1928: Hummell, Regierungs-Baurat/Schaefer, Regierungs-Baumeister, Die Wasserversorgung der Hellweg-Dörfer, Lippstadt 1928 [24-seitige Einschätzung von Wasserfachleuten]


Dieses gut 20 Seiten umfassende Büchlein, bei Firma Laumanns in Lippstadt erschienen, trägt den Untertitel: „durch Ableitung des Wassers der Lürmeckequellen bei Kallenhardt in ein einheitliches Rohrnetz. Ein Beitrag zur Frage eines Wasserwerks für das wasserarme Kalkgebiet in den Kreisen Lippstadt, Soest und Warstein.“ [WM]
[Vorspann:]

Die Abbildungen wurden (bis auf Abb. 2 und den Lageplan) mit der gütigen Erlaubnis des Verlags Laubsch und Ewerth dem Werk „Grundzüge der Trinkwasserhygiene“ entnommen. Es kann jedem, der sich mit den Fragen der Trinkwasserhygiene weiter beschäftigen will, nur empfohlen werden, sich dieses vorzügliche Werk für den Preis von 6,50 RM. von dem Verlage Laubsch und Ewerth, Berlin SW 68 zu beschaffen. – Bei Abfassung des Textes lagen u. a. vor:

Handbuch der Hygiene, II. Band 2. Abteilung, Verlag S. Hirzel, Leipzig 1924

Gärtner, Die Quellen in ihren Beziehungen zum Grundwasser. Verlag Gustav Fischer, Jena 1902

Die Akten des Preußischen Kulturbauamts Lippstadt

Die Akten des Landratsamtes in Lippstadt.
[Originaltext:]
Wir haben heute in Deutschland eine einheitliche und sichere Grundlage für die Beurteilung des Trinkwassers und der Wasserversorgungsanlagen. Diese Grundlagen verdanken wir dem einheitlichen Zusammenwirken von Technikern und Geologen, von Hygienikern und Hydrologen an dieser einen großen Sache. Ein einzelner, etwa ein Techniker, mag wohl die Rohrleitungen, Pumpen und was dazu gehört, einwandfrei entwerfen und bauen können, der Hydrologe muss ihm aber in schwierigen Fällen erst angeben, wo er das Wasser findet. Der Geologe muss ihm sagen, wie die Gesteine im Erdinnern etwa verlaufen und ob nicht vielleicht nur ein Grundwasserbecken vorhanden ist, wo man zunächst einen. unerschöpflichen Grundwasserstrom vermutete. Der Hygieniker und Arzt müssen das gefundene Wasser untersuchen, ob es auch einwandfrei ist und was dergleichen mehr zu tun ist. Für einen einzigen Sachverständigen ist das Wissensgebiet viel zu groß und umfangreich, als dass er es wirklich beherrschen könnte. Wenn ein Fachmann einen Plan aufgibt oder gutheißt, so ist damit noch lange nicht gesagt, dass dieser Plan schlecht oder gut ist. Nur ein breiter Zusammenhang von Wissenschaft und Praxis dient der Forderung nach Schaffung gesunden und reinlichen Trink- und Wirtschaftswassers.
Da nun die öffentliche Gesundheitspflege zu den vornehmsten Aufgaben des Staates gehört, hat der Staat unter dem Ministerium für Volkswohlfahrt eine Anstalt geschaffen, in der Biologen, Chemiker, Hygieniker und Techniker auf diesen Gebieten gemeinsame Arbeit leisten. Die erheblichen Kosten, die nun einmal hierfür erforderlich sind. hat der Staat bereitgestellt, damit auch der kleinsten Gemeinde des Staates der Rat dieser hervorragendsten Fachleute durch Vermittlung der unteren staatlichen Organe zur Verfügung steht; auch die kleinste Gemeinde kann so auf einfachste Weise den besten Rat erhalten.
Von dieser Gelegenheit wird natürlich reichlich Gebrauch gemacht. Da der Landwirtschaftsminister durch Erlass vom 19. April 1905 die Kulturbaubeamten zur Aufstellung von Plänen und Entwürfen für ländliche Wasserversorgungen zur Verfügung gestellt hat, und von den Staatl. Kulturbaubeamten der Rat dieser Landesanstalt natürlich besonders leicht eingeholt werden kann, ist es möglich, dass der Segen dieser hervorragend guten und sozialen Einrichtung bis in die kleinste Gemeinde dringt.
Es gibt heute wohl nicht mehr viele Gegenden, in denen ein gutes Trinkwasser nicht zur Verfügung steht. Zu diesen Gegenden gehört leider infolge der ganz eigenartigen geologischen Beschaffenheit des Untergrundes das Kalkgebiet am Nordhange der Haar bis zur Lippe in den Kreisen Paderborn, Büren, Lippstadt, Soest und Arnsberg.
Selbstverständlich haben die zuständigen Organe des Staates schon von jeher ihr Augenmerk auf diesen unhaltbaren Zustand gerichtet. Die Ortschaften in den Kreisen Paderborn, mit Ausnahme der Stadt Paderborn selbst, sowie Büren haben vor 10—20 Jahren gute Wasserwerke erhalten, ebenso versorgt das Amtswasserwerk Altenrüthen 12 Gemeinden des Kreises Lippstadt seit 1915 mit gutem Trinkwasser. Es fehlt nicht an Versuchen, an Untersuchungen und Planungen, wie man der traurigen Wasserverhältnisse auch der übrigen Ortschaften Herr werden könnte.
Frühere Pläne.
Es erübrigt sich auf die ganz alten Pläne einzugehen, hier sollen nur die Entwürfe besprochen werden, die vom Beginn dieses Jahrhunderts an aufgestellt wurden.
Da ist zunächst die Denkschrift vom 25. November 1901 „Zum Bau einer Elektrischen Bahn Warstein-Ruhrtal und Anlage einer Talsperre zur Gewinnung der Betriebskraft“ zu erwähnen. Weitschauend hat damals der frühere Eisenbahn-Bauinspektor Raspei nicht nur an die Gewinnung der Betriebskraft für seine Bahn gedacht, sondern er wollte eine Talsperre an der Lürmecke, zu der später eine zweite an der Glenne kam, auch für eine großartige Wasserversorgungsanlage dienstbar machen. Der Plan dieses vielseitigen Ingenieurs geriet mit dessen frühem Tode in Vergessenheit, der Gedanke einer Talsperre an der Lürmecke, vielleicht auch an der Glenne, blieb über seinen Tod lebendig. Kein geringerer als der Geheime Regierungs-Rat Professor Dr. Ing. Intze, der Erbauer der ersten Talsperren, ist mit diesem Plane befasst worden. Er hielt den Bau durchaus für möglich, und schon damals galt es als selbstverständlich, dass trotz der großen Trockenheit im Jahre 1893 die Lürmecke genügend Wasser habe, um das zum Anschluss vorgesehene Gebiet mit gutem und einwandfreiem Trink- und Gebrauchswasser zu versorgen.
Damals war dieses Gebiet noch erheblich größer als heute, Außer den Städten Lippstadt, Soest, Geseke usw. dachte man sogar daran, einen Teil von Hamm von hier aus zu versorgen.
Unter der Leitung des Landrates Droege in Arnsberg sind dann gegen Ende des Jahres 1904 Untersuchungen und Entwurfsbearbeitungen vorgenommen worden, um nachzuweisen, wie das Gebiet zwischen Möhne und Lippe mit Wasser versorgt werden könne.
Wider Erwarten stellten sich der Entwicklung des großzügig angelegten Unternehmens erhebliche Schwierigkeiten entgegen. Hiermit im Zusammenhang zogen sich die Verhandlungen und Untersuchungen länger hin, als man hätte annehmen können. Dabei wurden mit der Zeit immer weitere Einschränkungen erforderlich, weil verschiedene Bezirke anderweitige Wasserleitungen erhielten und damit ausschieden. Im Jahre 1906 dachte man schließlich nur noch an die Versorgung des eigentlichen Notstandsgebietes, das sind die Haardörfer. Jedoch auch in dieser Form war ein Weiterkommen zunächst nicht zu erreichen.
Der Regierungsbaumeister Professor Holz in Aachen stellte nun am 1. Juni 1908 einen Entwurf auf, der unter Beibehaltung der Wassergewinnung an der Lürmecke als Versorgungsgebiet insbesondere den Kreis Lippstadt ins Auge fasste und das Unternehmen in der Hauptsache auf wesentliche Teile des Kreises Lippstadt beschränkte. Das Wasser brauchte also nicht mehr auf so große Entfernungen abgeleitet zu werden, wie es früher beabsichtigt war, zumal Soest eigene Pläne verfolgte und die Stadt Lippstadt ihrer Ansicht nach im Besitze einer Wassersorgungsanlage war, die in quantitativer und vor allem in qualitativer Hinsicht zu keinerlei Bedenken Anlass gäbe. Das mag damals der Fall
gewesen sein. Diese späteren Entwürfe sehen die Fassung der sogenannten Lürmeckequellen etwa 700 m unterhalb des „Hohen Steins“ vor. Die Lürmecke selbst entspringt im Warsteiner Wald und hat also an dieser Stelle schon rund 7 km zurückgelegt.
Selbstverständlich war bei allen diesen Entwürfen wie auch bei allen späteren das Wasser der Lürmecke eingehend untersucht worden. Das Quellwasser wurde jederzeit als ein vorzügliches Versorgungswasser bezeichnet, weil es sich schon rein äußerlich durch perlende Klarheit, Frische und Wohlgeschmack, sowie durch gleichmäßige Temperatur vorteilhaft auszeichne.
In geologischer Hinsicht war das Quellgebiet damals von Herrn Professor Dr. Holzapfel untersucht worden. In dem Gutachten vom 7. 2. 1906 stellte er den Quellen ein vorzügliches Zeugnis aus. Schließlich hat der Regierungs- und Medizinalrat Dr. Springfeld die Quellen eingehend untersucht. Die Ergebnisse hat er in dem Gutachten vom 9. 11. 1906 niedergelegt. Danach ist die Qualität des Wassers in keiner Weise zu beanstanden.
Daneben wurde seit August 1905 bis zum Jahre 1908 die Wassermenge der Quellen ununterbrochen gemessen. Im November 1907 hat die Wassermenge ganz vorübergehend den Kleinstwert von 5200 cbm in 24 Stunden gezeigt, während für gewöhnlich mehr als 10000 cbm abflossen. Der Spätherbst des Jahres 1907, in dem diese Kleinstmenge auftrat, ist schon ungewöhnlich wasserarm gewesen.
Auch dieser Entwurf von Holz konnte nicht zur Ausführung kommen. Es wurde nunmehr auf Veranlassung des Kreises Lippstadt nochmals ein Wasserversorgungsentwurf aufgestellt.
Der Plan einer Talsperre an der Lürmecke und auch an der Glenne war längst aufgegeben, weiter unterhalb an der Möhne entstand die damals größte Talsperre. Ein Vorschlag, mittels Pumpwerke vom Möhnesee aus, das wasserarme Gebiet zu versorgen, musste fallen gelassen werden, da dieses Wasser ohne künstliche Filterung nicht gebraucht werden kann.
Das trockene Jahr 1911.
In dieses Stadium der Vorarbeiten fällt der sehr trockene Sommer 1911.
Man ging daran, den schon früher erwogenen Plan der Erfassung tiefer liegender Wassermengen auszuführen, mochten auch die oberirdischen Quellen versiegt sein. Aus dem Brunnen, der damals abgeteuft wurde, konnten Ende August 1911 täglich noch fast 4000 cbm Wasser gepumpt werden. Ende September wurde beim Niederbringen des Brunnens eine Wasserader angeschlagen, die allein 10 Liter in jeder Sekunde, also 864 cbm Wasser täglich lieferte, und man rechnete damals und noch am 1. November 1911 bestimmt auf Erfolg bei weiterem Niederbringen des Brunnens.
Bei einer Tiefe von 6 m konnten Anfang November 1911 täglich über 1000 cbm Wasser aus dem Brunnen gepumpt werden.
Ende November 1911 lieferte der etwa 7 m tiefe Brunnen so viel Wasser, dass es mit dem Lokomobil-Pumpwerk, welches bis dahin benutzt wurde und welches 1,2 cbm in der Minute fördern sollte, nicht mehr bewältigt werden konnte. Es flossen also täglich über 1730 cbm Wasser aus den Adern und Spalten nur diesem einen Brunnen zu. Am 20. Dezember 1911 lieferte der Brunnen 1137 cbm Wasser täglich und im Februar 1912 lieferten die bisher oberirdisch versiegten Quellen wieder mehr als ausreichend Wasser.
An sich war 1911 gezeigt worden, dass durch eine künstliche Wassergewinnungsanlage auch bei Versiegen der oberirdischen Quellen eine gewisse Menge Wasser aus dem Untergrund gewonnen werden kann. Und 1911 war nur ein einziger Brunnen bis auf etwas über 7 m Tiefe niedergebracht worden, ohne dass ein Fachmann auf Grund geologischer Untersuchungen vorher die günstigste Stelle für den Brunnen angegeben hätte. Wieviel mehr Wahrscheinlichkeit lag schon damals vor, dass mehrere an günstigen Stellen und tiefer niedergebrachte Brunnen den Erfolg gehabt hätten, sodass schon damals der Nachweis ausreichender Ergiebigkeit auch in trockenster Zeit erbracht worden wäre.
Der Plan wurde aufgegeben, da eine größere Anzahl Orte an der Haar eine Beteiligung an dem Werke aus dem Grunde ablehnte, weil seitens einiger Grundbesitzer die allergrößten Schwierigkeiten bei der Verlegung der Röhren durch ihr Gebiet zu gewärtigen wären und weil die Wassermenge für das in Aussicht genommene Gebiet knapp ausgereicht haben soll. Dies sind die Gründe, die damals den Plan scheitern ließen, als er so kurz vor der Verwirklichung stand.
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Um diese Zeit etwa wurden von den Gebieten der Staatlichen Kulturbauämter Minden. Münster und Hagen an 20 Stadt- und Landkreise abgetrennt. Hierfür wurde ein neues Kulturbauamt gebildet, und es ist gerade für den Plan der Wasserversorgung des Kreises Lippstadt nicht ohne Bedeutung, dass als Sitz dieses für das Gebiet der Diemel, Möhne und Lippe bis zum Rheine neugebildeten Kulturbauamts gerade Lippstadt gewählt wurde.
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Das großzügige Kreiswasserwerk wurde gewissermaßen aufgeteilt, eine Reihe kleinerer Wasserwerke entstanden, bestehende wurden erweitert, dann ließ der unheilvolle Krieg jede weitausschauende Arbeit ruhen und gestattete nur die allernotwendigsten Aufwendungen; trotz der wahnsinnigsten Inflationszeit wurde aber 1919 mit einzelnen Gemeinden weiterverhandelt, die unsicheren Geldverhältnisse schreckten aber die Gemeinden ab.
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In aller Stille wurde jedoch weitergearbeitet. Vom Vorstand des Kulturbauamts Lippstadt, Herrn Reg.- und Baurat Hummell, wurden Mittel für weitere Vorarbeiten vom Minister für Landwirtschaft, Domänen und Forsten beantragt, der Kreis Lippstadt unter dem Landrat Herrn Dr. jur. Frhr. Raitz v. Frentz stellte einige weitere Beträge zur Verfügung, in gemeinsamer Arbeit von Kreis und Kulturbauamt wurden eingehende Gutachten der Preußischen Geologischen Landesanstalt über die geologischen Verhältnisse und die Möglichkeit der Wasserversorgung eingeholt, die Quellen wurden nochmals durch den Leiter des Staatl. Hygienischen Instituts in Gelsenkirchen, Herrn Prof. Dr. med. Bruns untersucht und gesundheitlich für gut befunden.
Nach mancherlei Änderungen reifte ein neuer Plan, der, wenn er ausgeführt wird, zum größten Segen der Haardörfer sein wird.
Die geologischen Grundlagen
Zum näheren Verständnis sei über die geologischen und hydrologischen Verhältnisse folgendes mitgeteilt.
Die Grundwasserwerke in Flussniederungen sind an sich im Allgemeinen sehr leistungsfähig in Bezug auf die Menge des Wassers. Nun besteht der Untergrund der Lippe-Niederung aus Emscher-Mergel, einem grauen, tonigen Mergel der Kreideformation. Dieser Emschermergel ist wasserundurchlässig; durchbohrt man ihn, so läuft man Gefahr, salzhaltiges Wasser zu bekommen. Man würde sich daher: nur an Wasseransammlungen oberhalb des Emschermergels halten können. Die Mächtigkeit der Sand- und Kiesablagerungen ist aber zu gering, als dass er ein für die Wassergewinnung in Betracht kommender Grundwasserträger sein könnte. Immerhin können Bohrversuche in der Lippeniederung an gewissen Stellen für kleinere örtliche Verhältnisse ausreichenden Erfolg bieten.
Dabei ist aber zu beachten, dass die Lippeniederung reich an Eisen in gelöster und fester Form ist. Vor Jahren, als die Lippe noch schiffbar war, fuhren die Kähne bis Anreppen, um hier Eisenstein zu laden. Bei Untereichen erinnert die Flurbezeichnung „Am Ort“ an die Verladestelle des Ortsteins. Ortstein ist nichts anderes als Eisenoxyd (Rost) mit Sand oder anderen Beimengungen. Wird nun in solcher Gegend ein Grundwasserwerk angelegt, so schwankt natürlich beim Pumpen der Grundwasserstand. Die Luft tritt in den Boden, das Eisenhydroxyd in dem Grundwasser wird zum
Eisenoxyd, es bildet sich im Laufe der Zeit eine wasserundurchlässige Schicht und für das Wasserwerk ist kein Wasser mehr vorhanden.
Oder, aber man findet Wasser, welches durch die Wässerungen der Boker Heide dorthin gelangt ist.


Dieses Oberflächenwasser kann natürlich gesundheitsschädlich sein. Größte Vorsicht ist daher geboten.
Am südlichen Abfall des Haarstrangs zum Möhnetal lagert sich der Kreidekalk vorwiegend auf den im Sauerlande häufigen Schiefern. Ganz unten liegt ein wasserarmes Schiefergebirge, bei dem nur auf gewissen sandstein- oder kalksteinartigen Bänken eine Wasseransammlung zu erwarten ist. Es würde ein sehr gewagtes Unternehmen sein, durch eine Tiefbohrung von 200 m zufällig eine solche wasserführende Bank antreffen zu wollen.
Über dem Schiefergebirge lagern die wasserführenden Schichten der Kreideformation. Hier und dort bilden sich innerhalb der Kreideformation einzelne Wasserstockwerke heraus, die in den Brunnen des Haarstrangs vielfach ausgenutzt werden. Auch entstehen gelegentlich kleine Erdfälle, in denen sich auf toniger Sohle das Wasser staut, wodurch örtlich der Eindruck eines verhältnismäßig bedeutenden Wasserreichtums hervorgerufen werden kann.
Wer jedoch die Wasserverhältnisse genauer kennt, vermag das Trügerische dieser Bilder zu beurteilen. Nirgends sind große, zusammenhängende wasseraufnahmefähige Gesteine der Kreideformation eingeschaltet, in denen sich ein zusammenhängender Grundwasserstrom ausbilden könnte. Zwar wird wohl jede Bohrung eine gewisse Wassermenge antreffen lassen, es kann jedoch nirgends von der Aufspeicherung eines Wasservorrats zur Versorgung eines größeren Bezirks die Rede sein. Alle Versuche, auf der Höhe des Haarstrangs Quellen zu finden, die für die Wasserversorgung des Kreises Lippstadt ausreichend sind, müssen also als vollkommen aussichtslos betrachtet werden, wenn auch stellenweise z. B. in Klieve und Seringhausen in nasser Jahreszeit das Wasser aus den Bohrlöchern zutage ausfließt.
Es ist zu beachten, dass das Wasser bei diesen Bohrungen ohne jede Bodenfiltration lediglich aus den Klüften des Gesteinsuntergrundes den Bohrungen zufließt. Alle diese Wasserversorgungsanlagen werden also dauernd unter den Nachteilen zu leiden haben, die von der Stadt Lippstadt, der Stadt Paderborn, von dem früheren Wasserwerk der Stadt Soest und der Gegend südlich von Lippstadt zur Genüge bekannt sind und die sich durch eine zu jeder Zeit mögliche Trübung des Wassers, vor allem in dem Auftreten gesundheitsschädlicher Bakterien, unangenehm bemerkbar machen. Mag solches Wasser schon lange als klar und einwandfrei beobachtet worden sein, plötzlich kann von irgendwoher ein Abwasser mit schädlichen Keimen in den Bereich des Bohrloches gelangen.
Die Abbildung 1 bringt einen Querschnitt durch die Paderborner Hochfläche nach Dr. Stille. Von der
Versickerungsstelle fließt das Wasser durch den Massenkalk den Paderquellen zu. Rund 6 cbm treten hier in jeder Sekunde in stets gleichmäßigem Strome zutage. Diese Wassermengen sind auf ihrem Wege durch viele unendlich enge Spalten, aber auch durch manche geräumige und weitverzweigte Tropfsteinhöhle geflossen, ehe sie ihren Weg zu den Paderborner Quellen fanden.
Von Bohrversuchen am Nordhange der Haar muss also aus folgenden drei Gründen abgesehen werden:

  1. Die Wasserlieferung schwankt äußerst stark. Plötzliches Anschwellen nach Regenfällen, rasche
    Abnahme in trockenen Zeiten bis zum völligen Versiegen sind bestimmt zu erwarten.
  2. Das Wasser wird leicht durch mineralische Stoffe, vor allem unlösliche Tonteilchen, getrübt werden, die Durchsichtigkeit des Wassers schwankt entsprechend.
  3. Vor allem ist die Gefahr der Verseuchung durch gesundheitsschädliche Keime groß, die von irgendwelchen Abwässern in das zur Trinkwasserversorgung dienende unterirdische Wasser gelangen.
    Durch gewisse technische Maßnahmen kann man zwar das Wasser von Krankheitskeimen befreien, es sei nur das Ozonverfahren genannt, welches bisher in Paderborn angewandt wurde, oder das Chlorgasverfahren, dessen Vor- und Nachteile wir aus Lippstadt kennen.
    Diese Verfahren haben den Nachteil, dass sie auf die Zuverlässigkeit des mit ihrer Handhabung beauftragten aufgebaut sind. Versagt dieser eine Mensch bei einer einzigen Untersuchung, so kann das ganze Rohrnetz von Krankheitskeimen wimmeln, kann eine unermesslich große und schwere Erkrankung weite Kreise der Bevölkerung ergreifen und ins Grab bringen. Beide Städte wollen daher neue Wasserwerke bauen; Paderborn will das Wasser in der Senne gewinnen, Lippstadt ist noch bei Vorarbeiten.
    Schon aus dem unter 1 genannten Grunde empfiehlt es sich nicht, die Quellen am Nordhang der Haar zur Wasserversorgung heranzuziehen, die Verantwortung ist für die verantwortlichen staatlichen und kommunalen Behörden zu schwer, als dass sie sie übernehmen könnten.
    Lippeniederung und Nordhang der Haar kommen nach Vorstehendem also für eine Trinkwasserversorgung des Kreises Lippstadt nicht in Frage. Es bleibt als letzte Möglichkeit die Versorgung durch die zu Unrecht verschrienen Lürmecke-Quellen. Es sei hierbei bemerkt, dass die Wasserversorgung aus Quellen zunächst die natürlichste und am meisten einwandfreie ist.
    Die vermeintlichen Nachteile der Lürmecke-Quellen. Was wirft man denn den Lürmecke-Quellen alles für Nachteile vor?
    I.
    Das Wasser ist ja ganz gut, aber gerade in trockenen Zeiten versiegen die Quellen, und gerade dann haben wir das Wasser am nötigsten.
    Wir haben oben gesehen, dass der Wassermangel, wie die Pumpversuche im Jahre 1911 erwiesen haben, doch nicht so katastrophal war, wie man es jetzt gerne erzählt. Schon ein einziger Brunnen von etwas über 7 m Tiefe lieferte gerade in der Notzeit, gerade im Hochsommer in den Monaten Juli-August mehr als die rechnerisch erforderliche Wassermenge von 2300 cbm täglich. Erst in den Herbstmonaten ging die Wassermenge zurück, ein einziger angeschlagener Spalt lieferte über ein Drittel der Gesamtmenge.
    Wenn auch in dem noch viel trockeneren Jahre 1921 die Lürmeckequellen zwar oberirdisch versiegten, so flossen die Rangequellen, die sicher außer ihrem eigenen Zufluss-Gebiet in gewissem Zusammenhang mit dem gewaltigen unterirdischen Speicherraum der Lürmeckequellen stehen, damals in stets gleichmäßiger Stärke weiter.
    Ist nicht schon damit bewiesen, dass auch in Zeiten großer Trockenheit, die alle 10 Jahre einmal eintreten mögen, genügend Wasser von den Lürmeckequellen zu erhalten ist?
    Dass für die Kallenhardter Wasserversorgung trotzdem im Jahre 1921 eine weitere Pumpe mit elektrischem Antrieb beschafft werden musste, liegt darin, dass man bei der Entwurfsaufstellung für dieses Wasserwerk die möglichen Verhältnisse nicht genügend beachtet hatte. Es war nur vorgesehen, dass das Wasser aus dem vollen Brunnen von selbst dem Pumpwerk an der Straße Suttrop-Kallenhardt zufließt. Als nun das Wasser unter die Höhe des Überfalls sank, floss von hier aus dem Pumpwerk kein Wasser mehr zu, obwohl der Brunnen damals stets Wasser enthielt. Das hochgelegene Kallenhardt wurde in dieser Notzeit von einer anderen Quelle in unmittelbarer Nähe des Pumpwerks aus versorgt.
    Alle die vielen Gutachten, die in dieser Sache schon erstattet sind, laufen auf die Auffassung hinaus, dass die Lürmeckequellen ausreichende Wassermengen liefern, wenn sie nur richtig gefasst werden. Die Begründung ergibt sich dem geologischen Bau des Quellengebietes.
    Der aufmerksame Beobachter wird leicht finden, dass zwischen Warstein und Kallenhardt sich zwei Massenkalkrücken hinziehen, der eine zwischen Warstein und Suttrop („Auf dem Stein‘“), der andere zwischen dem Hillenberg und Kallenhardt. Ringsum werden diese leicht kenntlichen Massenkalkzüge von den bewaldeten, aus Schiefern und Grauwacken des flözleeren Karbons aufgebauten Höhen des Belecker, Rüthener, Kallenhardter, Suttroper und Warsteiner Waldes umgeben.
    Es würde zu weit führen, hier genaueres über. Die Entstehung und über die eigenartige Form dieser geologischen Bildung zu bringen. Aus dem beigegebenen Querschnitt (Abb. 2) durch das Lürmecketal ist das hier wesentliche ersichtlich. Dort, wo Kalk gegen Schiefer ansteht, oder wo eine Querverwerfung ist. tritt das Wasser aus dem Kalk zutage. Durch Färbeversuche hat man nun weiter den nach den geologischen Profilen naheliegenden Verlauf des unterirdischen Wassers nachzuweisen gesucht, Dabei hat man gefunden, dass die im Enkebruch s. ö. Warstein versinkenden Bachwässer der Wäsche und Schwelle in der Rangequelle wieder erscheinen, dass sie also unter Tage dem trockenen Talzuge folgen. Die am Hohen Stein versinkenden Wasser treten in einer Quelle an dem linken Lürmeckeufer kurz oberhalb des Kallenhardter Brunnens wieder zutage, ein Zusammenhang der Lürmeckequellen an der rechten Talseite mit dem Oberlauf der Lürmecke scheint nicht zu bestehen. Einige von diesen Quellen sind unabhängig von den örtlichen Tageszuflüssen, es handelt sich zu großen Teilen hier um juveniles Wasser, d. h. um Wasser aus großen Tiefen, welches von irgendeinem weit entfernten Gebiet herkommt.
    *
    Wie verwickelt diese Vorgänge sein können, zeigt neben dem weiter oben schon besprochenen Gebiet der Paderborner Hochfläche auch das Gebiet der Alme. Das Wasser der Briloner Aa, eines Nebenbaches der Möhne, versinkt, wahrscheinlich tritt es in den Almequellen wieder hervor. Die Alme versinkt schon bei kleinem Mittelwasser vollständig bei Brenken; es ist durch Untersuchungen der Kulturbauämter Münster und Lippstadt nachgewiesen, dass dieses versunkene Wasser bei Upsprunge, Geseke usw. die Quellen speist.”
    *
    Haben die Lürmeckequellen nun im Allgemeinen genügend Wasser, um das wasserarme Gebiet mehr als ausreichend mit Wasser zu versorgen, so ist es nach Ansicht aller geologischen Sachverständigen durchaus möglich, auch in trockenen Zeiten hier so viel Wasser zu gewinnen, wie gebraucht wird, weil eben die Quellen nicht auf örtliche Zuflüsse angewiesen sind, sondern von weither gespeist werden.
    Hier an den Lürmeckequellen soll quer zum Tal, etwa dort, wo in der Lürmecke kurz unterhalb des Kallenhardter Brunnens der kleine Abfall ist, ein tiefer Querstollen getrieben werden, aus dem nur in trockener Zeit das Wasser wenige Meter hochgepumpt werden muss, während sonst die Quellen so hoch liegen, dass das Wasser mit natürlichem Druck durch eigene Kraft in das verzweigte Leitungsnetz fließt.
    Dass man durch einen Stollen genügend Wasser erhalten kann, haben die Arbeiten im Jahre 1911, wie wir oben gesehen haben, doch wohl zur Genüge erwiesen.
    II.
    Ein weiterer Vorwurf: Die Lürmeckequellen bringen ja schließlich auch in trockenen Zeiten
    genügend Wasser, aber das kommt doch auch aus den breiten Kalkspalten, es kann also doch ebenso leicht verunreinigt und verseucht sein wie die Haarquellen oder wie das Lippstädter Wasser! Und mit unreinem Wasser ist uns nicht gedient, das haben wir schon.
    Darüber ist wohl kein Streit mehr, dass in mancher Gemeinde des zu versorgenden Gebietes schlechtes Wasser wohl vorhanden ist. Wie das schlechte Wasser vielfach aus Brunnen gewonnen wird, zeigt unser Bild (Abb. 3).Gleich neben der Abortgrube, neben dem Düngerhaufen ist die Pumpe. Derartige Stellen, wie abgebildet, sind tatsächlich vorhanden. Unreines Bachwasser kann in manchen Fällen auch seinen Weg zum Brunnen finden; was dann die Pumpe zutage fördert, wird „„Trinkwasser“ genannt. Und doch ist es immer noch besser als das Zisternenwasser manches Haardorfes, das zum Gebrauch erst einmal durch das Kaffeesieb gegossen werden muss. Es ist besser als das Wasser, welches in trockener Zeit in den einzigen zur Verfügung stehenden Gefäßen, den notdürftig gereinigten Jauchetonnen, von weither zum Gebrauchsort herangefahren wird.
    Wie leicht können Typhus, Paratyphus, Ruhr und Cholera durch solches Wasser verbreitet werden! Wie leicht können selbst Eingeweidewürmer oder deren Kier in stark verunreinigten Schachtbrunnen vorkommen.
    Auch die Übertragung einer Reihe von Tierkrankheiten ist schon durch das Wasser erfolgt und nachgewiesen worden. Außer dem Milzbrand können so Schweinerotlauf, Geflügelcholera, Schweineseuche, Hundestaupe, Maul- und Klauenseuche oder Rotz übertragen
    und verbreitet werden. Die Möglichkeiten solcher Schäden lassen sich für jeden einzelnen Hof
    zahlenmäßig in Geld ausrechnen, wenn auch der einzelne die Wahrscheinlichkeit gering annehmen wird.
    Außer harmlosen Brunnenbewohnern finden sich zahlreiche Urtiere, Kleinkrebschen, es finden sich unappetitliche Lebewesen, unter den größeren pflegt der lange Brunnendrahtwurm öfter geradezu Entsetzen zu erregen. Zu all diesen Tieren und deren Abgängen konmen noch eine ganze Reihe Pilze. Ein Vorteil ist, dass die meisten zersetzungsfähigen Stoffe eines verunreinigten Brunnens bald vergären oder von anderen Tieren verzehrt werden.
    Über das Leben im Wassertropfen ist schon viel geschrieben worden. Aus der Schule wird sich mancher der „Aufgusstierchen‘“. erinnern, die man bei einiger Vergrößerung sieht, wenn
    man Gras oder trockenes Heu mit Wasser übergießt. Wer die Möglichkeit hat, einmal durch ein Mikroskop zu sehen, wird Wundertiere im Wasser kennen lernen, von denen er sich bisher nichts hat träumen lassen, zumal in verunreinigtem Wasser. Und alle diese kleinen und kleinsten Lebewesen, die man unter dem Mikroskop oft nur nach ganz besonderer Färbung erkennen kann, haben die verschiedensten Formen, wie die Abbildungen zeigen.
    Der geübte Wissenschaftler kann also diese Tiere und Stoffe leicht feststellen, die darauf schließen lassen, dass das Wasser mit irgendeiner Krankheitsquelle in Verbindung steht, dass tierische oder menschliche Abgänge Zugang zur Wasserversorgungsstelle haben. Besonders typisch für Verunreinigung ist der „Colibazillus“. Daneben helfen chemische Untersuchungen auf Ammoniak und salpetrige Säure den Nachweis nachteiliger Verunreinigung zu führen.
    Mehrmals hat das hygienische Institut in Gelsenkirchen das Wasser der Lürmeckequellen eingehend untersucht. Irgendwelche nachteiligen Beimengungen konnten nicht gefunden werden. Es ließen sich keinerlei Organismen nachweisen, die man auf direkte Zuflüsse von der Erdoberfläche hätte zurückführen können.
    Von der Güte des Wassers kann sich jeder in Kallenhardt überzeugen, das seit etwa 15 Jahren sein Trinkwasser aus den Lürmeckequellen erhält. Seitdem dort jedes Haus mit Lürmeckewasser versorgt wird, hat man von keiner Typhus- oder Ruhrerkrankung mehr gehört. Ohne Zwischenschaltung einer besonderen Reinigungsanlage kann also das Lürmeckewasser unbedenklich zur Wasserversorgung herangezogen werden. – Dagegen weist die Gesundheitsstatistik des Kreises Lippstadt in den letzten Jahren eine große Zahl ansteckender Krankheiten auf.

Und wie viele Erkrankungen werden ängstlich verschwiegen! Wie viele versuchen, sich selbst wieder gesund zu doktern, nur damit sie nicht ins Krankenhaus kommen, mag es auch ans Leben gehen. Kürzlich sagte ein Gemeindevorsteher dem hiesigen Kreisarzt, in seiner Gemeinde seien ansteckende Krankheiten nicht vorhanden. Wenige Tage darauf waren fünf Personen im Krankenhaus. Die Auffassungen des Gemeindevorstandes und des Kreisarztes über ansteckende Krankheiten gehen also weit auseinander. Und wie sehr die Verbreitung von Krankheiten durch das Wasser beeinflusst wird, zeigt folgender Vorfall:
Als im Jahre 1915 in Effeln eine Typhusepidemie ausbrach, wurde gerade das Amtswasserwerk Altenrüthen gebaut. In aller Eile wurde eine an sich nicht vorgesehene Leitung nach Effeln gelegt, ein Hydrant am Ende des Ortes versorgte die Bevölkerung mit Wasser, und von dem Tage an, wo dieser Hydrant Wasser spendete, von dem Tage an, wo keiner mehr Wasser aus dem Dorfbrunnen nehmen durfte, hörten die Neuerkrankungen auf. Solche Fälle geben sicher zu denken.
III.
Dass das Lürmeckewasser zu warm sei, wird oft gesagt. Zunächst sind diese Klagen von Kallenhardt nie bekannt geworden, dann wird auch das Wasser in den Röhren sehr bald die Temperatur der umgebenden Erde annehmen. Schließlich hat das Wasser nach Ansicht der Hygieniker eine zweckmäßige Temperatur.
Von einer Temperaturerhöhung in der Rohrleitung kann überhaupt keine Rede sein.
IV.
Man hat für starke Kalk- u. Magnesiabeimengungen den Ausdruck: das Wasser ist hart. Für die Größe der Beimengungen hat man einen bestimmten Maßstab nach dem Gesamtkalkgehalt gewählt. Man rechnet die Härte eines Wassers nach „Grad“. Wasser mit weniger als 10 – 15 deutschen Graden gilt noch als weich. Die Gesamthärte des Lürmeckewassers ist nun 14,4 Grade, also höchstens mittelhart zu nennen. Und gesundheitsschädlich ist hartes Wasser keineswegs, wird doch seit uralter Zeit in dem thüringischen Städtchen Bürgel ein Trinkwasser mit einem Vielfachen der obigen Härtegrade ohne Gefahr für die Gesundheit benutzt. Man glaubt im Gegenteil, dass gerade das weiche Wasser ungesund ist, weil Kalkverbindungen und überhaupt die Mineralsalze in unserer Ernährung eine viel größere Rolle spielen, als man früher angenommen hatte. Jedenfalls hat man gefunden, dass aus Bezirken mit hartem Wasser die Militärtauglichkeit viel größer war als in kalkarmen Gegenden mit weichem Wasser; dass nach dauerndem Genuss von weichem Wasser die Zähne viel leichter erkranken, (denn Zähne und Knochen bestehen ja aus Kalk), dass also bei weichem Wasser die körperliche Entwicklung beeinträchtigt wird und bei Frauen z. B. die Stillfähigkeit zurückgeht.
Naturgemäß gilt das gleiche wie für den Menschen auch für das Vieh. Hartes Wasser ist für den Milchertrag sicher vorteilhafter als weiches, denn die Milch enthält neben Fett sehr viele Mineralstoffe. Der Gesundheitszustand im Ganzen genommen ist also bei hartem Wasser bei Menschen und Vieh besser als bei Verwendung von weichem Wasser. Nicht zu vergessen ist, dass weiches Wasser chemisch sehr aktiv ist, es kann also leicht die Rohre angreifen, was vor allem zu schweren Bleivergiftungen führen kann; während sich aus hartem Wasser sehr bald eine dichte und feste Schutzschicht abscheidet, ohne dass jedoch dadurch praktisch der Rohrquerschnitt verengt wird.
Stärkere Rohrverengungen entstehen vor allem durch starken Eisengehalt des Wassers, und der ist nicht vorhanden. Frühere Befürchtungen, dass die Kallerhardter Wasserleitungen unter starken Rohrverengungen leiden würden. haben sich als unbegründet erwiesen.
Der Kalkgehalt des Lürmeckewassers ist also kein Nachteil, sondern ist sogar sehr erwünscht.
V.
Eine Wasserleitung ziehe auch eine Entwässerungsanlage nach sich. Nein, umgekehrt, eine Kanalisation macht eine Wasserversorgung erforderlich, damit stets genügend Spülwasser zur Verfügung steht. Wer wird denn in ländlichen Bezirken die besten Dungstoffe zwecklos abführen und vernichten? Noch kein einziger ländlicher Ort in der weitesten Umgebung hat infolge Anlegens einer Wasserleitung eine Kanalisation gebaut.
VL
Der letzte Einwand ist der, dass durch die geplante Wasserversorgung des ganzen Gebietes von einer Versorgungsstelle aus das Wasser sehr, sehr teuer werden würde. Ein Kubikmeter Wasser würde fast eine Drittel Mark kosten. Das kann man doch bei der heutigen Lage der Landwirtschaft gar nicht aufbringen. Hier scheint der Hauptgrund zu liegen, weshalb bisher die ganze Angelegenheit nicht weitergekommen ist. Diese untragbar seien sollende Zahl von 30 Pfg. je Kubikmeter soll einmal etwas näher besehen werden.
Unter Zugrundelegung eines Tagesverbrauchs von 30 Liter für je einen Menschen, ein Stück Großvieh und drei Stück Kleinvieh würde eine Wirtschaft von 6 Personen, 10 Stück Großvieh und 12 Stück Kleinvieh, also von 20 Wasserverbrauchseinheiten, täglich alles in allem 1 cbm Wasser verbrauchen, also 30 Pfg. zu zahlen haben. Gewiss macht das im Jahr die Summe von rund 110 Mk. aus. Wenn man jedoch die wirtschaftlichen Ersparnisse und die Vorteile, die Güte des Wassers, die erhöhte Feuersicherheit, die Garantie jederzeit gesicherten Wasserbezuges bedenkt, so kann man den Betrag schon leichter tragen.
Seit Jahren klagt die Landwirtschaft mit Recht darüber, dass die Industrie höhere Löhne zahlen könne und auch zahlt, dass hier die Landwirtschaft nicht mehr mitkann. Die Folge ist, dass die landwirtschaftlichen Arbeiter zur Industrie abwandern und die Landwirtschaft den Schaden hat. Man sucht sich zu helfen, so gut man kann. Wo wird heute noch mit der Hand gedroschen? Wie mancher Landwirt hat die verschiedensten Ackerbearbeitungsmaschinen angeschafft, wie lange wird es noch dauern, bis nicht nur in Großbetrieben, sondern. auch in mittleren Wirtschaften kein Pferd mehr den Pflug zieht, sondern ein Traktor? Denn der Traktor frisst nichts, wenn er im Stall steht, er leistet viel mehr als ein Pferd, und das Pferd will dauernd Futter und Wasser haben, auch wenn es nicht arbeitet, und will daneben gepflegt sein. – Überall dringt die Maschine siegreich vor, Mensch und Tier werden in gewissen Grenzen entbehrlich.
Nur beim Wasserbezug bleibt alles beim Alten. Man pumpt sein Wasser gern weiter, wo man es ohne Arbeit aus dem Krahnen zapfen könnte. Man fährt es, wenn auch mit viel Mühe und Kosten, kilometerweit über Land, wenn mal der Brunnen austrocknet. Man wartet gerne stundenlang an der Quelle, bis man an der Reihe ist, und man wartet weiter, bis diese einzige Quelle endlich genügend Wasser gegeben. hat.
Hat sich denn schon ein einziger überlegt, was ihn jetzt 1 cbm Wasser aus seinem eigenen Brunnen kostet?
Ein Kubikmeter ist an 80 Eimer Wasser. Und bis diese 80 Eimer vollgepumpt sind, bis man sie an den Verwendungsort geschleppt hat, vergeht eine lange Zeit. Den Stundenlohn kennt jeder. Man wende nicht ein, dass mit dem Wasserpumpen unbezahlte Kräfte beauftragt seien. Das mag manchmal zutreffen. Aber wenn diese unbezahlten Kräfte hier nicht mehr pumpen, können sie an anderer Stelle nutzbringende Arbeit leisten, können sie auf andere Art bezahlte Hilfe überflüssig machen. Irgendwie wird der Vorteil schon greifbar herausspringen, wenn statt der einen Pumpe mit schlechtem oder zweifelhaftem Wasser im Hof überall dort Zapfkranen sind, wo man Wasser braucht: Im Stall, in der Küche, auf den Weiden. Es ist natürlich bis zu einer gewissen Grenze auch möglich, den Gemüsegarten oder auch Weiden stets feucht zu halten. Der Druck der Wasserleitung wird in allen Fällen ausreichend hoch sein.
Und was eine Tonne Wasser kostet, wenn sie erst weit über Land herangefahren werden muss? Ob man da den Kubikmeter für 2 oder gar 3 Mk. haben kann, wenn man in der Hauptbestellzeit den Fuhrlohn richtig einsetzt? Und was sagt die Hausfrau dazu, wenn der Ertrag ihrer Milchwirtschaft in trockener Zeit zurückgeht, weil das Vieh nicht genügend und dabei jauchiges Wasser erhält?
Wenn man so rechnet, dürfte die Zahl von 30 Pfg. auf 1000 Liter Wasser schon weniger hoch erscheinen. Wenn dann zu allem noch in einer Notzeit Mensch oder Vieh krank wird und der Arzt am Schluss seine Rechnung vorlegt, dann fangen die Klagen an: Hätten wir doch damals für die Wasserleitung gestimmt, die paar Mark, die wir dann hätten ausgeben müssen, sind nichts gegen das, was wir jetzt zahlen müssen. Und wer gibt uns unseren Vater, unsere Mutter oder unser Kind wieder, welches an dieser schrecklichen Krankheit sterben musste? Wer bezahlt mir mein teures Vieh, welches an dieser Seuche starb?


Noch ist es nicht zu spät!
Dass die ganze Anlage über drei Millionen Mark kostet, ist gar nicht so außergewöhnlich. Im Kreis Moers wird jetzt eine Wasserleitung mit einem Kostenaufwand von 6 Millionen Mk. begonnen, hier wird man bald eine einheitliche Wasserversorgung haben. Auch auf dem Eichsfeld im Kreise Duderstadt wird bald ein derart großer Plan zur Durchführung kommen, wodurch 30 Gemeinden mit Wasser versorgt werden sollen.
An diesen 3,9 Millionen braucht sich keiner zu stören, hierzu gibt der Staat, der Kreis, wohl auch die Provinzial-Feuersozietät einen ansehnlichen Betrag, und den Rest trägt ein jeder nur noch seinem Wasserverbrauch, nach der Zahl der Einheiten, die auf seinen Hof oder sein Haus entfallen. Die Schwierigkeiten zur Aufbringung der ganzen Summe überwinden andere.
Es ist ein besonderer Vorteil des Lürmeckewasserwerks, dass im Allgemeinen das Wasser mit natürlichem Druck von der Fassungsanlage zu Tal in das Rohrnetz läuft, liegen sie doch schon 7 m höher, als die Überleitungsstelle auf der Haar. Durch einen tiefen Einschnitt auf der Haar wird der Druck noch wesentlich vergrößert werden. Irgendwelche Kosten für einen Pumpbetrieb entstehen also nicht. Nur in Jahren äußerster Trockenheit, also höchstens alle 10 Jahre muss das Wasser für ein oder zwei Monate aus der Fassungsanlage bis Geländehöhe gepumpt werden, also höchstens um 10 m. Daneben muss in diesen seltenen Trockenzeiten dann noch das Wasser für die Gemeinde Kallenhardt hochgepumpt werden als Entschädigung für das entzogene Kraftwasser für die Pumpen-Anlage. Das fällt aber bei der Größe der ganzen Anlage nicht sehr ins Gewicht.
Bestimmend für den Wasserpreis von 30 Pfg. sind zunächst die einmaligen Ausgaben für die Verlegung der Rohrleitungen, für die Hochbehälter und Ortsrohrnetze, kurz für den Bau der ganzen Anlage. Nach genauen nochmaligen Berechnungen sind für den Bau der ganzen Anlage einschließlich der Hausanschlüsse usw. 3,9 Millionen Mk. erforderlich. Hiervon gehen die Beihilfen ab, sodass 3 Millionen Mk. aufzubringen sind.
Zu diesen einmaligen Ausgaben für den Bau des Wasserwerks kommen die jährlichen Unterhaltungskosten, die Betriebskosten und die Rücklagen. Und da naturgemäß der Betrag von 3 Millionen Mk. nicht auf einmal aufgebracht werden kann, muss ein Darlehen
aufgenommen. werden. Dieses Darlehen muss verzinst und getilgt werden. So verschwindet die einmalige große Ausgabe und tritt als jährlich erforderliche Ausgabe wieder in Erscheinung.
Die Unterhaltungskosten und die Ausgaben für den Betrieb, (bei denen Pumpkosten nur für 3 Monate in 10 Jahren anzusetzen sind, wie wir oben gesehen haben), können nach vorliegenden Erfahrungen hochgerechnet mit 1% Prozent angesetzt werden, Darlehen aus der Arbeitslosenunterstützung sind mit geringen, aus anderen Kassen mit etwas höherem Zinsfuß zu erhalten. Da vom Staat weitere Mittel zur Zinsverbilligung zu erwarten sind, wird für Verzinsung der Darlehen mit 4% Prozent gerechnet, bei 2 Prozent jährlicher Tilgung. Jährlich sind also 1 ½ + 4 ½ + 2 = 8 Prozent von 5 Millionen aufzubringen, das sind rund 240 000 Mk.
Da nun Körbecke, Wippringsen, Buecke und die Provinzialanstalt in Eickelborn schon Ortsrohrnetze und Hausanschlüsse haben, müssen diese Gemeinden besonders behandelt werden. Der Wasserpreis für diese Orte stellt sich auf 19,6 RPf., während die übrigen Orte bei einem Gesamtbedarf von 755 600 cbm jährlich und den jährlichen Gesamtausgaben von 220900 RM.
220.900 dividiert durch 755.600 = 29,2 RPf. für ein Kubikmeter Wasser zu zahlen haben werden. Nach 27 Jahren werden die Darlehen getilgt sein, dann sind nur noch die geringen Unterhaltungskosten aufzubringen, und der Wasserpreis kann erheblich herabgesetzt werden.
Es wird verschiedentlich die Möglichkeit erwogen, Störmede und Langeneicke von Geseke aus sowie Erwitte und Westernkotten von Lippstadt aus zu versorgen. Eine einfache Berechnung zeigt, dass die Wirtschaftlichkeit dieser Nebenversorgungen gegenüber der Versorgung durch das Lürmeckewerk nicht nachzuweisen ist. Störmede und Langeneicke werden das Wasser für 24 RPf. vom Wasserwerk Geseke erhalten, sie müssen sich dann aber die Zuleitungen und Ortsrohrnetze selbst bauen. – Hierfür werden sie immerhin 300 000 RM. zusammen aufzubringen haben. Hiervon geht die Staatsbeihilfe mit 75000 RM. ab. Bei einem jährlichen Wasserbedarf von etwa 69000 cbm würden die Rohrnetze jeden Kubikmeter Wasser um mindestens 18000 dividiert durch 69000 = 26 RPf. verteuern. Der Gesamtpreis für 1 cbm Wasser würde also 50 RPf. sein. Ähnliche Verhältnisse liegen für Erwitte und Westernkotten vor. Hier kommen noch die erheblichen Kosten für Pumpen des Wassers aus dem
Lippetal zu den reinen Kosten für Wasser, wie sie von Lippstadt berechnet werden, und den Rohrleitungskosten, sodass der Endbetrag noch erheblich höher wird und auch hier kein Zweifel darüber bestehen kann, dass der Anschluss an das Lürmeckewasserwerk billiger ist, als jede andere Möglichkeit.
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Wie im Einzelnen die ganze Anlage gedacht ist, zeigt der anliegende Lageplan.[siehe am Schluss dieses Aufsatzes. WM]
Über technische Einzelheiten soll hier jedoch nicht gesprochen werden. Es ist für die Allgemeinheit gleichgültig, ob dieser oder jener Weg für die Rohrverlegung gewählt wird, und wo Hochbehälter angeordnet werden, In großen Zügen geht das aus dem beigegebenen Lageplan hervor. Auch ist es zunächst nebensächlich, ob jede einzelne Haushaltung einen Wassermesser erhält, oder nur die einzelnen Gemeinden, oder ob vielleicht gar keine Messvorrichtungen eingebaut werden sollen. Das sind alles Fragen zweiter Ordnung, die später entschieden werden können, ganz zu schweigen
von rein technischen Fragen wie Rohrweiten, Druckausgleichsanlagen usw. usw.
Zunächst soll jetzt der Querstollen durch das Lürmecketal auf Kosten des Staates gebaut werden. Die
erforderlichen 50 000 RM. hierfür sind durch das Kulturbauamt bei dem zuständigen Minister beantragt worden. Dann wird ein Dauerpumpversuch zeigen, dass die Lürmeckequellen auch in trockensten Jahren genügend Wasser haben. Dieser Dauerpumpversuch kann zu beliebiger Zeit vorgenommen werden. Wenn unten mehr Wasser gepumpt wird, als oben zufließt, ist der Beweis erbracht.
Alle die Vorwürfe, die gegen das Lürmecke-Projekt vorgebracht wurden, fallen demnach in sich zusammen, Die Versorgung des wasserarmen Kalkgebiets hat nur diese eine mögliche Grundlage, aber diese Grundlage ist gut.
[Es folgt eine Übersichtskarte. Im Original hat sie einen großen Umfang. Ich habe sie deshalb in vier Teilkarten aufgespalten, die gedanklich aneinandergefügt werden müssen. Auch farbliche Angaben konnte ich nicht einscannen. WM]