikeloh. Ein Dorf am Hellweg 836 – 1986, im Selbstverlag, Münster, 1985, 1991
- – Stuttgarter Nachschlagewerke zur Bibel, Bibel von A-Z. Wortkonkordanz zum revidierten Luthertext, Württembergische Bibelanstalt Stuttgart, 1969
- – Urliste der sämmtlichen Civil-Einwohner zu Westernkotten, aufgenommen bei der Zählung von Haus zu Haus aus dem Jahr 1864
- – Wander, Friedrich Wilhelm, Deutsches Sprichwörterlexikon, Leipzig 1873
Quellen aus dem Internet:
- – eMails von (Name, Organisation):
– Brüggemann, Dr. Ernst, Landesverband Westfälischer Schafzüchter
– Fuchs, Bernd, Landesamt für Daten und Statistik
- – http://www.familysearch.org
Mündliche Quellen:
- – Gersmeier, Heinrich; geb. am 04.12.1966; Gespräch am 23.11.2000, autorisiert am 04.01.2001
- – Mintert, Franz, geb. am 30.03.1937; Gespräch am 03.09.2000, autorisiert am 04.01.2001
- – Schröer, Adolf, geb. 1918; Gespräch am 05.09.2000, autorisiert am 04.11.2000
- – Schröer, Maria, geb. am 01.12.1924; Gespräch am 02.11.2000, autorisiert am 04.01.2001
- – Telefonat mit Herrn Volkmer vom Standesamt der Stadt Erwitte am 29.12.2000
- – Telefonat mit Herrn Gerdes von der Landwirtschaftskammer Weser-Ems, Fachbereich Tierzucht/Tierhaltung, geführt am 22.01.2001
- – Telefonat am 28.01.2001 mit Maria Schröer (Mariannen), geb. am 29.09.1929
[1] Bovine Spongiforme Enzephalopathie, auch als Rinderwahnsinn bekannt
[2] Als geographische Grenze für Westfalen dienen die Grenzen der 1815 gegründeten preußischen Provinz „Westfalen,“ nach dem Zweiten Weltkrieg fasst „Westfalen“ in unseren Ausführungen die Regierungsbezirke Arnsberg, Detmold und Münster zusammen.
[3] Heimatfreunde Bad Westernkotten e.V. (Hrsg.), Bad Westernkotten. Altes Sälzerdorf am Hellweg, Laumanns Druck und Verlagsgesellschaft mbH, Lippstadt, 1987
[4] Wanderschäfer, sind Schäfer, die mit ihrer Herde einen Teil des Jahres auf Wanderschaft sind, um in Regionen mit besserer Futterlage zu weiden. Früher zogen die hier ansässigen Schäfer ins Rheinland oder an den Main, siehe auch Gliederungspunkt 2.1.4. Diese Form der Schäferei wird in der Wissenschaft als horizontale Transhumanz bezeichnet.
[5] Die Volkskundliche Kommission erstellt regelmäßig Fragelisten zu fest umrissenen Themen (z.B. Essen und Trinken, Tod und Begräbnis, Wie man früher den Sonntag feierte), die einem Kreis von Mitarbeitern, die die Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg bewusst miterlebt haben, zugeschickt werden.
[6] Sauermann, Dietmar, Volkskundliche Forschung in Westfalen 1770 bis 1970 II. Geschichte der Volkskundlichen Kommission und ihrer Vorläufer. Band II: Grundlagenmaterial des Archivs für westfälische Volkskunde, Volkskundliche Kommission für Westfalen (Hrsg.), Münster, o.J. (S. 48)
[7] Reckfort, Wanderschäfer, Beschreibung des Titelbildes
[8] Mariannen ist der Hausstättenname, den wir immer angeben, um einer Verwechslung mit Maria [II.8.] vorzubeugen. Im Gliederungspunkt 2.4.3. wird näher auf die Hausstättennamen eingegangen.
[9] Die „Heimatblätter“ sind eine Beilage zur Lokaltageszeitung „Der Patriot“. In dieser Beilage haben Heimatforscher die Möglichkeit lokalgeschichtliche Beiträge zu veröffentlichen.
In diesem Fall: Marcus, Wolfgang, Die Einwohner Westernkottens im Jahre 1864, in: Lippstädter Heimatblätter, 73. Jahrgang, Folge 13, vom 05. August 1993
[10] Unser Dank gilt an dieser Stelle Erwin Schöneweiß, der die Transkription durchführte.
[11] „Der Patriot“ vom 30.09.2000
[12] Bezeichnung für Heinrich Gersmeier im Volksmund.
[13] Müntefering, Josef, Die Schäferei in Geseke in: Geseker Heimatblätter, 26.Jahrgang, Nr.141, vom 27.Juli 1968
[14] http://www.familysearch.org
[15] Gemmeke, Dr. Franz, Von Schafen und Schäfern, in: Westfalenspiegel 1961, S.16f
[16] Josef Müntefering aus Geseke im Jahr 1968, in: Frageliste Nr.9, Über Schäfer und Schafzucht, Volkskundliche Kommission für Westfalen, Münster
[17] Microsoft Corporation, Microsoft Encarta 99 Enzyklopädie, Stichwort „Schafe“
[18] Nach Henning, F.-W., Landwirtschaft und ländliche Gesellschaft in Deutschland, Band I, Seite 86
[19] Diese Schwankungen ergeben sich daraus, dass bei der Untersuchung verschiedene Fundorte innerhalb Soests ausgewertet wurden.
[20] Doll, Monika, Karolingische und hochmittelalterliche Tierknochenfunde aus Soest (Dokumentation), Soest, ohne Jahresangabe
[21] Jacobeit, W., Schafhaltung und Schäfer in Zentraleuropa bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts, 2. bearbeitete Auflage, Akademieverlag Berlin, 1987, S.26
[22] Jacobeit, W., Schafhaltung und Schäfer in Zentraleuropa bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts, S.20
[23] Schulte-Beerbühl, Hubert, Eikeloh. Ein Dorf am Hellweg 836 – 1986, im Selbstverlag, Münster, 1985, S.129
[24] Reckfort, Wanderschäfer, S.22
[25] Reckfort, Wanderschäfer, S.19
[26] Gemmeke, Chronik der Westfälischen Schafzucht, S.11
[27] Heimatfreunde Bad Westernkotten e.V. (Hrsg.), Bad Westernkotten. Altes Sälzerdorf am Hellweg, S.129
[28] gefunden in: Wander, Deutsches Sprichwörter-Lexikon, Leipzig, 1873, S.63
[29] Gemmeke, Chronik der Westfälischen Schafzucht, S.15
[30] Gemmeke, Chronik der Westfälischen Schafzucht, S.15
[31] Gemmeke, Chronik der Westfälischen Schafzucht, S.15
[32] Herzog Christian von Braunschweig, genannt der „Tolle Christian“, stand seit 1619 auf der holländisch-pfälzischen Seite.
[33] Heimatfreunde Bad Westernkotten e.V. (Hrsg.), Bad Westernkotten. Altes Sälzerdorf am Hellweg, S.143 ff
[34] Schulte-Beerbühl, Hubert, Eikeloh. Ein Dorf am Hellweg 836 – 1986, S.151
[35] Staatsarchiv Münster, Archiv des Patroklistiftes in Soest, Akten Nummer 23, in: Heimatfreunde Bad Westernkotten e.V. (Hrsg.), Bad Westernkotten. Altes Sälzerdorf am Hellweg, S.144
[36] Hildebrand, Bruno, Zur Geschichte der deutschen Wollenindustrie (S.195), in: Jacobeit, W., Schafhaltung und Schäfer in Zentraleuropa bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts, S.31
[37] Heimatfreunde Bad Westernkotten e.V. (Hrsg.), Bad Westernkotten. Altes Sälzerdorf am Hellweg, S.128
[38] Schafrasse mit besonders feiner Wolle. Die Spanier hatten ein Ausführverbot für Merinoschafe und somit, nach Jacobeit bis ins Jahr 1751, ein europaweites Monopol.
[39] Gemmeke, Chronik der Westfälischen Schafzucht, S.39
[40] Gemmeke, Chronik der Westfälischen Schafzucht, S.38
[41] Tabelle der Viehzählung vom 3.Dezember 1867 im Amtsbezirk Erwitte im Regierungsbezirk Arnsberg, Akte des Stadtarchivs Erwitte
[42] Gemmeke, Chronik der Westfälischen Schafzucht, S.35f
[43] nach: Schulte Beerbühl, S.146, entspricht ein (Magdeburger) Morgen (=2553,2 m2) 180 Quadratruten (1 [Rheinische] Quadratrute = 14,183 m2), die Quadratrute wiederum bestand aus 144 Quadrat Fuß zu je 0,0985 m2.
[44] Schulte-Beerbühl, Hubert, Eikeloh. Ein Dorf am Hellweg 836 – 1986, S.136
[45] Schulte-Beerbühl, Hubert, Eikeloh. Ein Dorf am Hellweg 836 – 1986, S. 340 und S.308
[46] Gemmeke, Chronik der Westfälischen Schafzucht, S.35
[47] aus einem Diagramm abgelesen in: Henning, F.-W., Landwirtschaft und ländliche Gesellschaft in Deutschland, Band II, S.27
[48] Gemmeke, Chronik der Westfälischen Schafzucht, S. 36; allerdings gibt Gemmeke auf Seite 43 eine weitere Zahl des wesfälischen Schafbestandes an, die er mit 635.000 Tieren für geschätzt hält.
[49] Gemmeke, Chronik der Westfälischen Schafzucht, S. 43
[50] Gemmeke, Chronik der Westfälischen Schafzucht, S. 43f
[51] Die Zahlen von Westernkotten und Eikeloh wurden entnommen: Tabelle der Viehzählung vom 3.Dezember 1864 im Amtsbezirk Erwitte im Regierungsbezirk Arnsberg, Akte des Stadtarchivs Erwitte
[52] Gemmeke, Chronik der Westfälischen Schafzucht, S. 42
[53] Reckfort, Wanderschäfer, S.33
[54] Henning, F.-W., Landwirtschaft und ländliche Gesellschaft in Deutschland, Band II
[55] Brockhoff, P., Nach den Regeln der Kunst: Altes Handwerk in Westfalen, Aschendorffsche Verlagsbuchhandlung GmbH & Co. , Münster 1994
[56] Jacobeit, W., Schafhaltung und Schäfer in Zentraleuropa bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts, S.36 f.
[57] Mendelson, Die volkswirtschaftliche Bedeutung der deutschen Schafhaltung, Jena, 1904; aus: Gemmeke, Chronik der Westfälischen Schafzucht, S.41
[58] Albers, Helene, Die stille Revolution auf dem Lande – 1899 bis 1999, LV Druck im Landwirtschaftsverlag GmbH, Münster,1999, Landwirtschaftskammer Westfalen – Lippe (Hrsg.)
[59] ebd.
[60] Gemmeke, Chronik der Westfälischen Schafzucht, S. 54
[61] Viehzählung vom 3.Dezember 1864 im Amtsbezirk Erwitte im Regierungsbezirk Arnsberg, Akte des Stadtarchivs Erwitte
[62] Viehzählung vom 03.12.1867: 1276 Schafe; Viehzählung vom 10.01.1873: 1109 Schafe; Westernkötter Heimatbuch, Seite 359, im Jahr 1893: 446 Schafe
[63] Heimatfreunde Bad Westernkotten e.V. (Hrsg.), Bad Westernkotten, S.359
[64] Als sein Schwiegersohn wird Hermann Kaiser genannt, welcher vermutlich mit dem 1882 genannten Schäfer Kaiser identisch ist.
[65] Urliste der sämmtlichen Civil-Einwohner zu Westernkotten, aufgenommen bei der Zählung von Haus zu Haus aus dem Jahr 1864
[66] Probst, Wilhelm, Der Schäferkamp, in: Vertell mui watt. Beiträge zur Geschichte und Heimatkunde des Gebietes der Stadt Erwitte, Nr.74, Februar 1999, Beilage zum Mitteilungsblatt
[67] Diese Karte zeigt einen Ausschnitt Westernkottens und ist ein Auszug aus dem Stadtplan von Erwitte 1999.
[68] gefunden in: Wander, Deutsches Sprichwörter-Lexikon, S.54
[69] Henning, F.-W., Landwirtschaft und ländliche Gesellschaft in Deutschland, Band II
[70] Im 19. Jahrhundert aus England importierte und anschließend mit deutschen Landschafen gekreuzte Schafrasse (vgl. Gemmeke, Chronik der Westfälischen Schafzucht).
[71] Sauermann, Dietmar/Schmitz, Gerda, Alltag auf dem Lande – Bilder und Berichte aus dem Archiv für westfälische Volkskunde. Reihe: Damals bei uns in Westfalen, Rheda-Wiedenbrück, 5. Auflage, 1991
[72] Kartografische Anstalt Georg Westermann (Hrsg.), Westermann Weltatlas (Große Ausgabe), Georg Westermann Verlag, Braunschweig 1980, Auflage 1982/83
[73] Gemmeke, Chronik der Westfälischen Schafzucht, S.69
[74] gefunden in: Wander, Deutsches Sprichwörter-Lexikon, S.55
[75] Microsoft Corporation, Microsoft Encarta 99 Enzyklopädie, Stichwort „Bodenreform“
[76] Gemmeke, Chronik der Westfälischen Schafzucht, S.83
[77] Gespräch mit Maria Schröer bei der Autorisierung am 04.01.2001
[78] aus Holland eingeführtes Schaf mit weißem Kopf; besitzt eine hohe Fleischleistung sowie eine hohe Fruchtbarkeit; schlecht geeignet für Wanderschäferei (aus: Gemmeke, Chronik der Westfälischen Schafzucht, S.85)
[79] Schafe werden unbeaufsichtigt (somit wenig arbeitsintensiv) auf einer eingezäunten Weidefläche gehalten. Meist nur geringe Anzahl. (aus: Reckfort, Wanderschäfer, S.45)
[80] Aussagen von Maria Schröer vom 2.11.2000; teilweise Bestätigung durch Westernkötter Heimatbuch, S.360
[81] Aussagen von Adolf Schröer am 5.9.2000
[82] Reckfort, Wanderschäfer, S.54
[83] Reckfort, Wanderschäfer, S.47f
[84] Reckfort, Wanderschäfer, S.53
[85] nach Reckfort (S.55): Diese Art der Schäferei ist ganzjährig auf die nähere Umgebung fixiert. Tagsüber zieht der Schäfer mit der Herde ein wenig umher und pfercht sie abends in Elektronetzen ein.
[86] Reckfort, Wanderschäfer, S.179-181
[87] gefunden in: Wander, Friedrich Wilhelm, Deutsches Sprichwörterlexikon, S.56
[88] Oldenburgischer Deichverband (Hrsg.), Land zwischen Sturmflut und Oberwasser, Brake, o.J., Seite 4
[89] Telefonat vom 22.01.2001 mit Herrn Gerdes von der Landwirtschaftskammer Weser-Ems, Fachbereich Tierzucht/Tierhaltung.
[90] Musterpflegevertrag, Dienstleistung Schafhaltung an Gewässern und Hochwasserschutzanlagen, o.O., 1995
[91] Schafzuchtverband Berlin Brandenburg e.V. (Hrsg.), Dokumentation zur Deichpflege mit Schafen, Groß Kreuz, Januar 1998
[92] Schafzuchtverband Berlin Brandenburg e.V. (Hrsg.), Dokumentation zur Deichpflege mit Schafen, Groß Kreuz, Januar 1998
[93] Musterpflegevertrag, Dienstleistung Schafhaltung an Gewässern und Hochwasserschutzanlagen, o.O., 1995
[94] Pachtvertrag zwischen Herrn Franz-Josef Mintert als Pächter und dem Kreis Soest, vertreten durch das Amt für Agrarordnung Soest (Verpächter) für die Zeit vom 01.05.1998 bis Ende offen, § 2 Art.1
[95] Sämtliche Informationen über das Fleischkonsumverhalten wurden einer eMail von Dr. Ernst Brüggemann vom 16.01.2001 entnommen.
[96] eMail von Dr. Ernst Brüggemann vom 16.01.2001
[97] Heimatfreunde Bad Westernkotten e.V. (Hrsg.), Bad Westernkotten. Altes Sälzerdorf am Hellweg, S.360
[98] Dr. Brüggemann, der Vorsitzende des Landesverbandes Westfälischer Schafzüchter, beziffert in seiner eMail vom 16.01.2001 die Extensivierungsprämie mit 300,- DM pro Hektar.
[99] eMail vom 16.01.2001
[100] Die von Schafen bekannte Scrapie-Krankheit (auch Traberkrankheit genannt) zeigt ähnliche Symptome wie BSE. Vermutlich infizierten sich britische Rinder durch Proteinzusatz im Futter, der aus Gehirnen kranker Schafe gewonnen worden war. Anfang der achtziger Jahre verringerten englische Tiermehlfabriken ihre Verarbeitungstemperaturen aus Gründen der Sparsamkeit auf etwa 80 °C. Sehr wahrscheinlich wurden dadurch die Scrapie-Erreger verendeter Schafe nicht zerstört. Als dieses Tiermehl an Rinder verfüttert wurde, entstand die Krankheit BSE. (nach: Microsoft Corporation, Microsoft Encarta 99 Enzyklopädie)
[101] so Dr. Ernst Brüggemann, Vorsitzender des Landesverbandes Westfälischer Schafzüchter in einem Artikel der Tageszeitung „Der Patriot“ vom 09.01.2001
[102] J. Triphaus aus Grafeld, in Frageliste 9: Über Schäfer und Schafzucht.
[103] Nach Gemmeke, Chronik der Westfälischen Schafzucht, S.20
[104] Flurschütz: Person, die über die Einhaltung der Hudegerechtsame und sonstige die Fluren betreffenden Verordnungen wacht.
[105] Bei einem Schnadzug, auch Schnadgang genannt, werden die bestehenden Grenzen überprüft. Dieses Brauchtum existiert auch heutzutage noch: Bei dem meist jährlich stattfindenden Schnadgang werden die Grenzen des Dorfes in gemütlicher Form abgewandert und beim sogenannten „Pohläsen“ wird die Festigkeit des Grenzsteines mit dem Gesäß überprüft.
[106] B2, Gemeindevorsteher Westernkotten Nr.46, Akte des Stadtarchivs Erwitte
[107] Verfügung datiert mit Westernkotten, den 24. Juni 1854 in: B2 Gemeindevorsteher Westernkotten Nr.46, Akte des Stadtarchivs Erwitte
[108] in: B2, Gemeindevorsteher Westernkotten Nr.46, Akte des Stadtarchivs Erwitte
[109] auch Strohwisch: ein Stab, senkrecht im Boden steckend und an der Spitze mit Stroh umwickelt; für den Schäfer das Zeichen für Hüteverbot, nach Reckfort, Wanderschäfer, Anhang
[110] Akte des Stadtarchivs Erwitte
[111] Es handelt sich hierbei nicht um wirkliche Herden, sondern nur um eine von den Verfassern gewählte Einheit.
[112] Tabelle der Viehzählung vom 03. Dezember 1864, Akte des Stadtarchivs Erwitte
[113] Schulte-Beerbühl, Hubert, Eikeloh. Ein Dorf am Hellweg 836 – 1986, S.135 und S.150
[114] gefunden in: Wander, Deutsches Sprichwörter-Lexikon, S.71
[115] Halekotte, Wilhelm, 1969 in: Frageliste Nr.9 (1952), Über Schäfer und Schafzucht, Volkskundliche Kommission für Westfalen, Münster
[116] „Josef, warum legst du dich denn nicht hin beim Hüten?“ – „Dann muss ich auch wieder aufstehen!“
gefunden bei J. Brand aus Benhausen (Kreis Paderborn), in: Frageliste Nr.9 (1952), Über Schäfer und Schafzucht, Volkskundliche Kommission für Westfalen, Münster
[117] Frageliste Nr.9 (1952), Über Schäfer und Schafzucht, Volkskundliche Kommission für Westfalen, Münster
[118] nachgeschlagen in: Haag, Herbert (Hrsg.), Bibel-Lexikon, Benziger Verlag, Zürich, Einsiedeln, Köln, 1982 und Stuttgarter Nachschlagewerke zur Bibel, Bibel von A-Z. Wortkonkordanz zum revidierten Luthertext, Württembergische Bibelanstalt Stuttgart, 1969
[119] laut Bibel-Lexikon (S.1887) ist „Widder“ die Bezeichnung für ein männliches Schaf
[120] Reckfort, Wanderschäfer, S.112 ff
[121] Reckfort, Wanderschäfer, S.123
[122] Sauermann, Dietmar/Schmitz, Gerda, Alltag auf dem Lande – Bilder und Berichte aus dem Archiv für westfälische Volkskunde
[123] Lippisches Intelligenzblatt von 1796, Rubrik Sternbergische Nebenstunden, in: Gemmeke, Chronik der Westfälischen Schafzucht, S.16f
[124] Gespräch mit Maria Schröer vom 02.11.2000; sie datierte das Todesjahr jedoch auf 1880, während in den Akten des Kirchbucharchives Paderborn das Todesjahr 1900 (von späterer Hand eingetragen) angegeben wird.
[125] Gespräch mit Adolf Schröer am 05.09.2000
[126] Telefonat mit Maria Schröer (Mariannen) vom 28.01.2001
[127] Gemmeke, Chronik der Westfälischen Schafzucht, S.67
[128] Brand, J. aus Bernhausen im Kreis Paderborn (Berichtszeit: um 1900), in: Frageliste Nr.9 (1952), Über Schäfer und Schafzucht, Volkskundliche Kommission für Westfalen, Münster
[129] ebd.
[130] Gespräch mit Adolf Schröer am 05.09.2000
[131] Gemmeke, Chronik der Westfälischen Schafzucht, S.42
[132] Akten des Kirchenbucharchivs Paderborn, Kirchenbücher der Pfarrei St. Laurentius Erwitte, Nr. 1-15
[133] Stammbaum der Familie Marcus (Jan Marcus ist einer der Verfasser dieser Wettbewerbsarbeit)
[134] Ein Fehler, den die beiden Verfasser lediglich mit den mangelnden Rechenkünsten eines Geistlichen erklären können.
[135] Ebd.
[136] Urliste der sämmtlichen Civil-Einwohner zu Westernkotten, aufgenommen bei der Zählung von Haus zu Haus
[137] Die Akten des Kirchenbucharchivs liefern unterschiedliche Geburtsdaten.
[138] Rufname ist kursiv hervorgehoben.
[139] Recherche auf der Internet-Seite der „Church of Jesus Christ of Latter-day Saints“ (Mormonen): http://www.familysearch.org
[140] Gespräch mit Maria Schröer am 02.11.2000
[141] Die Informationen wurden Grabstätten der Familie Schröer auf dem Friedhof in Bad Westernkotten entnommen. Die größte dieser Grabstätten ist auf Seite 48 abgebildet.
[142] Telefonat mit Maria Schröer (Mariannen) vom 28.01.2001
[143] Telefonische Auskunft durch Herrn Volkmer vom Standesamt in Erwitte bezüglich einiger Daten der Familie Schröer
[144] Schulte Beerbühl, Hubert, Eikeloh, S.308
[145] Gespräch mit Adolf Schröer am 05.09.2000
[146] siehe auch Foto dieses Kreuzes auf Seite 52
[147] Heimatfreunde Bad Westernkotten e.V. (Hrsg.), Bad Westernkotten, S.360
[148] Akten des Kirchenbucharchivs Paderborn, Pfarrei Sankt Laurentius Erwitte (römisch-katholisch), Erzdiözese Paderborn, Band 1-15
[149] Probst, Wilhelm, Der Schäferkamp, in: Vertell mui watt. Beiträge zur Geschichte und Heimatkunde des Gebietes der Stadt Erwitte, Nr.74, Februar 1999, Beilage zum Mitteilungsblatt
[150] Telefonat mit Maria Schröer (Mariannen) vom 28.01.2001
[151] Alle Informationen bezüglich „Schröer-Mariannen“ wurden einem Telefonat vom 28.01.2001 mit Maria Schröer (Mariannen) [II.10.] der Nichte Adolf Schröers [III.21.] entnommen.
[152] Telefonat mit Herrn Volkmer vom Standesamt der Stadt Erwitte am 29.12.2000
[153] Schulte-Beerbühl, Hubert, Eikeloh, S.308
[154] Gespräch mit Adolf Schröer [II.1.] am 05.09.2000
[155] Marcus, Wolfgang, Die Einwohner Westernkottens im Jahre 1864, in: Lippstädter Heimatblätter, 73. Jahrgang, Folge 13, vom 05. August 1993
[156] Jan Marcus ist einer der Verfasser dieser Arbeit.
[157] gefunden in: Wander, Deutsches Sprichwörterlexikon, S.70
[158] Reckfort, Wanderschäfer, S.116