Der Lebenslauf der Pöppelsche
Ohne Verfasser
[aus: Der Patriot 18.12.1940]
Vor kurzem veröffentlichten wir eine Plauderei über die Pöppelsche. Hierzu teilt uns ein alter Leser des „Patriot“ folgende bemerkenswerte Ergänzungen mit:
Die Pöppelsche fließt gegenüber den Gärten der an die Gieseler grenzenden Höfe in die Gieseler. Zwischen Böckenförde und Westernkotten ist in die Gieseler ein Wehr eingebaut, um eine Wasserstauung herbeizuführen. Schon im Mittelalter führte man Wasser der Gieseler als Weihe (oder Weidenau) nach Lippstadt, um eine Kanalisation für die Stadt zu schaffen. Auf dem Merian’schen Stadtplan aus der Zeit des dreißigjährigen Krieges ist diese damals unbedeckte Kanalisation auf verschiedenen Straßen deutlich sichtbar, und so ist sie auch aus dem prächtigen Modell von Alt-Lippstadt im Heimat-Museum deutlich wiedergegeben. Um 1850 forderte der damalige Bürgermeister und Stiftsrentmeister Schultz die Bürger auf. sich Grabplatten aus der Stiftskirchen-Ruine zu holen, um die Weihe damit zu bedecken. Das ist leider geschehen, wodurch viele wertvolle Grabplatten verloren gegangen sind. Mit vieler Mühe wurde die Weihe, die dem Niveau des Geländes angepasst werden musste, gebaut. Sie diente auch bei den großen Feuersbrünsten 1656 und 1676 zur Bekämpfung der Riesenbrände, die mehr als die Hälfte aller Häuser in Schutt und Asche legten. Nach dem zweiten großen Brande, der viele Gebäude vernichtete, die nach dem Brande von 1656 wiederaufgebaut waren, verließen etwa 500 Obdachlose die Stadt.
Die Weihe wurde im Süden der Stadt bei der Westfälischen Union durch einen breiten, von schweren Eichenbohlen gebauten Kanal, der später durch einen eisernen ersetzt wurde, über die südliche Umflut in die Stadt geführt, durchfloss dann viele Straßen und fließt jetzt unterhalb der hohen Brücke am Ende der Soeststraße und Friedrichstraße in die Lippe hinein.
2m Jahre 1880, dessen erinnert sich noch der aus Westernkotten stammende alte Leser, waren beim Bahnhof, vor dem Gesellenhause, auf dem Rektoratschulhof und an der Weihenstraße mit Eisengittern geschützte Waschstellen, die nach dem Bau der Wasserleitung 1886 fortfielen. Bei niedrigem Wasserstand hatte die Westfälische Union, die das Weihenwasser zur Kesselspeisung benutzte, einen Arbeiter-Invaliden zur Aufsicht bei dem Wehr angestellt; denn die Mühle in Overhagen musste zuweilen den Betrieb einschränken, weil durch die Weihe der Gieseler zu viel Wasser entzogen wurde. (Alte Lippstädter Laben als Kinder auf der Weihe Papierschiffchen schwimmen lassen und freuten sich, wenn sie bei der nächsten offenen Stelle wieder ans Tageslicht kamen. Viele haben bei solchen kindlichen Spielen in der Weihe ein unfreiwilliges Bad genommen. Auch erinnere ich mich noch deutlich und mit Grausen der großen Wasserratten, die in den übelriechenden Kanälen hausten).