von Wolfgang Marcus
In: Vertell mui watt Nr. 146
In dem Buch „Anröchte. Geschichte seiner Ortschaften von den Anfängen bis um 1800“, 1993 herausgegeben von der Gemeinde Anröchte und verfasst von Dr. Helmut Müller aus dem Staatsarchiv Münster, ist nach Aussage des Registers 11 Mal auch Westernkotten erwähnt. Darin finden sich unter anderem Ausführungen zu den folgenden drei Themen:
- Westernkötter Juden im Siebenjährigen Krieg (ebd. S. 206)
„Im Reichskrieg gegen Preußen standen auf preußischer Seite England-Hannover, Braunschweig, Hessen-Kassel und Schaumburg-Lippe, hinzu kam, daß auch die mit dem Reich paktierenden Franzosen nach Westfalen vordrangen…Die Dörfer zwischen Hellweg und Haar lagen genau im Grenzgebiet der feindlichen Parteien…Ende April rückten Franzosen in das Amt Erwitte ein. Obgleich zu den Verbündeten zählend, zogen sie den Einwohnern das letzte ersparte Geld aus den Taschen…Außer einem Husarenregiment hatten sich kaiserliche und weitere französische Truppen im Amt Erwitte eingefunden. Auch sie forderten Hafer, Heu, Holz und vor allem Frischfleisch. Brennholz war kaum aufzutreiben. Das Frischfleisch mußten die Juden von Erwitte, Anröchte, Westernkotten, Störmede, Rüthen und Geseke nach Erwitte liefern, um die rund 6000 Mann starken Truppen ernähren zu können. Bei Nichtlieferung war militärische Exekution angedroht. Für den Bereich Stadt und Gogericht Geseke und Amt Erwitte hatten die Juden Katz und Nathan aus Störmede das Fleisch heranzuschaffen.“
- Halsstarrige Westernkötter beim Straßenausbau 1770-74 (ebd. S. 188/189)
„Im Jahre 1770/71 soll der Hellweg, die alte „Heerstraße“, ausgebaut werden. Anröchte hat den Abschnitt bis kurz vor Erwitte, wo der Sauerländer Weg auf die Straße mündet, zu befestigen, Altengeseke das Stück bis zur Kapelle auf dem Lusebrink, Berge den Bereich vom Sauerländer Weg bis an die Thiekämpe.
Die Straße soll beidseitig mit breiten Abzugsgräben angelegt werden, die Steine aus den nächstgelegenen Steingruben genommen werden. Gleichzeitig soll auch der kurfürstliche Gerichtsbezirk mit Pfählen, die mit den kurfürstlichen Farben zu bemalen sind, abgesteckt werden. Auf den Pfählen sollen die Namen der Dörfer abschnittsweise stehen, so wie sie für die Unterhaltung der Straßen zuständig sind. Gegen Säumige wie Westernkotten, dessen ‚eingewurzelte Halsstarrigkeit…sattsam bekannt sei‘, werde man unnachsichtig, notfalls mitmilitärischen Mitteln, vorgehen. Aber 1771 ist die Arbeit an der Heerstraße noch nicht weiter gediehen. Die Dörfer sind untätig und glauben, es liege bei ihnen zu entscheiden, ob sie den Dienst zu verrichten hätten oder nicht. Die Straße war ein Steindamm geplant, der links und rechts von einem Abwassergraben (Kanal) begleitet wurde. 1774 protestierte der Richter zu Erwitte gegen die Einwohner von Westernkotten, weil sie sich nicht am Ausbau der Straße beteiligten. 1776 mußten sie sich sogar den Vorwurf gefallen lassen, die über den Glase-Bach geschlagene neue Brücke, Dreibrücke genannt, verdorben zu haben. Dadurch wurde der aus dem Münsterland kommende Handel mit Holz – auf dem Rückweg nahmen die Händler Korn mit – beeinträchtigt. Vor allem Erwitte hatte darunter zu leiden. Es mußte seine einzige Handelsware, Korn, jetzt nach Lippstadt liefern.“
- Westernkötter Dreck (ebd. S. 160)
„Über Anbau im Mittelalter ist für den Anröchter Bereich so gut wie nichts bekannt. Bis in das 19. Jahrhundert hinein herrschte bei leichteren bis mittleren Böden die Jahrhunderte alte Methode der Dreifelderwirtschaft und bei schwereren Böden die Fünffelderwirtschaft vor. Dreifelderwirtschaft bedeutet: im ersten Jahr Hafer, im zweiten Jahr Roggen, im dritten Jahr ebenfalls Roggen. Danach blieben die Äcker drei bis vier Jahre als Brache oder Weideland liegen. Bei der Fünffelderwirtschaft, wie sie in und um Anröchte vorherrschend war, sah der Anbaurhythmus so aus: Roggen, Gerste, Rauhfutter (ein Gemisch von Hafer und Wicken) und Bohnen, Weizen oder Hafer in Gesellschaft mit Kartoffeln, Klee, Lein, danach Brache. Die Düngung geschah im Allgemeinen mit Plaggen, weniger mit Stallmist, während Klee mit Kalk aus der Gegend von Marsberg bestreut wurde, Rauhfutter mit einem Gemisch aus Erde und Salz aus der Umgebung von Westernkotten, weshalb dieser Dünger auch als Westernkötter Dreck bezeichnet wurde.“