2022: „Exzellenten Draht zu den Ministerien in Düsseldorf“ – Erinnerungen an den ehemaligen Bad Westernkötter Kurdirektor Josef Grumpe

 von Wolfgang Marcus; in: Heimatkalender des Kreises Soest 2022, S. 123-125

Am 16.11.2020 verstarb im Alter von 92 Jahren der ehemalige Erwitter Stadtdirektor und Kurdirektor von Bad Westernkotten, Josef Grumpe. Hier soll insbesondere an seine wegweisenden Leistungen für das Heilbad Westernkotten erinnert werden.

Biographisches: Brilon, Obermarsberg, Fredeburg

Josef Grumpe wurde am 17.5.1928 in Brilon geboren. Er gehörte der römisch-katholischen Kirche an, von 1934 bis 1942 besuchte ich die Volksschule in Brilon. Die Landjahrpflicht erfüllte er vom 1.4. 1942 bis 31.10. 1942. Am 1.11. 1942 wurde er bei dem damaligen Landratsamt in Brilon als Lehrling eingestellt. Im Sommer 1945 wurde er vom Dienst suspendiert; die Wiedereinstellung erfolgte am 4.8. 1947, nachdem die Entnazifizierung durchgeführt worden war. Von diesem Zeitpunkt ab war er ununterbrochen bis zum 30.9. 1961 bei der Kreisverwaltung Brilon tätig; und zwar in den Dienststellen der früheren staatlichen Abteilung, im Wahlamt, Haupt- und Personalamt, Ausgleichsamt und dreieinhalb Jahre als Prüfer im Rechnungs- und Gemeindeprüfungsamt.

1952 legte er die Prüfung für den mittleren Verwaltungs- und Kassendienst ab, die Prüfung für den gehobenen Dienst am 2.3.1956. Nach einem 7-semestrigen Studium an der Verwaltungsakademie für Westfalen in Hagen bestand er am 28.10.1960 die Kommunaldiplomprüfung.

Vom 1.10.1961 bis 30.6.1969 war er als Stadtdirektor der Stadt Obermarsberg tätig, gleichzeitig Vorsitzender des Sparkassenrates der Stadtsparkasse zu Obermarsberg und Vorsitzender des Heimat- und Verkehrsvereins Obermarsberg.

Vom 1.7.1969 bis 31.12.1974 folgte dann eine Zeit als Amtsdirektor des Amtes Fredeburg, verbunden mit dem Amt des Vorsitzenden des Sparkassen- bzw. Verwaltungsrates der Stadtsparkasse der Stadt Fredeburg; seit 1961 außerdem Mitglied des Kuratoriums des Krankenhauses St. Georg in Fredeburg sowie des Aufsichtsrates der Siedlungs- und Baugenossenschaft für den Kreis Meschede eGmbH in Meschede.

Infolge der kommunalen Neugliederung kam er zum 1.1.1975 in den Dienst der neu gebildeten Stadt Schmallenberg (aus dem bisherigen Ämtern Schmallenberg und Fredeburg gebildet). Dort war er mit der Wahrnehmung der Aufgaben des allgemeinen Vertreters des Hauptverwaltungsbeamten der neuen Stadt Schmallenberg beauftragt. Seit 1971 war er zusätzlich Mitglied des Hauptausschusses sowie Mitglied des Ausschusses für öffentliche Einrichtungen und Wirtschaftsförderung des nordrhein-westfälischen Städte- und Gemeindebundes in Düsseldorf.

1975 – 1991: Stadtdirektor von Erwitte

Über 15 Jahre übte Josef Grumpe die Funktion des Stadtdirektors der Stadt Erwitte aus. Vom 1. Dezember 1975 bis zum 31. Mai 1991 leitete er die Geschicke der Stadt. Bei seiner einstimmigen Wahl im Oktober 1975 – es hatten sich 18 Personen beworben – wird schon deutlich, dass besonders seine Leistungen in Bad Fredeburg die Erwitter Kommunalpolitiker überzeugt hatten. So heißt es im „Patriot“ vom 29.10.1975: „In Fredeburg, der letzten Station seines Wirkens, bereitete der dynamische Kommunalbeamte den Weg zum „Bad“, unter seiner Regie entstanden Gartenhallenbad, Tennisanlage, Ortsdurchfahrt, zwei Grundschulen, ein großes inzwischen rohbaufertiges Schul- zentrum sowie zwei Hallenbäder in Bödefeld und Dorlar, in diesen Gemeinden ebenfalls zwei Kindergärten. Grumpe setzte sich mit Elan für die Förderung des Tourismus ein. Er gilt als der Mann, dem es gelang, enorme Zuschüsse zu bekommen, bei den Investitionsprogrammen in Bund und Land operierte er erfolgreich, indem er fertige Pläne vorlegte. Für das Rehabilitationszentrum Fredeburg vergingen unter seiner Federführung vom ersten Planungsgespräch bis zur Grundsteinlegung nur 128 Tage, eine 272-Betten-Klinik ist im Bau, Kurmittelhaus und Kommunikationszentrum sind im Entstehen. Josef Grumpe ist in seiner Freizeit begeisterter Sportpilot und Tennisspieler.“

Wie sehr er sich bereits nach kurzer Zeit mit seiner neuen Heimat Erwitte beschäftigt hatte, zeigt sein Aufsatz im Kreisheimatkalender von 1977: Grumpe, Josef, Erwitte im Wandel der Zeiten; in: Heimatkalender d. Kreises Soest 1977, S. 36-44. Hier finden sich auch seine Arbeitsschwerpunkte für die Stadt Erwitte, auf die an dieser Stelle nicht näher eingegangen werden soll.

1976 – 30.11.1987: Kurdirektor von Bad Westernkotten

Die 1950 gegründete Solbad Westernkotten GmbH konnte sich in der Anfangszeit keinen eigenen Kurdirektor oder hauptamtlichen Geschäftsführer leisten. So lag es nahe, die Kurdirektoren der benachbarten Bäder Bad Waldliesborn und Bad Sassendorf zusätzlich mit der Leitung in Bad Westernkotten zu betrauen. Dies war zunächst der Bad Waldliesborner Kurdirektor Ewald Klinkhammer (1950 bis 31.1.1965), dann der ebenfalls in Bad Waldliesborn tätige Helmut Werner Gröger (1965 – 31.5.1976). Dann für eine kurze Übergangszeit der Bad Sassendorfer Rudolf Hilger (1.6.1976 – 30.9.1976 -kommissarisch-). Josef Grumpe war in dieser Zeit schon Vorsitzender der Gesellschafterversammlung.

Als Rudolf Hilger mit Schreiben vom 16. Juli die kommissarische Leitung der Solbad Westernkotten GmbH niederlegte, führten verschiedene Überlegungen dazu, Stadtdirektor Grumpe auch zum Kurdirektor von Bad Westernkotten zu wählen. So wurde auf eine Ausschreibung verzichtet und Grumpe am 27.9.1976 von der Gesellschafterversammlung gewählt. Die wichtigsten Gründe waren die Orts- und Fachkenntnis von Josef Grumpe, gemeinsame Interessen von Stadt Erwitte und Solbad sowie die schwierige Lage im Bäderbereich, die eine vorsichtige Ausgabenpolitik erforderte. Die Stadt Erwitte gab in der Ratssitzung am 11.10.1976 ebenfalls ihr Einverständnis, allerdings mit dem Vorbehalt des jederzeitigen Widerrufs, und so hatte Bad Westernkotten 1976 erstmals in seiner Geschichte einen eigenen Kurdirektor.

Josef Grumpe übernahm das Amt des Kurdirektors in einer wirtschaftlich schwierigen Zeit für Bäder. Man konnte regelrecht von einer Talfahrt sprechen. Grumpe richtete dann konsequent die Geschäftspolitik auf zwei Schwerpunkte: Zum einen die inhaltliche Ausrichtung und das Gesicht des Heilbades, zum anderen die finanzielle Seite. Wichtige Bereiche sind hier kurz erläutert:

Klinifizierung der Kurheime

Als die Rezession 1976 die beiden Großkurheime (das „Kurheim Mühlenweg“ wurde nach seiner Fertigstellung erstmals am 15.11. 1974 belegt, das „Kurheim Solequelle GmbH“ nach der Belegungszusage der BfA im Mai 1976 mit 74 Betten fertiggestellt) auch die Solbad GmbH in finanzielle Schwierigkeiten brachte, beantragte Kurdirektor Grumpe bei der BfA die Umwandlung in Sanatorien, um in Anbetracht einer fortschreitenden Klinifizierung der Kur einer drohenden Unterbelegung vorzubeugen. Die Zustimmung der BfA erfolgte nicht zuletzt deshalb, weil die Solbad GmbH sich verpflichtet hatte, den Weg von den Sanatorien zum Kurmittelhaus mit einer überdachten Pergola auszustatten. Diese Pergola wurde im Juli 1978 fertiggestellt. Im Laufe des Jahres 1982 wurde die zunächst offene Pergola zu einem witterungsunabhängigen geschlossenen Gang umgebaut, der unter der Straße Mühlenweg eine direkte Verbindung zwischen Sanatorien und Kurmittelhaus bildete. Die beiden Kurheime wurden im August 1977 in Sanatorien umgewandelt.

Auch die LVA Westfalen zeigte 1978 ihr Interesse am Bau eines Sanatoriums. Seit 1960 hatte sie die beiden Kurheime Günnewig (22 Betten) und Lüning (42 Betten) belegt, die jedoch außerhalb des Kurgebietes lagen. Während das Kurheim Günnewig zu einem Altenpflegeheim umgewandelt wurde, bestand bei der Familie Lüning Interesse am Bau des Sanatoriums auf ihrem Grundstück neben dem Sanatorium „Solequelle“. Nach Gesprächen mit der LVA begann der Bau im Mai 1979, die Fertigstellung erfolgte 1980. Auch dieses Sanatorium wurde durch eine Pergola mit dem Kurmittelhaus verbunden.

Eine Erweiterung des Sanatoriums „Mühlenweg“ auf insgesamt 160 Betten erfolgte 1988. Im Rahmen einer weiter fortschreitenden Klinifizierung der Kur erfolgte eine Umwandlung des Sanatoriums in die „Kurklinik“ Mühlenweg. Die beiden anderen Sanatorien vollzogen diesen Schritt nur wenig später. Auch hier erfolgten jeweils noch Anbauten.

Bau der Hellweg-Sole-Thermen

1981 gelang Kurdirektor Josef Grumpe wohl der nachhaltigste Beitrag zur Stabilisierung des Heilbades: Der Bau des Thermalbades „Hellweg-Sole-Thermen“.

Durch den Bau der Hellweg-Sole-Thermen 1981 wurde die Bettenzahl langfristig stabilisiert. So betrug sie 1983 802 Betten, 1984 waren es am Ende des Jahres 823 und Ende 1985 835 Betten, davon 311 in den drei Sanatorien. Die 1000er-Marke wurde erstmals 1990 durch die Eröffnung des Kurhotels Grüttner in der Salzstraße überschritten.

Anlegung der Kurpromenade

Die Anlegung der Kurpromenade 1981-1983 war eine zwingende Voraussetzung dafür, dass der Ort Bad Westernkotten auch ein „Gesicht“ als Heilbad bekam. Diese Straße, die Weringhauser Straße, war bis dahin noch eine Landstraße gewesen. Bei diesem Projekt, dass keine Anliegerkosten verursachte, kamen Josef Grumpe sicherlich seine Kenntnisse als Stadtdirektor und seine guten Kontakte nach Düsseldorf, um Fördergelder abzugreifen, zugute. Die Umwandlung der ehemaligen Landstraße in eine fußläufige Promenade als Verbindung zwischen dem Ortszentrum und dem Kurbereich mit Kurpark und Kureinrichtungen erfolgte dann in mehreren Bauabschnitten. Voraussetzung war auch eine neue „Umgehungsstraße“, die durch die Anlegung des „Wirtschaftsweges“ Solering geschaffen wurde.

Weitere Entwicklungen in der Zeit von Josef Grumpe als Kurdirektor

1976: Stadtdirektor Josef Grumpe wird zum Kurdirektor gewählt

1976: Die Stadt Erwitte beschließt die 1. Kurbeitragssatzung

1976: Anlegung des Springbrunnens vor der Kurhalle im Kurpark

1977: Eröffnung von „Café Gerling“ durch Genehmigung für den Umbau eines landwirtschaftlichen Betriebes

1978: Eröffnung des Sole- und Moorbadehauses als Anbau an das Kurmittelhaus; das seit dem 9.1.1978 leerstehende alte Badehaus wird in das „Haus des Gastes“ umgestaltet und als solches im September 1978 eingeweiht

1978: Das Haus Speckenheuer südlich des Kurhauses, 1976 von der Solbad GmbH gekauft, wird abgerissen; von hier am „Haus des Gastes“ vorbei bis zum Westwall („Ronnedoil“) entstand ein neuer Fußweg.

1978: Eröffnung des Großparkplatzes am Solering

1978: Anlegung des großen Springbrunnens im Kurpark

1979: Eröffnung eines Tennisplatzes am Kurpark

1980: Bau des Solerings

1981: Einweihung der Hellweg-Sole-Thermen am 30.10. durch Landesarbeitsminister Prof. Friedhelm Farthmann (SPD); staatliche Anerkennung der Heilquellen

1983: Nach drei Jahren Fertigstellung der Kurpromenade bis zur Straße Westerntor

1983: Nach umfangreichen Renovierungsarbeiten wird das Kurhaus am 25.3.1983 wiedereröffnet; neuer Pächter ist das Ehepaar Hardt.

1983: Eröffnung des Park-Cafés an der neuen Kurpromenade

1983: Einsturz eines 15 Meter langen Teilstücks des 1. Gradierwerks am 26.6.

1984: Die tägliche Besucherzahl in den Thermen erhöht sich auf über 1000; am 11.2. wird ein „Römisches Dampfbad“ und ein Sonnenstudio in Betrieb genommen.

1985: 1. Erweiterung der Hellweg-Sole-Thermen: ein Therapiebecken kommt hinzu, die Vitaminbar wird vergrößert; ein kleines Therapiebecken im Obergeschoss wird dem Saunabereich zugeordnet

1985: Installation einer modernen Mooraufbereitungsanlage im Kurmittelhaus

1985: Beginn der Sanierung des 1. Gradierwerks in drei Bauabschnitten (bis 1991); Kostenaufwand: 940.000 €

1986: Eröffnung von „Moden am Kurhaus“ und weiterer Einzelhandelsgeschäfte an der Kurpromenade

1988: Peter Scheler übernimmt das Amt des Kurdirektors von Josef Grumpe

Resümee

Josef Grumpe blieb bis zum 30.11.1987 im Amt des Kurdirektors. Kurz zuvor hatte der Rat der Stadt Erwitte beschlossen, die Ämter des Stadt- und Kurdirektors wieder zu trennen. Im „Patriot“ vom 1.12.1987 heißt es dazu: „Eine Ära ist zu Ende: Bad Westernkotten muss mit Wirkung des heutigen Dienstages, 1. Dezember, ohne den bewährten und engagierten Kurdirektor Josef Grumpe auskommen! Der Grund dafür liegt allein im politischen Raum: In der Sitzung des Stadtrates, die am 27. August stattfand, nahmen die Parlamentarier dem Erwitter Verwaltungschef die Genehmigung zur Nebenbeschäftigung als Kurdirektor in Bad Westernkotten zum 30. November. Mit dieser Entscheidung besiegelten CDU, SPD und FDP den bereits im Vorfeld des Votums geäußerten Wunsch, die Ämter von Stadt- und Kurdirektor zu trennen. Alle Bemühungen von seitens des Vorsitzenden der Gesellschafterversammlung der Solbad Bad Westernkotten, Dr. Friedrich Siebecke, mit den Erwitter Politikern, respektive der CDU-Mehrheitsfraktion ins Gespräch zu kommen, scheiterten.“

Dr. Siebecke würdigte bei der Verabschiedung Josef Grumpe mit herzlichen Worten: „Unter der Leitung von Josef Grumpe wurde aus dem dörflichen Bad Westernkotten, dem jegliche Ausstrahlung und eine zeitgemäße Ausstattung fehlte, ein modernes und renommiertes Bad, das mittlerweile in ganz Deutschland bekannt ist, nämlich als kleiner, aber sehr feiner Kurort.“

Josef Grumpe wohnte und lebte nach seinem Ausscheiden als Kurdirektor (1987) und dann als Stadtdirektor (1991) eher zurückgezogen im Norden von Lippstadt, später wohnte er im Barbarossa-Stift und im Seniorenheim „Metropol“ in Bad Waldliesborn.

Im Nachruf der Stadt Erwitte [Patriot 28.11.2020] heißt es treffend: „Beharrlichkeit, strategisches Denken, straffe Führung, oft eckig und direkt, aber immer auch wieder liebenswürdig, das zeichnete ihn aus.“

Quellen:

Grumpe, Josef, Erwitte im Wandel der Zeiten; in: Heimatkalender d. Kreises Soest 1977, S. 36-44

Grumpe, Josef, Erwitte, Kleinstadt mit Herz am Hellweg; in: Sauerland 1981, S.68-72

Marcus, Wolfgang, 1950-2000: 50 Jahre Solbad Westernkotten GmbH, in: Jahrbuch Bad Westernkotten 2017, S. 60 – 73

Diverse Ausgabe der Tageszeitung „Der Patriot“