2016: Peters, Maria: Wölfe – damals und heute. Vom gejagten Isegrim zum gefeierten Isegrim; in: Heimatbätter Lippstadt 2016, S.69-70

In den letzten Jahren ist in der Presse immer wieder von Wölfen in deutschen Landen zu lesen – von vielen wird dies freudig vermerkt. Teils sollen sie aus Polen zugewandert sein. Auf verlassenen Truppenübungsplätzen scheinen sie sich besonders wohl zu fühlen. So würden sie zum Beispiel in der Lausitz und ebenso der Lüneburger Heide nachgewiesen. Zunächst in Rudeln mit Eltern und Geschwistern lebend, suchen sich mit etwa zwei Jahren die Jungtiere ein eigenes Revier.

2011 durchstreifte ein einsamer Wolf den Reinhardswald – in der Gegend um Kassel – dieser fiel aber schon bald dem Autoverkehr zum Opfer. Auch ins wald- und feldreiche Thüringen, ist der Wolf, sehr zum Leidwesen vieler Viehhalter, wieder zurückgekehrt. Ob das empfohlene Anbringen von speziellen Zäunen den Wolf vom Schaf und sonstigen Nutzvieh abhält, wird mit Skepsis betrachtet. Da die Wölfe ganzjährigen Jagdschutz genießen, ist auch in diesem Bundesland mit einer Zunahme der Wolfs-Population zu rechnen.

In den Jahren 2014/15 war immer wieder in der Presse über die Rückkehr der Wölfe – vereinzelt auch nach Nordrhein-Westfalen – zu lesen. So wurde für den 19. September 2015 von der NABU – Landesfachausschuss Wolf in NRW das Seminar: „Die Rückkehr der Wölfe nach NRW – Herausforderung und Konfliktlösungsansätze“ angeboten. Unter der Überschrift: INFORMIEREN – BEVOR DER WOLF DA IST – war zu lesen: „Wir möchten Brücken schlagen zwischen den wichtigen Interessengruppen Naturschutz, Tierzucht, Landwirtschaft, Forst, Jagd und Gesellschaft.“ Es gab theoretische und praktische Informationen für alle in der Öffentlichkeitsarbeit für den Wolf Interessierten.

Viele von uns erfüllen diese Informationen mit einem gewissen Unbehagen, aber auch mit Neugier. Wie wird das sein, wenn wir unerwartet bei einer Waldwanderung, diesem schon seit Kindertagen gefürchteten Raubtier begegnen oder wenn wir sogar bei einem Picknick in der Natur von ihm überrascht werden?

Wie war das in meinen Kindertagen? Wolfsgeschichten – in Kindertagen – bei winterlicher Dämmerung am warmen Ofen, geborgen auf dem Schoß der Großmutter, immer wieder gern gehört, weil sie so schön gruselig waren, sind in der Erinnerung von vielen aus meiner Generation noch gegenwärtig. Der Wolf in den Märchen der Gebrüder Grimm „zog immer den Kürzeren“, da ja in den Märchen unserer Kinderzeit immer das Gute siegte und somit diese Geschichten im Nachhinein keine tiefen Ängste hinterlassen haben. Anders waren da schon die Wolfsgeschichten aus dem fernen, tief verschneiten Russland zu verstehen, die auch manchmal zu Gehör kamen. – In unserer jetzigen, aufgeklärten Erziehungsweise bleiben unseren Kindern und Enkelkindern, solche mündlich weitergegebenen Erzählungen erspart.

Dass der Wolf im Mittelalter durchaus zur westfälischen Tierwelt zählte, fand ich 2014 im STADTARCHIV LIPPSTADT, in einen Aufsatz des Lippstädter Heimatdichters Franz Kesting – aus dem Jahr 1930 – unter dem Titel: „Mittelalterliches Jagen“. Da hierbei die Jagden in meiner westfälischen Heimat – zwischen Lippestrand und Sauerland – beschrieben wurden, soll hier auszugsweise auf die Jagd im Allgemeinen und auf die Wolfs- und Hirschjagden um 1670 in Südwestfalen eingegangen werden. „Dass die Jagdpassionen der kurfürstlichen Herren ein recht kostspieliges Vergnügen waren, bedarf wohl keiner Frage. Ein ganzes Heer von Jägern, vom Oberjägermeister angefangen bis zum Holzknechte, musste besoldet werden. Kurfürst Ferdinand erschien einst zur Hirschfeist mit 345 Personen und 233 Pferden. Dagegen verursachte der noch weit größere Treibertross wenig oder gar keine Kosten. – Alle Orte der näheren und weiteren Umgebung des Bannforstes wurden kurzerhand mit Jagdfronen belegt, und alle hatten, wenn auch zähneknirschend zu gehorchen, denn die Nichtbefolgung wurde mit harten Strafen geahndet. – Bestimmte Höfe und Klöster mussten, wenn die Herren der Jägerei der Hunde nicht bedurften, diese aufnehmen und verpflegen. Zu den Jagden selbst hatten nicht selten auch weit entfernte Orte eine Anzahl von Köttern, Wagen und Pferden zu stellen und das meistens in einer Zeit, wo wegen der Ernte jede Kraft daheim dringend nötig war. Dabei mussten sich die Leute selbst verpflegen. –

So hatte Rüthen zur Hirschfeist nach einer Urkunde des Jahres 1631 für die ganze Dauer der Hirschfeist wöchentlich – die Woche zu 8 Tagen gerechnet – 3 Gespanne und 30 Kötter zu stellen. Ge-

schah das nicht, so waren für jeden Wagen täglich 2 Rthlr. und für jeden Kötter 1/5 Rthlr. zu zahlen. Welche Opfer das bedeutete, kann man ermessen, wenn man bedenkt, dass die Jagden oft 6 Wochen dauerten.

Im Jahre 1575 beschwerte sich der Drost und Rentmeister von Rietberg über unerträglichen Frondienst, die „ihre im Gogericht Erwitte gesessenen eigenhörigen Leute mit betrübtem Gemüte in Arensberg“, also bei den Jagden im Arnsberger Walde, leisten mussten. – Wohl unter dem. Drucke, der sich immer mehr häufenden Beschwerden, wurde dann später eine Milderung beschlossenen, dergestalt, dass „hin für an Jagdwagen und zur hohen Wildbahn dero Churf. Durchl. zu Cölln Maximilian Henrichen zu stellen hätten:

Diese Verpflichtung zu Frondiensten dauerte Jahrhunderte lang. Am drückendsten waren wohl die Aufgebote zu den Wolfsjagden. So wurden 825 Personen im Jahre 1623 und 600 Personen im Jahre 1628 zur Wolfsjagd aufgeboten.

Dem Richter zu Erwitte wurde am 27.Februar 1618 befohlen, „aus seinem anbefohlenen Gogericht alsbald das Aufgebot geschehen zu Jassen, damit Mann für Mann, sie mögen gehören, wem sie auch wollen, gegen nächsten Samstagabend, ist der 4. Martis, 70 Personen, keine Kinder, sondern junge starke Leute mit Rohren, Trommel, Spießen und etliche mit Äxten am verordneten Platz anlangen.“

Zu diesem Wolfstreiben hatten außerdem zu stellen: „Höingh 50, Cörbecke 50, Brilon 50, Rüden 50 und Eversberg 40 Mann.“ Mit je 1 oder 2 Wagen mussten die Ämter Hellefeld, Stockum, Werl Cörbecke und Eversberg antreten.

Zur Beteiligung an einer Wolfsjagd wurden 5 Jahre später aufgefordert, die Orte „Erwitte, Werl, Ostinkhausen, Körbecke, Allagen, Mülheim, Dinschede, Klosinkhausen, Undorf, Eymer, Brockhusen, Husten, Neheim, Herdringen, Müschede, Weningloe, Obereimer, Hachen, Remblingkhausen, Reiste, Meschede, Kalle, Haß, Hellefeld, Eslohe und Oevendorpf. Körbecke allein hatte zu stellen: – Mann für Mann – 100.“ – Das war schon mehr eine allgemeine Mobilmachung. Aber der Kurfürst rief und alle, alle kamen. – Erst im Jahre 1850 wurden durch das Ablösungsgesetz vom 2. März alle jagdlichen Dienste und Leistungen ohne Entschädigung aufgehoben. Einige, wie Hundegelder, Hundebrot und Wolfsjagdgelder bestanden noch in der preußischen Zeit.

Quellen:

  • aus: NABU-Information September 2015.
  • ST-A. Lippstadt- Franz Kesting; aus: Mittelalterliches Jagen, 1930