Die Kaland-Bruderschaft Maria, Josef und Barbara zu Westernkotten
Von Wolfgang Marcus
[Erstabdruck: Marcus, Wolfgang, Die Kaland-Bruderschaft Maria, Josef und Barbara zu Westernkotten, in: Vertell mui watt, Ausg. 126/127 (2001)]
Die Kaland-Bruderschaften waren und sind kirchliche Gebetsvereine, in denen sich Geistliche und Laien beiderlei Geschlechts zusammengeschlossen haben, die sich zur Aufgabe gemacht haben, an gewissen Tagen im Jahr gemeinsam Gottesdienst zu halten, für die lebenden und verstorbenen Mitglieder des Vereins zu beten, der gegenseitigen Liebe und Achtung auch durch ein gemeinsames Mahl Ausdruck zu verleihen und durch Unterstützung von Hilfsprojekten einer christlichen Verantwortung gerecht zu werden. Der Name bedeutet soviel wie Kalenderherrn, von „Calendae“, dem ersten Tag des Monats, in dem das Jahrestreffen stattfand. [nach A. Biening, Die Kalandbruderschaften der Diözese Paderborn, Westf. Zeitschrift, Bd. 30, 1872]. Ein Stück weit kann man die Kaland-Bruderschaften mit heutigen Gemeinschaften wie Rotary-Club oder Lions-Club vergleichen.
Auch in Westernkotten gab es im 18. und 19. Jahrhundert eine solche Gebetsgemeinschaft. Sie nannte sich „Kaland-Bruderschaft Maria, Josef und Barbara zu Westernkotten“. Im Heimatbuch von 1958 [Bad Westernkotten. Ein Heimatbuch. Lippstadt 1958] ist dazu ohne Verfasserangabe ein Aufsatz abgedruckt, der bereits 1931 in den „Heimatblättern“ von Rudolf Steimann veröffentlicht worden war [Rudolf Steimann, Kaland-Bruderschaft zu Westernkotten, Heimatblätter 13 Jg,. S. 26]. Darin wird eine Einladung zu einer Kaland-Zusammenkunft in Westernkotten aus dem Jahre 1784 abgedruckt, an der auch Mitglieder der Familie Bredenoll teilnahmen. Rudolf Steimann war ein Nachfahre der Familie Bredenoll.
In dieser Einladung finden sich 46 Namen von Mitgliedern der Gemeinschaft, darunter 21 Laien und 25 Priester, von Soest über Horn und Erwitte bis nach Geseke sowie zwei Damen, die Äbtissin von Siegen und die Kanonisse von Westphalen.
Zu den Kalandbruderschaften ist nun ein neues Buch erschienen [Hengst, Karl und Schmitt, Michael, Lob der büderlichen Eintracht – Die Kalandsbruderschaften in Westfalen: Festschrift aus Anlaß des 650jährigen Bestehens der Kalandbruderschaft Neuenheerse, Paderborn 2000]. Darin findet sich von Michael Schmitt auch ein Aufsatz über den Westernkötter Kaland [ebd. S. 180- 182; freundlicher Weise von Archivar Hans-Peter Busch zur Verfügung gestellt]. Nach Abdruck der Urkunde vom 5.Juli 1784 heißt es in dem Aufsatz noch:
„Unter dem Schutz der Gottesmutter Maria, des heiligen Josef und der heiligen Barbara stand die Westernkötter Kalandsbruderschaft. Die heilige Barbara gilt seit alter Zeit als Patronin der Bergleute und ihre Verehrung weist auf die dortige Salzhütte hin.
Eine ansehnliche Gesellschaft von 46 Personen, darunter als vornehme Damen die Äbtissin von Siegen (1774-1799) und die Kanonisse von Westphalen des Geseker Damenstifts, versammelte sich zur gottesdienstlichen Feier und zum anschließenden Mahl. Dominierend in der Teilnehmerliste tritt der Klerus der umliegenden Pfarreien und des Geseker St. Cyriakusstiftes auf. Bemerkenswert ist, dass auch Geistliche aus Soest und Paderborn als Mitglieder aufgeführt sind. Die Laien scheinen fast alle aus Westernkotten oder Erwitte zu kommen und hauptsächlich aus den mit den Klerikern verwandten Familien von Juristen und Sälzern zu stammen.
Aus den weiteren Angaben der Namensliste geht hervor, dass Pfarrer Coke in Hellinghausen als Kalendermann (Kalandsdechant) tätig war. Als Tractanten, d.h. in diesem Jahr zuständig für die Vorbereitung der gemeinsamen Mahlzeit, nennt die Liste den Assessor Humbold. [vgl. den Hofstättennamen für den Hof Gudermann, Schützenstraße].
Der Termin für die Zusammenkunft, dies kann man aus dem oben erwähnten Einladungsschreiben erschließen, war der Montag nach Trinitatis. Im Jahre 1784 fiel dieser Tag auf den 12. Juli. Näheres zum Tagungsort und -ablauf der Kalandstage ist nicht überliefert.
Die Kalandsbruderschaft zur Ehren der Heiligen Maria, Josef und Barbara, über deren Alter, Entstehung und Untergang – vermutlich mit der Auflösung des Geseker Stiftes 1823 – nichts Näheres bekannt ist, läßt nur einen kleinen, aber dennoch bezeichnenden Einblick in die personelle Zusammensetzung und die Festfeier an der Schwelle vom Rokoko zur Aufklärung zu.“