VON HANS GEORG OSSENBÜHL (DORSTEN i. W.); in: Lippstädter Heimatblätter 1967 (48. Jahrgang), S.47-47; 52
Das Salz gehört zu den wichtigsten Bedürfnissen des Menschen. Schon die Germanen sollen das Solwasser auf Haufen glühender Holzkohle geschüttet und dadurch schwarze unreine salzige Krusten erhalten, die sie zum Würzen ihrer Spesen gebrauchten.
Von größeren Salzgewinnungsanlagen an Solequellen in ältester geschichtlicher Zeit haben wir für Deutschland nur wenige Nachrichten. Im Fürstentum Paderborn wird erstmalig 833 ein Salzwerk erwähnt. Die Solquellen von Sassendorf sollen schon vor der Zeit Karls des Großen benutzt worden, die Solquellen in Salzuflen schon 1048 bekannt gewesen sein. Die Salzbereitung fand im Fürstentum Paderborn und den zeitweilig dazu gehörigen Territorien statt in Salzkotten, dezm heutigen Bad Westernkotten und in Salzuflen. Die Quellen in Salzkotten und Westernkotten entspringen aus Turon Plänermergeln, ähnlich wie die Solquellen in den nahe liegenden Orten Sassendorf, Werl und Werries.
Die Solquellen in Salzkotten und Westernkotten verhalten sich ziemlich konstant in Temperatur und Salzgehalt, während nachweislich die Quellen in Werl darin inkonstant sind. Diese Quellen beziehen ihren Salzgehalt nicht aus unterirdischen Steinsalzen, sondern durch Auflösung des Salzes, das im Kreidemergel eingemengt stellenweise vorhanden ist.
Die Hauptsolquelle in Salzkotten, die schon nachweislich über 700 Jahre zur Salzgewinnung benutzt ist, entspringt in einem 6 Meter tiefen Brunnen im Ort. Ihre Temperatur beträgt 18,75 Grad Celsius, ihr Salzgehalt 6,25 Prozent. Eine zweite Quelle wurde nordwestlich vom Bahnhof Salzkotten 1859 mit einem Bohrloch aufgeschlossen, das 377 Meter Tiefe hat. Südlich der Landstraße von Salzkotten nach Geseke ist außerdem noch 1867 mit einem 163 Meter tiefen Bohrloch eine 6,5prozentige Sole aufgeschlossen. Im Gelände der Heder finden sich einige früher benutzte Salzquellen namentlich in der Nähe des Vilsener Hofes in dem sogenannten „Sültsoid“.
Westernkotten besitzt Solbrunnen, die ebenfalls schon seit über 700 Jahren zur Salzgewinnung benutzt werden, z. B. den in älteren Urkunden unter dem Namen „Koningszod” erwähnten Brunnen. Hier liefern die älteren Brunnen Sole von 8 Prozent Salzgehalt und 10,9 Grad Temperatur. Im 19. Jahrhundert wurden mehrere neue Quellen erschlossen, so 1845 durch ein 109 Meter tiefes Bohrloch eine mit 8 Prozent Salzgehalt und durch ein 325 Meter tiefes Bohrloch eine Quelle von 9,3 Prozent und 33 Grad. Außerdem wurden dann noch durch ein 359 Meter tiefes Bohrloch eine 8,25prozentige Sole von 30,6 Grad und durch ein 139 Meter tiefes Bohrloch eine 5,3prozentige Sole von 18 Grad bei Westernkotten aufgeschlossen.
Die Saline Salzuflen benutzt Solequellen, die auf der Gebirgsscheide zwischen Lias und Keupermergel entspringen und ca. 6 Prozent Salzgehalt haben.
Man gewann das Salz, indem man die Sole in offenen Gefäßen einkochte, bis die wässerigen Bestandteile zum größten Teil verdampft, der Gips ausgeschieden und das Kochsalz auskristallisiert war. Der letzte flüssige Rückstand wurde fortgegossen, weil er außer anderen Nebenbestandteilen auch die Chlormagnesium- und Chlorcalziumsalze enthielt. Mit der zunehmenden Verbesserung der Feuerungen, mit dem Fortschritt in der Herstellung größerer Gefäße zum Sieden wird man bei zunehmendem Bedürfnis nach Salz nach und nach zur Einrichtung größerer Salzsiedeanlagen gekommen sein.
IN ANTEILEN
Schon um 833 schenkte nach Schatens „Annalen“ Kaiser Ludwig der Fromme dem Kloster Corvey Salzquellen mit dem Recht der Salzgewinnung. Die Kaiser nahmen schon zu den Zeiten der Karolinger die Solquellen als Regal in Anspruch. Die Salzgewinnung musste also damals schon eine größere Ausdehnung und Bedeutung haben. Mit den Solquellen wurden, wenn sie nicht vom Landesherrn, der später das Regalrecht ausübte, selbst betrieben wurde, geistliche Körperschaften oder Privatpersonen begabt. Diese Verleihungen wurden in Anteile aufgeteilt, die durch Vererbung, Verkauf, Verpfändung, Schenkung oder meierstättische Überlassung in anderen Besitz oder Nutzung übergingen.
Bereits im Jahre 1048 ist von der Übertragung eines bei Uflen gelegenen Salzwerkes durch Bischof Rotho an Kloster Abdinghof die Rede. Fürstbischof Bernhard II. von Paderborn schenkte 1160 dem Kloster Hardehausen drei Salzsiedehütten (Soltkoten) und Dompropst Heinrich machte 1260 dem Kloster Marienmünster ein Salzwerk in Salzkotten zum Geschenk. Das Kloster zu Arolsen erwarb vom Bürger Johann von Scherne in Paderborn 1256 ein Salzwerk mit Haus in Salzkotten für 10 Mark. Heinrich von Oldendorf belehnte 1253 seinen Burgmann Hermann von Collenthorp mit einem Hause in Salzuflen „in qua sal semper decoquitur“.
Fürstbischof Simon verpfändete 1270 eine Rente von 48 Mark aus den Salzwerken von Westernkotten an Hermann zur Lippe, weil dieser Lehnsmann des Stiftes geworden war. 1251 belehnte Graf Heinrich zu Sternberg den Ritter Gottschalk de Went mit einem Salzhaus zu Uflen.
Auch in der Folgezeit war die Übereignung von Salzvorkommen üblich. So schenkte Fürstbischof Simon 1260 dem Kloster Marienmünster ein Salzwerk zu Salzkotten und 1261 belehnte er die Dienste eines treuen Paderborner Bürgers damit, dass er ihm eine Solquelle in Westernkotten schenkte. Bischof Theoderich übereignete 1316 dem Kloster Hardehausen einen Solbrunnen und ein Siedehaus in Salzkotten. Bertold von Büren, Friedrich von Brenken, Werner von Crevet, von Selekensod u. a. verkauften dem Kapitel zu Bußdorf (cum omni jure) 1322 ein und ein halbes Salzwerk in Salzkotten und Reinhard von Crevet schenkte 1344, Albert von Crevet 1352 ein Salzwerk in Salzkotten an das Kapitel zu Bußdorf.
Wilhelm Loyf£ff von Hervelde, Knappe, verkaufte 1379 für 140 Mark Pfennige bis zur „widerlöse“ an Nolten Hoygon ton Westernkotten sein „Salthuis“ dort gelegen und in den „Konings Zoed“ gehörig. Wernher dictus Noppewis, armiger überlässt 1380 sein „Saltwerk“ in Salzkotten an das Kloster Petri et Pauli in Paderborn. Bürgermeister und Rat von Salzuflen bekennen 1463, dass Ludeke Krepanne den Wochenherrn und Priestern zu Besuch der Station des „hilgen Lichnam’s“ im Münster zu Herford eine Rente von einer Mark für 12 Mark verkauft und dafür 3 Zentner Blei, die in seinem Kotten liegen, verpfändet hat.
Abt Hunold überließ 1447 ein dem Kloster Hardehausen gehöriges Salzwerk zu Salzkotten dem Sälzer Lambert Hageldak zur Ausbeutung und zwar mit allen Zubehörungen, unter andern mit 12 Zentner Blei, gegen eine jährliche Abgabe von 18 Mollen Salz. Domdechant und Kapitel überließen an die Elisabeth Pfenning nach dem Tode ihres Mannes, des Sälzers Friedrich Pfenning, 1506 ihr Salzwerk zu Salzkotten auf 12 Jahre nach Meiergebrauch gegen eine jährliche Abgabe von 18 Mollen Salz und verpflichteten sie, die zwei und eine halbe eiserne Pfanne und die halbe bleierne Pfanne in guter Beschaffenheit zu erhalten.
DEM KLOSTER BENNINGHAUSEN
Renfriedus der Scorlemmere schenkte 1305 dem Kloster Benninghausen ein Salzsiedehaus zu Westernkotten. Eberhard Schlingworm (die Schlingworm waren ein Zweig der Sippe Ketteler) gab seiner Frau 1305 eine Leibzucht von einem freien Salzsiedehaus zu Westernkotten. Bürger Conrad, genannt Hagedorn in Salzkotten, überließ 1307 dem Kloster Wormeln ein Viertel eines Salzwerks in Salzkotten für 3 Mark und einen Solidus, mit Erbrecht (in perpetuum possidendum); Unterschriftszeuge ist ein Conrad rector scolarum.
Das Kloster Quernheim übergab der Witwe Luttgardis und deren Kindern für ihre Lebenszeit 1309 ein Haus in Uflen, in dem Salz gekocht wird, zur Benutzung gegen Entrichtung von jährlich 4 Molt und 3 Schepel Salz unter der Bedingung, dass nach deren Ableben dem Kloster eine bleierne Salzpfanne von 9,5 Zentner Gewicht präsentiert werde. Ermgard, Frau des Edlen Herrn Otto zur Lippe, überließ ihr Salzhaus zu Salzuflen 1357 auf sieben Jahre gegen eine jährliche Rente von. 4 Molt Salz an Heinrich Büsink. Ein gewisser Hermann schenkte 1354 der Kirche in Salzkotten ein halbes Salzwerk (ex parte matris mea ad me devolutum).
„AUF EWIGE ZEITEN“
Ritter Crevet genehmigte 1344 die Schenkung eines Salzwerks in Salzkotten, das sein Bruder an das Kapitel zu Bußdorf vermacht hatte. Mehrere adlige Grundbesitzer, von Drevere, von Etteln und von Brenken verkauften 1324 dem Kapitel zu Bußdorf in Paderborn eineinhalbes Salzwerk in Salzkotten. Junker Crevet überließ der Stadt Salzkotten 1637 „auf ewige Zeiten“ ein Salzwerk und zahlte noch der Stadt 400 Taler als Entgelt dafür, dass er auf ewige Zeit frei von allen Schatzungen, Lasten und Kontributionen bleiben soll. „Von diesem Salzwerk ist das Gaukirch-Kloster in Paderborn Grundherr.“
DIE REZESSE VON 1688
Durch die obigen Auszüge aus Urkunden wird bestätigt, dass in der ältesten Zeit die Landesherren lange Zeit hindurch wesentliche Eigentümer bei den Salinen waren, dass aber auch schon früh Anteile in die Hände anderer gelangt sind. Nach den zwischen dem Kurfürsten von Köln und dem Fürstbischof von Paderborn 1687 und 1688 abgeschlossenen Rezessen war der Fürstbischof noch um diese Zeit Obereigentumsherr über 14 Salzwerke in Westernkotten. In Salzkotten wurde noch im 16. Jahrhundert auf Salzwerken Salz selbst in eigener Regie der Fürstlichen Kammer gesiedet und waren die Delbrücker verpflichtet, als Entgelt für andere Privilegien, die ihnen zugestanden waren, das zu diesen Betrieben erforderliche Brennholz anzufahren.
Der nach und nach vergrößerte und verbesserte Betrieb der Salzsiedereien erforderte schon früh Übereinkommen der Teilbesitzer und Betriebsunternehmer, Sälzer, über ihre gegenseitigen Rechte und Pflichten, die Arbeit der Salzgewinnung und den Salzverkauf. Es wurden Sälzervereinigungen gebildet, denen vom Landesherrn Statuten gegeben wurden, für deren Beobachtung fürstliche Beamte in Salzkotten der Gogreve, in Westernkotten der Salzrichter die Aufsicht führten.
IN DEN STATUTEN
Die ersten vom Fürstbischof Otto gegebenen Sälzerstatuten von 1272, überhaupt der größte Teil der älteren Salinenurkunden Salzkottens sind leider verloren gegangen. Doch nehmen die später aufs Neue gegebenen Statuten Bezug auf die älteren Statuten, so dass wir deren wesentlichen Inhalt noch kennen lernen können. So erfahren wir aus der Urkunde von 1578, durch die der fürstbischöfliche Stiftsadministrator Heinrich alte Statuten der Salzwerke in Salzkotten erneuert und verbessert, folgendes:
„Zur Sälzervereinigung sollen nicht mehr als 24 gehören (auch um 1900 war diese Saline in 24 Eigentumsteile geteilt, aber nun waren die Sälzer nicht mehr wie in alter Zeit nur nutzungsberechtigte Betriebsunternehmer, sondern zugleich Besitzer der einzelnen Salinenanteile). Jeder Sälzer soll von ehelicher Geburt und unbescholtenem Wandel sein, auch in Salzkotten seinen Wohnsitz haben. Wenn jemand zum Sälzer angenommen wird, hat er 12 Mark zu entrichten, von denen 4 uns als Landesherrn und obersten Werksmeister und 8 der Sälzervereinigung gebühren. Jeder Sälzer wird vereidet auf dieses unser Privilegium und auf die Sälzervereinigung.
Eines Sälzers Sohn, insoweit er sonst qualificiert ist, erwirbt, wenn er um die Einigung bittet und nicht unter 12 Jahre Alter hat, diese Einigung mit 5 Pfennigen, von denen 3 dem Landesherrn und 2 der Sälzervereinigung zukommen.
Der Ehemann einer Sälzertochter erwirbt, wenn er um Aufnahme als Sälzer bittet, und sonst qualificiert ıst, diese Aufnahme, hat aber 6 Mark zu zahlen, wovon 1/3 der Landesherr und 2/3 die Sälzervereinigung erhält. Auch die Salzwerksarbeiter (Sälzerknechte, Kothenknechte) werden vereidet.
Sälzer, welche sich unordentlich benehmen, namentlich in Bezug auf Vorschriften die Regierung und der Sälzervereinigung, sollen von den anderen Sälzern von den Pfannenhütten gewiesen werden bis zu etwaiger späterer Begnadigung durch den Landesfürsten. Das zum Betrieb der Salzwerke bestimmte Holz darf nicht anderweitig verkauft werden.
Ein jeder Sälzer soll seinem Eigentumsherrn zu rechter Zeit seine Pacht und andere Gebühr, wie dieselbe aus früheren Jahre hergebracht, bezahlen, die Werke mit iserne und bliggernen Pfannen wohl bewahren un in guten Stande halten, nichts veruntreue oder verkommen lassen (aus dieser Bestimmung kann gefolgert werden, dass die Sälzer zwar immer die Betriebsunternehmer, nicht aber immer die Grundeigentümer der einzelnen Salzwerke gewesen sind). Statt des bis dahin üblichen Salzzehnten oder Salzzolls soll künftig von jedem Sude Salz eine Mark Paderborner Währung an das Stift Paderborn gezahlt werden.
Zuwiderhandlungen gegen diese Statuten sollen mit 500 Goldgulden Strafe belegt werden, vom Strafbetrage soll die Fürstliche Kammer 1/2 und die Sälzervereinigung 1/2 erhalten. Diese Statuten bekamen durch Vergleich des Fürstbischofs Diederich mit den Sälzern 1610 wesentliche Verbesserungen.
Es wurde zunächst statt des Salzzehnten beziehlich der Abgabe von 1 Mark für jede Sude Salz (eine mit einer Pfanne zu Ende geführte Siedearbeit) eine Abgabe von jährlich 72 Mark festgesetzt. Gleichzeitig wurde den Sälzern erlaubt, auf den einzelnen „soltwerken“ und Pfannenhütten künftig nach Belieben Verbesserungen einzurichten, namentlich sie „uff einem oder anderm Wege durch Leckwerke zu verbessern“.
FÜR WESTERNKOTTEN REVIDIERT
Die von Fürstbischof Wilhelm Anton in Paderborn für die Sälzervereinigung in Westernkotten revidierten und bestätigten Statuten vom 27. November 1778 enthalten manches, was mit den genannten Statuten übereinstimmt, namentlich hinsichtlich der Anforderungen an die Person des einzelnen Sälzers, sie enthalten aber auch folgendes Abweichende:
1. Jeder Sälzer wurde vereidet, Treue zu halten dem Fürstbischof von Paderborn „in den Stücken, welche zu seiner, eines zeitlichen Fürsten von Paderborn Gerichtsbarkeit gehören“ und soweit es des Sälzers dem Kurfürsten von Köln als Landesherrn geleisteter Eid und Huldigungspflicht zulässt. Derselbe hat dem Fürstlichen Gerichte und Salzwerkssachen geziemende Folge zu leisten.
2. Für eine Pfanne oder Salzwerksgerechtigkeit sollen nicht mehr als zwei Berechtigte sein („nicht mehr als zwei vota Platz haben).
3. Die Mitinteressenten bei einer Pfanne sollen bei Verkäufen von Anteilen der Pfanne Vorkaufsrecht haben.
4. Die Sälzer sollen in Betreff der Verwaltung der Salzwerke regelmäßige Sälzerversammlungen abhalten.
5. Kaufleute und Salzfuhrleute können nach Belieben bei jedem Sälzer kaufen. Der Preis des Salzes wird zwar vom Sälzerkollegium bestimmt, muss aber vom Fürstlich Paderbornschen Beamten genehmigt werden, „um beurteilen zu können, ob der Preis dem Abgang angemessen und im richtigen Verhältnis stehe zu den Preisen benachbarter Salzwerke“.
6, Kein Sälzer darf eigenmächtig, auch nlcht einmal für seinen eigenen Haushalt, Salz aus den Salzwerken entnehmen. Jede Salzabgabe soll vom „Salzmesser“ erst zugemessen und gebucht werden.
7, Das an die Fürstlich Paderbornische Hoflkammer und die „dominos directos“ (es sollen hiermit wohl die berechtigten Grundherrn gemeint sein) abzugebende Pacht und Küchensalz wird gleichfalls abgemessen vom Salzmesser.
Sälzer, die sich gegen die Statuten verfehlen, verfallen in Strafen, und zwar zum ersten Male von zwei Goldgulden, im Wiederholungsfall von vier Goldgulden und „Ausschluß von der Convocation und Stimmführung”, bis eine Besserung des Verhaltens eintritt. Die Statuten werden alle Jahre in der Generalkonvention der Sälzer am 24. Mai verlesen.
DOMUS SALINARIA
Von den allmählich eintretenden Fortschritten in der Betriebstechnik der Salinen im Mittelalter erfahren wir aus den vorhandenen Urkunden nur sehr wenig. Die Urkunden geben ausdrücklich an, dass die Salzgewinnung in Häusern („domus salinaria“, domus salis“, „Soltwerk”, domus quae vulgariter Soltwerich nuncupatur“, „Pfannhütte”, „Saltsoit“) geschah. Eine Urkunde von 1526 erwähnt von einem solchen Hause, dass es mit Ziegeln gedeckt und in Holz ausgeführt sei. Für je zwei Salinenanteile scheint der Regel nach ein eigenes Haus zum Salzsieden gehört zu haben. Mehrere Urkunden erwähnen bei Verkäufen solcher Siedehäuser den Mitverkauf des dazu gehörigen Bleis. Die von Fürstbischof Erich (1508—1532) erneuerten Sälzerstatuten für die Sälzer in Salzkotten, ebenso die vom Stiftsadministrator Heinrich 1578 nochmals verbesserten und erneuerten Sälzerstatuten enthalten die Verpflichtung für die Sälzer, die Salzwerke „mit inernen und bliggenen Pfannen“ wohl zu bewahren.
Es muss hieraus gefolgert werden, dass anfänglich das Salzsieden nur in bleiernen Siedepfannen, später jedoch in bleiernen und eisernen Pfannen geschah. Blei war damals für diesen Zweck leichter zu verarbeiten als Eisen. Gewalzte Bleche gab es noch nicht. Allundings durfte unter den bleiernen Siedepfannen nicht so starkes Feuer unterhalten werden wie in eisernen Pfannen.
DURCH STROH UND REISIG
In er Urkunde von 1610 ist zuerst die Rede von Verbesserungen des Salzwerksbetriebes durch Einrichtung von Leckwerken.
Eine Beschreibung dieser Leckwerke ist zwar dabei nicht gegeben. Man kann aber aufgrund von Nachrichten, die sich in der Literatur über den älteren Betrieb anderer Salinen finden, annehmen, dass man darunter eine unvollkommene Gradierung, die sogenannte Tafelgradierung, verstanden haben wird, die auf mehreren Salinen z. B. 1569 in Artern, 1579 in Nauheim usw. in Anwendung kam. Die Konzentrierung des Kochsalzgehalts In der natürlichen Sole vor dem Einkochen war zu wichtig, um nicht versucht zu werden. Man ließ die Sole in breiten langen Holzrinnen durch Hindernisse von Stroh, Reisig und ähnlichen Stoffen fließen, bevor man sie In die Siedepfannen führte. Aus der Sole schied sich hierbei ein großer Teil der darin enthaltenen Nebenbestandteile, als schwefelsaure Kalkerde usw., ab bei gleichzeitiger Verdunstung von Wasser.
ÜBER DEN DORN
Diese unvollkommene Tafelgradierung wurde im 18. Jahrhundert überall durch die vollkommenere Dorn- oder Tröpfelgradierung ersetzt, die angeblich durch den Beust erfunden worden ist. Sie wurde zuerst auf der Saline Wilhelms Glücksbrunnen bei Kreuzburg an der Werra angewendet. 1741 wurde sie in Rheine eingeführt und wahrscheinlich etwa um diese Zeit auch auf den Salinen in Salzkotten und Westernkotten.
PASTOR KORTE
Um die Verbesserung verschiedener Einrichtungen, namentlich der maschinellen Einrichtungen zur Hebung der Sole auf die Gradierwerke mit Dornenwänden mittels Pumpen, die unter Anwendung von sogenannten Kunstkreuzen und Feldgestängen von einem großen Wasserrad auf der Heder bei Salzkotten getrieben wurden, hat Pastor Korte in Salzkotten (geb. 1730, gest. 1803) sich solche Verdienste erworben, dass ihm seinerzeit die dortige Sälzervereinigung eine „Remuneration“ zuteilwerden ließ, die dieser auch sonst ausgezeichnete Mann für Verbesserung der Schulen verwandt hat. Pastor Korte, ein in Wissenschaften und auch in technischen Dingen erfahrener Mann, hat auch auf der Saline Westernkotten Verbesserungen eingerichtet.
Während man von den genannten Salinen den Hauptbedarf an Salz wohl für das ehemalige Stift Paderborn lieferte, sind über den Salzhandel in der früheren Zeit nur wenige Nachrichten überliefert. Aus den folgenden Angaben lässt sich aber entnehmen, dass der Handel nicht nur recht ausgedehnt, sondern auch vollständig organisiert war. Das Westfälische Urkundenbuch teilt schon aus dem Jahr 1256 eine Urkunde mit, nach der selbst für Arolsen von Salzkotten her Salz geliefert worden ist. Richter und Rat von Salzkotten bekunden 1277, dass Gograf Gedefried von Bekene in ihrem Beisein 10 Moldras Salz nach Arolsen abgeliefert habe.
EINFUHR VERBOTEN
Fürstbischof Theodor Adolph verbot 1654 die Einfuhr fremden Salzes und bestimmte, dass die Städte Warburg, Brakel, Steinheim und Nieheim Niederlagen für einheimisches Salz haben sollten, damit die Bewohner des oberwaldischen Kreises für billigen Preis das nötige Salz bekommen könnten.
Staat und Gemeinde haben vielfach das Salz als günstiges Besteuerungsobjekt behandelt. Die Stadt Paderborn erhob beispielsweise beim Schilder Zoll für jede eingeführte Karre Salz eine Abgabe von 2 Dt.
Die Entwicklung der Salinenorte steht nachweislich stets in inniger Verbindung mit der Salzgewinnung. Ungefähr einen halben Kilometer südlich von Salzkotten, wo jetzt der Vilser Hof liegt, befinden sich in einer versumpften Gegend noch kleine Salzquellen. Diese Gegend heißt „Sültsoiden“, also Stätte der Salzsiederei. Im früheren Mittelalter sind diese Quellen zur Salzsiederei benutzt worden. In dieser Gegend befand sich das alte Kirchdorf Villisen mit der alten Burg, das schon im 10. Jahrhundert in Urkunden unter dem Namen Vilisi vorkommt. Der Ort gehörte zur Grafschaft Haholts, die Kaiser Heinrich II. 1011 dem Bischof Meinwerk von Paderborn geschenkt hat.
(Schluss folgt)
Ebenso war durch Geschenk Heinrich II. die curtis regia, der Königshof in Erwitte an das Bistum Paderborn gekommen. Diese Schenkung wurde 1027 durch Kaiser Konrad IL, erneuert. Nach dem Fall Heinrich des Löwen, als das Herzogtum Westfalen an Köln gekommen war, traten zwischen den Inhabern der Stifte Köln und Paderborn gespannte Verhältnisse ein, Brilon und Erwitte wurden dem Paderborner Stift genommen und Köln zugefügt. Fürstbischof Simon von Paderborn befürchtete noch weitere Schädigungen durch Köln und bemühte sich deshalb, sein Bistum in guten Verteidigungszustand zu setzen.
Zu diesem Zweck verstärkte er u. a. auch die Befestigungen der alten Burg Vilsen. Ferner vereinigte er die Dörfer Habringhausen, Hohenrod (Oestinghausen) und Vilhusen mit Salzkotten, das er zur Stadt erhob und so mit Wällen, Mauern und Gräben umgab, dass auch die Hauptsalzquellen und alten Siedehäuser miteingeschlossen und gesichert waren. Erzbischof Konrad von Hochstaden widersetzte sich dieser Befestigung und einigte sich schließlich 1247 mit Bischof Simon darüber, dass die Befestigungen von Salzkotten wieder zerstört, die Burg Vilsen aber erhalten werden solle.
DIE FEHDE
Ungeachtet dieser Einigung erneuerten sich die Streitigkeiten zwischen beiden Stiften und gingen 1254 in offene Fehde über. Bischof Simon wurde besiegt und von seinem mächtigen Gegner gefangen genommen. Nach zweijähriger Gefangenschaft wurde er 1256 zum Frieden von Essen gezwungen. Darin wurde bestimmt: die Burg Vilsen soll geschleift werden; die Befestigungen von Salzkotten bleiben bestehen. Dagegen geht der Besitz der Orte Salzkotten und Geseke zur Hälfte an das Stift Köln über. Die frühere Inbesitznahme der Stadt Brilon durch Köln wird anerkannt. Vilsen soll niemals wieder aufgebaut werden. Niemals sollen überhaupt vom Stift Paderborn neue Bürgen oder Befestigungen an den Grenzen des Herzogtums Westfalen ohne Erlaubnis des Erzbischofs angelegt werden.
VOM PAPST MISSBILLIGT
Dieser Vertrag wurde zwar von Papst Alexander IV. missbilligt, für ungerecht und ungültig erklärt, auch Paderborn ermächtigt, Befestigungen anzulegen. Doch wurden die wesentlichen Bestimmungen des Friedensvertrages weiter beachtet, insbesondere Vilsen nicht wieder aufgebaut. Die Kirche in Vilsen wurde abgebrochen. Das Dorf Vilsen, dessen Bewohner nach Salzkotten übersiedelten, ging ein. Auch die Salzgewinnung bei Vilsen hörte auf.
1287 vereinigten sich Köln und Paderborn und kamen überein, dass sie Geseke und Salzkotten gemeinschaftlich und zu gleichen Teilen besitzen wollten. Für künftig etwa vorkommende Meinungsverschiedenheiten sollten sie sich dem Schiedsspruch der Ritter Erenfried von Bredenol, Godefried von Meschede, Konrad von Elten und Wolmar von Brenken unterwerfen. Zugleich schlossen sie ein Schutzbündnis gegen ihre Feinde.
GESEKE NACH KÖLN
Der gemeinschaftliche Besitz der Städte musste aber doch wohl Unzuträglichkeiten haben, denn bereits 1294 schon wurde zwischen Erzbischof Siegfried und Bischof Otto in freundschaftlicher Weise ein neues Abkommen geschlossen, nachdem Geseke in den Alleinbesitz von Köln und Salzkotten in den von Paderborn übergehen sollte.
Die Stadt Salzkotten entwickelte sich nunmehr rasch. Nachweislich siedelten sich hier auch verschiedene Burgmannengeschlechter an, z. B. die von Vernede, von Crevet, von der Ever, von Ense, von Graffeln, von Meschede, von Schilder und von Hörde. Die Entwicklung der Stadt litt auch unter dem Brand von 1340, der sämtliche Häuser und auch die Salzsiedehütten in Asche legte. Fürstbischof Bernhard erneuerte dann der Stadt ihre beim Brand verlorenen Privilegien. Zur Zeit der Wirren zwischen Bischof und Stadt Paderborn residierte der Bischof sogar längere Zeit in Salzkotten.
Im 18. Jahrhundert hatte die Stadt ein Eigentum an 5 Salzgewässern, was ihr jährlich 530 Taler einbrachte. Dazu kam eine Salzakziseneinnahme von jährlich 2 Talern 18 Silbergroschen von jedem Sälzer. Ebenso erfreute sich guter städtischer Einrichtungen, z. B. einer Fleischverkaufshalle, einer Stadtwaage, eines Ratskellers und mehrerer Schulen. Handel und Verkehr blühten, der Wohlstand der Bürger war erheblich gestiegen.
Aber schon 1565 kommen bei Bischof Rembert Beschwerden der Stadt vor gegen den zu hohen Matrikularanschlag für die Landschatzung. Diese Beschwerden wiederholten sich um 1662 bei Bischof Ferdinand von Fürstenberg. Die Bestellung einer Prüfungskommission in dieser Angelegenheit blieb ohne Ergebnis.
RACHE DER SCHWEDEN
Der Dreißigjährige Krieg brachte über die Stadt, in der damals Otterjäger Bürgermeister war, großes Leid, namentlich der 22. Dezember 1633. Die kaiserliche Besatzung von 300 Mann unter Kapitain von Niesen verließ angeblich wegen Mangels an Schießpulver die Stadt, als das Heer der vereinigten Schweden und Hessen unter Marschall Dido von Kniphausen und Landgraf Wilhelm von Hessen vor den Toren erschien. Nachdem Unterhandlungen wegen der Übergabe eingeleitet waren, wurde ein vorläufiger Waffenstillstand geschlossen! Zu dieser Zeit soll ein hessischer Offizier mit seinen Leuten versucht haben, gewaltsam die Hederschleuse zu zerstören. Dabei wurde der Offizier durch Bürger der Stadt erschossen.
Die Schweden und Hessen stürmten darauf aus Rache die Stadt und richteten neben allerlei Greueltaten ein fürchterliches Blutbad unter der Bevölkerung an, selbst in der Kirche, in die sich manche geflüchtet hatten. Die Stadt wurde angezündet und brannte bis auf die Salzhütten und Häuser in der Vilser Hude nieder, Die Stadt Salzkotten musste 30 000 Taler Kontribution zahlen, außerdem wurden von den übrig gebliebenen Bürgern noch 29 000 Taler erpresst.
Es sollen an diesem Tage 350 Personen umgekommen sein. Ein Bürger namens Höken flüchtete vor den nachdringenden mörderischen Soldaten zunächst in den Kirchturm und wagte dann von hier aus bei weiterer Verfolgung den Sprung in die Zweige eines Baumes. Nachdem er hier glücklich angekommen war, wurde er von seinen Verfolgern ergriffen und ermordet.
Der Wohlstand der Stadt ging infolge dieses Unglücks sehr zurück. Aus Not musste die Stadt das Kraggenberg Holz verkaufen. 1643 war durch die gestiegenen Kriegsabgaben die Geldnot so groß, dass die Stadt, um 100 Taler zu bekommen, 8 städtische Salzgewässer nebst dem dazu gehörigen Holz als Eigentum abtreten musste. Um der Stadt nach dem Krieg etwas aufzuhelfen, räumte ihr Fürstbischof Theodor Adolph 1654 das Salzmonopol ein.
FÜR LIPPSTADT GELIEFERT
Im Siebenjährigen Krieg litt Salzkotten erneut durch lange Besatzung und die außerordentlich hohen Kriegskontributionen. Der Anteil an der durch den Herzog von Braunschweig für das Stift Paderborn im Juli 1762 ausgeschriebenen Kontribution von 153 000 Talern betrug für Salzkotten 2000 Taler. Hinzu kamen die ständigen Naturalleistungen mit Vieh, Fourage, Lebensmitteln, Fuhren und einer Menge Bauholz für Befestigungen bei Lippstadt.
Das Geld musste teilweise aufgenommen werden. So lieh dazu der Vicegograf Kellerhof 81 Dukaten auf Bürgschaft von den Sälzern. Die Stadt gab diesen die Rückversicherung, dass entweder dafür Holz im Friedeholz geschlagen werden oder die 5 städtischen Salzwässer dafür haften sollten.
ARCHIV GEPLÜNDERT
Vor dem Siebenjährigen Krieg hatten die Bürger noch einen Bestand von 150 guten Pferden. Nach dem Krieg waren es nur noch 20 schlechte Pferde. Am 3. Juni 1761 richteten bei der Besetzung der Stadt die hessischen Truppen in den Salzsiedehäusern eine Hauptwache ein. Bei dieser Gelegenheit wurde das dort befindliche Sälzerarchiv erbrochen, dessen Papiere und Urkunden seitdem verschwunden sind.
1787 bestand die Bevölkerung Salzkottens aus 211 Männern, 254 Weibern und 334 Kindern unter 16 Jahren, zusammen also 799 Köpfe. In der Paderborner Landesschatzung von 1800 betrug der Wert der innerhalb der Mauern befindlichen Liegenschaften 63 853 Taler, darin sind die Salzwerke mit 20 980 Talern enthalten.
Nur die Salzgewinnung konnte es ermöglichen, dass Salzkotten sich nach den Kriegsverlusten verhältnismäßig rasch immer wieder erholte. Leider hat, seitdem in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts die Steinsalzindustrie der Salinenindustrie erfolgreich Konkurrenz machte, die Rentabilität aller Salinen abgenommen, die nur über Solquellen von rund 6 Prozent Kochsalzgehalt verfügen.
Das Salzkottener Siegel, das schon an einer Urkunde von 1351 vorkommt, zeigt eine auf einem Sessel sitzende Bischofsfigur mit Mitra und Stab, an jeder Seite ein kleines Kreuz und die Umschrift „Sigillum Burgensium oppidi Soltkoten”.
Kaiser Konrad II. hatte 1027 Bischof Meinwerk und der Paderborner Kirche den Königshof in Erwitte mit Markt- und Banngerechtigkeit und allem Zubehör geschenkt. Zum Königshof gehörten auch die Salzquellen zu Westernkotten, deren Hauptquelle auch Königsbrunnen (Koning Zod) genannt wurde.
IN WESTERNKOTTEN
Da unter Erzbischof Konrad von Köln Erwitte dem Stift Paderborn genommen worden war, ging die Landeshoheit über Westernkotten zwar auch an Köln über, jedoch nicht ohne Einschränkungen. Der Bischof blieb noch Obereigentumsherr über 14 Salzwerke und damit eigentlich der Leiter der Saline. Er unterhielt in Westernkotten einen eigenen Salzrichter, übte die bürgerliche Gerichtsbarkeit mit Ausschluss der höheren und peinlichen Gerichtsbarkeit aus, erhielt beim Antritt seiner Regierung von seinen Dominialuntertanen (135 Hausbesitzern) die Privathuldigung und 100 Taler Willkommensteuer, auf den Jahrmärkten aber das Standgeld von den Kaufleuten, und gemeinschaftlich mit Köln die Wein- und Branntweinakzise.
Die geistliche Jurisdiktion blieb bei Köln. Die gegenseitigen Rechte der beiden Stifte sind lange Jahre Gegenstand von Streitigkeiten gewesen. Bereits 1535 war eine Einigung über solche Streitigkeiten notwendig geworden und erfolgt. 1583 wurde erneute Uneinigkeit durch einen von beiden Parteien angerufenen Schiedsspruch der Universität Freiburg beigelegt. Durch den Rezess von 1687/88 wurden endlich diese gegenseitigen Rechte genau in der oben dargelegten Form festgestellt. – Die Salinen haben auch Westernkotten erst seine Bedeutung gegeben.