Von Wolfgang Marcus; in: Aus Kuotten düt und dat; 1998, Nr. 7
In diesem Jahr jährt sich zum zwanzigsten Mal die Einweihung des derzeitigen Bad Westernkötter Schulgebäudes an der Schützenstraße. Die Grundschule Bad Westernkotten veranstaltet aus diesem Anlass am Samstag, dem 28. Mai 1988, ein großes Schulfest, Am gleichen Tag eröffnen die Heimatfreunde in einem derzeit leerstehenden Klassenraum eine Ausstellung zum Thema „Schulgeschichte(n)“‚ in der Schulutensilien aller Art sowie Fotos und Dokumente aus der 450jährigen Schulgeschichte des Ortes zu sehen sein werden.
In einer kleinen Reihe wollen wir in „Aus Kuotten düt un dat…“ einzelne — zum Teil weniger bekannte und zentrale — Dokumente aus der Schulgeschichte Bad Westernkottens darstellen und in kleineren Aufsätzen Schlaglichter auf bestimmte Epochen und Aspekte werfen, Wir beginnen mit einem Beitrag aus dem „Patriot“ vom 23.10.1914 über
Die Einweihung des neuen Schulgebäudes in Westernkotten (19.10.1914)
„Westernkotten, 21. Oktober 1914 — Inmitten der kriegerischen Wirren unserer Tage ist in unserem Orte ein Friedenswerk im vornehmsten Sinne der Vollendung entgegengeführt worden, nämlich das neue Schulgebäude, Es ist als fünfklassige Schule gebaut mit hohen, lichten, den Anforderungen der Neuzeit durchaus entsprechenden Räumen, Die Umfassungsmauern sind aus Rüth. Sandstein errichtet.
Elektrische Lichtanlage, Zentralheizung, Wasserversorgung durch elektrische Kraft, für all dies ist Vorsorge getroffen; in Aussicht genommen ist auch noch eine Brausebadeeinrichtung in den geräumigen Kelleranlagen, Im zweiten Stock befindet sich die Wohnung für den Hauptlehrer, dem im ersten Stock noch außerdem zwei Dienstzimmer zur Verfügung stehen. Man darf sagen, dass unser neues Schulgebäude, für das der Architekt M. Wilke in Lippstadt den Plan geliefert hat, zu den schönsten Schulen des Kreises Lippstadt gehört. —
Das Dorf hatte deshalb auch mit Recht am Montag dieser Woche, da die neue Schule ihrer Bestimmung übergeben werden sollte, reichlichen Flaggenschmuck angelegt, um der Freude über das Gelingen eines so herrlichen Baues Ausdruck ZU verleihen. Eingeleitet wurde die Feier durch ‚ein feierliches Levitenamt, zu dem die Herren Pfarrer Pehle und Vikar Schulte ministrierten. Dann ging es in Prozession zur neuen Schule, vor deren Portal der Herr Gemeindevorsteher Leo Jesse eine Ansprache an die äußerst zahlreich erschienenen Gemeindemitglieder hielt, Er übermittelte die Glück- und Segenswünsche des Herrn Landrates, Geheimrat Freiherr von Werthern, des früheren Pfarrers Bokel und des zur Fahne einberufenen Hauptlehrers Propst. Sodann dankte er in warmen Worten der ganzen Gemeinde für ihren Opfersinn, insbesondere aber den Gemeindevertretern und den Mitgliedern des Schulvorstandes, für die tatkräftige Unterstützung bei der Errichtung des Gebäudes, das eine Zierde für den Ort bilde. auf entlegene Zeiten hin. Zum Schluss bat er den Ortspfarrer, der neuen Schule nunmehr die kirchliche Weihe zu geben, Pfarrer Ronnewinkel verbreitete sich vorerst über die hohe Bedeutung eines Schulgebäudes für jede christliche Gemeinde, Gelte es doch, hier die Kinder zu erziehen zu Lieblingen der Eltern, zu edlen Mitgliedern der Gemeinde, zu treuen Untertanen des Königs und zu Genossen der Heiligen. Der edelste Menschenfreund sei aber außerstande, all diesen Aufgaben gerecht zu werden ohne den, an dessen Segen alles gelegen sei. Darum werde er jetzt die kirchliche Weihe vornehmen, um Gottes Segen auf Lehrer und Schule herabzuflehen, Nach der kirchlichen Weihe versammelter sich die Schulkinder und zahlreiche Eltern und Angehörige in einem Schulzimmer zu einer kleinen Schulfeier. Einige Knaben trugen zur Eröffnung frisch und lebendig hübsche zeitgemäße Gedichte vor. Sodann deklamierte ein Mädchen ein Gedicht, das Herr Lehrer Kesting aus Lippstadt in liebenswürdiger Weise zur Einweihung unserer Schule gewidmet hatte. Wir lassen das dem kindlichen Gemüt trefflich angepasste Gedicht, das einen tiefen Eindruck auf alle Anwesenden machte, hier folgen.
Rings umtobt die deutschen Gaue
Schlachtenruf und Kriegsgeschmetter!
Nordwärts, ostwärts und im Westen,
Unheilvolles wildes Wetter.
Uns’re Brüder stehn im Felde,
Blutend für des Reiches Ehre;
Festgefügt zur erz’nen Mauer
Wollen sie den Feinden wehren.
Mancher ruht in fremder Erde,
Manchem brennt die heiße Wunde,
Doch wir blicken voll Vertrauen
In der Zukunft ernste Stunde.
Kommende Geschlechter werden
Uns’rer Streiter Ruhm verkünden;
Kommende Geschlechter sollen
Uns, auch uns als Deutsche finden.
Fromm und stark! Das sei die Losung,
Der wir unser Leben weihen,
Und wir wollen, es zu werden,
Tag um Tag zu Jahren reihen.
Unser Ziel auch zu erreichen,
Soll uns mahnen, dass wir niemals
Ab vom rechten Wege weichen.
Ja, wir Kinder, zarte Pflanzen,
Sollen hier erzogen werden;
Dass wir auf zum Himmel wachsen,
Wurzelnd fest in deutscher Erden.
Guter Gott, gib Deinen Segen
Der. Erziehung schwerem Werke,
Unsern Herzen Lust und Liebe,
Unsern Lehrern Kraft und Stärke.
Lass den Samen, den sie streuen,
Reiche goldne Früchte bringen,
Dass wir fromme Deutsche werden,
das, o Herr, das lass gelingen!
Sodann ergriff der Herr Kreisschulinspektor Winkel aus Lippstadt das Wort, Zunächst gedachte er der aufopferungsvollen Tätigkeit der Lehrer in den so sehr beschränkten Räumen der alten Schule. Wie s segensreich ihr Wirken gewesen sei, davon lege der herrliche Neubau beredtes Zeugnis ab. Seine weiteren Ausführungen gipfelten in den beiden Leitsätzen, die unsere neue Schule als Inschrift trägt: „Fürchte Gott! Ehre den König!“ Zum Schluss lenkte der die Aufmerksamkeit auf unseren Heldenkaiser Wilhelm 2. und brachte ein kräftiges Hoch auf ihn aus. Mit der Absingung der Nationalhymne nahm die erhebende Feier, die noch lange der hiesigen Gemeinde in lebhafter Erinnerung bleiben wird, ihr Ende.“