2024: Salz in NRW – natürlich auch in Bad Westernkotten

Von Wolfgang Marcus

Die Nordrhein-Westfalen-Stiftung gibt mehrmals im Jahr ein Magazin heraus, das sich mit Projekten beschäftigt, die von der Stiftung gefördert wurden und werden. Das trifft ja auch auf unsere Schäferkämper Wassermühle zu, die von der NRW-Stiftung gekauft wurde.

In der Ausgabe Nr. 1/20024 erschien jetzt ein Aufsatz zum Thema Salz, insbesondere zu dem Projekt „Salzwelten“ in Bad Sassendorf. [1] Ich zitiere im Folgenden einige Textpassagen und drucke eine Karte ab, auch wenn Bad Westernkotten nicht im Vordergrund des Textes steht.[2]

„SALZ IN NRW – SOLEQUELLEN UND ABBAUKAMMERN

Schwarzes Gold – der Begriff ist in NRW fest mit dem historischen Boom der Kohlereviere verbunden. Doch für die Menschen stand am Anfang nicht das schwarze, sondern das weiße Gold. Die Kunst des Salzsiedens wurde schon vor Jahrtausenden praktiziert, nicht zuletzt in Westfalen, das im Mittelalter zu einer der wichtigsten Salinenregionen Deutschlands werden sollte. Einige westfälische Kurorte profitieren bis heute vom Gesundheitswert ihrer Salzquellen, gewonnen wird weißes Gold im modernen NRW aber fast nur noch im Bergbau, der in der „Niederrheinischen Salzpfanne“ eine riesige unterirdische Saline geschaffen hat. Wir folgen der rheinisch-westfälischen Spur des Mineralstoffs, von dem der Mensch in einem Durchschnittsleben bis zu zweihundert Kilogramm aufnimmt. …

Die früheste konkrete Schilderung der Salzgewinnung in Westfalen verdanken wir einem der ersten Abgesandten der muslimischen Welt, die je nach Mitteleuropa kamen: Ibrahim Ibn Yaqub reiste um 970 durch das Reich Kaiser Ottos des Großen und sammelte dabei Informationen besonders über wirtschaftliche Tätigkeiten. Dabei fiel ihm in Soest eine Quelle auf, deren Wasser man in Gefäße füllte und in Steinöfen erhitzte, bis es dick wurde und weiß auskristallisierte. Ibrahim beschrieb damit das grundlegende Prinzip der Salzsiederei, doch anders als er meinte, war die von ihm beobachtete Quelle in der Gegend keine Rarität. Gerade am Hellweg, in der fruchtbaren Bördelandschaft nördlich des Sauerlands, in der Soest liegt, finden sich gleich mehrere Punkte, wo salzhaltiges Wasser durch natürlichen Druck aus unterirdischen Reservoirs emporsteigt.

Auf der Salzroute

Der Hellwegraum gilt als ältester Wirtschaftsraum Westfalens, benannt nach einer wichtigen mittelalterlichen Heer- und Handelsstraße vom Rhein in Richtung Weser. Der Name dieser Straße wird manchmal als Abwandlung des Wortes „Hallweg“ interpretiert, was so viel wie Salzweg bedeuten soll.

Der sog. Westfälische Hellweg [Abb. aus dem Original, S. 32]

Sprachwissenschaftlich führt das in die Irre, doch historisch gesehen trifft es genau ins Schwarze, pardon: ins Weiße, dass am Hellweg heute die „Westfälische Salzroute“ verläuft, die zu zahlreichen salzbezogenen Sehenswürdigkeiten führt, etwa der Windpumpe von Unna-Königsborn oder dem Sälzeraltar in Werl. Unterwegs stößt man in Bad Sassendorf zudem auf das Erlebnismuseum der „Westfälischen Salzwelten“.  – Das von der NRW-Stiftung unterstützte Museum ist im Wirtschaftstrakt einer denkmalgeschützten Hofanlage untergebracht und setzt ganz auf Anschaulichkeit. Bewegliche Modelle machen den Aufbau einer historischen Salinenanlage nachvollziehbar, wobei zugleich an die mühevolle Tätigkeit der Salzknechte erinnert wird, die tagtäglich inmitten heißer Dämpfe an den Siedepfannen hantierten. Ihre Arbeitgeber waren die sogenannten Salzbeerbten oder Erbsälzer, die allein das Recht hatten, am jeweiligen Ort Siedehütten zu betreiben – ein sozialer Sonderstatus, der darin gipfelte, dass die Erbsälzerfamilien der Stadt Werl 1708 in den Adelsstand erhoben wurden. Die Ausstellung präsentiert Salz aber auch als Thema der Gegenwart und als einen Stoff, für den es heutzutage von der Arzneiproduktion bis zum Stromspeicher hochspezialisierte Anwendungen gibt. Installationen und Bildschirme ermöglichen überall eigene Versuche, lassen Kristalle wachsen, leiten elektrischen Strom durch Salzlösungen oder verbreiten wohltuenden Solenebel.

Konzentriert gegen Holznot

Salinen benötigten sehr viel Brennholz, was zugleich die Furcht vor der „Holznot“ steigerte, die im vorindustriellen Zeitalter stark ausgeprägt war. Wären im 16. Jahrhundert nicht die sogenannten Leck- oder Gradierwerke aufgekommen, hätte aufgrund von Brennholzknappheit und den damit verbundenen Preissteigerungen wohl kaum noch jemand das zuvor schon teure weiße Gold bezahlen können. Das Prinzip der Innovation: Ließ man die Sole vor dem Erhitzen an aufgeschichteten Stroh- oder besser noch Reisigbündeln herabrieseln, so erhöhte sich durch die Verdunstung die Salzkonzentration, was beim Sieden viel Brennmaterial sparte. – Trotz der großen Mengen an Bauholz, die die Gradierwerke erforderten, rentierten sie sich so sehr, dass sie im 18. Jahrhundert zu wahren Giganten heranwuchsen. In Salzkotten entstand 1777 eine der damals größten Anlagen Europas, über elf Meter hoch, rund 500 Meter lang. Die Saline Königsborn in Unna, die zeitweise dem Staat Preußen gehörte und bereits 1799 durch die erste Dampfmaschine auf heutigem NRW-Gebiet ihren Pioniergeist bei der Soleförderung bewiesen hatte, verfügte 1840 sogar über ein tausend Meter langes Gradierwerk. – Aufgrund der Einwirkung von Wind, Wetter und Salz mussten Gradieranlagen immer wieder überholt oder ganz neu errichtet werden. Das schien sich kaum noch zu lohnen, als die Salzsiederei im späten 19. Jahrhundert durch Änderungen staatlicher Vorschriften gegenüber dem Salzbergbau in die Defensive geriet. Zum Glück wusste man damals aber bereits um die positiven Wirkungen des Salzklimas auf die menschliche Gesundheit, so dass sich für viele Solequellen bald eine neue Zukunft als Bade- und Gesundbrunnen abzeichnete – mit Gradierwerken als Stätten des heilsamen Aufatmens. Die Zeit der Ungetüme aus Holz und Schwarzdornreisig ist daher selbst im 21. Jahrhundert noch keineswegs vorbei, ganz im Gegenteil, manche von ihnen sind durch Aussichtsplattformen und innere Begehbarkeit für das Publikum attraktiver denn je, so wie die Erlebnisanlage in Bad Sassendorf, deren obere Ebene dank Förderung durch die NRW-Stiftung barrierefrei per Lift erreichbar ist…“ – Es folgen Ausführungen über „Bad Hamm“, „Reinheit durch Sieden“ und „Die Gottesgabe“, die Saline bei Rheine. Mein Fazit: Sehr lesenswert, da der Aufsatz einen guten Überblick gibt.


[1] Günther, Ralf J.: Salz in NRW – Solequellen und Abbaukammern; in: NRW-Natur, Heimat, Kultur – Magazin der NRW-Stiftung, Druck: Bonifatius-Druckerei Paderborn 2024, S. 30-33

[2] Zahlreiche Aufsätze zum Solbad und Heilbad Westernkotten finden Sie in den Lippstädter Heimatblättern, auf der Homepage der Heimatfreunde Bad Westernkotten https://heimatverein-badwesternkotten.de/ usw. Ein Fachaufsatz ist sogar im Internationales Jahrbuch für Salzgeschichte erschienen: Marcus, Wolfgang, Die im 19. Jahrhundert am Salzwerk Westernkotten beteiligten Interessenten und Arbeiter; in: Internationales Jahrbuch für Salzgeschichte, Hall/Tirol 2001, S. 333-350